[778] Neun und funfzigstes Schreiben.

Relation von den vornehmsten Kirchen und andern geistlichen Gebäuden der Stadt Neapolis.

Die Gewalt, das Ansehen und der Reichthum der Geistlichkeit sind so groß in dem Königreiche Neapolis, daß der Clerus auch öfters die Hand nach dem weltlichen[778] Zepter ausgestrecket und sich in Dinge gemischet, diezu nichts weniger, als zur Seelensorge gerechnet werden mögen. Rand links: Eingriffe der neapolitanischen Clerisey. Wie wenig er auch leiden könne, daß man wider solche Eingriffe sich nur im geringsten rege, zeiget dasjenige, was vor wenigen Jahren mit der Istoria Civile del Regno di Napoli vorgegangen, welche PietroGIANNONE, ein Rechtsgelehrter und Advocat, im Jahre 1723, in vierzig Büchern und vier Bänden in 4to herausgegeben. Rand rechts: in die weltlichen Rechte. Von des Giannone neapolitanischer Historie. Denn die Freyheit, deren sich dieser Mann in Vertheidigung des weltlichen und obrigkeitlichen Amtes widerdie Unternehmungen des päbstlichen Stuhls bediente, misfiel dem Clero so sehr, daß der Autor ver der Wuth des durch die Priester und Prediger aufgebrachten Pöbels seines Lebens in Neapolis nicht mehr sicher war, und sich gezwungen fand, nach Wien zu entweichen. Der Buchdrucker Nicolo Naso wurde darüber excommuniciret, und dem Giannone würde es nicht besser ergangen seyn, wenn der Schutz, welchen der Kaiser (dem auch das Werk dediciret war) dem Historico angedeihen ließ, den Eifer des heiligen Vaters Benedict des dreyzehnten nicht zurück gehalten hätte. Indessen haben diese Umstände gemacht, daß solches nützliche Buch selten zu haben ist1. Mit nicht geringerm Eifer hat die römischgesinnte Clerisey kurze Zeit vorher den neapolitanischen Fiscal Riccardi, einen gelehrten Jansenisten, der sich amtswegen und pflichtmäßig den Eingriffen des päbstlichen Hofes herzhaft widersetzte, verfolget, bis er in Wien an dem kaiserlichen Leibarzte und Bibliothekarius Garelli einen Beförderer fand, durch dessen Vorschub des Riccardi Verdienste dem Kaiser mehr bekannt wurden und ihm hernach kräftigerer Schutz angediehe.

In Ansehung der äußerlichen Ceremonien ist die Andacht der Römischkatholischen dieses Reiches so hitzig nicht, als in vielen deutschen Provinzen. Man nöthiget die Acatholicos nicht, in den Kirchen oder auf der Straße vor dem Venerabile, wenn es in die Höhe gehalten oder zu einem Kranken getragen wird, nieder zu knieen. Rand rechts: Keine Schärfe in Ansehung der äusserlichen Ceremonien. Man machet den Reisenden in der Fastenzeit keine Schwierigkeiten wegen des Fleischessens, vielmehr fragen die Wirthe auch auf dem Lande und unter Weges alsbald, mit was für Speisen man bedienet seyn wolle, ja an vielen Orten sehen sie es wegen ihres Vortheils ungern, wenn man Fische und Fastenspeisen verlanget. Seit der Zeit, da die Regierung an die österreichische Linie des habspurgischen Hauses gekommen, hat man hie und da die Statue des heiligen Nepomuk über den Brücken aufgerichtet, sonst aber findet man wenige Kreuze an den Straßen. Rand rechts: Wie die Statuen des heil. Nepomuk aufkommen. Die Processionen sind auch nicht so häufig in der Stadt Neapolis als an vielen andern Orten. Die gemeinste und welche man alle Tage sieht, hat nicht sowohl die Erweckung einer Andacht, als die Sammlung eines reichen Almosens für die Weibespersonen, die sich von der öffentlichen Unkeuschheit ab- und in ein Kloster begeben, zur Absicht. Rand rechts: Proceßion der bußfertigen Sünderinnen. Aus diesen suchet man die jüngsten und schönsten aus, um das Mitleiden und die Freygebigkeit der Umstehenden zu vergrößern, läßt sie paarweise und baarfuß durch die Stadt gehen, auf gewissen Plätzen niederknieen, ein Bekenntniß ihrer Sünden öffentlich ablegen und Bußlieder singen, unterdessen daß der Geistliche, so sie führet, nebst einem andern weltlichen Helfer den Beytrag gutherziger Gemüther in Beuteln, die an Stöcke befestiget sind, sammeln. Die Kleidung dieser bußfertigen Magdalenen besteht in einem langen violettenen Rocke, der mit einem Stricke von gleicher Farbe gegürtet ist. Ihre Köpfe sind geschoren und mit einem[779] dünnen blauen Schleyer, wodurch man aber ihre Schönheit und Jugend wohl unterscheiden kann, verhüllet. Diejenige, so voran geht, trägt ein violet angemaltes hölzernes Kreuz.

Die Neapolitaner haben einen fähigen Verstand, und weil sie in ihrer Religion nicht allezeit die verlangte Auflösung aller Scrupel finden, auch weder durch mündlichen noch schriftlichen Unterricht ihre Zweifel gehörigermaßen zu heben Gelegenheit haben, so fallen sie bisweilen auf wunderliche Systemata, ja öfters gar auf den Atheismum. Rand links: Warum die Neapolitaner zur Atheisterey geneigt sind. Je mehr sie hernach mit ihren Meynungen hinter dem Berge halten müssen, desto mehrere Wurzel schlagen solche, und hat es Mühe, sie davon wieder abzubringen. Molinos hat großen Anhang in dieser Stadt gefunden und des Arnauld ehemaliger Secretarius, Ernst Ruth-an, welcher vor etlichen Jahren als Canonicus zu Brüssel gestorben und auch nach dem Tode vielen Widerspruch in Ansehung seines Begräbnisses gefunden hat, versicherte mich im Jahre 1715, daß in der Stadt Neapolis mehr als die Hälfte von denen Leuten, welche nicht blindlings die Vernunft dem Joche der Menschensatzungen unterworfen, sondern nur ein wenig ihre Religion prüfen wollen, im Herzen Jansenisten wären. Rand links: Anhang des Molinos, wie auch des Jansenius. Vielleicht machet die Menge der Uebertreter, die man zu entdecken befürchtet, daß man mit der Verfolgung und Strafe nicht so hitzig, als sonst vielleicht geschehen würde, verfährt. Zum wenigsten haben die Buchhändler in Neapolis mehrere Freyheit als in andern Städten von Italien, und habe ich z. E. des L'ENFANTBibliotheque Germanique und andere von Protestanten auch in Religionssachen geschriebene Werke in den hiesigen Buchläden gefunden, welche man anderwärts vergeblich suchet. Rand links: Freyheit der Buchhändler.

Den meisten Kirchen mangelt zwar ein gutes Gewölbe und eine ansehnliche Façade, ihre marmorne Monumente sind auch nicht von der außerordentlichen Größe, von welcher man sie in Rom häufig findet; das übrige aber übertrifft an Schönheit und Reichthum fast alles, was man von dieser Art in den römischkatholischen Landen zu sehen bekömmt, und beläuft sich allein der Werth von Juwelen und kostbarem Altargeräthe auf viele Millionen Thaler. Rand links: Fehler an den neapolitanischen Kirchen. Man muß der hiesigen Clerisey zum Ruhme nachsagen, daß sie gegen die Fremden sehr höflich ist, und sich viele Mühe giebt, ihnen alles zu zeigen. Wer alle Kirchen besehen wollte, würde viel zu thun haben, weil man derselben in allen drey hundert und viere sowohl Pfarr- als Klosterkirchen zählet; und ist solchemnach genug, daß man nur die merkwürdigsten in Augenschein nehme, welche nebst andern hauptsächlichen geistlichen Gebäuden nach alphabetischer Ordnung folgende sind. Rand links: Schönheit und Reichthum derselben. Anzahl der Kirchen.

S. Agnello ist wegen eines Crucifixes, das in der Kapelle der Familie de'Monaci steht, berühmt, weil solches geredet, als ein Schuldner das ihm vormals in Gegenwart dieses Kreuzes geliehene Geld nach einiger Zeit ableugnen wollen. Rand links: S. Agnello. Wunderthätiges Crucifix. Ja bey diesem Wunder ist es nicht geblieben, sondern als der Schuldner aus Grimm, daß er zum Lügner erkläret worden, dem Bilde des gekreuzigten Heilandes einen Stein ins Gesichte geworfen, ist der Platz, den er getroffen, mit blauen Striemen aufgeschwollen und das eine Auge gleichsam als an einem lebendigen Körper mit Blute untergelaufen. Eine weitläuftigere Nachricht davon giebt eine außen an der Kirche befindliche italienische Inscription, deren Inhalt auch in der Kapelle mit folgenden lateinischen Worten zu lesen ist:


Anno Domini M. CCC. Regnante Domino Carolo II. sacra hæc imago Crucifixi, dum pro mutuata pecunia compatres ad invicem altercarentur, divino splendore fulgente, verbo facti veritatem aperuit: quod alter indigne ferens, debitorem se esse negavit, durissimaque petra imaginis faciem continuo percussit, qua statim[780] livore conspersa, miraculum omnibus enituit; atque sacrilegus ipse tanto crimine immobilis factus, creditoris precibus Deo fusis, iterum incolumis redactus, quam diu vixit, pœnitentiam egit.


Ich lasse dergleichen Erzählungen, die man auch an vielen andern katholischen Orten anhören muß, dahin gestellet seyn; finde aber ärgerlich, daß man zu Willisaw im Canton Lucern, und zwar in der neuen Kirche vor der Stadt das Blut zeiget, welches vom Himmel auf eine Tafel herunter gefallen, als in einer Gesellschaft von Spielern der eine, welcher großen Verlust erlitten hatte, aus Ungeduld und unter vielen Lästerungen wider Gott seinen Degen gen Himmel geworfen. Rand rechts: Schaden aus dergleichen Erzählungen. Man giebt dabey vor, als habe dieses Blut niemals ausgewischet werden können, welches jedoch nichts außerordentliches wäre. Eine solche That des Spielers wäre jederzeit verdammlich; diejenigen aber, so dergleichen Wunderwerke vielleicht aus guter Absicht erdichten, gedenken nicht an die Folgerungen, so man daraus ziehen könnte.

In eben dieser dem heil. Agnello gewidmeten Kirche, und zwar in der Cappella della famiglia de' Tufi zeiget man ein Marienbild, welches sich mit der Beata Giovanna und ihrem Sohne St. Agnello öfters in Gespräche eingelassen. Der Hauptaltar der Kirche ist von weißem Marmor mit guten bas-reliefs. Vornehmlich verdienet die Statue der heil. Dorothea, welche Giovanni da Nola verfertiget hat, betrachtet zu werden. Derselben gegenüber sind verschiedene alte bas- reliefs eingemauert. In der Cappella del Purgatorio findet sich über dem Grabe der Antonia Capuana ein treffliches bas-relief von Marmor, so Mariam vorstellet, wie sie mit ihrem Kindlein auf den Armen den Seelen im Fegfeuer erscheint.

Zur Seiten liest man folgende Grabschrift: Rand rechts: Epitaphium eines Kindes.


Nate peris tecumque patris periere dolentis

Spes & deliciæ, matris & urbis amor.

Tu tamen æternum rides lacrymasque tuorum

Despicis immensas tam cito nactus opes;

Nempe ut tanta tui illuxit præstamia vultus

Visa ea cœlesti debita forma choro.

