[591] Ein und funfzigstes Schreiben.

Vollendung der Relation von den geistlichen Gebäuden und päbstlichen Pallästen in Rom.

Ich wende mich nun wieder zu der alphabetischen Ordnung der vornehmsten Kirchen und geistlichen Gebäude von Rom, da dann auf die St. Peterskirche im Vatican S. Pietro in Vincoli folget, worinnen man gleich anfangs rechter Hand zwey schöne Grabmaale der Kardinäle Margotti und Agucchi antrifft, zu welchen beyden Domenichino die Desseins verfertiget hat. Rand links: S. Pietro in Vincoli. Von eben diesem Meister ist das Gemälde von der Befreyung Petri aus dem Gefängnisse in der zwoten Kapelle. An dem noch ledig stehenden Grabmaale Julius des zweyten, (dessen Körper in der vaticanischen Kirche St. Petri liegt) hat Michel Angelo Buonaroti große Ehre eingelegt, und kann insbesondere die Statue des sitzenden Mosis nicht genug bewundert werden. Rand links: Grabmonument Julius des zweyten. Es wollen zwar einige wider die Physiognomie dieses Bildes etwas einwenden; allein wider die Schönheit des ganzen Werkes und die vortreffliche Ausdrückung sowohl der Muskeln als Nerven und Adern, kann die begierigste Tadelsucht nicht das geringste ausfinden. Itztgedachte Statue ist von weißem Marmor und mehr als natürlicher Größe. Gleichwie aus ihr nichts als Majestät hervorleuchtet, also haben hingegen die neben ihr stehenden Statuen der Liebe oder der Theologiæ Contemplativæ undActivæ desto mehr liebreiches und angenehmes an sich. Dieses Monument ist nicht völlig zu Stande gekommen. Raffaele di Montelupo, ein Discipel des Buonaroti hat auch etliche Statuen daran verfertiget, die zwar nicht zu verachten sind, aber durch die Nachbarschaft Mosis allzusehr verdunkelt werden. Das Grabmaal des Kardinals Vecchiarelli verdienet gesehen zu werden wegen des schönen schwarzen und weißen: Marmors, Brocatello genennt, und wegen des Sarges aus einem ganz schwarzen Marmorstücke. Rand links: Grab des Kardinals Vecchiarelli;

An dem Grabe des Kardinals Cinthii Aldobrandini hat Le Gros viel Ehre eingeleget: und wer auch nach der Kunst nicht fraget, wird dennoch an dem trefflichen Sarge aus Leonino Orientale, welcher dem braunen Achat mit weißen Flüssen nicht unähnlich sieht, sein Vergnügen finden. Rand links: des Kardinals Aldobrandini; An dem Altare nächst bey der Thüre linker Hand ist ein Gemälde von dem berühmten Albrecht Dürer aus Nürnberg, welches die drey Marien beym Grabe Christi vorstellet. Gegenüber zeiget sich ein schönes Monument des florentinischen Malers Antonio del Pollajolo, der im Jahre 1498 verstorben ist. Rand links: Ant. Pullarii. In dem Epitaphio wird er genannt Antonius Pullarius und liegt sein Bruder Petrus bey ihm begraben. Le nef oder das mittlere Gewölbe dieser Kirche ist sehr schön. Unterdenen Heiligthümern, so hieraufgehoben werden, befinden sich die Körper der Maccabäer nebst den eisernen Ketten, womit Petrus sowohl in Jerusalem als zu Rom gefesselt gewesen. In dem viereckigten Hofe des hiezu gehörigen Klosters, welches von Canonicis Regularibus Congregationis S. Salvatoris bewohnet wird, ist zwischen vier Seulen von Granito Orientale ein Ziehbrunnen, woran Michel Angelo etliche bas-reliefs gemacht hat. Rand links: Schöne Bildhauerarbeit an einem Brunnen. Nahe bey dieser Kirche sind die Sette Sale zu besehen, deren ich an einem andern Orte mit mehrerm gedenken werde.[592]

In der Kirche der heiligen Praxedis erlanget man täglich nicht nur Ablaß auf mehr als dreyzehn tausend und dreyhundert Jahre, sondern auch die Vergebung des dritten Theils seiner Sünden, wie folgende beym Eingange in Stein gehauene Schrift klärlich beweist: In questa anticchissima Chiesa di S. Prassede ogni giorno vi sono anni dodici mila d'indulgenze ed altre tante quaranteue e la remissione della terza parte di peccati. Rand rechts: St. Praxedis Kirche. Rand rechts: St. Praxedis Kirche. Rand rechts: Ablaß auf 13300 Jahre. Es ist dieses so sehr nicht zu verwundern, wenn man bedenket, daß hier, nach Aussage einer Inscription, außer St. Praxede und St. Pudentiana noch zwey tausend drey hundert Märtyrer begraben sind, deren Blut die heilige Praxede und St. Pudentiana in einem Gefäße, das in der Mitte der Kirche steht, zu sammlen pflegten. Der harte Stein, auf welchem Praxede um ihrem Fleisch und Blute wehe zu thun, schlief, ist als ein großes Tischblatt anzusehen und von schönemGranito Orientale mit weißen und schwarzen Puncten. Rand rechts: Kostbares Lager der Praxedis. Dieses heißt gewißlich bey einer großen Marterung seines Leibes einen noch größern Staat führen, oder desto weniger Liebe gegen Nothleidende ausüben, weil aus gedachter harten Lagerstäte zu jeder Zeit vieles Geld würde haben gelöset werden können. Mit Vorbeygehung sehr vieler anderer Heiligthümer, von welchen zwey weitläuftige Verzeichnisse beym Hauptaltare aufgehängt sind, muß ich wenigstens der schönen weißen und bräunlichen Jaspisseule, woran der Heiland in des Pilati Hause gegeißelt worden, gedenken. Rand rechts: Seule, woran Christus gegeißelt worden. Der Kardinal Giovanni Colonna, Legat des heiligen Stuhls im gelobten Lande, soll dieselbe im Jahre 1223 bey Gelegenheit des Kreuzzuges von Jerusalem hieher gebracht haben, und steht sie itzt hinter einem Glase in einer zur rechten Hand erbauten Kapelle, il Giardino del Paradiso genannt, worein keine Weibesperson gelassen wird, ausgenommen an den sechs Sonntagen der Fasten, da aber alsdann das männliche Geschlecht davon ausgeschlossen wird. Rand rechts: Kapelle, in welche die weibespersonen selten gelassen werden. Gedachte Seule ist nur drey Fuß hoch, also, daß die Geißeln den Leib Christi auf allen Seiten hätten treffen können. Ueber derselben ist die Geißelung Christi in einem trefflichen Gemälde vom Julio Romano zu sehen. Rand rechts: Gemälde. Der Hauptaltar wird itzt neu gebauet. Ehemals stund sein Tabernakel zwischen vier schönen Porphyrseulen.

Wo itzt die Kirche der heiligen Pudentiana steht, war in alten Zeiten des Senatoris Pudentis Wohnung, bey welchem St. Petrus, als er das erstemal nach Rom kam, einkehrte, daher man auch allhier noch die hölzerne Tafel verwahret, worauf gedachter Apostel seine erste Messe zu Rom gelesen. Rand rechts: St. Pudentiana. Rand rechts: Petri erste Einkehr. Der Hauswirth nahm mit seiner ganzen Familie, worunter sonderlich die Töchter Pudentiana und Praxede merkwürdig sind, den christlichen Glauben an, und auf solche Art ist diese Kirche eigentlich die erste christliche in der Hauptstadt des römischen Reichs gewesen. Vor der Kirchthüre stehen zwo weiße gewundene Seulen, die aus dem Bade der Agrippina hieher gebracht seyn sollen. Hinter dem Hauptaltare oder in der Tribuna ist an der Decke ein altes Mosaico, und unter dem Altare selbst liegen drey tausend Märtyrer begraben, daher man auch täglich für drey tausend Jahre Ablaß von hier abholen kann. Rand rechts: 3000 Märtyrer. Viele dieser heiligen Gebeine liegen linker Hand in der Kirche in einem tiefen Brunnen, der oben mit einem eisernen Gitter verwahret ist, und besser hinunter mit einem eisernen Deckel, welcher aufgezogen wird, wenn man, um die Gebeine zu sehen, ein Licht hinunter läßt. Vor der Kapelle del Gaetani stehen vier große und vortreffliche Seulen von Giallo aus Diocletians warmen Bädern; über dem Eingange und an der Decke der Kapelle selbst sind gute mosaische Wercke, und insonderheit ein schönes Stück; wie St. Pudentiana das Blut, die Köpfe und Gebeine der hingerichteten Christen sammlet, vom Paolo Rossetti nach dem Dessein Friderici Zuccaro. Rand rechts: Marmorarbeiten. Der Fußboden ist schön ausgeleget, und in der ganzen Kapelle so viele Marmor- und eingelegte Arbeit zu sehen, daß[593] sie billig mit unter die schönsten der Stadt Rom zu rechnen ist. Ihre Architectur ist vom Francesco di Volterra, das unvergleichliche bas-relief am Altare, so die Anbethung der heil. drey Könige in weißem Marmor vorstellet, von Pietro Paolo Olivieri, nach dessen Tode es Mariani völlig geendiget hat, und die übrigen hier befindlichen Statuen von andern berühmten Meistern. An den Seiten des Altars stehen zwo Seulen von Lumachella oder marmore pedocchioso orientale, so zwölf palmi hoch sind und an Schönheit wenige ihres gleichen haben. Rand links: Wunderwerk der Transsubstantiation. Auf den Seiten oder an der Wand finden sich noch andere schöne große Tafeln von Lumachella. An den Stufen des Altars werden auf zweenen Tritten zween Tropfen Blutes, welche mit gläsernen Kapseln bedeckt sind, in hartem Marmor bemerket, und sollen solche von einer Hostie geflossen seyn, die aus den Händen des Priesters gefallen, als er bey ihrer Einsegnung an der Wahrheit der Transsubstantiation gezweifelt hatte. Allein selbst die Natur der päbstlichen Lehre von der Transsubstantiation läßt keinen Beweis aus den Wunderwerken zu. Denn wenn mich die Sinnen täglich betrügen, indem ich schmecke, höre, fühle, rieche und sehe, daß die Hostie eine Masse von Mehle und kein Fleisch sey, da sie doch wirklich keine Mehlmasse mehr, sondern Fleisch ist, (wie die Papisten vorgeben) so können mich auch meine Sinnen betrügen, wenn ich glaube ein aus der Oblate geflossenes Blut oder ein anderes Wunderwerk zu sehen. Unter der caetanischen Kapelle ist die Begräbnißgruft dieser Familie, und darinnen ein mitbas-reliefs gezierter steinerner Sarg, in welchem die todten Leichname purificiret oder vermittelst Kalks das Fleisch von den Knochen so sauber abgelöset wird, daß diese hernach ganz weiß und reinlich desto besser können aufgehoben werden. Rand links: Caetanische Begräbnißgruft. Es sind noch viele andere Gemälde, Grabmaale und Statuen allhier zu sehen, und würde ein Reisender übel thun, wenn er diese Kirche vorbeygehen wollte. Nahe dabey bemerket man dierudera des Bades Novatii.

Nachdem ich oben den Vatican beschrieben, so kann nicht umhin, allhier auch des andern päbstlichen Pallastes im Monte Quirinali zu gedenken, der in Ansehung der gefunden Luft und schönen Aussicht über einen großen Theil der Stadt Rom jenem weit vorzuziehen ist1. Rand links: Päbstlicher Pallast im Monte Quirinali. Seinem Haupteingange gegenüber, auf dem großen davor gelegenen Platze hat Sixtus der fünfte durch Dominicum Fontana zwey große marmorne Pferde mit zween Männern, die sie führen, aufrichten lassen, und giebt man vor, daß sie von verschiedenen Meistern sind, welche Alexandern den großen mit seinem Bucephal hätten vorstellen wollen. Rand links: Zwey große marmorne Pferde. Konstantin der große soll sie aus Griechenland haben bringen und in seine warme Bäder am Monte Quirinali setzen lassen. Unter dem einen steht:


OPVS PHIDIÆ.


und unter dem andern:


OPVS PRAXITELIS.


Daß diese Inscriptionen auch im dreyzehnten Jahrhunderte daran gestanden, kann aus NARDINO. 4. c. 6. MARLIANO l. 4. c. 22 und andern gezeiget werden. Man liest ferner hiebey noch an der einen Seite des Fußgestelles:


Sixtus V. Pont. Max.

Colossea hæc signa temporis vi deformata restituit.

Veteribusque repositis inscriptionibus e proximis Constantinianis

thermis[594]

In Quirinalem aream transtulit.

Anno Salutis MDLXXXIX.

Pontificatus Quarto.


Die übrigen neuern Inscriptionen hat man vor wenigen Jahren mit Fleiß ausgelöschet, sie verdienen aber wegen des Lateins beybehalten zu werden, und stund unter dem einen Pferde, das Phidiä zugeschrieben wird:


Phidias nobilis sculptor, ad artificii præstantiam declarandam, Alexandri Bucephalum domantis effigiem e marmore expressit..


An der Basi:


Sixtus V. Pont. Max.


