Sirventés

[501] Sirventés (Rügelied), eine Gedichtgattung, die sich zuerst bei den Provenzalen findet, wo sein Inhalt sich auf Politik oder Sittenzustände bezieht, seine Form und Melodie nicht, wie die Form der Kanzone, in jedem Fall neu geschaffen zu sein braucht, sondern einer Kanzone entlehnt werden kann. Der Meister des politischen S. war Bertran de Born, des moralischen Peire Cardinal, des Kreuzliedes Pons de Capdolh. Der Name S. ist von sirvent, »Diener«, herzuleiten, also ursprünglich im Dienste eines Herrn verfaßtes Gedicht. – Das französische Serventois (spr. ßerwangtŭá) hat zunächst denselben Begriff wie das S. der Provenzalen; daneben bezeichnet es im 13. Jahrh. auch moralisierende Gedichte in Reimpaaren und im 14. Jahrh. besonders Kanzonen zum Lobe der Jungfrau Maria. Auch für das italienische Serventese (Sermintese) ist von der Definition des provenzalischen auszugehen. Doch wurde seit dem Ende des 13. Jahrh. die Benennung Serventese in Italien statt auf den Inhalt auf die Form bezogen und für Dichtungen in kurzen (meist 3–5zeiligen), durch Übergreifen der Reime und oft auch des Sinnes untereinander verketteten Strophen angewandt. Am häufigsten ist die Strophe aus drei Elfsilblern auf einen Reim und einem Fünfsilbler mit abweichendem Reime. Vgl. Witthöft, S. Joglaresc. Ein Blick auf das altfranzösische Spielmannsleben (Marburg 1891); Nickel, S. und Spruchdichtung (Berl. 1907).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 501.
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