Quinquenni unico filio Joh. Thomæ ICTi avi nomen gerenti

Joseph Macrinus J.C. Anno MDCC.


In der Kapelle der alesischen Familie liest man folgende artige Grabschrift: Rand rechts: Artige Grabschrift, die ein Sohn seinem Vater gesetzet.


Quæ miser imposui lugubria saxa sepulchro,

Mi Pater, innumeris accipe pro meritis.

Quodsi marmoream licuisset sumere formam,

Te Natus tegeret non alio lapide,

Incisæque notæ legerentur: GRATVS ALEXIS

REDDIDIT OSSA PATRI, FITQVE PATRI TVMVLVS.


Unter den Reliquien der Kirche befindet sich Milch von der heil. Maria, Dornen von der Krone Christi, ein Stück vom Schwamm und den Stricken, die bey der Kreuzigung des Heilandes gebraucht worden etc. Rand rechts: Reliquien. In dem daran stoßenden Kloster ist das metallene Brustbild und Denkmaal des berühmten Poeten Giov. Battista Marino zu sehen, welches der Marchese di Villa, sein Mäcenas, vermittelst eines hinterlassenen Vermächtnisses verfertigen[781] lassen. Rand rechts: Denkmaale des Poeten Marino. Es stund solches ehemals in des besagten Marchese Hause, wurde aber, als dieses, um den damaligen Platz zu erweitern, abgebrochen worden, hieher gebracht. Die daran befindliche Inscription ist vom TomasoCORNELIO, und in folgenden Worten verfasset:


D. O. M.

Et Memoriæ

Equitis Joannis Baptistæ Marini

Poëtæ incomparabilis,

Quem ob summam in condendo

Omnis generis carmine felicitatem

Reges & viri Principes cohonestarunt

Omnesque Musarum amici suspexere

Joannes Baptista Mansus

Villæ Marchio

Dum præclaris favet ingeniis

Ut posteros ad celebrandam illius

Immortalem gloriam excitaret

Monumentum extruendum legavit,

Quod Montis Mansi Rectores

Ad præscripti normam exegere.

Anno M. DC. LXXXIII.


Folgende Grabschrift ist gleichfalls zu Ehren dieses Poeten vom P. Guichardin, einem Cölestiner, gemacht worden:


Fundere ne renuas flores & thura, Viator,

Ossibus & cineri, quem lapis iste tegit.

Hic etenim nedum tumulantur busta Marini;

Sed cineri illacrymans ipsa Poësis adest.

Sollicitæ hunc Musæ forsan rapuere, timentes,

Ne tandem terris alter Apollo foret.


MISSONT. I, p. 93 zieht diese den übrigen auf Marino verfertigten Grabschriften vor; ich habe solche aber nicht sowohl wegen ihrer Schönheit einzurücken für nöthig erachtet, als damit sie bey der folgenden bleibe, welche in des Misson Edition von Utrecht An. 1722, p. 92 nicht gar accurat abgedruckt oder von ihm selbst nicht genau abgeschrieben worden ist. Eigentlich gehört sie zur Kirche de' SS. Apostoli, in deren unterirdischem Kirchhofe der Leichnam des Marino begraben und folgendes marmornes Epitaphium auf der Erde zu lesen ist:


Johannes Baptista Marinus Neapolitanus, inclytus Musarum genius, elegantiarum parens H. S. E. Natura factus ad lyram, hausta e Permessi unda volucri quodam igne Poëseos, grandiore ingenii vena efferbuit. In una Italica dialecto Græcam, Latiam, ad miraculum usque miscuit Musam. Egregias priscorum Poëtarum animas expressit omnes, cecinit æqua laude sacra, prophana. Diviso in bicipiti Parnasso, ingenio, utroque eo vertice sublimior, extorris diu patria rediit Parthenope Siren peregrina, ut propior esset Maroni Marinus. Nunc laureato cineri marmor hoc plaudit, ut accinit ad æternam citharam Famæ concentus.
[782]

Unter diesen Worten befinden sich vier Verse, deren weder Misson, noch Sarnelli, Parrino oder ein anderer Autor, so von Neapolis handelt und mir unter die Hände gekommen, gedenket:


Hic tumulus Magni brevis hæc est urna Marini,

Illius hoc tegitur marmore fracta lyra.

Clara mari traxit cognomina gurgite pleno

Carmina & arguto qui dedit ore sales.


Er starb im Jahre 1625. Das vierte Epitaphium hat ihm die Akademie der Humoristarum, derer Haupt er war, aufrichten lassen, und ist solches nebst seinem gemalten Bildnisse an der Mauer zu sehen:


D. O. M.


Equiti Johanni Baptistæ Marino, Poetæ sui seculi maximo, cujus Musa e Parthenopæis cineribus enata, inter lilia efflorescens, Reges habuit Mæcenates: cujus ingenium fœcunditate felicissimum, Terrarum orbem habuit admiratorem. Academici Humoristæ Principi quondam suo P. P.


Man nennt ihn Cavalier Marini, weil er vom savoyischen Herzoge, Karl Emanuel, mit dem Orden St. Lazari und St. Mauritii beehret worden. Viele von seinen Manuscriptis werden noch im Archive der Kirche de' SS. Apostoli verwahret.

Die Kirche S. Angelo à Segno ist dem Erzengel Michael gewidmet und deswegen gebauet, weil auf diesem Platze im Jahre 574 die Saracenen, so durch die Porta Ventosa in die Stadt gedrungen, allhier unter der Anführung Jacobi de Marra in einem hitzigen Gefechte zurück getrieben worden. Wie weit damals die Feinde gekommen, deutet ein meßingener Nagel in einer weißen marmornen Tafel an. Außen an der Kirche liest man: Rand rechts: S. Angelo à Segno. Andenken des saracenischen Einfalls.


Clavum æreum strato marmori infixum dum Jacobus de Marra cognomento Tronus e suis in Hyrpinis Samnioque oppidis collecta militum manu, Neapoli ab Africanis captæ succurrit, Sanctoque Agnello tunc Abbate, divino nutu, ac Michaele Dei Archangelo mire inter Antesignanos præfulgentibus victoriam victoribus extorquet, fusis aque ex Urbe ejectis primo impetu barbaris Ann. Salutis 574 cœlesti Patrono dicato Templo, & Liberatoris gentilitio clypeo Civitatis insignibus decorato, ad rei gestæ memoriam, ubi fuga ab hostibus cepta est, more majorum ex S. C. PP. P. CC.

Denno Philippo IV. regnante antiquæ virtuti præmium grata Patria P.


In der Kirche S. Angelo à Nido2 sind treffliche Begräbnißmaale, absonderlich von der Familie Brancaccio zu sehen. Rand rechts: S. Angelo à Nido. Der Kardinal Franciscus Maria aus diesem Geschlechte, hat eine ansehnliche öffentliche Bibliothek zu dieser Kirche gestiftet. Das Gemälde, so auf dem Hauptaltare den Erzengel Michael vorstellet, ist ein berühmtes Stück vom Marco da Siena.

In der Kirche de' SS. Apostoli sieht man fast nichts als Gold und Gemälde. Rand rechts: SS. Apostoli. Ihrer vollkommenen Schönheit fehlet nichts, als eine ansehnliche Facciata. Ueber dem Eingange ist vom Lanfranco in der Kirche vorgestellet, wie der Engel des Herrn vom Himmel fährt und das Wasser im Teiche Bethesda beweget, wobey der Maler mit vieler Kunst einen Strich oder Ritz gemalet, welcher nicht anders aussieht, als wäre die Mauer wirklich geborsten. Rand rechts: Gemälde. Dergleichen künstlicher Betrug ist auch in dem Refectorio des hiezu gehörigen Theatinerklosters[783] angebracht. Das schöne Gewölbe der Kirche ist vom Giovanni Lanfranco, und die Cuppola vom Cavalier Benaschi im Jahre 1684 gemalet. Auf dem Hauptaltare bewundert man das prächtige Tabernakel, so aus acht achatenen Seulen und andern Zierrathen von Amethyst, Smaragd, Lazuli, blutrothem und anderem Achat, einem Topas von der Größe einer großen Wallnuß und andern kostbaren Steinen zusammen gesetzet ist. Dieses Tabernakel soll vierzigtausend Scudi gekostet haben. Der Altar, worauf es steht, ist von Marmo fiorito, und das vor dem Altare befindliche treffliche Geländer von andern rothem und weißem Marmor. Zur Seite stehen zween metallene Gueridons, die neun Palmi in ihrer Höhe haben, und vornehmlich wegen der Arbeit hochgehalten werden. Sie stellen die vier Thiere des Propheten Ezechiels vor, welche man insgemein von den vier Evangelisten erkläret, und hat Julianus Finelli die Zeichnungen dazu verfertiget, Giovanni Antonio Bersolino aber, ein Florentiner, den Guß verrichtet. Hinter dem Altare sieht man das Haupt Christi mit der Dornenkrone sehr künstlich gemalet. Auf der Seite des Evangelii vom Altare Maggiore, oder linker Hand in Ansehung desjenigen, der es ansieht, ist die Kapelle des Kardinals Ascanio Filamarino, woran die berühmtesten Meister, so unter Urban dem achten in Rom gelebet, ihre Kunst bewiesen haben. Rand links: Cappella del Card. Filamarino. Es besteht solche aus weißem Marmor, und sieht man kaum die geringste Zusammenfügung daran, ob sie gleich aus verschiedenen Stücken zusammen gesetzet ist. Fünf mosaische Stücke vom Giov. Battista Calandra da Vercelli geben ihr eine sonderbare Zierde, und ist das Hauptgemälde des Altars, so die Verkündigung Mariä abbildet, nebst den zu den Seiten stehenden vier Tugenden, des Glaubens, der Hoffnung, Liebe und Sanftmuth, anfänglich vom Guido Reni mit Oelfarben gemalt gewesen, ehe man es in ein treffliches Mosaique verwandelt hat. Der Chor der Cherubinen, Seraphinen und anderer Engel, die auf einem marmornen bas-relief erscheinen, ist vom Francesco Fiamengo, welcher in der Bildhauerkunst als ein anderer Michel Angelo Buonarota angesehen wird. Die zween Löwen, worauf der Altar ruhet, nebst dem bas-relief vom Opfer des Erzvaters Abraham kommen von der Hand des Giuliano Finelli da Carrara. Die Seulen auf dem Altare sind vom trefflichsten weißen Marmor, und jede aus einem einzigen Stücke.

Diese Kapelle sieht jederzeit als neu aus, weil der Stifter derselben verordnet, daß seine Erben sie jährlich zweymal rein machen und ausputzen lassen müssen. Im Fall sie solches verabsäumen, sind sie dem hiesigen Kloster jedesmal in zweyhundert Ducaten Strafe (wovon die Reparationskosten bestritten werden) verfallen.