Signa Alexandri Magni, celebrisque ejus Bucephali, ex Antiquitatis testimonio, Phidiæ & Praxitelis æmulatione, hoc marmore ad vivam effigiem expressa, a Fl. Constantino Max. e Græcia advecta, suisque in Thermis in hoc Quirinali Monte collocata, temporis vi deformata lacerataque, ad ejusdem Imperatoris memoriam Urbisque decorem, in pristinam formam restituta hic reponi jussit Anno MDLXXXIX. Pont. IV.


Unter dem andern Pferde war zu lesen:


Praxiteles sculptor ad Phidiæ æmulationem, sui monumenta ingenii posteris relinquere cupiens, ejusdem Alexandri, Bucephalique signa felici contentione perfecit.


Die Ursache, warum man diese Inscriptionen weggenommen, mag wohl seyn, daß man erkannt, wie ungegründet dasjenige sey, so in selbigen behauptet wird; denn da Praxiteles funfzig Jahre, und Phidias anderthalb Jahrhunderte vor Alexandern gelebet haben, so können diese Monumente entweder nicht von den angegebenen Meistern seyn, oder Alexandern den großen nicht vorstellen. Vielleicht ist auch keine von diesen beyden Meynungen wahr, und hat ein etwas neuerer Künstler den Castor und Pollux damit vorstellen wollen. Ob sie nun gleich Phidiä und Praxitelis Zeiten an Alter nicht erreichen, so gehören sie doch noch unter die andern Ueberreste des alten Roms, und dieser Hügel hat in neuern Zeiten von ihnen den Namen Monte Cavallo erhalten. Rand rechts: Ursprung der Benennung des Monte Cavallo. Verschiedene von denenjenigen, welche mit keinem blinden Respect für das Alterthum eingenommen sind, finden, daß nicht alle Glieder dieser Pferde ihre gehörige Proportion haben, und daß insbesondere die Hälse allzulang sind.

Ueber dem Hauptthore des Pallastes, und zwar über zwo großen jonischen Marmorseulen ist der Balcon oder die Galerie, von welcher der Pabst dem Volke den Segen ertheilet. Rand rechts: PäbstlicheLogc. Die daran befindlichen Statuen St. Petri und Pauli sind vom Stephano Maderno und Wilh. Bertelotti. Das ganz oben stehende Marienbild hat Pompeo Ferrucci aus Marmor gearbeitet. Der innere Hof ist mit schönen Arkaden oder gewölbten Gängen umgeben, und an der Seite der großen Treppe ist Christus unter einer Menge Engel in einem Gemälde à fresco zu sehen, welches man aus der Kirche der heil. Apostel hieher gebracht und mit folgender Inscription begleitet hat: Rand rechts: Transportirtes Fresco-Gemälde.


Opus Melotii Foroliviensis, qui summos fornices pingendi artem miris Opticæ legibus vel primus invenit vel illustravit, ex abside veteris templi SS. Apostolorum huc translatum. Anao Sal. MDCCXI.


Von der Treppe geht man linker Hand in des Pabstes Zimmer, rechter Hand aber in die Sala Paolina oder Regia, welche hell, groß, mit einem schönen Fußboden und trefflichen Gemälden versehen ist. Rand rechts: Sala Paolina. Die Cappella Paolina verdienet ebenfalls gesehen zu werden,[595] weil sie in vielen Stücken diejenige, so gleichen Namen im Vatican führet, übertrifft. Rand links: Cappella Paolina. Auf dieser Seite sind viele Zimmer, worinnen die Vice-Roys von Neapolis, wenn sie durch Rom reisen, zu logiren pflegen. Rand links: Zimmer für den neapolitanischen Vice Roy. In der großen Galerie sieht man eine Menge von biblischen Geschichten, woran die berühmtesten Maler vom Gregorius dem dreyzehnten bis auf Urban den achten ihre Kunst erwiesen haben. Esstehen auch etliche Modelle von Gebäuden darinnen, nebst alten marmornen Brustbildern und einer artigen Pyramide, die zwar nur einer Ellen hoch, aber von trefflichem und rarem Marmor auf einem kleinen Felsen von besonderm Marmor und einem Grunde von Lazuli aufgerichtet ist. Rand links: Gemälde und Bildhauerarbeit. Allhier habe ich die hölzernen Stühle und Bänke wie im Vatican befunden, ausgenommen, daß diesesmal währender Sedis-Vacanz des verstorbenen Pabstes Wapen ausgelöschet und der ganze Platz, wo es vorher gestanden, verguldet war. Rand links: Hölzerne Stuhle. Des Pabstes Zimmer sind hell, groß und hoch, die Aussicht daraus ist sehr angenehm, und die Tapeten bestehen aus rothem Damaste, so mit goldenen Galonen besetzt ist. Rand links: Tapeten. In einem Gemache steht die Verkündigung Mariä aus erhabenen kostbaren Steinen nach florentinischer Arbeit zusammen gesetzt und mit dergleichen Früchten umgeben. Rand links: Florentinische Arbeit. Es ist dieses Stück ein Geschenk des Großherzogs von Florenz, welches man nicht anders, als mit vielem Vergnügen, besehen kan. In dem Audienzsaale ist die Abnehmung Christi vom Kreuze von Bernstein in Ebenholz und Lazuli eingefasset. Rand links: Bernstein. Die kleine Privatkapelle und in derselben insbesondere die schöne Annunciata hat Guido Rheni gemalt. In des Pabstes Schlafkammer nahe an seinem Bette hängt ein Ecce homo, oder wie Christus nach seiner Geißelung von Pilato den Juden vorgestellet wird, so sehr hoch gehalten wird und vom Albani gemalet ist, der auch in der itztgemeldten Kapelle noch einige andere Stücke verfertiget hat. Rand links: Gemälde. In das Zimmer unter dem Uhrwerke hat Innocentius der zwölfte ein treffliches Mosaicum, welches Mariam mit ihrem Kindlein vorstellet, setzen lassen. Rand links: Mosaique. Das Dessein davon hat Carolus Maratta gemacht, und ist solches auch auf der andern Seite der Mauer gegen den Garten zu sehen. In dem Consistorio Secreto ist in einem großen Gemälde vom Pietro di Cortona abgebildet, wie nach der apokalyptischen Erzählung der Engel den Drachen bindet. Rand links: Gemälde im Consistorio Secreto. Das Stück ist schön, und dieses besondere daran, daß die Engel die dreyfache päbstliche Krone gen Himmel tragen, nicht anders, als wäre dieses eine dem Drachen abgenommene Zierrath oder Beute.

Der an diesen Pallast stoßende Garten ist groß und wohl gelegen, wird aber nicht, wie es seyn sollte, unterhalten. Rand links: Garten des quirinalischen Pallastes. Auf dem einen ebenen Platze beym Gebäude ist der Fußboden aus kleinen Steinen von mancherley Farben, so die Figuren von Tulipen, Drachen etc. und den Namen Gregorius des funfzehnten vorstellen, zusammengesetzt. Die grünen hohen Wände im Garten sind von Cypressen und Lorber, einige Brusthecken aber von Mortello, so dem kleinen Buchsbaum sehr ähnlich sieht, und dabey wohl riecht. In dem Vogelhause waren dieses mal nur etliche Turteltauben, weiß und schwarz gespränkelte Pharaonshühner, die sonstPoules Pintades genennt werden, und Pfauen. Rand links: Wasserkünste. Durch ein artiges Lorderwäldchen geht man in den niedrigen Theil des Gartens, der mit mancherley Wasserkünsten versehen ist: einige derselben geben den Schall der Posaunen und Pauken von sich, andere solche Schläge, dergleichen man zu hören pflegt, wenn Racketen und Granaten zerplatzen; und noch eine ahmet der Stimme des Kuckucks nach. Eine Orgel spielet ohne Zuthun von Menschenhänden, und über derselben drehet sich ein Stern beständig herum; an einem andern Orte wird eine Kugel durch den von unten in die Höhe blasenden Wind dergestalt in der freyen Luft erhalten, daß sie weder auf die Seite noch zur Erde fallen kann. Es ist aber Schade, daß das Wasser, so man zu diesen Künsten gebrauchet, vielen Tartarum oder Tufstein mit[596] sich führet, wodurch die Röhren sehr verstopfet und die Werke in schlechten Stand gesetzet werden. Es gedenken einige auch eines Parnaßberges, der hier zu sehen seyn soll: man wird sich aber nach selbigem vergeblich erkundigen, und seine Begierde bis nach Frascati verfparen müssen. Dafür aber sieht man hier noch eine Grotte oder Kabinet, so mit trefflich schönem Mosaico ausgeleget ist. Rand rechts: Grotte.

Die Kirche di S. Rocco hat schöne Gemälde, worunter sonderlich dasjenige, welches St. Martinum, wie er seinen Mantel unter die Armen vertheilet, vorstellet, gerühmet wird, und vom Bernardo Formelli ist.

Liebhaber der Malerey besehen im S. Romualdo des Andreä Sacchi berühmtes Stück von der Erscheinung, welche Romualdus in dem apenninischen Thale, Camaldola genannt, gehabt, und wovon er Gelegenheit genommen, den Einsiedlerorden der PP. Camaldolesi auszurichten. Rand rechts: S. Romualdo.

Die wegen ihrer Figur also benennte Rotonda ist dasjenige Gebäude, welches sich aus den römischen Alterthümern, was die Mauern und das Hauptwerk desselben anlanget, am allerbesten erhalten hat. Rand rechts: La Rotonda oder Pantheon. Es ist zu verwundern, daß man es auf keiner römischen Medaille antrifft, so wenig als die Columnam M. Aurelii und das Mausolæum Hadriani oder Septizonium Severi. Weil es M. Agrippa dem Jovi Ultori2 und nachmals auch allenDiis cœlestibus, terrestribus & inferis geweihet hatte, so hieß man es Pantheon. Nach etlicher Meynung ist das Gewölbe anfänglich mit Silberblech bedeckt gewesen, von welchem es aber die begierigen Kriegsknechte in den nachfolgenden Unruhen gar rein entblößet haben. Rand rechts: Gewölbe dieses Tempels. Zu geschweigen daß Constatius die besten Statuen und andere Zierrathe nach Konstantinopel bringen lassen. Zu Urbans des achten Zeiten war die Decke und der Eingang noch mit großen Lasten von Metalle versehen; gemeldter Pabst aber ließ solche herausnehmen, und davon den trefflichen Hauptaltar in der St. Peterskirche vom Vatican, und etliche Canonen, so im Castell St. Angelo stehen, verfertigen. Rand rechts: Wohin das Metall desselben gekommen. Es ist ein Wunder, daß er die große Pforte von bronzo, welche achtzehn Fuß und vier Zoll in der Breite und doppelt so viele in der Höhe hat, nicht mitgenommen, unter dem guten Vorwande, daß sie nicht recht zur Pforte sich schicke und passe, wie sie denn auch zu einem andern Gebäude anfänglich gemacht zu seyn scheint. Pasquinus meynte damals zwar, die Barberiner hauseten übler in Rom, als die barbarischen Völker gethan hätten; allein Urban suchte den Schaden zu ersetzen, durch andere gute Verbesserungen sowohl der innersten Kirche als der äußern Galerie, und durch die auf den Seiten erbauete zween Glockenthürme. Deswegen liest man außen über der Thüre:


Urbanus VIII. Pont. Max.

Vetustas ahenei lacunaris

reliquias

In Vaticanas columnas

Et bellica tormenta conflavit,

Ut decora inutilia

Et ipsi prope famæ ignota

sierent

In Vaticano Templo

Apostolici sepulchri ornamenta,[597]

In Hadriana arce

Instrumenta publicæ securitatis.

Anno Domini MDCXXXII. Pontif. IX.


Innen her steht über der Thüre:


Pantheon

Ædificium toto terrarum orbe

celeberrimum

Ab Agrippa Augusti genero

Impie Jovi cæterisque mendacibus Diis

a Bonifacio IIII. Pontifice

Delparæ & SS. Christi Martyribus

pie dicatum.

Vrbanus VIII. Pont. Max.

Binis ad campani æris usum

Turribus exornavit,

Et nova contignatione munivit

Anno Domini MDCXXXII. Pontif. IX.


Die noch vorhandenen Niches oder eingewölbten Hölungen zeigen, daß daselbst Götzenbildergestanden, und aus PLINIOlib. IX, c. 35 sieht man, daß unter andern das Bild der Venus im Pantheo mit zweyen Ohrengehänken gezieret gewesen, welche aus der Perle, die von der Kleopatra verschwenderischen Mahlzeit und Wettegegen Antonium übrig geblieben, verfertiget waren. Rand links: Von dem Namen Pantheon. Rand links: Niches für die alten Götzenbilder. Alle Götter der Römer in einen Tempel zu bringen, war unmöglich, weil sie deren viele tausend hatten3, man belegte aber diejenigen Tempel schon mit dem Namen vonPantheo, welche mehr als einem Götzen gewidmet waren. Vor dem Eingange der itzigen Rotonda stund nach DIONIS Berichte lib. 35 zur Rechten Augusti, und zur Linken Agrippä Statue. Das Gebäude ist ganz von tiburtinischen Quadersteinen aufgeführet, und innen mit Marmor überkleidet.

