Strophe

[130] Strophe (griech.) ist ursprünglich in der griechischen Chorlyrik der Tanz des einen Teiles des Chores mit dem dabei gesungenen Lied; ihr entsprach genau die Antistrophe (Gegenstrophe), der Tanz und Gesang des andern Teiles, während die sich daran schließende, vom ganzen Chor vorgetragene Epodos (Nachgesang) ihre eigne metrische Form hatte. Verallgemeinert bezeichnet dann die S. in der Poesie, insbes. der lyrischen, die (wiederkehrende) Verbindung mehrerer Verse zu einem metrischen Ganzen. Die Alten bezeichneten eine solche S. nach der Anzahl ihrer Verse als zwei-, drei- und vierzeilig (Distichon, Tristichon und Tetrastichon) und nach ihren Erfindern als Alkäische, Sapphische, Asklepiadeische S. etc. Die einzelnen Metra der Strophen hießen Kola (Glieder) und bildeten ein neues Einteilungsmerkmal. Eine S., deren Verse gleiches Metrum hatten, hieß ein Monokolon; solche, in denen zwei oder drei Versarten wechselten, Dikolon (z. B. die Sapphische), Trikolon (z. B. die Alkäische). In der Poesie des Mittelalters und der neuern Zeit tritt neben dem Versmaß der Reim als strophenbildendes Prinzip auf. Die alliterierende altdeutsche Dichtung kannte die strophische Gliederung noch nicht. Die bekanntesten Strophen der mittelalterlichen Dichtung sind: die Nibelungenstrophe, Hildebrandstrophe, die Titurel- und die fünfzeilige Neidhartstrophe. Die Dichtung der neuern Zeit verwendet Strophenarten in großer Mannigfaltigkeit. Vgl. Seyd, Beitrag zur Charakteristik und Würdigung der deutschen Strophen (Berl. 1874); H. Müller, Strophenbau und Responsion (Wien 1898); Hügli, Die romanischen Strophen in der Dichtung deutscher Romantiker (Zürich 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 130.
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