Telēsio

[395] Telēsio, Bernardino, ital. Philosoph, geb. 1508 zu Cosenza in Kalabrien, gest. daselbst 1588, nachdem er in Padua, Rom und Neapel gelehrt und an letzterm Orte die noch heute bestehende Accademia Telesiana der Naturforscher zur Verdrängung der Aristotelischen Physik gegründet hatte, hat sich als Gegner des Aristoteles und Begründer einer neuen, angeblich auf Erfahrung gestützten Naturphilosophie bekannt gemacht. In ihr führt er (nach Art der griechischen Naturphilosophen) die gesamte Erscheinungswelt auf drei Hauptprinzipien, ein leidendes und körperliches (Materie) und zwei tätige unkörperliche (Wärme und Kälte), zurück. Die Materie wird durch die Wärme ausgedehnt, bewegt und belebt, durch die Kälte verdickt und zusammengezogen. Durch den Kampf der beiden tätigen Prinzipien bilden sich Himmel und Erde und alle Einzeldinge. Im Menschen ist noch die von Gott unmittelbar herrührende Seele als Form des Leibes. In der Erkenntnislehre und der Ethik schließt sich T. viel an die Stoa an, und in der letztern ist er mehrfach ein Vorläufer Spinozas. Seine Hauptschrift: »De natura iuxta propria principia«, erschien unvollständig Rom 1568, vollständig Neapel 1586, seine übrigen Werke Venedig 1590. Vgl. Rixner und Siber, Leben berühmter Physiker, Heft 3 (Sulzb. 1821); Fiorentino, Bernardino T. (Flor. 1872–1874, 2 Bde.); L. Ferri, La filosofia della natura e le dottrine de Bern. T. (Turin 1873); Heiland, Erkenntnistheorie und Ethik des Bern. T. (Leipz. 1891).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 395.
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