Gleichwie es von ganz runder Form ist, also besteht es auch aus einem einzigen runden und hohen Gewölbe, so weder auf Pfeilern ruhet, noch Fenster hat. Rand links: Größe des Gewölbes. Der Diameter dieses wunderwürdigen Dome hält unten 72 gemeine Schritte, welche Maaß übereintrifft mit derjenigen von 144 Fuß, oder 218 und Dreyviertheil Palmi, die etliche an geben. Andere rechnen 22 Ruthen oder 132 Fuß. ohne die Mauer, welche 18 Schuhe dick ist. Diesen Durchschnitt aber übertrifft noch die Höhe, auf welche man von außen 190 Stufen zu steigen hat. Die Kirche ist hell, ob sie gleich kein anderes Licht hat als dasjenige, so oben in der Mitte des Gewölbes durch eine runde Oeffnung hinein fällt. Rand links: Größe der Oeffnung, wodurch das Licht hinein fällt. Daß aber diese Oessmmg hinlänglich genug sey, alle Dunkelheit zu vertreiben, kann man aus ihrer Größe erachten, als deren Diameter von sieben und dreyßig und einem halben Schuhen ist. Der Fußboden ist[598] theils mit großen Quadersteinen, theils mit Porphyr gepflastert, und ein klein wenig gegen den Mittelpunct erniedriget, dergestalt, daß das Wasser, so bey Regenwetter von der offenen Cuppola hinein kommt, mittelst eines durchlöcherten Steines abfließen kann. Rand rechts: Fußboden.

Unter denen acht in der Runde stehenden Altären ist l'Altare Maggiore auf Clemens des eilften Befehl erneuert worden, und hat solches zwar obenher noch keine sonderlichen Zierrathen, der Altar oderdas Tischblatt aberistvon Porphyrund mit verde antico gezieret. Rand rechts: Altare Maggiore. Neben Raphaels Grabe ist auf einem Altare Maria mit einem Rosenkranze zu sehen, und an dem gegenüber stehenden Altare zwo schöne Porphyrseulen, jede aus einem einzigen Stücke. Rand rechts: Andere Altäre. Die übrigen in der Kirche befindlichen großen Seulen (deren in allen vierzehn) sind von Giallo und Granito. An einem andern Altare sieht man ein Marienbild, welches der Evangelist Lukas gemalet haben soll. Rand rechts: Mariä Portrait von Lukas gemalt.

Ueber dem Grabe des berühmten Raphael d'Urbino ist die heil. Maria von Lorenzetto in Marmor gehauen. Rand rechts: Grabmaal Raphaels d'Urbino. Das Brustbild Raphaels, so seit wenigen Jahren dahin gesetzt worden, ist vom Naldini, der auch das bustum Hannibals Carache, und zwar beyde auf Unkosten und Veranstaltung Caroli Maratta verfertiget hat. Ueber Raphaels Grabe liest man:


D. O. M.

Raphaëli Sanctio Joan. F. Urbinat.

Pictori eminentiss. veterumque æmulo

Cujus spirantes prope imagines

si contemplere

Naturæ atque artis fœdus

facile inspexeris

Julii II. & Leonis Pontt. Maxx,

Picturæ & Architect. operibus

gloriam auxit

V. A. XXXVII. integer integros

Quo die natus est, eo esse desiit,

VIII. Id. April. MDXX.


Dieses Epitaphium ist vom Casa, und die darunter stehenden Verse vom Kardinal Bembo: Rand rechts: Treffliches Distichon lateinisches,


Ille hic est Raphael timuit quo sospite vinci

Rerum magna Parens & moriente mori.


Diese letzten wohlausgedrückten und schönen Gedanken hat Bellori folgendermaßen in italienischer Sprache gegeben: Rand rechts: imitirt in italienischer


Questi è quel Rafaele, cui vivo vinta

Esser temeo Natura, e morto estinta.
[599]

Einigen Engländern haben sie gleichfalls so wohl gefallen, daß man sie ohne die geringste Aenaerung in der englischen Grabschrift des berühmten Chevalier Kneller4, welche in der Westmünsterkirche zu London zu lesen ist, folgendergestalt angebracht hat: Rand links: und englischer Sprache.


Kneller by Heav'n and not a Master taught

Whose art was nature, and whose pictures Thought

When now two Ages, he had schnatch'd frem fate.

Whateer was Beautous, or whate'er was great

Rests crownd with Princes, Honours, Poets Lays

Due to his merit and brave Thirst of Praise

Living, great Nature feard He might outvye

Her Works; and dying, fears her self may dye.

A. POPE.


Dieser Chevalier Gottfried Kneller war in England berühmt unter Karl dem zweyten, Jakob demzweyten, Wilhelmen dem dritten, Anna, und Georgen dem ersten. Er starb den 26 October, im Jahre 1723, im sieben und siebenzigsten Jahre seines Alters.

Unter dem Brustbilde des Raphael in der Rotonda liest man: Rand links: Fernere Grabschrift Raphaels.


Ut videant Posterioris decus & venustatem

Cujus gratiam mentemque cœlestem

In picturis admirantur

Raphaelis Sanctii Urbinatis

Pictorum Principis

ln tumulo spirantem ex marmore vultum

Carolus Marattus

Tam eximii Viri memoriam veneratus

Ad perpetuum virtutis exemplar

Et incitamentum

P. Anno MDCLXXIV.


Ich kann nicht umhin des beredten M. Ant. MVRETI schöne Grabschrift, die er auf Raphael gemacht, hiebey noch zu fügen, in welcher er diesen Künstler also redend einführet: Rand links: Mureti lateinische Poesie auf ihn.


Sic mea Naturam manus est imitata, videri

Posset ut ipsa meas esse imitata manus.

Sæpe meis tabulis ipsa est delusa, suumque

Credidit esse, meæ quod fuit artis opus.

Miraris dubitasque: audito nomine credes;

SumRaphael, heu mî, quid loquor? immo Fui.

Et tamen his dictis, quid opus fuit addere nomen?

Alterutrum poterat cuilibet esse satis.

Nam mea & audito est notissima nomine virtus,

Et præstare vicem nominis ipsa potest.
[600]

Die Maler, Bildhauer und Baumeister haben in dieser Kirche cine geistliche Brüderschaft aufgerichtet, und ist nicht zu verwundern, daß viele in diesen Wissenschaften geschickte Männer allhier in derRotonda nicht weit von Raphaels Gebeinen ihre Ruhestäte zu finden verlangt haben. Rand rechts: Grabmaale anderer Maler: Darunter gehören die Maler Pierinodel Vaga, Giovanni da Udine, Zuccarini, Taddeo Zuccari, (dessen marmornes Brustbild sein jüngerer Bruder Friedrich gemacht hat) Domenico Guidi, der Chevalier Lanfranco, Gibbesio ein englischer Poet, dessen bustum vom Nardini ist, Bartholomäus Barronius aus Casal, ein berühmter Baumeister, der im Jahre 1554 gestorben, und andere mehr:

Unter dem marmornen Kopfe Flaminii Vaccä, welchen er selbst verfertiget hat, steht: Rand rechts: Flamini Vaccä;


Flaminio Vaccæ

Sculptori Romano

Qui in operibus quæ fecit,

Nusquam sibi satisfecit.


Unter dem Brustbilde Annibal Caracci liest man: Rand rechts: Annibalis Caracci.


D. O. M.

Annibal Caraccius

Bononiensis

hic est

Raphaeli Sanctio Urbinati

Ut arte, ingenio, fama, sic tumulo proximus

Par utrique funus & gloria,

Dispar fortuna

Æquam virtuti Raphael tulit,

Annibal iniquam

Discessit die XV. Julii MDCIX.

æt. XXXXIX.

Carolus Marattus summi Pictoris

Nomen & studia colens

P. An. MDCLXXIIII.

Arte mea vixit natura & vivit in arte

Mens decus & nomen, cætera mortis erant.


Es fehlet nicht an Leuten, welche dafür halten, es sey dem Raphael vom Maratta Unrecht geschehen, da dieser ihm den Ann. Caracci an die Seite setzen wollen. Annibal Caracci war im Jahre 1560 zu Bologna gebohren, und anfänglich der Goldschmiedskunst gewidmet; nachdem aber sein Vetter Ludovicus Caracci sowohl an ihm als an dessen Bruder Augustino eine sonderbare Fähigkeit bemerket, zog er diese zwey junge Leute an sich, und unterwies sie in der Malerey, worinnen sie es beyde sehr weit gebracht haben.

So bewundernswürdig die Rotonda wegen ihres trefflichen Gewölbes, so sonderbar ist auch die davor angelegte Galerie, in welcher sechszehn Seulen vonMarmore Granito[601] nicht ohne Erstaunung angesehen werden können. Rand rechts: Treffliche Marmorseulen. Die Dicke von den meisten hat im Diameter beynahe fünf, und im Umfange funfzehn Fuß, die Höhe hält sieben und dreyßig Fuß ohne Basi undChapiteaux, und jede besteht aus einem einzigen Stücke. Der Eingang in die Kirche ist gleichfalls mit den Pfeilern und dem Architrave in ein einziges Stück von Marmore Africano oder Granito eingehauen, so vierzig Schuhe hoch und beynahe zwanzig breit ist. Linker Hand, wenn man hineintritt, steht in diesemPorticu ein großes Gefäß von Marmo Numidico antico oder Porphyr, welches nach etlicher Meynung in den benachbarten Bädern Agrippä, oder wie andere wollen, zum Grabe dieses Agrippä gedienet hat. Rand links: Gefäß aus numidischen Marmor. Rand links: Vorgalerie von Agrippa gebauet. Die Galerie ist zwanzig römische Fuß lang, und zwölf breit. Diejenigen, so dasPantheon in viel ältere als Augusti Zeiten setzen, können dieses doch nicht leugnen, daß man dieseProdomum, wie Vitruvius dergleichen Werke nennet, Agrippä, einem Sohne Lucii, als er zum drittenmal Consul war, zu danken habe. Daher liest man auch über dem Architrave der äußersten Facciata mit großen Buchstaben:


M. Agrippa L. F. Cons. tertium fecit.


und darunter in kleinerer Schrift:


Imp. Cæs. L. Septimius. Severus. Pius. Pertinax.

Arabic. Adiabenic.

Parthicus. Pont. Max. Trib. pot. XI. Cos. III. P. P. Procos. &

Im. Cæs. M. Aurelius. Antonius. Pius. Felix. Aug.

Trib. potest. V. Cos. Procos

Pantheum vetustate. corruptum. cum. omni.

cultu. restituerunt.


Dio meldet im drey und funfzigsten Buche seiner Historie, daß Agrippa das Pantheum vollendet, und aus seinem sechs und sechszigsten Buche sieht man, daß als es unter Tito durch Feuer, so aus der Erde hervorgebrochen, Schaden gelitten, Domitianus dasselbe wiederhergestellet habe. Nach dem Berichte desChroniciEVSEBII brannte das Pantheon abermals im dreyzehnten Jahre der Regierung Trajans vom Blitze ab, und Hadrian erneuerte es wieder, wie Spartianus in des letztgedachten Kaisers Leben meldet. Von solcher Zeit anmuß es nun aufs neue ruiniret worden seyn, oder L. Septimius Severus und M. Aurelius Antoninus sind nicht die einzigen, welche sich der Ehre seiner Wiederherstellung zu rühmen hatten.

Es ist kein Zweifel, daß Jacques le Mercier, der Baumeister der Sorbonne dieses Peristilium sich zum Modell vorgesetzt, als er gemeldtes Gebäude zu Paris aufgeführet, an welchem jedoch nur zehn Seulen zu zählen sind, die, wo sie allein stehen, groß genug sind, bey den römischen aber als Zwärge bey Riesen scheinen würden. Rand links: Imitation an der Kirche der Sorbonne zu Paris. An dem Decastylo der Sorbonne hat man einige mehrere Zierrathen gemacht, und gereichet ihm zum großen Vortheil, daß es auf einer Höhe von funfzehn Tritten errichtet worden.

Bonifacius der vierte hat die Rotonda im Jahre 607 in eine christliche Kirche verwandelt5, und zu Erweckung mehrerer Andacht aus verschiedenen Kirchhöfen der Stadt[602] Rom acht und zwanzig Karren voll Reliquien hieher bringen lassen. Rand links: Neuerer Name von S. Maria ad Martyres. Von solcher Zeit an sollte nun ihr eigentlicher Name von Santa Maria ad Martyres seyn, weil sie der heil. Maria und (anstatt derDeorum cœlestium & terrestrium) vom Gregorius dem vierten im Jahre 830 allen Märtyrern oder Heiligen gewidmet ist; man bleibt aber insgemein bey der Benennung der Rotundæ.

Auf dem Platze vor dieser Kirche hat Gregorius der dreyzehnte einen Springbrunnen aufrichten lassen, dessen Schale oder bassin von Porphyr ist, und ehemals in den Bädern der alten Römer gedienet hat. Rand rechts: Fontaine und Obeliscus. Mitten über diesem Brunnen erhebt sich ein alter Obeliscus aus Pietra Egyzzia, der ehemals vor der Kirche di S. Bartolomeo de' Bergamaschi stund, und daselbst La Guglia di S. Mahuto oder S. Maut, von der nahe dabey diesem Heiligen gewidmeten Kirche, genennt wurde.

