Vacherot

[987] Vacherot (spr. wasch'ró), Etienne, franz. Gelehrter, geb. 29. Juli 1809 in Langres, gest. 28. Juni 1897 in Paris, besuchte die Normalschule und war Lehrer der Philosophie an verschiedenen Anstalten, bis er 1837 zum Studiendirektor und Maître des conférences an der Normalschule und 1839 zum Nachfolger seines Lehrers Cousin als Professor der Philosophie an der Sorbonne ernannt wurde. Wegen seiner freisinnigen Ansichten wurde er 1849 auf Betrieb der Klerikalen seiner Stelle an der Normalschule enthoben und, als er 1852 dem Kaiserreich den Eid verweigerte, auch als Professor abgesetzt. 1868 wurde er zum Mitgliede der Akademie gewählt. Seit 1870 Maire des fünften Arrondissements in Paris, leistete er während der Belagerung und des Kommuneaufstandes nützliche Dienste und wurde 8. Febr. 1871 als Vertreter von Paris in die Nationalversammlung gesandt, wo er sich zwar der Linken anschloß, aber 1873 von der republikanischen Partei abfiel und das Ministerium Broglie und seine ultramontanen Bestrebungen unterstützte, sogar für das klerikale Unterrichtsgesetz stimmte. Er wurde daher 1876 nicht wieder gewählt. Er schrieb: »Histoire critique de l'école d'Alexandrie« (1846–51, 3 Bde.), ein bedeutendes Werk, das von der Akademie mit einem Preis gekrönt wurde; ferner: »La métaphysique et la science« (1858, 2 Bde.; 2. Aufl. 1863, 3 Bde.); »La démocratie« (1859, 2. Aufl. 1860), wegen welcher Schrift er zu drei Monaten Gefängnis verurteilt wurde; »Essais de philosophie critique« (1864); »La religion« (1868); »La science et la conscience« (1870); »Le nouveau spiritualisme« (1884); »La démocratie libérale« (1892) u. a. Vom deutschen Idealismus angeregt, ist er ein Vertreter des Spiritualismus. Vgl. Ollé Laprune, Étienne V. (Par. 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 987.
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