Die Cappella de' Pignatelli rechter Hand des Altare Maggiore (wenn man das Gesicht gegen dasselbe gerichtet hat) ist nicht weniger sehenswürdig, indem ihr Altar aus den kostbarsten Steinen zusammen gesetzt, und unter andern eine Lage Amethyst, die sieben Finger breit und bey zehn Spannen lang, daran befindlich ist. Rand links: Cappella de' Pignatelli. Die Sacristey hat ein hohes Gewölbe und gute Gemälde. In dem Schatze sind treffliche und kostbare Silberwerke an Brustbildern, Bluhmentöpfen, Leuchtern, Kreuzen, Kelchen etc. Rand links: Schatz der Kirche. Das Dessein zu einer überaus großen silbernen Lampe, welche zweytausend Scudi gekostet, hat Solimene verfertiget. Einige von den goldenen Kelchen sind mit Rubinen und Diamanten besetzt. Sechs Bluhmentöpfe und ein Kreuz von Silber kosten fünftausend Scudi. Man zeiget auch sechs große Leuchter von Corall in Gold gefaßt. Das schöne Kreuz von Ambra, welches ehemals hier zu sehen war, ist nicht mehr vorhanden. In einer andern Galerie ist eine ganze Bekleidung der Kirche von gelbem Mohr, worauf sehr schönes Bluhmenwerk von trefflichen Farben mit Seide gesticket ist. Rand links: Kostbare Tapeten. Diese Tapete ist so schön und prächtig, als man sie kaum irgendwo finden[784] wird. An kostbaren und gestickten Bedeckungen der Altäre fehlet es gleichfalls nicht. Die unterirdischen Gewölber der Kirche sind schön, und stehen in denselben hie und da in Leinwand eingehüllete und noch unverwesete Körper beyderley Geschlechtes. Rand rechts: Todtengewölbe. Absonderlich ist im hintersten Gewölbe ein kleiner Berg von Todtengebeinen, die man, um den neuen Leichen Platz zu machen, ausgegraben hat, aufgehäufet. Rand rechts: Unverwesete Körper. An den Seiten dieses Berges liegen und sitzen ganze Sceleta, welches fast das Ansehen eines Parnaßberges mit den darauf gelagerten Musen, die aber in gar fürchterlicher Gestalt erscheinen, giebt.

Von des Cavaliere Marino Grabmaale in diesem Gewölbe ist schon oben bey der Kirche St. Agnello Meldung geschehen. Rand rechts: Kloster. Das Kloster hat drey Galerien über einander, davon die unterste die schönste ist. Die Treppe ist in der Form einer Schnecke mit kleinen Absätzen, wie in der Peterskirche zu Rom, angeleget, damit die Esel und Pferde das Getraide auf die obern Kornböden bequemlich bringen können. Die Bibliothek ist wohl eingerichtet, und hat eine angenehme Aussicht. Nahe am Kloster versammlen sich an gewissen Tagen der Wochen die Häupter einer Congregation, die aus zweyhundert Advocaten undDoctoribus bestehet, und die Klagen oder Processe armer Leute untersuchet. Findet sichs, daß ein Armer gedrückt wird, oder rechtmäßige Ursachen zu klagen hat, so giebt man ihnen ex officio ein Mitglied dieser Gesellschaft zu, welcher des Nothleidenden Sache vor den ordentlichen Gerichten vertheidigen muß. Rand rechts: Löbliche Anstalten für Arme in Ansehung ihrer Processe. Die Mitglieder der Congregation haben nicht nöthig, desfalls die geringste Ausgabe zu machen, sondern alles geht auf Unkosten des Theatinerklosters, welches in dieser Absicht mit reichen Stiftungen versorget ist. Es ist dieses mit eine von den löblichsten Anstalten, die ich irgendwo bemerket habe.

Die Kirche S. Catarina à Formello hat viele marmorne Begräbnisse, worunter die von der Familie Spinelli die vornehmsten sind. Rand rechts: S. Catarina. à Formello. Die Cappella di S. Domenico ist mit trefflichen Gemälden und marmorner Bildhauerarbeit gezieret. Unter dem Altare ist ein metallener Hund zu sehen, der im Maule ein Horn, aus welchem eine brennende Fackel geht, hält. Rand rechts: Wapen der Inquisition. Auf dem Rücken trägt er die Weltkugel, woran die Worte stehen: A seculo usque ad seculum. Unter dem Hunde liest man:


Sustinet, inflammat.


Ein solcher Hund ist das gewöhnliche Wapen der h. Inquisition.

Das auf dem Hauptaltare befindliche Gemälde, so die Ankunft der heil. drey Könige zu Bethlehem abbildet, ist vom Sylvestro Buono. Auf dem Platze vor der Kirche hat man das Brustbild des heil. Januarius mit einer Inscription aufgerichtet. In der Apotheke des dabey gelegenen Dominicanerklosters sieht man eine Copie des Kopfes vom Masaniello. Die Raritätengalerie des Klosters ist mit vielen alten Münzen, Urnen, kleinen Götzenbildern, Mineralien, versteinerten Creaturen oder Sachen, großen Corallenstücken und andern merkwürdigen Dingen versehen. Rand rechts: Kopf des Masaniello. Raritätengalerie des Klosters.

S. Chiara ist eine der vornehmsten Kirchen in Neapolis. Vor dem Hauptaltare stehen zwo schöne weiße marmorne Seulen, die vorzeiten im Tempel Salomons gewesen seyn sollen. Zwo andere, so diesen itztgemeldten dem äußerlichen Ansehen nach völlig gleichen, und näher am Altare stehen, sind nur von Holz. Hinter dem Hauptaltare, dessen Tischblatt aus einem einzigen Stücke Marmor, das achtzehn Palmi in der Länge hat, besteht, ist der löbliche und tapfere König Robert, Stifter dieser Kirche, begraben, mit folgendem kurzen Epitaphio: Rand rechts: S. Chiara. Seulen aus Salomons Tempel. Grab des Königs Ro-hert.


Cernite Rubertum Regem virtute refertum.


Er starb den 16 Jenner 1343, mach einer drey und dreyßigjährigen Regierung.[785]

Zur Rechten des Hauptaltares (nämlich in Ansehung desjenigen, der in die Kirche geht) ist das Grab Caroli Illustris, Herzogs von Calabrien und Sohnes des Königs Robert mit folgender Inscription: Rand links: Grab Caroli Illustris.


Hic jacet Princeps Illustriss. D. Carolus Primogenitus Serenissimi Domini nostri D. Roberti Dei gratia Hierusalem & Siciliæ Regis inclyti, Dux Calabriæ, & præfati Domini nostri Regis Vicarius Generalis, qui justitiæ præcipuus Zelator & cultor, ac Reipublicæ strenuus defensor, obiit autem Neap. catholice receptis Sacrosanctæ Ecclesiæ omnibus Sacramentis, Anno Domini 1328. Indict. 12. Anno ætatis suæ XXX. regnante feliciter præfato Domino nostro Rege, Regnorum ejus anno XX.


Als im Jahre 1686 etwas vom Gewölbe des Grabes abgefallen, hat man den Leichnam dieses Prinzen noch unversehrt gesehen.

Auf der andern Seite des Altars ist das marmorne Grabmaal Mariä, einer Schwester der Johannä der ersten befindlich. Rand links: Mariæ posthumæ. Diese Maria Posthuma war gebohren im Jahre 1329, und erstlich vermählt an Karln, Herzog von Durazzo, zum andern mal an Robertum de Baux, der sie entführet, und drittens an Philipp den zweyten, Prinzen von Tarento, wegen welches sie auch den Titel einer konstantinopolitanischen Kaiserinn führte. Ihre Statue hat eine Krone auf dem Haupte und viele goldene Lilien auf dem Kleide. Das Epitaphium ist folgendes:


Hic jacet corpus Ilustris Dominæ D. Mariæ de Francia Imperatricis Constaninopolitanæ ac Ducissæ Duracii, quæ obiit anno Domini 1366. die 20. mensis Maji Ind. 4.


Der itztgedachten Mariä Schwester, eine Tochter Karls Herzogs in Calabrien und Mariä von Valois liegt in einer Kapelle unter der Orgel mit folgender Inscription begraben: Rand links: ihrer Schwester Mariä


MARIAE Caroli Inclyti Principis Domini Ruberti Hierusalem & Siciliæ Regis Primogeniti, Ducis quon. Calabriæ filiæ, hic corpus tuinulatum quiescit: animo, suscepto sacro lavacro, infantili corpore dum adhuc ordiretur, soluto, fruente divinæ visionis luminis claritate, post judicium, corpori incorruptibili unienda.


Bey der Sacristey ist das Grabmaal der Königinn Johannä der ersten, die ihren ersten Mann Andreas aus Ungarn stranguliren lassen, und vom Könige Karl mit gleichem Tode aus dem Wege geräumet worden, mit folgender itzt sehr unleserlichen Schrift zu sehen: Rand links: Johannä der ersten.


Inclyta Parthenopes jacet hic Regina Joanna

Prima, prius felix, mox miseranda nimis;

Quam Carolo genitam mulctavit Carolus alter,

Qua morte illa virum sustulit ame suum.

MCCCLXXXII. 22. Maji v. Indict.


Eigentlich ist dieses nur ein Denkmaal der Königinn Johannä, und ihr Körper in der Kirche di S. Francesco del Monte Gargano begraben.

Bey der kleinen Pforte der Kirche ist ein schönes Grabmaal von weißem Marmor zu sehen, woran Giovanni da Nola seine Wissenschaft in der Bildhauerkunst bewiesen hat. Man findet an demselben eine treffliche Statue einer Dame mit einem von dem neapolitanischen Poeten Antonio Epicuro verfertigten Epitaphio, welches in folgenden Worten verfasset ist: Rand links: Artige Grabschrift Antoniä Epicurä


Nata, Eheu miserum! misero mihi nata parenti

Unicus ut fieres, unica nata, dolor.[786]

Dum tibi namque virum, tedas, talamumque parabam

Funera & inferias anxius ecce paro.

Debuimus tecum poni Materque Paterque,

Ut tribus hæc miseris urna parata foret.

At nos perpetui gemitus, tu nata sepulchri

Esto hæres ubi sic impia fata volunt.


Antoniæ filiæ chariss. quæ Hieronymo Granatæ Juveni ornatiss, destinata uxor Ann nondum XIIII. impleverat, Joannes Gaudinus & Heliodora Bossa Parentes infeliciss. pos. raptæ ex eorum complexib. ann. sal. MDXXX. Prid. Kal. Jan.


Der Verfasser dieser Grabschrift liegt in eben dieser Kirche, und liest man auf seinem Denkmaale die Worte: Rand rechts: imgl. ihres Vaters.


ANTONIO EPICVRO, Musarum Alumno Bernardinus Rota, primis in annis studiorum socio posuit. Moritur octuagenarius, unico sepulto filio. I nunc & diu vivere miser cura. MDLV.


Alle Monumente dieser Kirche sind von weißem Marmor, und viele derselben mit guten bas-reliefs versehen. In das dabey befindliche Kloster wird nur Frauenzimmer vom vornehmsten Adel des Landes aufgenommen. Rand rechts: Das größte Nonnenkloster der Welt. Ihre Anzahl erstrecket sich ohne die Aufwärterinnen und Bedienten über dreyhundert und funfzig, und leben sie in großer Freyheit. Die Franciscanermönche bedienen die Kirche und haben die geistliche Aufsicht über diese schöne Gesellschaft, welche ohne Zweifel das größte Nonnenkloster in der Welt ausmachet.