In S. Sabina hat Taddeo Zuccaro die Tribuna gemalt, und sein Bruder Federico Zuccaro die Kapelle des heil. Hyacinth, das Marienbild auf dem Altare ausgenommen, welches von einem bolognesischen Frauenzimmer, der Lavinia Fontana ist. Rand rechts: St. Sabina. Ueber dem Grabe Ausiä Valentini liest man: Rand rechts: Eyitaphium Ausiä Valentini.


Ut moriens viveret,

Vixit ut moriturus.


Man zeigt hier ein altes römisches steinernes Gewicht, welches der Teufel gegen den heil. Dominicum soll geworfen haben, nachdem ihm der Wurf nach den heil. drey Königen zu Cölln mislungen. Rand rechts: Stein, womit der Teufel geworfen. In dem Kloster zeiget man noch des h. Dominici Zelle, und in dem Garten einen Orangebaum, welchen dieser Heilige gepflanzet haben soll.

La Sapienza ist das öffentliche Gebäude der Universität, welche über dreyßig Professores, aber wenig Studenten hat, indem die Jesuiten alles an sich ziehen. Rand rechts: Antiquität eines Oran. genbaums. La Sapienza. Das schöne ins Gevierte aufgebauete Gebäude mit seinen bequemen Galerien, ist vom Michel Angelo Buonaroti angegeben, und über dem Haupteingange stehen die trefflichen Worte:


INITIVM SAPIENTIÆ TIMOR DOMINI.


Die Beschrebung des ganzen Werkes ist im Jahre 1720 in Folio mit Kupferstichen unter folgendem Titel herausgekommen: La chiesa e fabrica della Sapienza di Roma con le Vedute in Perspettiva e con lo studio delle Proporzione Geometriche, Piante, Alzate, Profili e Spaccati.

Der Thurm lat eine gar besondere Form, und ist obenher in einer Linea spirali gebauet. Rand rechts: Besonderer Thurm. In der Bibliothek ist ihres Wohlthäters Alexanders des siebenten Statue vom Dominico Giudi zu sehen, und hat dieser Pabst auch einen trefflichen medicinischen Garten in monte Janiculo zum Vortheil der Universität gestiftet. Rand rechts: Bibliothek. Medicinische Garten. In diesem Collegio werden die regelmäßigen Doctores in der Theologia, Jure und Medicina gemacht, und lehret manaußer den gedachten Hauptwissenschaften die Rhetorik, Philosophie, Kirchenhistorie, Mathematik, Baukunst, wie auch die hebräische, chaldäische, syrische, arabische, griechische und andere Sprachen, und zwar umsonst. Rand rechts: Disciplinen so hiergelehret werden. In der hiezu gehörigen Kirche bemerket man das Gemälde[603] am Altare, so St. Yvonem, den Patron der Armen, wie er Almosen austheilet, vorgestellt; Es wird solches für ein Meisterstück Petri di Cortona ausgegeben, wiewohl nach dieses Künstlers Tode sein Discipel, Johann Ventura, noch Hand an dasselbe geleget, und Ciro Ferri den untersten Theil desselben gemalt haben soll. Rand links: Gemälde in der Kirche. Dieses Stück hat dreytausend Scudi gekostet, und bildet die Figuren in Lebensgröße ab.

S. Sebastiano alle Catacombe oder sù la Via Appia ist eine von den sieben vornehmsten Kirchen der Stadt Rom. Rand links: S. Sebastiano. Die Seulen des Hauptaltars sind von Verde antico; in der kostbaren Kapelle St. Sebastiani ist dieses Heiligen Statue aus weißem Marmor zu sehen vom Fratre Antonio Giorgetto. Antonio Caracci hat etliche hier befindliche Fresco-Gemälde verfertiget. Ueber des Medici Belli d'Ense Grabe liest man: Rand links: Epitaphium Belli d'Ense.


D E O.

Otto Bellus d'Ense

Domo Momis Corvini

Acernen. Medicus

XXXV. jam annis

Urbis incola

Corporumque morbos

Curando

Mortem tolli

Non posse expertus

Sepulchrum sibi

Hoc loco

Apud Pestilentiæ

Depulsorem

S. Sebastianum

Vivens elegit

An. Christi MDCXV.

Ætatis L.

Nemo me lacrymis decoret, nec funera fletu,

Vivite felices animæ: mors omnibus instat.


Es ist aber nicht die äußerliche Schönheit, welche dieser Kirche den Vorzug vor vielen andern giebt, sondern die vielen Heiligthümer, so hier verwahret werden. Rand links: Reliquien. Denn außer denen zween Fußstapfen, welche Christus, als er Petro in via Appia erschienen, auf einem weißen Marmorsteine hinterlassen hat (woran man auch sogar die Fußzähen unterscheiden kann); außer einem Zahne Petri, und einem von Paulo; außer denen zween Pfeilen, womit Sebastian erschossen worden, und etlichen andern dergleiche Raritäten, welche gleich in der ersten Kapelle rechter Hand gezeiget werden, hat man auch in einem Kästchen die heiligen Gebeine von hundert und vier und siebenzigtausend Märtyrern (nämlich von jedem etwas) Rand links: Zween Fußstapfen Christi. Rand links: Zähne Petri und Pauli. Rand links: Zween Pfeile St. Sebastiani.[604] deren Körper nebst sechs und vierzig Päbsten in dem hiesigen Cœmeterio Beati Calixti Papæ & Martyris begraben liegen, wie die über dem Eingange dieser Catacomben zu lesende Schrift mit mehrern bezeuget, daher denn nicht zu verwundern ist, daß man täglich von hier einen Ablaß von sechstausend Jahren, und noch von acht und vierzig quarantene oder von fünf Jahren und fünf und neunzig Tagen holen kann. Rand rechts: Reliquien von 174000 Märtyrern. Rand rechts: 6000 Jahre Ablaß. Der Beweis von einer so großen Menge derersten Märtyrer kostet nicht viel Mühe. Denn wenngleich dergleichen Vorgeben mit aller Wahrscheinlichkeit und den treuesten Zeugnissen unverdächtiger Geschichtschreiber streitet, so ist es doch genug, daß eine alte kindische Nonne mit einem Traume oder einer Erscheinung auf die Bahn komme, und damit etwas bekräftige, welches sonst kein Mensch würde geglaubet haben. Ich darf mich desfalls nur auf die Eingebungen der heil. Brigitta, welche von dem römischen Stuhle als göttlich und untrüglich erkannt worden sind, berufen, nach welchen die Zahl der Märtyrer in der Stadt Rom allein so groß ist, daß auf jeden Tag siebentausend können gerechnet werden, welches eine Summe von zweytausend mal tausend fünfhundert und fünf und funfzigtausend für das ganze Jahr beträgt: und ist demnach nicht zu verwundern, wenn Caußinus in allen eilf Millionen Märtyrer der katholischen Kirche zählet, wozu der Karmeliterorden allein hundert und vierzigtausend liefern will6.

Ich habe oben bey St. Agnese vor der Porta Pia schon etwas weniges von den Cata combis7 erwähnet, die eigentliche Nachricht aber mit Fleiß hieher gesparet, weil die von St. Sebastian die weitläuftigsten und am besten unterhaltenen von Rom sind. Rand rechts: Beschreibung der Catacombarum. Sie bestehen an theils Orten gleichsam aus etlichen Stockwerken, also daß ein Gang unter dem andern liegt, in einem trocknen und sandigten Erdreiche, daher man sie hie und da mit Backsteinen bemauern müssen. Man steigt bisweilen auf und ab, oftmals muß man gebückt gehen, und sind die Gänge nicht mehr als zween bis drey Fuß breit, dergestalt, daß nirgends zwo Personen neben einander gehen können, ausgenommen in etlichen Kammern und gleichsam Kabinetten von vier bis sechs Fuß in die Breite und sechs bis acht Fuß in die Länge, woselbst nach etlicher Meynung die ersten Christen Messe gelesen haben sollen. Es ist bey schärfster Excommunication verbothen, etwas mit herauszunehmen: ich weis aber doch, daß Ketzer sich nicht allzugenau an dieses Verboth gebunden haben. In der Wand auf beyden Seiten sind gleichsam repositoria oder Fächer von der Höhe einer oder anderthalben Spannen, und vier bis fünf Spannen lang, welche theils ledig und offen stehen, theils mit Backsteinen oder einem schmalen Marmorblatte, woran bisweilen Inscriptionen zu finden, vermauert sind. Weil ich etlichemal der letzte von unserer Gesellschaft war, und also den Mönch, der uns mit geweiheten Wachslichtern herumführte, nicht so nahe auf dem Nacken hatte, so brach ich eine solche zwey Finger dicke Marmortafel weg, und fand in der Hölung ein ganzes wiewohl nicht allzugroßes Menschengerippe; denn solcher Plätze habe ich wenige angetroffen, worinnen ein großer erwachsener Mensch ausgestreckt hätte liegen können. Dergleichen Repositoria sind öfters drey- und vierfach übereinander, und hießen diejenigen Fächer, worinnen zween und mehrere Leichname liegen konnten, bisoma oder disoma, trisoma, quadrisoma etc. An einem Orte bemerkte ich einen in Stein gehauenen großen Sarg,[605] dergleichen auch anitzt außen an der Kirche von weißem Marmor mit bas-reliefs, die einige Historien des alten und neuen Testaments vorstellen, zu sehen ist, und aus den hiesigenCatacombis genommen seyn soll. An einem andern Orte fand ich eine große noch unbeschädigte irdene Urne mit einem engen Halse. Hie und da an der Wand sind kleine gläserne Bouteillen mit ihrer einen Hälfte eingemauert, von welchen aber außer den untersten Boden wenig übrig geblieben ist. Auf dem Grunde etlicher solcher gläsernen Phiolen ist etwas schwärzliches zu sehen, welches insgemein für das Blut der dabey begrabenen Märtyrer ausgegeben wird, gar wohl aber alt vertrocknetes Oel, so zu Lampen gedienet hat, seyn kann; ohne zu gedenken, daß diese Gläser gar sehr mit den vasis lacrymatoriis, worinnen die Heiden die Thränen bey ihren Todtengeprängen auch sogar durch dazu bedungene Weiber sammlen ließen, übereinkommen. Auf dem Boden eines solchen Glases habe ich bey einem guten Freunde in Nürnberg ein wohlgezeichnetes Gemälde, so verguldet war, gefunden. Es stellte solches ein Kind mit der bulla am Halse vor, welches von seiner Mutter geführet wurde. Ueber dem Gemälde war noch ein Glas, damit es von der Nässe keinen Schaden leiden möchte. Auf einem andern dergleichen Boden bey eben diesem Freunde, liest man: Vivas dulcis anima pie Zeses. Das Gemälde aber ist schlechter als das vorige, und die ganze Arbeit scheint neuer und gothisch zu seyn. Beyde Gläser kommen aus dem strozzischen Kabinette, und sind in Catacombis gefunden worden. Der berühmte florentinische Senator Buonaroti, hat in seinen zu Florenz im Jahre 1716 in Folio herausgegebenen Osservationi sopra alcuni frammenti di Vasi antichi di Vetro ornati di figure, trovati ne Cimiteri di Roma etc. vielerley solche Gemälde auf Glas beschrieben, so theils den Heiden, theils den Christen zugeschrieben werden müssen. Die Worte Pie Zeses, kommen auf verschiedenen derselben vor, es leidet aber die Construction nicht, daß man (wie einige doch wollen) sie für pie Jesu nehme, und scheinen diejenigen besser gegründet zu seyn, welche dafür halten, es sey allhier eine Vermischung der lateinischen und griechischen Sprache in gemeinem Gebrauche untergelaufen, und Zeses so viel als Ζώσεις, d.i. Vives oder Vivas. Nach dieser Erklärung wäre dann pie Zeses so viel als: lebe gottselig oder selig8. Außer itztgedachten grossen Oeffnungen findet man auch viele kleine Löcher in der Wand der Catacomben, als Taubenhäuser, worein die Alten ihre Urnen einzeln oder zwo bis drey zusammen setzten, und solche Plätze Columbarias, ollarias und hypogaa nennten.

An einem Steine liest man Silvester auf folgende Art geschrieben:


CIABACTERE.


an einem andern: C. Plotius.

Ich schrieb auch folgende Inscriptionen ab:

Leopardus Præfectus qui vixit annis IIII. (so ist es in den Stein gehauen) menses VI. dies II. in pace

Desgleichen: Petrus qui vixit annos III. & Di – – – Bictorina sib & compari.

Ferner: Victorino Benemerenti in pace qui vixit annos III. mensis (auf diese Weise ist es eingegraben) VI. dies XII.


