Sentimentalität

[347] Sentimentalität (lat., »Empfindsamkeit«), die Geistesverfassung, in der alle äußern Eindrücke in erster Linie nicht sowohl auf den Verstand als auf das Gefühl wirken und nach ihrem Gefühlswerte geschätzt werden; insbes. die Neigung, in der Natur und im Leben überall das aufzusuchen, was das elegische und Mitgefühl anregt, wie sie im letzten Viertel des 18. Jahrh. durch »Yoriks empfindsame Reise« von Sterne und ähnliche Literaturerzeugnisse in weite Kreise getragen wurde. Sehr leicht artet aber die S. zu einem bloßen Spielen mit eingebildeten Gefühlen, zu Unnatur und Unwahrhaftigkeit des Gefühls und des AusdrucksEmpfindelei«) aus. – Als Gegensatz des Naiven hat Schiller eine durch das Übergewicht des Subjektiven über das Objektive charakterisierte poetische Auffassungsweise als sentimentalische bezeichnet. Diese nimmt stets die Richtung über das Wirkliche hinaus nach dem Höhern, daher das Pathetische, Feierliche und Rührende des Ausdrucks, der ihr eigen ist.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 347.
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