Il Collegio del Giesù ist eines von den prächtigsten Gebäuden der Stadt, und verdienet das Refectorium, die Bibliothek, Apotheke und Haupttreppe, nebst der zu dem Collegio gehörigen Kirche insbesondere gesehen zu werden. Rand rechts: Il Collegio del Giesù. Es ist genug, daß man wisse, ein Gebäude stehe den Jesuiten zu, um alsbald urtheilen zu können, daß an dessen Auszierung nichts versäumet worden. Dieses trifft auch bey der Kirche della Concezzione ein, bey welcher die gemeldten Patres ihr Profeßhaus haben. Rand rechts: Kirche della Concezzione. Die Quaderstücke der Facciata an der Kirche sind von pietra pipernina und als Diamanten geschliffen. Die vornehmsten Altäre sind der von St. Ignatio, St. Francesco Xaverio und l'Altare Maggiore, welcher letzte mit sechs schönen roth-weißlichen korinthischen Marmorseulen, und vier trefflichen Statuen, in deren Mitte das Bildniß Mariä verguldet steht, gezieret, übrigens aber noch nicht fertig ist. Die vom Lanfranchi gemalte Cuppola hat durch das Erdbeben vom Jahre 1688 großen Schaden gelitten, und ist daher außer denen zur Seite stehenden Evangelisten nichts mehr von dieses großen Künstlers Hand übrig. Rand rechts: Cuppola. Die Arbeit des berühmten neapolitanischen Malers Paolo de Mattheis, vertritt anitzt die Stelle derjenigen, die man vom Lanfranchi misset. In der Kapelle St. Ignatii betrachtet man mit Vergnügen zwo marmorne Statuen, welche Cosmo Fonsago verfertiget hat, und deren die eine den David mit des Goliath Haupte zu seinen Füßen, die andere aber den klagenden Jeremias vorstellet. Rand rechts: Kapelle St. Ignatii. An dem porphyrnen Grabmaale Nicolai Sanseverini des letzten Prinzen von Bisignano liest man:


NICOLAO BERNARDINO, patrio genere ex totius Italiæ nobilissima, & apud Hispaniarum Reges maximos Grandi Sanseverinorum prosapia: Rand rechts: Epitaphium Nic. Bern. Sanseverini. materna ex Castriotis Epirotarum regibus, Bisianensium Principi, S. Marci, & S. Petri Duci Clarimontis & Tricarici, ac equitum catafractorum Ductori, Isabella Feltria a Ruvere ex Sereniss. Urbinatum Ducibus, conjugi amatiss: mœstiss. P. Vixit Ann. LV. M. VI. D. XX. Occidit Regiæ liberalitatis exemplar X. Kal. Nov. MDCVI.
[787]

In der Kirche sind noch zwey schöne Gefäße von gelbem und braunem Marmor, worinnen das Weihwasser beybehalten wird, zu sehen. In der Sacristey, die schön gewölbt und wohl verguldet ist, findet sich das Bildniß der Maria vom Annibal Caracci und zwey andere vom Raphael. Rand links: Sacristey. Das Silberzeug im Schatze soll allein am Gewichte hundert und funfzigtausend Scudi betragen, und sind darunter viele Statuen und Brustbilder, St. Cyr in Lebensgröße von Silber mit Smaragden besetzt, eine Menge Kelche, eine von Gennaro Monte in Silber gegossene Ueberkleidung eines Altartisches, nebst vielen andern Kostbarkeiten. Rand links: Schatz.

Die Jesuiten haben ferner unter andern Kirchen noch die von S. Giuseppe, davon anderwärts eine weitläuftigere Erwähnung geschehen soll.

S. Domenico Maggiore gehöret den Dominicanermönchen, deren hundert und dreyßig bis hundert und vierzig in dem daran stoßenden Kloster leben. Rand links: S. Domenico Maggiore. Das itzige Gebäude der Kirche haben sie dem Könige Karl dem zweyten zu danken, dessen balsamirtes Herz auch in einer kleinen elfenbeinernen Urne mit folgender Aufschrift allhier verwahret wird:


Conditorium hoc est cordis Caroli Il. Illustrissimi Regis, Fundatoris Conventus Ann. Domini MCCCIX.


Unter seinem Bildnisse über der Pforte am Vorhofe der Kirche liest man die Verse: Rand links: Herz Karls des zweyten.


M. C. C. C. IX.


Carolus extruxit: Cor nobis pignus amoris

Servandum liquit: cætera membra suis.

Ordo colet noster tanto devictus amore,

Extolletque virum laude perenne pium.


In der Cappella del Santissimo Crocesisso steht das Crucifix, welches den berühmten SchullehrerThomam d'Aquino wegen desjenigen, so er über die wirkliche Gegenwart des Leibes und Blutes Christi im heil. Abendmahl geschrieben hatte, mit folgenden Worten angeredet: Bene scripsisti de me Thoma, quam ergo mercedem accipies, worauf Thomas geantwortet: Non aliam nisi Te ipsum3. Rand links: Crucifix, welches mit Thoma d'Aquino gesprochen hat. Gedachtes Crucifix wird etliche Tage im Jahre öffentlich und mit großem Gepränge gezeigt, außer solcher Zeit aber nicht, und haben von sieben Personen jeder einen unterschiedenen Schlüssel darzu, ohne deren keinem der Schrank, worinnen es steht, eröffnet werden kann. Ueber dem Crucifixe ist ein schönes Gemälde vom Zingaro, welches die Abnehmung des Heilandes vom Kreuze vorstellet. An einem in dieser Kapelle befindlichen Grabmaale der Familie Caraffa liest man: Rand links: Epitaphia der Familie Caraffa.


Huic

Virtus gloriam

Gloria immortalitatem

Comparavit.

M. CCCC. LXX.


Von eben dieser Familie hat Diomedes Caraffa, Kardinal von Ariano, beym Eingange der Kapelle St. Stephano sein Grab, und finden sich unter seiner Statue die Verse:


Vivit adhuc, quamvis defunctum ostendat imago;

Discat quisque suum vivere post tumulum.


In der Cappella del Duca d'Acerenza wird die vom Tiziano da Vercellio gemalte Verkündigung Mariä sehr hoch geschätzet. An dem Grabe Bernardini Rotæ in der Cappella di S. Giov. Battista sind außer seiner Statue auch die Flüsse Tiber und Arno sehenswürdig.[788]

Die artige Grabschrift der Portiæ Capyciæ giebt MISSONT. II, p. m. 98. Die Cappella di Stigliano hat eine treffliche Statue Mariä, welche Fabio Arcella, Erzbischof von Capua, durch Giov. di Nola verfertigen lassen; und in des heil. Josephs Kapelle sind zwey Gemälde vom Guido merkwürdig. Die Sacristey ist sehr hoch, und vom Solimene schön gemalet. Oben in ihrer Galerie stehen viele mit rothem Sammte und Damaste beschlagene Särge der neapolitanischen Könige, Königinnen, und anderer berühmten Personen, worunter Antonio Petruccio, Secretär des Ferdinands, in der Ordnung der erste ist. Den Deckel seines Sarges kann man aufmachen, und sieht man den Körper in seinen Kleidern und mit allen Zähnen im Munde noch unverweset. Er kam in der Conspiratione de' Baroni um, und zeiget der an seinem Halse noch befindliche Strick, daß er nicht geköpfet, sondern stranguliret worden. Rand rechts: Königliche Begräbnisse. Leichnam Antonii Petruccii. Art seines Todes. Misson giebt etliche Inscriptionen der obgedachten Särge, die ich aber wegen ihrer itzigen Bedeckung gegen seine Abschriften nicht habe halten können. Die vollständigen Worte unter dem Bildnisse des zuletzt stehenden Todes, davon Misson nur den Anfang anführet, sind folgende:


Sceptra ligonibus æquat


Memoriæ Regum Neapolitanorum Arragonensium, temporis injuria consumpts, pietate Catholici Regis Philippi, Joanne a Stunica Mirandæ Comite, & in Regno Neap. Prorege curante, sepulchra instaurata Anno Domini MDXCIV.


Diese Kirche hat großen Reichthum an Silbergeschirr und Altarschmuck. Rand rechts: Schatz der Kirche. Etliche Palliotti sind von Silber gegossen, und eines davon, so für den Hauptaltar verfertiget ist, und nebst den dazu gehörigen Bluhmentöpfen, Statuen, Kreuze und andern Zierrathen vierzehntausend Scudi gekostet hat, stellet in der Mitte der vordern Seite am Altartische Mariam mit ihrem Kindlein auf dem Arme vor, wie sie beyde den Umstehenden Rosenkränze austheilen. In der Sacristey ist das schöne Brustbild des Pabstes Pius des fünften nicht vorbey zu gehen. Nahe an der Pforte des Collegii, worinnen ehemals die Theologie gelehret worden, ist das BildnißThomæ Aquinatis mit folgender Unterschrift zu sehen: Rand rechts: Inscription unter dem Bildnisse Thomæ Aquinatis.


Viator huc ingrediens, siste gradum, atque venerare hanc imaginem & Cathedram, in qua sedens Mag. ille Thomas de Aquino de Neap. cum frequente, ut par erat, Auditorum concursu, & illius seculi felicitate, cæterosque quam plurimos admirabili doctrina Theologiam docebat, accersito jam a Rege Carolo I. constituta illa mercede unius unciæ auri per singulos menses. R. F. V. C. in anno 1272. D. S S. F. F.


Die Dominicaner zu Toulouse behaupten, daß sie den ganzen Körper des Thomæd'Aquino besitzen, den einzigen rechten Arm ausgenommen, welchen sie dem Könige Ludwig dem dreyzehnten verehret, und anitzt die Dominicaner in der rüe S. Jacques zu Paris verwahren. Rand rechts: Streit über den Körper Thomæ Aquinatis.. Allein allhier zu Neapolis zeiget man gleichfalls den rechten Arm dieses berühmten Scholastici, nebst der Zelle, worinnen er gewohnet, und dem Katheder, von welchem er gelehret hat, und worauf sich aus Hochachtung niemand setzen darf. Sein Manuscript, das er über des DIONYS Werk, de Cœlesti Hierarchia, hinterlassen, wird nicht weniger als ein halbes Heiligthum aufgehoben. Als Philipp, König in Spanien, zu Anfange des itzigen Jahrhunderts in Neapolis war, nahm er aus Andacht etliche Blätter davon mit sich Rand rechts: Sein Lehrstuhl. Verehrung seines Manuscripts.

Eine im Chore der Kirche erstlich gefundene und daraus nach der Cisterne des Klosters gebrachte Inscription hat wegen ihrer dunkeln Ausdrückungen den Gelehrten Gelegenheit zu vielem Grübeln gegeben. Sie ist in folgenden Worten verfasset: Rand rechts: Dispüten wegen einer dunkeln Inscription.
[789]

Nimbifer ille Deo mihi sacrum invidit Osirim.

Imbre tulit mundi corpora mersa freto.

Invida dira minus patimur, fusamque sub axe

Progeniem caveas trojugenamque trucem.

Voce precor superas auras & lumina cœlo

Crimine deposito posse parare viam.

Sol veluti jaculis iterum radiantibus undas

Si penetrat gelidas, ignibus aret aquas.


Weil man glaubt, es sey der Beatus Guido Marramoldo, ein Dominicanermönch dieses Klosters, allhier mit vielem Silber und Reliquien begraben, ob man gleich den Ort seiner Ruhestäte nicht weis: so nahm der PaterFr. CIPRIANO, ein Neapolitaner, daher Gelegenheit, in einem Buche, welches er Cisterna discoverta benennte, zu behaupten, es müsse des Marramoldi Körper unter der besagten Cisterne verborgen liegen, welche Meynung aber Pompeo SARNELLI, nachmaliger Bischof von Bisceglia, in einer Schrift, deren Titel il Filo d' Arianna ist, widerleget, bey welcher Gelegenheit besagte Inscription einem Menschen, der im Schiffbruche umgekommen, zugeeignet wird.

Ich füge endlich noch bey die kürzeste und längste Grabschriften, so in dieser Kirche anzutreffen sind. Rand links: Grabschrift von drey Worten. Jene ist einem anitzt unbekannten gesetzet, und nach des Nemeiz Berichte im Jahre 1724 von dem zu Rom verstorbenen Sachsen-Meinungischen Erbprinzen auf seinem Todtenbette gleichfalls erwählet worden:


Terra tegit terram.