Wenn ich diese drey Inscriptionen, wie sie mir ohne besondere Wahl unter die Augen gerathen, mit der obigen Anmerkung von den kleinen Sceletis zusammenhalte, so möchte leicht[606] die Vermuthung erwachsen, daß man unter den Heiden die kleinen Kinder öfters unverbrannt beerdiget, als man bey erwachsenen Leuten zu thun pflegte. An einem andern Orte bemerkt man:


51. Schreiben DVLVENE MERITT VICTORI 51. Schreiben

FILIO PAREN FFQQVTAMIRA

TREIECIT VIT D LXXX NEOFITVS

QVI VIX IN PACE X


Das Zeichen des Kreuzes nimmt man insgemein für ein Merkmaal, daß ein Christ daselbst begraben liege, und dahin zieht man auch die marque 51. Schreiben, einen Märtyrer aber meynt man sicher zu finden, wo 51. Schreiben zu lesen ist, weil es Pro Christo, vermittelst eines Mischmasches vom lateinischen und griechischen Alphabet heißen soll.

Was den griechischen Buchstaben X anlanget, so habe ich an einem alten Monumente in Albano (welches ich anderwärts anführen werde) einen deutlichen Beweis gefunden, daß solches auf verschiedene andere Arten könne erkläret werden, indem man daselbst mit ausgedrückten Worten liest: XPHΣTE XAIPE, d.i. optime oder svaviter vale, lebe wohl ohne alle Beschwerniß, in welchem Verstande auch TIBVLLVS II, 4 setzt:


Et bene, discedens dicet, placideque quiescas

Terraque securæ sit super ossa levis.


Beym ANAC. Od I finden wir: χάιροιτε λοιπὸν, ἡμῖν Ἥρως, daß also kein Zweifel, es sey χᾶιρε so viel als lebe wohl, Farewell etc.

Die Gänge solcher Begräbnisse gehen in das Kreuz und die Quere herum, also daß man sich leicht darinnen verirren könnte. In den hiesigen hat man diejenigen Wege zu vermeiden, in deren Mitte Steine zum Zeichen gesetzet sind, wenn man ohne Irrung wieder herauskommen will. Sollte man alle Gänge der Catacomben bey der St. Sebastianskirche abmessen, so würden über zwanzig italienische Meilen herauskommen, wie man oben in dem Kloster aus einer Ichnographia und Abzeichnung ersehen kann, welche mit dem Kupferstiche des Paul Aringhii in Roma subterranea übereintrifft, woselbst auch die Risse von denCatacombis oder Cœmeteriis S. Hermetis in via Calaria veteri, desgleichen St. Pancratii, St. Agnesä, St. Agathä, Lucinä, Pontiani etc. zu finden sind. Jede von diesen Catacomben und mehrere andere, die sich über dreyßig an der Zahl belaufen, haben ihre weitläuftigen Gänge, welche in allen zusammen mehr als hundert italienische Meilen, oder bey zwanzig deutsche Meilen austragen. Sie sind aber nicht allenthalben in so gutem Stande erhalten, wie zu St. Sebastian, auch an vielen Orten vermauert, nachdem Leute sich in solchen Labyrinthen verirret und darüber ihr Leben eingebüßet haben. Außer des Bosii und Aringhii Arbeiten sind noch im Jahre 1720 osservazioni sopra i Cimeteri de' santi Martiri & antichi Christiani di Roma, in zween Folianten zu Rom herausgekommen.

Ob nun gleich nicht zu leugnen ist, daß viele Christen hier begraben liegen, so folget doch daraus keinesweges, daß diese unterirdischen Werke ursprünglich von den Christen angeleget sind, oder ihnen zu Zeiten der Verfolgungen zu einem heimlichen Aufenthalte gedienet hätten. Rand rechts: Daß dieses keine Werke, so den Christen allein zuzuschreiben sind. Denn wie hätten die nach Proportion sehr wenigen Christen ein solches weitläuftiges Werk unternehmen oder ausführen können? Wohin hätten die vielen tausend Karren Sand gebracht werden sollen, ohne daß den Heiden der Christen Arbeit wäre verkundschaftet worden. Gesetzt auch, daß die Christen den Sand in kleinen Maaßen an die Einwohner der Stadt zur Reinigung der Häuser verkaufet, und daher den Namen der Arena[607] riorum erhalten hätten, so waren doch auch viele heidnische gemeine Leute, welche mit Sande handelten, und also wohl wissen konnten, wo die Christen ihren Sand hernahmen. Zu was hätten den Christen auch die Gänge von etlichen deutschen Meilen dienen sollen, da ihrer wenige waren, und sie sich selbst täglich darinnen würden verirret haben. Denn da die Christen an der Zahl und Macht die Oberhand erhielten, dachte ohnedem niemand weder an verborgene Aufenthalte noch heimliche Begräbnisse. Gesetzt es wären in den Zeiten der Verfolgungen funfzig bis sechszigtausend Christenseelen in Rom gewesen, welche in diese Grüfte ihre Zuflucht genommen, wie hätten sie ihren Unterhalt ohne verrathen hieher bringen oder denselben nebst ihrer Gesundheit unter so vielen tausenden todten Leichnamen, und anderm Unflate, der nicht abfließen konnte, erhalten mögen? Man findet nicht die geringsten Kammern oder räumige Plätze, so zu Verwahrung der Lebensmittel oder zur Wohnung der Menschen hätten dienen können. Die wenigen engen Kabinette, welche man antrifft, sollen zu Lesung der Messe gebraucht worden seyn; allein, da auch diese nur einen engen Ein- und Ausgang haben, so ist nicht zu begreifen, wo die Zuhörer können gestanden haben. Zu gemeinen Nachtlagern wird man diese Winkel nicht gebraucht, sie auch nicht zulänglich für etliche tausend Menschen gefunden haben, und in den schmalen Gängen hat niemand liegen können.

Ich überlasse anbey zu eines jeden eigener Ueberlegung, wie mancherley Versuchungen beyderley Geschlecht in solchen düstern Hölen, da jedermann zu dem andern kommen, und keiner dem andern ausweichen konnte, würden unterworfen und dargestellet gewesen seyn. Die ersten Bekenner hatten zwar eine viel feurigere Andacht als die heutigen Maulchristen; allein sie waren doch Menschen, welche Fleisch und Blut an sich hatten, und mit dessen unordentlichen Begierden noch so manchen Kampf auszustehen hatten, daß die Kirchenhistorien mehr als zu viele Exempel vor Augen legen, wie Fleisch und Blut, Ehrgeiz, Geldgeiz und Wollust über diese geistlichen Kämpfer die Oberhand behalten haben. Was würden nicht auch die Heiden den Christen für gar wahrscheinliche Vorwürfe gemacht haben, wenn endlich (sollte es auch erst nach den Zeiten Konstantins des großen erfolget seyn) herausgekommen wäre, daß so viele tausend Menschen beyderley Geschlechts in dunkeln und wenig erleuchteten Löchern lange Zeit beysammen gestecket hätten? Des durchlauchtigen Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel, Anton Ulrich, Beschreibung der Catacomben und der Lebensart, welche die ersten Christen darinnen geführt haben möchten, ist sehr angenehm in der Octavia zu lesen; allein den Begriff, welchen man aus diesem Roman von solchen unterirdischen Wohnungen geschöpfet, wird man gar bald auf die Seite legen, wenn man in die römischen Catacomben tritt. Diejenigen, so man zu Neapolis besuchet, schickten sich wegen ihrer schönen breiten und hohen Gewölber viel besser zu einem solchen Gedichte; allem je prächtiger diese Werke sind, desto unwahrscheinlicher können sie als ein Unternehmen weniger und unterdrückter Leute, die alles heimlich haben thun müssen, angesehen werden. Rand links: Neapolitanische Catacombæ.

Wenn man nun die Sache beym Lichte besieht, so wird sich finden, daß die römischen Catacombæ ursprünglich nichts anders sind, als die Puticuli, von welchen Horaz, Varro und Festus Pompejus als solchen Oertern gedenken, worein man anfänglich die Leichen der Sclaven und des gemeinen Volkes, woran man die Unkosten des Brandes nicht wenden wollte noch konnte, hinlegte. Rand links: Was die Catacombæ eigentlich sind? Die Ausgrabung der Puzzolana, oder des zum Kalk und Bauen sehr nützlichen Sandes, welcher häufig in Italien als in Adern beysammen liegt, mag hiezu die beste Gelegenheit gegeben haben, vornehmlich weil diese Gegenden außerhalb der Stadt lagen. Mit der Zeit hat man auch Leute von besserm Stande dahin begraben, weil ausgemacht ist, daß die Römer schon als Heiden, und ehe die Christen die Oberhand bekamen, sich[608] auch der Beerdigung der todten Körper bedienet haben. Es beweisen diesen Satz viele in den Catacomben befindliche Grabschriften, die nicht nur mit den Buchstaben D. M. anfangen, (als welche man noch erklären könnte Deo Maximo) sondern theils auch die ausgedrückten Worte Diis Manibus vorzeigen, vor welchen jeder Christ einen Abscheu würde getragen haben. Dahin gehört der Stein, welcher ehemals in Catacombis S. Sebastiani gefunden worden, und itzt in dem Musæo Kircheriano aufgehoben wird, mit der deutlichen Inscription:


Diis Manibus

Principio filio dulcissimo suo posuit,

qui vixit ann. VI. dies XX.

in pace.


Wobey ich abermals anzumerken bitte, daß dieses Grabmaal einem kleinen Knaben gesetzet worden. Als ich einem gelehrten Jesuiten aus diesem Epitaphio einen Einwurf wider die gemeine Meynung, daß in den Catacombis lauter Christen begraben lägen, machte, antwortete er: es sey vielleicht aus Unwissenheit der ersten Christen geschehen, die nicht verstanden hätten, was die Worte Diis Manibus sagen wollten, sondern weil sie solche auf so vielen andern Steinen gefunden, hätten sie sie ohne ferneres Nachdenken auch auf ihre Gräber gesetzet, zumal da sie etwan in den Gedanken gestanden, daß durch die Manes aufanimas gezielet würde. Es ist auch Mabillon der Meynung, daß die Christen, nachdem sie die Oberhand behalten, die Grabsteine von den heidnischen Begräbnissen hinweg und za den ihrigen genommen hätten. Allein dieses würde nur einen Schein haben, wenn die Steine entweder ganz ohne Schriften oder wegen der Materie und Zierrathen von einiger Kostbarkeit und Schönheit gewesen wären. Nun aber, da es gar gemeine und grobe Steine, ohne alle tüchtige Zierrathen und mit schlechten Schriften sind, so sehe ich nicht, warum ein Christ seinem Kinde eine heidnische Aufschrift sollte ausgesucht haben, da es dem ärmsten Menschen leicht gewesen seyn würde ein christliches Epitaphium machen zu lassen. Was die andere Entschuldigung belanget, so möchte solche gelten, wenn die Christen die Landessprache und Religion der Einwohner nicht gewußt hätten, und ihnen also unbekannt hätte seyn können, was die Heiden durch die Worte Diis Manibus hätten andeuten wollen. Und wenn sie auch die Manes mit den Animabus durch eine unglaubliche Unwissenheit vermischet hätten, so frage ich annoch: was sie denn denen WörternFata, Domus æterna Imperatoris und dergleichen, die man nicht weniger allhier auf Steine eingegraben findet, für einen Verstandhätten geben können, der ihnen ohne Anstoß gewesen wäre? Mabillon selbst erkennet an einem andern Orte, da er wider die Verehrung der Evodlæ, als einer unächten Heiliginn, schreibt, daß die auf ihren oder vielmehr ihrer Mutter Grabsteine befindlichen Buchstaben D. M. ein Anzeichen des Heidenthums, auch die dabey gefundene Phiole mit einer röthlichen Feuchtigkeit keinesweges ein Gefäß mit dem Blute einer christlichen Märtyrinn, sondern eine Urna lacrymalis gewesen.

Ich will hier nicht mit mehrern gedenken des unversehrten Körpers eines jungen Frauenzimmers, welches unter Paul dem dritten in den Catacombis Sebastianis ausgegraben, und von etlichen für die Tulliola, Cicerons Tochter, ausgegeben worden. Denn daß offenbare Merkmaale vom Heidenthume dabey müssen anzutreffen gewesen seyn, kann man daraus abnehmen, daß man sie nicht als heilige Reliquien behalten wollen, sondern obgedachter Pabst, um aller ungebührlichen Verehrung vorzukommen, sie ungeachtet ihrer Schönheit in die Tiber werfen lassen. Die fabelhaften Umstände dieser Historie findet[609] man beym P. LiugiCONTARINICrocifero, p. 283, wie auch in des Flaminii Vaccá Anmerkungen, welche Montfaucon seinem Itiner. einverleibet hat, ferner beym ALEXANDROabALEXANDRO und STEPHANOde Investura, welche jedoch alle so wenig in der Zeitrechnung und Bezeichnung des Ortes, noch in andern Umständen übereinkommen.

Einen andern Beweis, daß dieses keine Grabstäte der ersten Christen gewesen, nehme ich aus den vielen Vasis lacrymalibus, welche man in den Catacomben gefunden, und die Heiden den Leichnamen sowohl mit ihren als der gedungenen Klagweiber oder Præficarum Thränen gefüllet, beyzusetzen pflegten. Rand links: Vasa lacrymalia. Von solcher Gewohnheit zeugen die auf Grabsteinen öfters vorkommende Redensarten Tumulum lacrymis plenum dare, ponere cum lacrymis, cum lacrymis & opobalsamo udum condere, und dergleichen, wovon GVTHIERde Jure Manium lib. I, c. 28, p. 173. CASAL. P. II, c. 21, de Urb. nachgesehen werden können. Ich führe hier nur folgenden in Rom gefundenen Stein an, welcher derUlpiai Scitai Philumenai, oder Ulpiæ Scitæ Philumenæ (wie man auch Bonai Deai sacrum und dergleichen findet) zum Andenken aufgerichtet worden:


Vlplai Scitai Philumenai

Conjugi B M P

Aelius Macer antesi

gnanor. Trib.

Lachrymas posuit


Die ersten Christen hingegen hielten den Tod ihrer frommen Freunde und Verwandten für einen erfreulichen Weg zur ewigen Freude: und da Paulus an die Thessal. I. c. 4, v. 13 die verstorbenen Christen nach Art der Heiden, welchen die Hoffnung der Auferstehung unbewußt war, zu beweinen verbiethet, so ist leicht zu erachten, daß die zurückgebliebenen Gläubigen weder mit ihren eigenen in Uebermaaße vergossenen Thränen Parade gemacht, noch solche Klagweiber dazu gedungen haben werden, von welchen HORATIVS sagt:


Ut, quæ conductæ plorant in funere, dicunt

Et faciunt prope plura dolentibus ex animo, –

(de Art. Poët v. 431, s.)


Man gebe sich nur die Mühe Le Antiche Lucerne sepolcrali figurate & raccolte dalle Cave sotterranee & grotte di Roma, disegnate ed intagliate nelle loro forme daPietro SantiBARTOLI, con l' osservationi diGio. PetroBELLORI, welche zu Rom in Folio herausgekommen, durchzublättern, so wird man unter denen Urnen, welche aus den Catacomben gebracht worden, mehr als vierzig finden, die offenbar heidnisch sind, und gar leicht unterschieden werden können, von denenjenigen, welche die Christen aus abgeschmackter Nachahmung der heidnischen Ceremonien hieher gebracht haben, und auf welchen anstatt der heidnischen Götzenbilder das Monogramma des Namens Jesu Christi, oder eine Taube, als das Symbolum der Einfalt, Liebe und Unschuld, oder Christus als ein Hirt, der ein Schaf[610] auf seinen Schultern trägt, oder die Arche Noa mit der Taube, Jonas, so vom Wallfische ausgespieen wird, und dergleichen Vorstellungen zu sehen sind, mit einem viel deutlichern Beweise, daß sie den Christen gedienet haben, als das bloße Zeichen des Kreuzes auf den Grabschriften ist, indem solches, wie aus MONTFAVCON Supplem. Antiq. Expl. Tom. II, p. 133 und T. III, p. 77 zu ersehen, auch auf ägyptischen und etruscischen Monumenten, welche offenbar älter als Christi Leiden sind, angetroffen wird. Rand rechts: Zeichen des Kreuzes auch auf andern als christlichen Monumenten. Der alte griechische Buchstabe Tau, welcher ein Zeichen der Absolution und Befreyung war, hatte die Gestalt eines Kreuzes, dessen Stamm ein wenig über das Querholz hervor reichte. Athanasius Kircher will im Prodromo Copto erweisen, daß das Zeichen des Kreuzes bey den Aegyptiern, Persern und Indianern ein Hieroglyphicum gewesen, das die vier Elemente vorgestellet habe. Aus des RVFINI Kirchenhistorie lib. 2, c. 29; SO CRATE, SOZOMENO und SVIDA unter dem Worte σταυροὶ sieht man deutlich, daß die Aegyptier dadurch das ewige Leben abgebildet, und man dergleichen Zeichen in den Tempeln Serapis gefunden. Auf etlichen ägyptischen Monumenten trifft man sogar drey nebeneinander stehende Kreuze an; es wäre aber lächerlich, wenn man solche aus den Kreuzen Christi und der zween Schächer erläutern wollte. Marsilius FICINVS, de vita cœlitus comparanda l. 3, c. 18, meldet: daß bey den Arabern eine solche Figur im Gebrauche gewesen, welche den Einfluß der Sterne angedeutet habe. (conf. CASAL. de veter. rit. Ægypt. und PIGNORexposit. mensæ Isiacæ) Des GötzenThoronis Hammer, dessen in den Alterthümern der mitternächtlichen Völker öftere Erwähnung geschieht, gleicht ebenermaßen dem Zeichen des Kreuzes, also daß eines für das andere genommen werden konnte, wie aus des SNORROSturlesonKonung Haekon Adalstens Fostres Saga cap. 18 zu ersehen ist9. Von dem Kreuze auf den runischen Steinen hat Jac. ISTMENIVSReevhieln eine besondere Schrift herausgegeben.

Da nun aus angeführten Umständen erhellet, daß diese Oerter sowohl den Christen als Heiden zu ihren Begräbnissen gedienet: so sieht man wohl, mit was für Dreistigkeit der päbstliche Stuhl alle diese Gebeine für heilige Reliquien ausgiebt, und mit was für Leichtgläubigkeit man solche Knochen als die kostbarsten Dinge annimmt, in Gold und Silber fasset, und ihnen eine religiose Verehrung erweist, da sie doch eben so leicht von einem niederträchtigen heidnischen Sclaven, als von einem Christen seyn können. Rand rechts: Was von denen daraus hergenommenen Reliquien zu halten? Es ist zu vermuthen, daß die Christen oftmals ihre Leichen auf besondern Plätzen zusammengesetzt haben; allein wer kann itzt entscheiden, wo diese Gegenden sind, und wie weit sie sich erstrecken. Gesetzt auch, man finde einen Leichnam, aus dessen Inscription man gewiß schließen könne, es sey eines Christen oder Märtyrers; folgt dann daraus, daß alle diejenigen, welche damals den Namen von Christen geführet haben, auch christlich gelebet und ein seliges Ende genommen haben? Ist es nicht mit vielen angegebenen Märtyrern, wenn man sie nach der Kirchenhistorie beurtheilet, also bewandt, daß man billig in Zweifel stehen muß, sie für heilige und selige Leute zu erkennen? Die gute Sache, für welche man leidet, machet allein nicht die Ehre der Märtyrerkrone aus. Zu Hieronymi und Augustini Zeiten fingen die Mönche[611] zwar schon an, mit Reliquien einigen Handel10 und Wandel zu treiben; allein auf diesen großen Vorrath von Heiligthümern dachte man damals noch nicht, weil ohne Zweifel die Falschheit eines solchen Vorgebens einem jeden allzuklar in die Augen würde geleuchtet haben. Rand links: Wie diese unterirdische Gewölber zu Zeiten Hieronymus beschaffen gewesen. HIERONYMVSComment. in Ezech. c. 40 meldet: daß er als ein Knabe öfters in diesen Begräbnißgrüften zu Rom gewesen, worauf man aber damals so wenige Sorge gewendet, daß er wegen ihrer furchtsamen Finsterniß den Ort aus dem 54 Psalm auf sie anwendet: Descendunt ad infernum viventes; und den virgilianischen Vers:


Horror ubique animos simul ipsa silentia terrent.


Fleury, in seinem Buche von den Sitten der ersten Christen, behauptet aus BOSIIRoma subterranea, daß Konstantin der große aus Andacht die Catacomben verschütten lassen, damit die Heiligthümer der ersten Märtyrer nicht etwan verunehret würden, und daß man erst zu Ende des sechszehnten Jahrhunderts diese unterirdischen Gänge wieder entdecket habe. Rand links: Daß sie nicht erst wieder in neuern Zeiten entdeckt worden. Allein dieses ist offenbar falsch; und wenn einige Catacomben erst in spätern Zeiten wieder gefunden worden, so ist solches der wenigen Achtung, die man jederzeit für diese Gebeine gehabt hat, zuzuschreiben, aus welcher Ursache man auch aus vielen solchen unterirdischen Galerien erst vor kurzen Jahren auf päbstlichen Befehl die Gebeine zusammen gesuchet und in bessere Verwahrung gebracht, nachdem man mehr und mehr eingesehen, wie hoch man diese Waare ausbringen könne. Ich habe viele Inscriptionen in den Catacomben bemerket, welche durch ihre gothische Inscriptionen andeuten, daß sie ex ævo medio sind, ja in einer von den Sebastianischen ist deutlich das Jahr 1409 ausgedrückt. Anderer ganz neuern Ueberschriften, worunter sonderlich eine S. Martyri Maximo gewidmet und befindlich ist, anitzt nicht zu gedenken, welche gar leicht mit der Zeit für ächt und alt können ausgegeben werden.

In der Kirche von S. Silvestro e Martino alli Monti zeigt man die Form der Wiege Christi, nebst einem alten schwarzen steinernen Gewichte, so zur Marter der ersten Christen gebraucht seyn soll. Rand links:S. Silvestro e Martino. Martersteine. Wenn man in das untere Gewolbe geht, liest man linkec Hand unter einem gemalten Marienbilde:


Per Te Trmitas sanctificatur etc.


In diesem Gewölbe, worinnen sich St. Silvester zehn Jahre aufgehalten, ist auch die heil. Maria en Mosaique zu sehen, welches Bild für das erste in dieser Arbeit ausgegeben wird.

S. Silvestro in Campo Marzo oder in Capite hat schöne Gemälde von Trevisani, Terentio d'Urbino und Tarquinio de Viterbo; absonderlich ist die Decke schön verguldet und von Roncalli und seinen Lehrlingen à fresco gemalet. Die Apostel über der Orgel werden für das beste Stück des Gramignoti gehalten. Rand links: S. Silvestro in Campo Marzo. Das vornehmste allhier ist das Angesicht des Herrn Christi, welches nach EVSEBII Berichte der Heiland selbst auf weiße Leinwand[612] abgedrücket undan Abgarum (welchen Eusebius Agbarum nennet) König von Edessa soll gesandt haben, nachdem der von Edessa gesandte Maler wegen des Glanzes, der von Christo ausgieng, nichts zuwege bringen können. Rand links: Originalportrait des Heilandes. Die ganze Sache gründet sich auf die Erzählung Nicephori Callisti, welcher gegen die Mitte des vierzehnten Jahrhunderts gelebet, und davon im zweyten Buche c. 7, p. 96 seiner Kirchenhistorie Meldung thut. Beym Eusebius findet sich ein Brief des Abgari an Christum, worinnen er um Heilung seines kranken Körpers bittet, nebst der Antwort des Heilandes. Nach des Eusebius Berichte kommen beyde Schreiben aus den Archiven von Edessa; allein wenn sonst etwas hauptsächliches und das genauere Untersuchung erfoderte, darinnen enthalten wäre, würde des Eusebius Zeugniß die Sache nicht ausmachen, weil in seinen Berichten manche andere untergeschobene Dinge angetroffen werden. Die römische Kirche hat besagte zween Briefe auch niemals unter die canonischen Schriften gerechnet11. Obgedachter Abdruck des Gesichtes Christi wird zwar in dem an die Kirche stoßenden Kloster der Nonnen von St. Clara verwahret und selten gezeiget; man kann sich aber mit der Copey en bas-relief von weißem Marmor, so linker Hand am Hauptaltare ist, begnügen, nach deren Anleitung der Herr Christus ein gar verdrüßliches Gesicht, Haare12, als eine schlechte Perrücke, Moustachen und einen getheilten Bart müßte gehabt haben. Unter gedachtem Portraite steht Johannis des Täufers Kopf in Marmor mit einem dem obigen gleichkommenden Barte aber magererm Gesichte. Die Unterschrift ist folgende:


Sacrosancta Jesu Christi imago

Ante tempus passionis ab ipso mirabiliter impressa

Et Abgaro Regi transmissa

A Græcis profugis pro S. Fide ruenda

Romam asportata

In hac S. Silvestri Ecclesia

Pia omnium veneratione

Percolitur.

Sanctissimi Jo. Baptistæ

Præcursoris Caput

Romam quoque ultimo translatum

Ac in ista servatum Ecclesia

Proinde nuncupata de Capite

Miro Christianorum concursu

Votis ac laudibus

Celebratur.[613]

Ex plerisque monumentis Patrum,

Conciliorum,

Ac summorum Pontificum præsertim Stephani IV.

Hadriani I. Martini IV. Bonifacii VIII. & Bonifacii IX.


Gegenüber ist eine dergleichen Inscription und Zeugniß von dem Leichname des heil. Silvestri Papæ & Confessoris.

Indessen ist wegen des Hauptes St. Johannis des Täufers das Reich mit sich selbst uneins; und obgleich fünf Päbste für die hiesige Kirche und das Kloster St. Silvester gesprochen, so behauptet dennoch die Stadt Amiens, daß sie allein das Haupt Johannis des Vorläufers Christi, besitze, und ihre Rechte hatduCANGE in einer gar gelehrten Dissertation weitläuftig ausgeführet. Rand links: Dispute wegen des Hauptes Johannes des Taufers.

Die Kirchen S. Silvestro in Monte Cavallo unddello Spirito S. de' Napolitani à strada Giulia haben schöne Gemälde. Rand links: S. Spirito in Sassia.