Die andere ist rechter Hand in der Kirche dem Bischofe von Gravina, Domenico Cennini aufgerichtet, und vom Sarnelli in folgenden Worten verfertiget worden: Rand links: Epitaphium Dominici Cennini.


DOMINICO CENNINI Patritio Senensi, Gravinensium Pontifici, Magno Cardinali Cennini Consobrino suo sola purpura inferiori. Vitæ integritate, morum suavitate, doctrinæ ubertate, nec illi, nec ulli, secundo. In Pontificio exercendo exemplari constantia, in Fidei ab hæresibus tuendæ generali ministerio summa prudentia, cum primis admirando. De DOMINICI familia, cujus nomine nuncupatus est, cujus meliora charismata æmulari non desiit, cujus Templo corpus suum commendavit, optime merito. Anno LXXXIII. M. II. D. I. nato, cum Gravinæ sedisset Ann. XXXIX. M. V. D. XVI. XXI. Augusti M. DC. LXXXIV. ad perennem vitam renato. Fr. VINCENTIVS MARIA URSINVS Ordinis Prædicatorum, Tituli S. Xysti S. R. E. Presbyter Cardinalis Archiepiscopus Sipontinus, maltis nominibus ab ineunte ætate ei devinctissimus, ejusdemque postremæ voluntatis publicis tabulis expressæ lubens executor, mutum hunc lapidem vocalem factum, veritatis & animi testem, ceu Patri amantissimo B. M. P.


Auf dem Platze vor der kleinen Pforte des Klosters ist eine schön gearbeitete Pyramide aufgerichtet, auf deren Gipfel die Statue St. Dominici steht. Rand links: Pyramide.

Il Duomo oder die erzbischöfliche Kathedralkirche ist der Himmelfahrt Mariä gewidmet und vor andern sehenswürdig. Rand links: Domkirche. Den Grund dazu hat Karl der erste, aus dem Hause Anjou, König von Neapolis und Sicilien geleget, dessen Grabmaal nahe bey der Hauptpforte mit folgender neuern Aufschrift zu sehen ist:
[790]

Carolo I. Andegavensi, Templi hujus extructori, Carolo Martello Hungariæ Regi & Clementiæ ejus uxori, Rodulphi I. Cæsaris F. ne Regis Neapolitani ejusque Nepotis, & Austriaci sanguinis Reginæ debito fine honore jacerent ossa, Henricus Gusmannus Olivarensium Comes, Philippi III. Austriaci Regias in hoc Regno Vices gerens, pietatis ergo posuit. Anno Domini M. D. C. IC. Rand rechts: Epitaphium Caroli I.


Sein altes Epitaphium war in folgenden Worten verfasset:


Conditur hac parva Carolus Rex Primus in urna

Parthenopes, Galli sanguinis altus honos:

Cui sceptrum & vitam sors abstulit invida, quando

Illius famam perdere non potuit.


Vor dem Haupteingange stehen zwo porphyrne Seulen, die aber nicht von sonderlicher Größe sind.

An den Hauptaltar der Kirche kömmt man vermittelst einer weißen marmornen Treppe, deren äußerste Seiten mit schönen bas-reliefs versehen sind. Vor diesem Altare stehen zwo treffliche Seulen von blutrothem Diaspro, welche ohne ihre Piedestaux (so vonVerde antico sind) eine Höhe von zween Männern haben. Rand rechts: Hauptaltar. Treffliche Seulen. An derjenigen, die dem hinzutretenden linker Hand ist, bemerket man eine und an der gegenüberstehenden drey achatene Adern, welche ihnen eine sehr kostbare Zierde geben. Bey der letzten findet sich ein Denkmaal, welches der Kardinal Cantelmus dem Pabste Innocentius dem zwölften noch bey dieses Lebzeiten mit folgenden Worten aufrichten lassen: Rand rechts: Monument zu Ehren Innocentius des zwölften.


Innocentio XII. Pont. Max. Pignatello

De Christiana re optime merito

Muniis plurimis apud Catholicos Principes

Et in aula Romana mire perfuncto

Per gradus honorum omnes:

Ab Archiepiscopatu Neapolitano sancte

Et effusa in egenos charitate gesto,

Ad supremum Pontificatus maximi

Apicem evecto

Indicta aboliti Nepotismi lege

Normaque præmonstrata;

Ecclesia ac toto terrarum orbe plaudente

Pauperibus perpetuo censu ditatis

Et in Laterano

Magni Gregorii exemplo munificentissime alitis

Paræciarum reditibus, ut egestati ubique occurratur,

Ex integro restitutis

Magno cum Ecclesiarum emolumento

Neapolitani Regni Episcopis

Spoliorum onere supra votum condonato

Levatis

Inter præclarissima liberalitatis munera

Quamvis exhausto Ærario[791]

Ob extinctam Cameralis quæsturæ venalitatem;

Datis sacro in Turcas fœdere subsidiis:

Sanctissimis Legibus

Ecclesiasticæ disciplinæ Justitia

Et populorum tutela strenue asserta,

Pastorali solicitudine, eximioque Zelo

In tota Christiana Republica pacanda

Et Religione amplificanda commendatissimo

Jacobus Cardinalis Cantelmus Archiepiscopus Neapolitanus

Anno Salut. hum. MDCXCVI.

Pontificatas vero VI. majora daturi

P.


Hiebey ist das schöne Begräbniß des Kardinals Alphonsus Caraffa, welcher im Jahre 1561 gestorben, aus weißem Marmor zu sehen, und gegenüber dasMonumentum Cardinalis Alphonsi Cesvaldi, der im Jahre 1603 verschieden ist. Rand links: Begräbnisse der Kardinäle Alph. Caraffä und Cevaldi.

Das Gemälde des Hauptaltars stellet die Himmelfahrt Mariä vor, und ist vom Pietro Perugino, der im funfzehnten Jahrhunderte gelebt und ein Lehrmeister des Raphael d' Urbino gewesen.

Das Gewölbe unter dem Hauptaltare ist vom Kardinal Oliverius Caraffa im Jahre 1506 angelegt, mit trefflicher Marmorarbeit gezieret, und bewundert man insbesondere die Bluhmenkränze, Früchte, Vögel, Kinder, Engel etc. en bas-reliefs, welche dem Michel Angelo Buonaroti, wiewohl noch mit einigem Zweifel, zugeschrieben werden. Rand links: Kapelle unter dem Hauptaltare. Mit mehrerer Gewißheit ist das Bildniß des Kardinals Oliverius Caraffa (aus Alabastro orientale transparente) hinter dem Altare von ihm. Der Fußboden ist von Verde antico, diaspro, giallo und Porphyr zusammen gesetzt. Der itzige Kaiser hat in diese Kapelle, worinnen der aus der Kirche S. Gennaro extra mœnia hieher gebrachte Körper des heil. Januarius verwahret wird, zwölf silberne Adler verehret, in deren Kronen beständig Lampen brennen, und sind zu ihrem Unterhalte jährlich hundert Scudi gestiftet. Man findet hier auch ein schönes Gemälde auf Holz vom Chevalier Massa, welches Mariam mit ihrem Kinde abbildet. In einer Nebenkapelle sind die Portraite vieler Herren aus der caraffischen Familie, die itztgedachter Kirche sonderbare Wohlthaten erwiesen, zu sehen, desgleichen ein sehr künstlich in Holz geschnittenes Crucifix. Rand links: Taufstein. Oben in der Kirche verdienet ferner der Taufstein, welcher eilftausend fünfhundert Scudi gekostet haben soll, und ein Geschenk des Kardinals Decio Caraffa ist, betrachtet zu werden. Sein Fußgestell ist von Porphyr, das Gefäß von Pietra di Paragone, und das Ciborium von kostbarer zusammengesetzter Marmorarbeit. Dieses Werk ist um das Jahr 1621 verfertiget worden. Rechter Hand, wenn man dem Hauptaltare sich nähert, findet sich ein schöner Altar von eingelegter florentinischer Arbeit, und sein Tabernakel ist mit kostbaren Steinen besetzt. Nicht weit davon ist das Grab des Pabstes Innocentius des vierten, der den Kardinälenden rothen Hut ertheilet hat. Das Grabmaal des unglückseligen Königs Andreas, welchen seine Gemahlinn Johanna stranguliren lassen, ist nahe hiebey und enthält folgende Worte: Rand links: Grab Innocentius des vierten. Epitaphium des unglücklichen Königs Andreas.


Andreæ, Caroli Uberti Pannoniæ Regis F. Neapolitanorum Regi, Joannæ uxoris dolo & laqueo necato: ne Regis corpus insepultum, sepultumve facinus posteris remaneret, Franciscus Berardi F. Capycius sepulcrum, titulum nomenque P. mortuo annor. XIX. 1345. XIV. KL. Octob.
[792]

Nicht weit hievon ist ein schönes weiß-marmornes bas-relief, das Johannem den Täufer in der Wüsten vorstellt, nicht außer Acht zu lassen. In dem Chore, woselbst das Domcapitel die Messe höret, ist des Erzbischofs Stuhl, vermöge eines besondern Privilegii, welches der Pabst Benedictus der dreyzehnte ertheilet hat, neun Stufen hoch erhaben. Rand rechts: Erzbischöflicher Stuhl. Ehemals hatten die Canonici dieser Kirche auch das Vorrecht, daß sie den alten Titel der Cardinalium bey ihrer Benennung der Presbyterorum, Diaconorum und Canonicorum beybehielten, wie davon viele allhier befindliche Grabschriften ein deutliches Zeugniß ablegen. Rand rechts: Wie der Titel der Kardinäle ehemals gebraucht worden. Wie sehr diese Benennung vorzeiten unterschieden gewesen von dem Verstande, worinnen sie itzt genommen wird, zeigen MAIMBOVRG im Leben Gregorii M., deSALO in seinem Werke, de l'Origine des Cardinaux du S. Siege, wie auchIoh. Franciscus BVDDEVSin Schediasmate Historico de Origine Cardinalitiæ dignitatis, mit mehrern, und sieht man sonderlich aus der letztern Schrift, daß die Capitulares von Ravenna noch im sechszehnten Jahrhunderte diesen Titel geführet haben.

Der Mutter des Pabstes Bonifacius des neunten hat der Kardinal Ascanius Filimarinus in dieser Kirche folgendes Epitaphium setzen lassen: Rand rechts: Epitaphium der Mutter Bonifacius des neunten.


Gratimolæ Filimarinæ, magnæ matri maximæ sobolis BONIFACII Noni, quæ indito jam infanti auspicato Petri nomine4 vidit vivens, quod nulli antea datum, juvenem filium annum tunc agens quadragesimum quintum, Orbis terræ Patrem, non minus gestiens ab illo filiam se vocari quam Matrem. Vidit non modo triplici coronatum thiara sed coronantem Reges5, jucundius silii pedes osculata quam caput; imo quem genuit, adoravit. Ascanius Filimarinus S. R. E. Cardinalis posuit aano MDCXLVII.


Itztgedachter Ascanius Filimarinus hat auch, weil man keine gewisse Nachricht von der Einweihung dieser Kathedralkirche gehabt, dieselbe im Jahre 1644 mit vielem Gepränge consecriret, und liest man daher in der Facciata der Hauptpforte folgende Worte: Rand rechts: Denkmaal der Einweihung der Domkirche.


Ascanius Philamarinus S. R. E. Cardinalis Archiepiscopus Neapolitanus, Pontificale Templum a Carolo I. & II. Andegavensibus Regibus constructum solenni ritu consecravit die XXIV. Aprilis Anno M DCXLIV.