Die Kirche di S. Spirito in Sassia hat den Namen von ihrem Stifter Ina, Könige der Westsachsen in England. Sie ist gleichfalls wegen der Gemälde zu besehen und indem Hofe des dazu gehörigen Hospitals hat Alexander der siebente eine schöne Fontaine aufführen lassen. Der berühmte Leibarzt Clemens des eilften, Maria Lancisius vermachte im Jahre 1714 seine auserlesene Bibliothek in dieses Hospital zum öffentlichen Gebrauche, und besteht dieselbe aus vielen mathematischen, physikalischen, botanischen, anatomischen, medicinischen, chymischen und andern zur Naturgeschichte gehörenden Schriften in griechischer, arabischer, lateinischer und andern Sprachen, nebst vielen anatomischen, mathematischen und: mechanischen Instrumenten. Rand links: Bibliothek. Es sind in Rom zum Besten der Kranken und Armen mehr als dreyßig Hospitäler13; allein es kömmt keines diesem bey, als in welchem man oftmals über tausend Kranke, die wohl unterhalten werden, zählet. Rand links: (Viele andere Hospitäler.)

Zur Erhaltung der kleinen Kinder, welche alle Nachte, zu Abwendung vieler Kindermorde, in die besonders dazu verfertigte Maschine geleget werden können, unterhält man beständig vierzig Ammen, außer mehr als zwey tausend andern, welche sowohl in der Stadt als auf den Dörfern jährlich etwas bekommen, daß sie die neugebohrnen Kinder säugen und bis ins dritte oder vierte Jahr erziehen, da dann die Knaben mit der Zeit zu Handwerkern, Künsten und andern Wissenschaften angelehret und so lange unterhalten werden, daß sie selbst ihr Brodt verdienen können. Rand links: Erhaltung der Findlinge. Die Mägdchen, deren insgemein mehr als fünf hundert sind, werden unter der Aufsicht der Nonnen von St. Thekla, Augustinerordens, besonders erzogen, bis sie in dem Alter sind, das Klosterleben oder den ehelichen Stand zu er greifen, in welchem letzten Falle jede mit hundert Scudi ausgesteuret wird. Besagtes Hospital ist sehr reich, soll aber vorzeiten noch viel größere Einkünfte besessen haben, ehe etliche Päbste einen Theil davon zu andern guten Anstalten angewiesen haben; indessen übersteigt seine jährliche Einnahme noch anitzt hundert tausend Scudi, ohne was sie durch Circulirung des Geldes, so in ihrer Banco (in der Strada Banchi) steht, gewinnen, welches desto höher sich beläuft, je wenigere Gelegenheit man sonst in Rom hat, sein Geld sicher, obgleich ohne[614] Zinsen, unterzubringen. Rand links: Reichthum dieses Hospitals. Ich kann nicht umhin eine artige Inscription dieses Hospitals noch hiebey zu fügen: Rand rechts: Inscription daran.


Alexandro VII. P. O. M.

Qui

Ut corporum valetudini paterna charitate consuleret

Quemadmodum Pastorali sollicitudine

Pro animarum salute quotidie invigilat

Huic Xenodochio diplomate suo concessit,

Annexam viam nocturno tempore

Transversis catenarum repagulis custodiri,

Ne præterennte strepitu quies

Amica silentii

Omnino ab ægrotantibus exularet.

Anno Domini MDCLXI. Pontificatus VI.


S. Stefano Rotondo, so mit dem Collegio Germanico S. Apollinaris vereiniget ist, nimmt itzt den Platz ein, wo in alten Zeiten Templum Fauni gestanden haben soll. Rand rechts: S. Stefano Rotondo. Rund herum in der Kirche geht eine Galerie von schönen marmornen Seulen. Der Altar ist frey oder isolé in der Mitte der Kirche, und sieht man darauf ein Tabernakel oderCiborium, welches von einem Becker nach der Form eines hohen Thurms aus Cypressenholze und zwar nur mit einem Federmesser gar künstlich geschnitten worden. Rand rechts: (Künstliche Schnitzarbeit eines Schwaben.) Etliche geben vor, es habe der Meister sein verwirktes Leben dadurch errettet; es scheint aber folgende daran befindliche Inscription ihn desfalls genugsam zu rechtfertigen:


Johannes Zenmer Beisanensis in Urbe Pistor tabernaculum hoc sua manu perfectum, in suæ nationis gratiam Collegio Germanico donavit & hic ita posuit, ut liceat ejus Rectori in Collegii templum transferre, cum expedire judicaverit, die XIX. Jan. M DC XIII.


Der Pater Gallonio hat in seinem Werke de Cruciatibus Martyrum die von Nicolao Pomarancio ander Wand gemalte Vorstellungen des Märtyrertodes, welchen die berühmtesten Bekenner der christlichen Wahrheit in den ersten zehn Verfolgungen erlitten haben, beschrieben und dargestellt. Rand rechts: Gemälde. Unter den andern Gemälden rühmet man sonderlich die linker Hand beym Eingange von Antonio Tempesta gemalte Hinrichtung der unschuldigen Kinder zu Bethlehem.

Von dieser Kirche ist eine andere wohl zu unterscheiden, welche auch rund und S. Stefano alle Carozze (weil viele Kärner in solcher Gegend wohnen) oder Madonna del Sole genennet wird. Rand rechts: S. Stefano alle Carozze oder Madonna del Sole. Man findet nichts sehenswürdiges darinnen, die Gelehrten aber streiten, ob dieses ehemals ein Tempel der Volupiä, oder Vestä, oder Solis gewesen sey.

St. Susanna hat ein schönes Frontispicium, welches Carlo Maderno angegeben, und in der Kirche, welche etwas dunkel ist, schöne Fresco-Gemälde vom Baldassar Croce[615] und Cesare Nebbia. Rand rechts: St. Susanna. Oben an dem Gewölbe stehen vier schöne Statuen Ezechiels, Daniels, Esaiä und Jeremiä, welche Valsoldo in stucco gearbeitet hat.

Vor der Kirche St. Theodori oder Toto steht eine dicke und niedrige Seule oder ein alter heidnischer Altar und incensorium. Rand links: St. Theodoro. Auf diesem Platze wurde auch diemetallene Wölfinn ausgegraben, so itzt in dem Capitolio zu sehen ist. Weil das Gebäude der Kirche ehemals der Tempel Romuli und Remi (wie die meisten dafür halten) gewesen, so brachten die Heiden ihre Kinder dahin und rieben sie an die Statuen dieser zween Brüder, die in ihrer Kindheit wunderlich erhalten worden waren. Rand links: (Temp lum Romuli & Remi.) Es konnten auch die alten Matronen von dieser heidnischen Gewohnheit nicht abgebracht werden, nachdem man äußerlich die christliche Religion eingeführet hatte. Rand links: Aus dem Heidenthume beybehaltener Aberglaube. Um aber allem Misbrauche abzuhelfen, so weihete man diesen Tempel dem heiligen Theodor, und heute zu Tage wird alle Donnerstage eine besondere Messe in dieser Kirche gelesen, nach welcher man die kranken Kinder vor den Altar bringt, allwo ihnen ein Mönch die Hand auflegt, und ihr Gesicht mit einer in Glas eingefaßten Reliquie St. Theodors bestreicht, worauf ein jeder glaubt, daß es sich mit den Kindern innerhalb acht Tagen zur Besserung oder zum Tode ändern müsse14. Eines von beyden trifft gemeiniglich ein, und der Ausgang wird der Kraft der heiligen Reliquie und dem St. Theodor (der sonst seines Handwerks ein Kriegsmann gewesen, und ich weis nicht auf was für eine Art zur Protection der kleinen Kinder gekommen) zugeschrieben. Dieses heißt allen Sauerteig des Heidenthums ausfegen, und eine erlaubte christliche Ceremonie aus einem Aberglauben machen. Rand links: Aberglaube mit einem Kuhfladen. Wobey ich mich erinnere, daß ein römisch- katholischer Scribent, dessen Namen mir itzt nicht beyfällt, zum Lobe der Jesuiter und ihres Eifers bey der Ausbreitung der christlichen Religion, erzählet, wie in einem heidnischen Lande die Leute eine solche abergläubische Hochachtung und Verehrung s. v. für dieexcrementa der Kühe (vielleicht nur von gewissen Kühen) gehabt, daß man sie aus Andacht warm auf den Kopf geschmieret und damit herumgegangen. Die Jesuiten hätten lange gesuchet, diesen häßlichen Aberglauben abzubringen; weil sich aber allzuviele Schwierigkeiten dabey eräuget, hätten sie ihn endlich erlaubet und auf folgende Art zu einer christlichen Ceremonie gemacht, daß sie die gemeldte häßliche Materie vor dem Gebrauche mit Weihwasser besprenget15. Aus den Berichten der dänischen Mißionarien von dem Fortgange des Christenthums in Ostindien, sieht man hin und wieder, daß die Beschmierung mits. v. Kuhmiste, als eine geistliche Ceremonie unter den heidnischen Einwohnern der Küste Tranquebar im Schwange sey. Es erhellet auch aus ÆlioARISTIDEoperum Tom. I, p. 542, sq. daß schon vor alten Zeiten die Einwohner zu Pergamo sich zu gewissen Jahreszeiten, dem Aeskulap zu Ehren, mit Kothe bedecket haben.

Unter der Regierung Innocentius des dreyzehnten hat man eine treffliche Treppe aus der Piazza di Spagna gegenüber der Fontana della Barcaccia nach dem Monte Pincio und der Kirche della S. S. Trinità de' Monti angeleget, welche im Jahre 1725 zu Stande gekommen,[616] und unter die schönsten Zierden der Stadt Rom zu rechnen ist. Rand links: Treppe alla Piazza di Spagna. Sie ist von Travertino hundert und fünf und siebenzig Stufen hoch, und theilet sich etliche mal in zwo bis drey Ausschweifungen, welche bald wieder in eines laufen. Die daran befindliche Inscription ist folgende:


D. O. M.


Magnificam hanc, quam Spectator miraris, Scalam, ut commodum ac ornamentum non exiguum Regio Cœnobio, ipsique Urbi allaturum animo concepit legataque supremis in tabulis pecunia, unde sumptus suppeditarentur, construi mandavit nobilis Gallus Stephanus Gueffier, qui in Regio Ministerio diu apud plures Summos Pontifices aliosque sublimes Principes egregie versatus Romæ vivere desiit XXX. Jun. MDCLX. Opus autem vario rerum interventu dilatum primum sub Clemente XI. cum multi proponerentur moduli & formæ in deliberatione positum, deinde ab Innocentio XIII. stabilitum, & R. P. Bertrandi Monsinat Tolosatis Ord. Minimor. S. Francisci de Paula Correctoris Generalis fidei curæque commissum ac inchoatum tandem Benedicto XIII. feliciter sedente confectum absolutumque est. Ann. MDCCXXV.


Ferner:


D. O. M.


Sedente Benedicto XIII. Pont. Max. Ludovico XV. in Galliis regnante, ejusque apud S. Sedem negotiis præposito Melchiore S. R. E. Cardinali de Polignac Archiepiscopo Ausitano ad Sacræ Ædis almæque Urbis ornamentum ac civium commodum marmorea scala digno tantis auspiciis opere absoluta Anno Domini MDCCXXV.


In der obgenannten Kirche finden sich gute Gemälde von Frid. Zuccaro, Julio Romano, Perino del Vaga, Joh. Paulo Rossetti, Nogari, Paulo Cedaspo, einem Spanier, Cesare Nebbia etc. absonderlich aber ein berühmtes Stück von Daniel de Volterra, welches die Abnehmung Christi vom Kreuze abbildet, woran jedoch einige aussetzen wollen, daß die heilige Mutter Maria nicht mit der alleranständigsten Art in eine Ohnmacht fällt, an St. Johanne aber wenig Betrübniß zu spüren ist. Rand rechts: S. S. Trinità de' Monti. Rand rechts: Critik über ein Gemälde von der Abnehmung Christi vom Kreuze. Auf dem Hauptaltare ist ein schönes Tabernakel von kleinen kostbaren Marmorseulen und vielem Lazuli zusammengesetzet. Die Kirche ist mit zween gleichen Thürmen gezieret, und deren einer mit einer Sonnender andere mit einer Schlaguhr, welche nach französischer oder deutscher Art die Stunden schlägt, versehen. Rand rechts: Französische Uhr. In dem Refectorio sind gute Gemälde von dem Jesuiten Andrea Pozzi; die Bibliothek ist wohl angelegt, und hat man allhier eine schöne Aussicht über die Stadt. Rand rechts: Bibliothek.[617]

In dem Kloster wohnen beständig über funfzig Franciscaner, und werden keine andere als Franzosen von Geburt aufgenommen. Rand links: Im Kloster nur gebohrne Franzosen. Selbst der General dieses Ordens, wenn er nicht von solcher Nation ist, darf nicht länger als drey Tage darinnen bleiben. Die Ursache davon ist, daß Karl der achte König in Frankreich diese Kirche sammt dem Kloster gestiftet hat, daher auch beyde unter dem Schirme der Krone Frankreich stehen.