Dasjenige, so für das vornehmste in dieser ganzen Kirche geachtet wird, ist die zur Rechten desjenigen, der in die Kirche kömmt, befindliche Kapelle il Tesoro genannt. Rand rechts: Kostbare Kapelle il Tesoro. Ihr Frontispicium ist von künstlicher Baukunst und sieht man an demselben die Statuen Petri und Pauli von dem trefflichen Meister Giulian Finelli nebst zwo schönen Seulen von marmo negro macchiato; die Thür ist von Meßing mit schönem Laubwerke gezieret, und soll dieses Werk sechs und dreyßig tausend Scudi gekostet haben. Inwendig sieht man in der runden Kapelle sieben Altäre von schönem Marmor und zwey und vierzig Seulen aus feinem Broccatello. Oben herum stehen ein und zwanzig große Statuen der Heiligen, von bronzo, deren jede auf vier tausend Scudi geschätzet wird. Unter ihnen sieht man die Brustbilder dieser Heiligen von Silber, und zählet man dieser letzten in allen sechszig Stücke. Die meisten der metallenen Statuen kommen von der geschickten Hand des obgedachten Finelli. An der Cuppola haben Giov. Lanfranco, Parmeggiano und Domenichini ihre Malerkunst[793] bewiesen; es ist aber zu bedauren, daß dieses schöne Werk vom Erdbeben vielen Schaden erlitten hat. Hier dem Hauptaltare (welches isolé und ganz von schönem rothen Porphyr ist) finden sich zwo silberne Thüren vor einem Schranke, worinnen das Haupt des heiligen Januarius nebst zwo gläsernen oder krystallenen Phiolen, die das Blut dieses Heiligen in sich halten, verwahret werden. Rand links: Haupt und Blut des heil. Januarius. Das letztere soll von einem neapolitanischen Frauenzimmer an dem Tage, da gedachter Heiliger seinen Märtyrertod erlitten, aufgesammlet worden seyn. Das äußerliche Ansehen und die Gestalt dieser Heiligthümer ist außen an dem silbernen Thurme eingegraben zu sehen. Ordentlicher Weise werden sie dreymal des Jahres zur Verehrung des Volkes ausgesetzet; außerordentlich aber bey Theurung, Pest, schweren Erdbeben und andern Zufällen, da man des heil. Januarius Hülfe nöthig zu haben vermeynet. Es ist bekannt, daß man vorgiebt, als fange das in den Phiolen enthaltene trockne Blut an zu fließen, wenn es dem Haupte des heil. Januarius genähert wird, und machet man insbesondere jährlich am ersten Sonntage des Monats May die Probe damit, in dem festen Vertrauen, es werde das Land und die Regierung glücklich seyn in demjenigen Jahre, da dieses Wunder erfolget, gleichwie man im Gegentheile alles schlimme und traurige befürchtet, wenn das Blut nicht fließen will, und läßt man alsdann an Proceßionen und öffentlichen Züchtigungen des Fleisches nichts ermangeln, um die augedräuete Gefahr abzuwenden. Rand links: Von dem Fließen des Blutes. Die Römischkatholischen sind ihrer Sache in diesem Stücke so gewiß, daß der neapolitanische Jureconsultus FrancescodePIETRI davon schreibt:


Nondum credis Arabs, Scythicis quin Barbarus oris

Consugis ad veræ Relligionis iter?

Aspice, palpa hæc. Stat longum post Martyris ævum

Incorruptus adhuc & sine tabe cruor.

Imo hilaris gliscit, consurgit, dissilit, ardet

Ocyor, extremæ est impatiensque tubæ.

Perfidus an cernis capiti ut cruor obvius, ante

Frigidus & durus, ferveat & liqueat?

Caute vel asperior, vel sit Adamantinus Afer

Sanguine quin duro sponte liquente liques?


Die in dem Gase befindliche Materie ist braunroth und gleicht dem Balsamo Peruviano, welcher auch leicht flüßig gemacht werden kann. An dem Tage, da das Wunder geschehen soll, steht dieses Blut zwischen einer Menge Lichter; das Glas, worinnen es und zwar noch in einer kleinern Phiole (die etwan eines Fingers lang) eingeschlossen ist, wird denen Umstehenden und mit großer Begierde herzu sich dringenden Personen zum Kusse an den Mund und hernach an die Stirn gehalten, bey solcher Gelegenheit stürzt der Priester dasselbe mehr als tausend mal um, daß der Boden oben und auf die Seite zu stehen kömmt. Rand links: Ob man nicht dergleichen Wirkung mit Kunst hervorbringen könne. Die Wärme seiner Hände, der Qualm der Lichter, der Dunst, welcher aus der Menge des Volkes in einer warmen Jahreszeit, und endlich der warme Odem, der aus dem Munde der Küssenden kömmt, nebst andern Umständen, könnten auch eine andere vorher flüßig gewesene Materie schmelzend machen. Es wäre billig, daß man den Ungläubigen und Ketzern[794] genugsame Freyheit vergönnete, die Umstände dieses Wunders genauer einzusehen, anstatt daß sie sich wie andere begnügen lassen müssen, daß der Priester endlich ruft: Il miracolo e fatto, da dann mit großen Freuden das Te Deum laudamus angestimmet wird. HORATIVSSat. 5, lib. I meldet, wie einige heidnische Priester sich der Kunst gerühmet, Weihrauch ohne Feuer schmelzend zu machen6. Rand rechts: Daß die heidnischen Priester dergleichen Kunst gewußt haben. Es ist aber das Blut des heiligen Januarius nicht das einzige in der Stadt Neapolis, welches dergleichen Wunder thut, sondern man giebt auch solches vom Blute des heil. Johannis des Täufers, St. Stephans, St. Pantaleons, St. Vitus und der heiligen Patriciä vor, und geschieht dergleichen Veränderung in denen Kirchen, wo diese Heiligthümer allhier aufgehoben werden, und zwar gemeiniglich an den besondern Festtagen dieser Heiligen. Rand rechts: Mehrere Reliquien vom Blute das flüßig wird. In der alten Sacristey, die zu der obbeschriebenen Cappella del Tesoro gehöret, sieht man über dem Eingange das Brustbild des heil. Januarius aus Pietra Paragona und vor demselben zwo kleine Phiolen, die mit einer rothen flüßigen Materie halb angefüllet sind. Die silbernen Statuen, Leuchter, Lampen, Altarbekleidungen und andere Gefäße, womit die neue Kapelle angefüllet ist, sind über hundert tausend Scudi werth. Rand rechts: Schatz der neuen Kapelle..

Dem Tesoro gegenüber, und also linker Hand, wenn man in den Dom tritt, geht man in die Kirche der heil. Restitutä, welche ehemals die Kathedralkirche gewesen. Rand rechts: Kirche St. Restitutä. Viele ihrer Seulen sollen aus einem Tempel des Neptuns genommen seyn. Ein mosaisches Marienbild an der Wand wird für das erste nicht nur von Neapolis, sondern auch von ganz Italien ausgegeben, welchem eine Verehrung erwiesen worden. Rand rechts: Seulen aus dem Tempel Neptuns. Von dem Alterthume eines Marienbildes. Es scheint aber solches keinesweges von einem so großen Alterthume zu seyn, wie diejenigen vorgeben, welche die Stiftung der besagten Kirche bis auf die Zeiten des heil. Petri und seines Discipels des heil. Aspreno, welcher der erste Bischof zu Neapolis gewesen seyn soll, hinaus setzen. Man zeiget auch ein Crucifix, das von einem in der Bildhauerkunst gänzlich unerfahrnen, oder wie andere vorgeben, gar von einem Blinden verfertiget seyn soll. Rand rechts: Crucifix, welches ein Blinder verfertiget hat.

Auf dem Platze, wo man aus der Domkirche durch eine kleine Pforte nach der Strada Capuana geht, hat die Stadt Neapolis durch Cosmus Fonseca einen schönen marmornen Obeliscus, und auf demselben die Statue des heil. Januarius von Metall aufrichten lassen. Rand rechts: Obeliscus mit der Statue des heil. Januarius. Die daran befindliche Schrift ist folgende:


Divo Januario Patriæ Regnique

præsentissimo Tutelari

Grata Neapolis Civ. optime merito.


Die Statue ist vom Finelli und wird dieser Obeliscus jährlich den 19 Sept. unter Abfeurung der Canonen von den Castellen und einer Musik aufs prächtigste illuminiret.

Die Kirche von S. Francesco di Paola liegt dem Pallaste des Vice-Roy gegenüber und hat einen schönen Fußboden, die Decke von Bildhauerarbeit und ganz verguldet, viele marmorne Zierrathen, sonderlich am Hauptaltare, dessen Tabernakel mit acht unvergleichlichen Seulen pranget. Rand rechts: Kirche S. Franciscco di Paola. Zwo davon sind von Lazuli und die andern sechse von Diaspro verde. Rand rechts: Hauptaltar. In der Mitte dieses Altars wird ein schönes Perspective in Schmelzarbeit vorgestellet. Es sind an demselben auch große Stücke Achat und andere kostbare Steine zu sehen,[795] deren einer mit einem eingegrabenen Bildnisse, welches ohne Menschenkunst von der Natur hervorgebracht seyn und den heil. Franciscus di Paola vorstellen soll, bezeichnet ist. Rand links: Bildniß Francisci di Paola in Achat. Die Malerarbeit hinter diesem Altare wie auch des ganzen Chores ist von Luca Giordano. Unter den Heiligthümern verwahret man zwo kleine Bouteillen voll Milch von der heil. Jungfrauen Maria, welche Milch gleich der weißen Terræe sigillatæ trocken ist, an den Festtagen der Mariä aber flüßig wird. Rand links: Milch der heil. Maria. St. Franciscus di Paola hat in dem daran gelegenen Kloster gewohnet, und durch den Ruhm seiner Heiligkeit das meiste zu dessen gegenwärtigem Reichthume beygetragen. Rand links: Reichthum dieser Kirche. Das Silberwerk allein, womit die Kapelle, welche an die Apotheke des Klosters stößt, ausgezieret wird, kostet zwölf tausend Ducaten und ist darunter der Erzengel Michael von halber Manneshöhe und mit vielen Juwelen besetzet. In der Apotheke ist die treffliche Einrichtung, die angenehmen Wasserkünste, nebst vielen Seltenheiten von Corallen und Edelgesteinen zu betrachten. Rand links: Apotheke. Diese Kirche wird von etlichen auch mit ihrem alten Namen S. Luigi detto di Palazzo benennet.

Die Kirche di S. Gaëtano ist ganz neu und sowohl wegen ihrer Baukunst als schönen Marmorarbeit sehenswürdig. Rand links: S. Gaëtano. Von der Kleidung, die der Kardinal Orsini, nachmaliger Pabst Benedictus der dreyzehnte, als er in einem Erdbeben zu Benevent glücklich erhalten worden, angehabt, und welche hier gezeiget wird, habe ich anderwärts schon Erwähnung gethan.

S. Gennaro extra mœnia oder ad fores wird auch ad Corpus zubenamt, weil des heil. Januarius Leichnam anfänglich daselbst begraben gewesen. Rand links: S. Gennaro extra mœnia. Diese Kirche gehörte ehemals den Benedictinern, anitzt aber dem dabey angelegten Armenhause. Rechter Hand außer derselben findet sich am Berge die Kapelle St. Severi und bey derselben der Eingang in die Catacombas, welche allhier unter denen vieren, die man in Neapolis entdecket hat, die weitläuftigste und im besten Staude erhaltene sind. Rand links: Kapelle St. Severi. Diejenigen, so in den Gedanken stehen, daß dergleichen unterirdische Gänge von den ersten Christen in ihrem bedrängten Zustande, und da sie sich wegen der heidnischen Verfolgungen versteckt halten müssen, angelegt worden, können leicht durch das Anschauen der neapolitanischen Catacomben widerleget werden, weil diese ein so kostbares in Felsen gehauenes Werk sind, daß solches nicht heimlich und ohne große Unternehmung hat ausgeführet werden können. Rand links: Beschreibung der hiesigen Catacomben. Zu geschweigen, daß die Anzahl der Christen währender Oberhand der Heiden niemals weder in Rom noch Neapolis so groß gewesen, daß sie es in kurzer Zeit hätten ausführen können. Der sandige Boden um Rom hat vielleicht nicht gestattet, daß man den dasigen Gängen eine mehrere Breite, als sie wirklich haben, geben können. In Neapolis aber oder vielmehr in der benachbarten Gegend fiel dieser Umstand hinweg, und sind daher die Hauptgänge nicht nur sehr hoch und meist in Felsen gewölbet, sondern auch so breit, daß sechs Personen neben einander gehen können. Daß die alten Römer lange vorher, ehe die Christen die Herrschaft erlangten, ihre Todten auch zu begraben gepflegt, ist eine ausgemachte Sache; die Christen allein hätten auch für ihre todten Leichname keine so weitläuftige Behältnisse nöthig gehabt. Die Körper lagen allhier an den Seiten der Mauer in niedrigen Repositorien oder Fächern vier bis sechs übereinander, und jedes Fach wurde, nachdem es seinen Leichnam bekommen, vornen mit einer Marmorplatte oder mit schmalen Backsteinen vermauert. Weil diese meistentheils weggenommen sind, so findet man nicht so viele Merkmaale von heidnischen Leichen allhier, als zu Rom, wo noch gar viele solcher Behältnisse uneröffnet geblieben. Die Gebeine der vorgegebenen ersten Christen sind weggeräumet und in den Kirchen und Gewölbern verschlossen worden, vielleicht damit diese Waare in desto grösserm[796] Werthe und höherer Rarität bleiben möge; die Knochen aber, welche man noch an etlichen Orten in großer Menge liegen sieht, sind vornehmlich von denen Leuten, die im Jahre 1656 zu Neapolis an der Pest gestorben und hieher gebracht worden. Rand rechts: Woher die itzt hier befindliche Knochen kommen. Man hat bey Besichtigung dieser Catacomben keine geweihete Wachslichter vonnöthen, sondern die Führer bedienen sich etlicher gemeinen Wachsfackeln. Beym Eingange des ersten Gewölbes in den unterirdischen Gängen von St. Gennaro zeiget ein weißes marmornes bas-relief, das den heil. Januarius liegend vorstellet, den Platz, wo dieser Heilige etliche hundert Jahre lang begraben gelegen. Hinter demselben ist des heiligen Severus marmorner Sessel und der Ort seines ehemaligen Grabes zu sehen. Rand rechts: Ehemalige Gräber des heil. Januarius und h. Severus. Man liest dabey die Worte:


Saxum, quod cernis, supplex venerare, viator,

Hic divi quondam jacuerunt ossa Severi.


Nahe dabey zeiget man die Gräber des heil. Agrippino, Lorenzo und etlicher anderer Heiligen; desgleichen einen Altar oder eine kleine Hohlung in die Wand, so mit alter mosaischer Arbeit versehen ist. Man giebt vor, daß die Gänge an den meisten Orten dreyfach über einander geführet sind. Die Nebengalerien sind enge und an vielen Orten, da sie sich etliche italienische Meilen weit hinaus erstrecket haben sollen, vermauert, weil sich die Straßenräuber solcher Schlupfwinkel zu Ausübung ihrer Bosheiten gebrauchet haben. Unter andern findet sich eine Grotte von solcher Höhe, daß man, weil sie oben keine Oeffnung hat, ihre Decke nicht absehen kann. Rand rechts: Warum man viele Gänge vermauert? Hohes Gewölbe. In einem andern großen und weiten Gewölbe, welches, nach dem Vorgeben der Führer, in alten Zeiten der Dom gewesen seyn soll, sind zwo große Seulen des Bogens aus einem Stücke in Felsen gehauen. Nahe dabey wird das alte baptisterium oder die Taufkapelle gezeiget, und findet sich an der Wand folgendes Zeichen,


59. Schreiben

welches aus den christlichen Zeiten ist, sowohl als andere Gemälde und Schriften, die nun mit dem Kalke meist abgefallen sind. Indessen zeigten ihre gothischen Buchstaben und die Personen der Heiligen, welche vorgestellet wurden, daß sie in nicht gar alten Zeiten verfertiget worden, und daraus nicht der geringste Beweis für die Wohnung der ersten Christen in diesen unterirdischen Gängen genommen werden könne.

S. Giacomo degli Spagnuoli ist von dem Vice-Rè D. Pietro di Toledo gestiftet, dessen vortreffliches Grabmaal auch der Kirche eine große Zierde giebt. Rand rechts: S. Giacomo degli Spagnuoli. Es ist solches von dem berühmten Giovanni da Nola verfertiget, und eines der vornehmsten Bildhauerstücke, welche in Neapolis zu sehen sind. Rand rechts: Grabmaal des D. Pietro di Toledo. Die daran befindliche Inscription ist folgende:


Petrus Toletus Friderici Ducis Alvæ filius, Marchio Villæ Franchæ, Regni Neap. Prorex, Turcar. hostiumque omnium spe sublata, restituta Justitia, Urbe mœniis, Arce Foroque aucta, munita & exornata; denique toto Regno divitiis & hilari securitate repleto, monumentum vivens in Ecclesia dotata & a fundamentis erecta pon. man. vix. ann. LXXXIII Rexit XXI. Obiit M. D. LIII. VII. Kal. Feb. Mariæ Osorio Pimentel conjugis Clariss. imago. Garsia Reg. Sicil. Prorex Marisque Præfectus Parentib. Opt. P. M. D L. XX.
[797]

Der Hauptaltar hat gleichfalls schöne, theils erhabene, theils eingelegte Marmorarbeit. Beym Eingange der Kirche liest man unter einer Statue folgende deutsche Verse: Rand links: Deutsche Grabschrift von Hanns Walther von Hiernheim.


Hanns Walther von Hiernnheim bin ich genannt,

Mit Eren füret ich mein Ritterstand

Des Kaysers Carl Rath und Oberster ich was

Seinen Sün Philippsen ich gleichermas

Treulich dienet seine Land und Leut zu verfechten

Als sich aber der Krieg in Friede verwendt

Hab ich zu Ilnehan mein Leben geendt

Der Cörpll ist hie zu der Erde bestatt,

Mein Seel GOtt in Gnaden auffgenommen hatt.


Die Uhr von der Kirche St. Giacomo schlägt die Stunden nicht nach der italienischen sondern deutschen Art zu rechnen, wie man denn überhaupt in Neapolis schon mehr von der so genannten französischen Uhr, als in andern Städten Italiens weis.

Die Kirche di Giesù Maria gehört den Dominicanern, und liest man in der Mitte derselben auf einem großen Steine folgendes Epitaphium einer sicilianischen Dame aus dem Hause Ventimiglia: Rand links: Stunden nach der französischen oder deutschen Uhr. Kirchedi Giesù Maria. Epitaphium Beatricis Vintimiliæ.


D. O. M.

Et quieti æternæ

Beatricis Vintimillæ, Carrette

Normanniæ

March. S. Georg. & Polistin.

Genere, Conjugiis, Pietate, Prudentia

Cum maximis quibusque Fœminis

Comparandæ,

Cui nihil ad summam felicitatem defuisset

Nisi carissima pignora

Carolum Tocco Princip. Montis Milit.

Hyppolitamque Gravinens. Ducem

Immaturo nimis Fato sibi vidisset erepta;

Vixit Ann. LXV. Mens. IV. D. II.

Jo. Dominicus Jacobi F. Milanus

March. S. Georg. & Polistin. Ardorens. Princ.

Matri incomparabili, & B. M.

Honoris, Pietatisque causa P. C.

Ann. Dom. MDCCV.


S. Giovanni à Carbonara hat seinen Zunamen entweder von der benachbarten Straße, die ehemals der Familie von Carbonara gehöret hat, oder von den Kohlen, welche vorzeiten auf diesem Platze sollen gebrannt worden seyn. Rand links: S. Giovanni à Corbonara. Ladislaus, König von Neapolis, Sicilien, Ungarn und Herr von Rom, so sich in Italien genug fürchterlich gemacht, hat hier sein Grab gefunden, nachdem ein von den Florentinern bestochener Medicus, in dessen Tochter der König verliebt war, zu Perusa Gelegenheit gefunden, ihm durch diese Venus, anstatt eines Trankes, wodurch die Tochter des Königs Liebe beständig zu erhalten hoffete,[798] Bist beyzubringen. Rand links: Grab des Königes Ladislaus. Lüderliche Ursache seines Todes. Andere erzählen den Verlauf der Sachen anders, und daß Ladislaus, als er die Stadt Florenz belagert hatte, ihr einen leidlichen Accord ertheilet, wenn sie ihm eines gewissen Medici Tochter, die für das schönste Frauenzimmer der Stadt gehalten wurde, zu seinem Willen überliefern würden, da denn der Vater zwar darein willigen müssen, die Tochter aber zu einer That unterrichtet, welche im Lateinischen folgender Gestalt erzählet wird: Et ita nova Venus ad maritum suum egrediebatur, cui amore deflagranti cum se permitteret, ex domestico mandato incalescentes carnes sudariolo perfricat; qua re venenum in utriusque corpus ea penetravit vehementia, ut mox inter mutuos amplexus ambo exspirarent.

Bey solchen Umständen verdienet Ladislaus wohl nicht den Titel Divi, der ihm auf seinem Epitaphio gegeben wird. Er starb im Jahre 1414. Sein Grabmaal ist zwar nur von gothischer Baukunst, aber dabey von trefflicher Arbeit, und liest man folgende Verse daran:


Improba mors hominum heu semper obvia rebus

Dum Rex magnanimus totum spe concipit orbem,

En moritur, saxo tegitur Rex inclytus isto,

Libera sydereum mens ipsa petivit Olympum.


Ferner an der untern Corniche:


Qui populos belli tumidos, qui clade tyrannos

Percolit intrepidos victor terraque marique;

Lux Italum, Regni splendor clarissimus hic est

Rex Ladislaus, decus altum, & gloria Regum,

Cui tanto, heu lacrymæ! soror illustrissima fratri

Defuncto pulchrum dedit hoc Regina Joanna,

Utraque sculpta sedens Majestas ultima Regum,

Francorum soboles Caroli sub origine primi.


Sannazzar hat aus Dankbarkeit für die Wohlthaten, welche seine Vorfahren vom Könige Ladislaus erhalten, sein Grab mit folgender Poesie beehret: Rand rechts: Sannazzars Poesie auf Ladislaum.


Miraris niveis pendentia saxa columnis

Hospes, & hunc acri qui sedet altus equo.

Quidsi ammos roburque ducis præclaraque nosses

Pectora, & invictas dura per arma manus?

Hic Capitolinis dejecit sedibus hostes,

Bisque triumphata victor ab urbe redit.

Italiamque omnem bello concussit & armis,

Intulit Hetrusco signa tremenda mari.

Neve foret Latio tantum diademate felix,

Ante suos vidit Gallica sceptra pedes.