In der Kirche della S. Trinità de' Peregrini e Convalescenti findet man unter andern schönen Gemälden die Dreyeinigkeit am Hauptaltare vom Guido Reni. Rand links: S. Trinità de' Peregrini e convalescenti. Man sieht auch allhier schöne Seulen von Alabastro orientale. Die Facciata fällt mit ihren korinthischen Seulen gut in die Augen. In dem dazu gehörigen Hospitale werden nicht nur die Pilgrims drey Tage lang wohl bewirthet, sondern auch die aus andern öffentlichen Spitalen kommende Kranke, so sich wieder erholen, eben so lange wohl verpfleget, damit sie desto leichter zu vorigen Kräften gelangen mögen. Rand links: Hospital für Pilgrims. In dem großen Speisesaale stehen die Statuen der Päbste, die sich insbesondere um gedachte Stiftung verdient gemacht, mit ihren Lobsprüchen.

Ich habe meinen Herrn lange genug mit Kirchen und ihrer Beschreibung aufgehalten; allein dieses ist ein Recht, so man den italienischen geistlichen Gebäuden nothwendig wiederfahren lassen muß. Rand links: Warum die Kirchen zu Rom und in Italien zu besehen sind? Wenn ein Reisender in protestantischen Landen, oder auch in Frankreich, viel in den Kirchen herumlaufen wollte, so würde er seine Zeit und Mühe sonder Zweifel gar übel anwenden und von jedermann ausgelachet zu werden verdienen; allein mit Italien hat es eine ganz andere Bewandniß, und findet man sonderlich in den hiesigen geistlichen Gebäuden, alles was die Malerey, Bau- und Bildhauerkunst vortreffliches hervorgebracht, gleichsam auf die Schau ausgestellet, zu geschweigen, daß durch manche wohlgesetzte Inscription und andere Denkmaale das Gemüth ergötzet, und sowohl die Kirchenals Profan- und Gelehrte Historie trefflich erläutert wird. Wer von diesen allen kein Liebhaber ist, thut wohl, daß er an statt Italien andere Länder besuchet, oder lieber gar zu Hause bleibt.

Fußnoten

1 Die vaticanische Gegend war schon in alten Zeiten wegen ihrer unreinen Luft in üblem Gerüchte, und nennet sie TACITVSinfames Vaticani locos. (Annal. lib. II, c. 93.)


2 PLIN. lib. XXXVI, c. 15: Pantheon Jovi ultori ab Agrippa factum.


3 Man mußte die alten Römer nicht kennen, wenn man nicht wissen sollte, daß die Vielgötterey bey denselben ganz ohne Schranken gewesen sey. Hesiodus und Eusebius zählen dreyssig tausend Götzen, und man kann diese Anzahl, wenn man arg will, ohne Nachtheil der Wahrheit bis auf die Hälfte erhöhen. In Wahrheit! die Liebe der Römer zum Götzenmachen war unersättlich.


Quicquid humus, pelagus, cœlum mirabile gignunt,

Id duxere deos, colles, freta, flumina, flammas.

PRVDENT. adv. Symmach. l. I, v. 297.


Dazu kam die niederträchtige Schmeicheley, eine fruchtbare Mutter der erdichteten Gottheiten.


Roma triumphantis quoties ducis inclita currum

Plausibus excepit: toties altaria divum

Addidit, & spoliis sibimet nova numina fecit.

PRVDENT. l. II, v. 356.


Juvenal, ein römischer Dichter, spottet mit Recht über diese Unsinnigkeiten Sat. 13:


Non turba deorum

Talis, utest hodie, contentaque sidera paucis

Numinibus, miserum urgebant Atlanta minori Pondere.


4 Kneller war von Geburt ein Deutscher, wie denn die berühmtesten Maler, so in England einiges Aufsehen jemals gemacht, Ausländer gewesen sind, und man sich zu verwundern hat, daß eine Nation, welche alle Wissenschaften sehrhoch treibt, und insbesondere die Gemälde nicht nur liebet, sondern auch theuer bezahlen kann, noch keine von ihren Landsleuten zu nennen hat, welche außer den Portraiten einen besonders großen Ruhm in der Malerey erworben hätten. Lely und Holbein waren gleichfalls Deutsche, van Dyck ein Niederländer, und Antonius Verrio, der zu Windsor in dem Rittersaale seines Namens Gedächtniß gestiftet hat, ein Neapolitaner.


5 Bey der Ausrottung des Heidenthums hat es zweifelhaft geschienen, ob man die heidnischen Tempel in christliche Kirchen verwandeln, oder dieselben gänzlich zerstören solle. Das letztere befiehlt Concil. African. ap. PITHOEVMeod. can. vet. eccl. rom. p. 150. Das erste billiget Augustinus ep. 47, ad Publicol. Oper. Tom. II, p. 111: Quum templa, idola & luci in honorem veri Dei convertuntur, hoc de illis fit, quod de religionem convertuntur. Auch dem Pabste Gregorius dem großen hat das erste billig geschienen in epist. ad Mellit. abbat. ap.BEDAMhist. eccl. l. I, c. 30: Quod fana idolorum destrun minime debeant, sed ipsa, quæ in eis sunt, idola destruantur, aqua benedicta fiat, in eisdem fanis adspergatur, altaria construantur, reliquiæ ponantur. Quia si fana eadem bene constructa sunt, necesse est, ut a cultu dæmonum in obsequia veri Dei debeant commutari: ut dum gens ipsa eadem fana sua non videt destrui, de corde errorem deponat, & Deum verum cognoscens ac adorans ad loca, quæ consuevit, familiarius concurrat. Es wäre zu wünschen, daß man dieser Meynung allemal Beyfallgegeben hätte, so würden wir mehrere Denkmaale des Alterthums aufzuweisen haben.


6 Richard Simon epist. sel. Tom. I, n. 8 und 27, und mit ihm viele andre von Vorurtheilen gereinigte Papisten bekennen offenherzig, daß eine unendliche Menge Fabeln die Wahrheit der Geschichte in den actis martyrum fast ersticket habe. Nemand aber wird deswegen leugnen, daß vieler Millionen Christen Blut in den ersten trübseligen Zeiten wie Wasser sey vergossen worden. Nichts ist verwehner als der Einwurf, womit Herr Middleton wider dir Geschichte der ersten christlichen Kirche sprudelt. Wenn der Zeuge, sagt Middleton, ein einfältiger Mensch gewesen ist, so hat er sich können betragen lassen: ist er aber klug gewesen, so hat er vielleicht die Absicht gehabt, mich zu betrügen. Gewiß! ein fertiger Einwurf, dessen Grundsätze so beschaffen sind, daß sie allen historischen Glauben völlig zu Grunde richten.


7 Die Benennung kömmt aus den griechischen Worten κατὰ und κόμβος, und bedeutet eine in der Tiefe angelegte Höle.


8 Die Erklärung des Verfassers scheint nach den Grundsätzen einer griechischen Sprachlehre allzu gezwungen zu seyn. ζησεις ist das futurum a ζωζω servo. Weit füglicher und richtiger kann ζῃσεις a ζαω vivo hergeleitet werden.


9 Snorro erzählet am besagten Orte, daß das Zeichen des Kreuzes mit dem Miölnar (denn so nannten die nordischen Völker den Hammer des Thors, welcher den Gespenstern und Riesen so fürchterlich war, und wovon die niederträchtigen Fabeln des betrogenen Pöbels von Donnerkeilen ihren Ursprung haben) wirklich sey vermischet worden. Der christliche König Haquinus segnete seinen Becher in öffentlicher Versammlung mit dem Zeichen des Kreuzes. Und seine heidnische Unterthanen ließen sich überreden, daß solches aus ehrfurchtsvoller Hochachtung gegen den großen Thorgeschehen sey. Wir wollen den Snorro selbst reden lassen: Primusquum propinandus esset scyphus, sollemni sermone auspicatus est Sigurdus, consecratumque Odino cornu evacuavit, ac regi mox repletum tradidit. Ita rex accepto poculo crucis signo illud signavit. Quod animadvertens Karus Grytingensis: ista quid sibi velit cerimonia rogat, & numquid adhuc sacra victimasque gentiles aversaretur rex? respondit Sigurdus Iarlus: non admodum dissimili ratione, qua ipsi viribus ac robori confisi numini Thoro consecrare soleant, etiam crucis figura, utpote Thoronis insigni, poculum suum signare maluisse regem. Quibus ita dictis sedatum est circa vesperam tumultuantium murmur.


10 Vid. AVGVSTINVSlib. de opere monach. c. 28. LudovicusAVRELIVSadan. 305, p. 62, Lex. 3, Cod. de SS. Eccl.


11 Nicephorus verdienet wenig Glanbwürdigkeit, wenn er versichert, daß der Brief Christi an den Abgarus ειδαις χερσι geschrieben sey. Der Ausspruch des Augustinus erreget billig den größten Zweifel contr. Faust. Manich. c. 28. n. 4: Si prolatæ fuerint aliquæ litteræ, quæ ipsius proprie Christi dicantur, unde fieri poterat, ut si vere ipsius essent, non legerentur, non acciperentur, non præcipuo culmine auctoritatis eminerent in eius ecclesia, quæ ab ipso per apostolos succedentibus sibimet episcopis usque ad hæc tempora propagata dilatatur? Pabst Gelasius zählet ausdiesem Grunde den Brief Christi unter die apokryphischen Schriften in decret. de libr. apocr. in jur. can. dist. 15, c. 3. Erasmus, Laurentius Valla, Bellarminus, Rigaltius, Baillet, Richard Simon und andere offenherzige Papisten tragen kein Bedenken, beyde Briefe, sowohl Christi, als des Abgarus für untergeschoben zu erklären. Indessen ist der Inhalt dieser Briefe so unschuldig, daß man es dem Baronius, Cave, Parker und andern leicht zu gute halten kann, wenn sie sich recht viele Mühe gegeben haben, das Ansehen derselben zu rechtfertigen. Daß man im übrigen nicht Agbarus, sondern Abgarus schreiben müsse, erhellet aus den alten Münzen des Antoninus Pius, des Severus und Gordianus. Dazu kömmt Spanheims Anmerkung, daß alle Könige zu Edessa nach der arabischen Mundart den prächtigen Beynamen Abgarus, d.i. eines Großen geführet haben, de usu ac præst. numism. p. 421.


12 Etliche curiöse Anmerkungen von den Haaren und dem Angesichte unsers Heilandes finden sich in der Bibliotheque Germanique F. XXXII, p. 92, sq.


13 Ueber der Thüre des Hospitals diS. Francesco à Ponte Sisto liest man:


Sixtus V. Pont. Max.

Pauperibus pie alendis, nepane verboque careant,

multo suo coemptas ære

Has ædes exstruxit, aptavit, ampliavit

perpetuo censu donavit

Anno MDLXXXVII. Pont. II.


In dem Conservatorio di povere Fanciulle chiamate le Zoccolette hat Innocentius der zwölfte solche Anstalten gemacht, daß zweyhundert arme junge Mägdchen, deren Keuschheit sonst in großer Gefahr seyn würde, wenn sie auf den Straßen betteln müßten. aufgenommen, erhalten und in nützlicher Arbeit unterrichtet werden. Itzt sind sie in einem Theile des Hospitals von St. Michele, allowo man über dem Eingange liest:


Clemens XI. Pont. Max.

Periclitantes puellas per urbem collectas

Ac olim apud Velabrum Inn. XII. P. M. jubente

locatas

Ut amplioribus salubrioribusque ædibus custodirentur,

huc transtulit

Anno Sal. MDCCXV. Pontif XV.


14 Es ist in Wahrheit zu bedauren, daß der Sauerteig des alten Aberglaubens selbst in der evangelischen Kirche noch nicht völlig ausgefeget werden können. Nichts ist gewöhnlicher als der Misbrauch des heiligen Abendmahls bey kranken und sterbenden Personen. Man fodert diesen geistlichen Zehrpfenning bloß deswegen, damit man von dem Ausgange der Krankheit destobesser urtheilen könne. Aus natürlich begreiflichen Ursachen erfolgt entweder die Genesung oder das Absterben des Patienten. Und so wird dem Aberglauben zufälliger Weise immer neue Nahrung verschaffet. Man lese Joh. Andr. SCHMID. diss. de eucharistia moribundorum.


15 Die römischen Missionarien haben diesen Ruhm von undenklichen Zeiten her als ein Eigenthum behauptet, daß sie den heidnischen Aberglauben durch allerhand heilige Erfindungen entkräftet haben. Und wenn von der äußern Ausbreitung des Christenthums die Rede ist, so muß man bekennen, daß ihre Bemühungen größtentheils einen glücklichen Erfolg gehabt. Oddo der Mönch soll dieses mit einem Beyspiele aus den nordischen Alterthümern erläutern in vit. S. Olai c. 24: Er Eco mari veniens Olaus ad insulam Norrigiæ Mostur nominatam adplicuit. Hic noctu innotuit ipsi Sanctus Martinus episcopus dicens illi: Moris in his terris esse solet, quum convivia celebrentur, in memoriam Thoreri, Odini & aliorum Asarum scyphos evacuare: hunc ut mutes volo, atque ut in mei memoriam in posterum bibatur, tua cura efficias: vetus autem illa consuetudo ut deponatur conveniens est.


Quelle:
Johann Georg Keyßler. Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. Theil 1. Hannover 1751, S. 618.
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