Cumque rebellantem pressisset pontibus Arnum,

Mors vetuit sextam claudere olympiadem,

I nunc, regna para, fastosque attolle superbos,

Mors etiam magnos obruit atra Deos.
[799]

Hinter dem Hauptaltare, welcher von schönem weißen Marmor ist, findet sich das Grab des Gran Siniscalco Caracciolo, eines Favoriten des Königs Ladislaus, von dessen klugen Anschlägen die Königinn Johanna die zweyte großen Vortheil gezogen hatte. Rand links: Epitaphium des Gran Siniscalco Caracciolo. Er wurde im Jahre 1438 in der Nacht vom 25 Aug. auf Anstiften der Herzoginn von Sessa aus purem Neide in seinem Bette ermordet. An seinem Grabmaale liest man folgende vom Laurentio verfertigte Schrift:


Nil mihi ni titulus summo de culmine deerat,

Regina morbis invalida & senio

Fœcunda populos proceresque in pace tuebar,

Pro Dominæ imperio nullius arma timens.

Sed me idem livor, qui Te fortissime Cæsar,

Sopitum extinxit, nocte juvante dolos.

Non me, sed totum lacerat manus impia regnum,

Parthenopeque suum perdidit alma decus.


Syrianno Caracciolo


Avellini Comiti, Venusi Duci, ac Regni Magno Senescallo & Moderatori, Trajanus filius, Melphiæ Dux, Parenti de se deque Patria optime merito erigendum curavit 1453.


Die Kapelle der Marchesi di Vico, aus der Familie Caracciola Rossa, ist vortrefflich schön mit marmornen Statuen und bas-reliefs angefüllet. Rand links: Treffliche Kapelle di Vico. Pietro di Plata, ein spanischer Bildhauer, hat darinnen vor andern seine Kunst an den Statuen Johannis des Täufers, Sebastians, des Lukas, Marcus und St. Georgius erwiesen. Die übrigen Stücke sind von Giovanni da Nola, Girolamo Santa Croce und Annibale Caccavello. In der Kapelle der Familie Miraballa sind zween Löwen nebst sieben andern schönen Statuen aus weißem Marmor zu besehen. Scipio, der bey dem Kaiser Karl dem fünften in großen Gnaden gestanden, hat in der Kapelle der Familie di Somma ein schönes Grabmaal von weißem Marmor. In einer andern Kapelle ist der gekreuzigte Heiland in Lebensgröße vom Georgio Vasari trefflich gemalet. In der Kirche steht die Statue der heiligen Monica in Lebensgröße schwarz angekleidet. Die in der Sacristey auf Holz gemalten geistlichen Historien sind vom Vasari, und findet man daselbst auch das Leiden Christi in sieben schönen marmornen bas-reliefs, die als eine spanische Wand zusammen gelegt werden können, und vom Könige Ladislaus, der sie auf den Altar, wo Messe gelesen wurde, setzen ließ, allenthalben mit herumgeführet worden. Ehemals zeigte man unter andern Heiligthümern dieser Kirche auch Blut von Johanne dem Täufer, welches jährlich des Abends vor seinem Feste anfing zu fließen und zu schäumen, gleich als käme es frisch aus einem Körper. Rand links: Blut Johannis des Täufers, welches zu gewissen Zeiten fließt. Dieses Wunder hielt durch die ganze Octavam an; es kann aber anitzt nicht mehr in dieser Kirche die Ketzer überzeugen, weil nach dem Vorgeben der Augustinermönche, denen sie gehöret, dieses Blut gestohlen worden. Dafür aber sieht man solches Blut und Wunder nun in der Kirche di S. Maria Donna Romita. Wer mehrere dergleichen Mirakel, so die Wahrheit der römischkatholischen Religion noch täglich in allen Theilen der Welt beweisen sollen, zusammen getragen lesen will, kann in des Jesuiten P. Silvestri Pietrasanta weitläuftigem Werke, Taumasia genannt, sein Verlangen zur Genüge stillen. In dem Augustinerkloster bey S. Giovanni Batt Carbonara findet sich eine schöne und mit vielen sowohl lateinischen[800] als griechischen Manuscripten versehene Bibliothek, welche der Kardinal Seripando dahin verehret hat. Rand rechts: Bibliothek.

Die Kirche di S. Giovanni Vangelista del Pontano hat ihren Zunamen von Johanne Joviano Pontano, der Secretär bey dem Könige Ferdinand dem ersten gewesen, und sie im Jahre 1492 gestiftet hat. Man findet sowohl innen als außen an ihren Mauern eine Menge von nützlichen Sentenzen, welche Pontanus verfertiget hat. Rand rechts: S. Giovanni Vangelista del Pontano. Nützliche Sentenzen. Unter den letztern bemerket man folgende:


I. In utraque fortuna, fortunæ ipsius memor esto.

II. Integritate fides alitur, fides vero amicitia.

III. Nec temeritas semper felix, nec prudentia ubique tuta.

IV. In magnis opibus, ut admodum difficile, sic maxime pulchrum est, se ipsum continere

V. Sero pœnitet, quanquam cito pœnitet, qui in re dubia nimis cito decernit.

VI. Hominem esse haud meminit, qui nunquam injuriarum obliviscitur.

VII. Frustra leges prætereunt, quem non absolverit conscientia.

VIII. In omni vitæ genere primum est, te ipsum noscere.


Von denen Epitaphiis, die Pontanus sich und seiner Familie in dieser Kirche gesetzet, hat MISSONT. II, p. m.36, s. zwar viere angeführet; weil aber derselben noch mehrere sind, und sie alle in Ansehung sowohl der aus einem inniglich betrübten Herzen kommenden Gedanken, als der glücklichen Ausdrückungen für unvergleichliche Meisterstücke gehalten werden können, so will ich solche zusammen hieher setzen: Rand rechts: Grabschriften Pontani und seiner Familie.


I.

Tumulus Luciæ Filiæ


Liquisti patrem in tenebris, mea Lucia, postquam

E luce in tenebras filia rapta mihi es.

Sed neque Tu in tenebras rapta es, quin ipsa tenebras

Liquisti, & medio lucida sole micas.

Cœlo te natam aspicio, num Nata parentem

Aspicis? an fingit hæc sibi vana Pater?

Solamen mortis miseræ, Te Nata, sepulchrum

Hoc tegit, haud cineri sensus inesse potest.

Si qua tamen de Te superat pars Nata, fatere

Felicem quod Te prima juventa rapit.

At nos in tenebris vitam luctuque trahemus,

Hoc pretium Patri, Filia, quod genui.


Musæ, Filia, luxerunt Te in obitu, at lapide in hoc luget Te Pater tuus, quem liquisti in squalore, cruciatu, gemitu, heu, heu! Filia, quod nec morienti Pater adfui, qui mortis cordolium tibi demerem; nec sorores ingemiscenti collachrymarentur misellæ; nec Frater singultiens, qui sitienti ministraret aquulam; nec Mater ipsa, quæ collo implicita, ore animulam acciperet infelicissima; hoc tamen felix, quod haud multos post annos revisit, tecumque nunc cubat. Ast ego felicior, qui brevi cum utraque edormiscam eodem in conditorio. Vale Filia. Matri frigescenti cineres interim caleface, ut post etiam refocilles meos.
[801]

Joannes Jovianus Pontanus L. Martiæ Filiæ dulciss. P. quæ vixit Ann. XIIII. Men. VII. D XII.


II.

Auf seinen Sohn Lucium:


Has, Luci, Tibi & inferias & munera solvo,

Annua vota piis, heu mihi! cum lachrymis.

Hæc, Luci, Tibi & ad tumulos positumque feretrum

Dona, Pater, multis diluo cum lachrymis.

Hæc dona, inferiasque, heu, heu, hunc, Nate, capillum,

Incanamque comam, accipe, & has lachrymas.

His lachrymis, his Te inferiis, hoc munere condo,

Nate, vale æternum, o & valeant tumuli.

Quin & hient tumuli, & tellus hiet, & Tibi me me

Reddat & una duos urna tegat cineres.

Pont Pater Luc. Franc. Fil. infelici.

III.

Auf Lucilium einen andern seiner Söhne:


Lucili, tibi lux nomen dedit, & dedit ipsa

Mater Stella Tibi, stellaque luxque simul.

Eripuit nox atra, nigræ eripuere tenebræ,

Vixisti vix quot littera prima notat.

Hosne dies? breve tam ne Tibi lux fulsit & auræ

Maternum in nimbis sic tenuere jubar?

Infelix fatum, puer heu male felix, heu! quod

Nec puer es, nec lux, nec nisi inane quid es.

Floreat ad pueri tumulum, ver halet & urnæ

Lucili, & cineri spiret inustus odor.

Dies L. non implesti, Filiole, breve Naturæ specimen, æternus Parentum mœror ac desiderium.


IV.

Auf seinen Sohn Franciscum:


Has aras Pater ipse Deo templumque parabam,

In quo, Nate, meos contegeres cineres.

Heu fati vis læva, & lex variabilis ævi,

Nam Pater ipse Tuos, Nate, struo tumulos.

Inferias puero senior, Natoque sepulchrum

Pono Parens, heu! quod sidera dura parant.

Sed quodcumque parant, breve sit, namque optima vitæ

Pars exacta mihi est, cætera funus erit.

Hoc Tibi pro tabulis statuo, Pater, ipse dolorum

Hæres, Tu tumulos pro patrimonio habe.


Vix. ann. XXIX. Mens. V. Dies III. Francisco F. Pontanus Pater An. Christi 1498. Die 24. Augusti.
[802]

V.

Auf seine Frau:


Illa thori bene fida comes custosque pudici

Cuique & acus placuit, cui placuere coli.

Quæque focum castosque Lares servavit & aræ

Et thura & lachrymas, & pia serta dedit.

In prolem studiosa parens, & amabilis uni

Quæ studuit caro casta placere viro.

Hic posita est Ariadna, rosæ violæque nitescant

Quo posita est Syrio spiret odore locus.

Urna crocum Dominæ fundat, distillet amomum

Ad tumulum, & cineri sparsa cilissa fluat.


Quinquennio postquam uxor abiisti, dedicata prius Ædicula monumentum hoc Tibi statui, Tecum quotidianus ut loquerer, nec si mihi non respondes, nec respondebit desiderium Tui, per quod ipsa mecum semper es; aut obmutescit memoria, per quam Tecum non loquor. Ave igitur, mea Hadriana, ubi enim ossa mea Tuis miscuero, uterque simul bene valebimus. Vivens Tecum vixi Ann. XXIX. D. XXIX victurus post mortuus æternitatem æternam. Joannes Jovianus Pontanus Hadrianæ Saxonæ uxori Opt. ac benemerentiss. P. quæ vixit Ann. XLVI. mens. VI. Obiit Kalend. Mar. An. M. CCCC. LXXXX.


VI.

Auf sich selbst:


Vivus domum hanc mihi paravi,

In qua quiescerem mortuus.

Noli obsecro injuriam mortuo facere,

Vivens quam fecerim nemini.

Sum etenim Joannes Jovianus Pontanus,

Quem amaverunt bonæ Musæ,

Suspexerunt Viri probi

Honestarunt Reges Domini.

Scis jam, qui sum, aut qui potius fuerim.

Ego vero Te, Hospes, noscere in tenebris nequeo;

Sed teipsum ut noscas, rogo. Vale


VII.

Auf einen guten Freund:


Quid agam, requiris?

Tabesco.

Scire qui sim cupis?

Fui.

Vitæ quæ fuerint condimenta, rogas?

Labor, dolor, ægritudo, luctus,

Servire superbis dominis,

Jugum ferre superstitionis,

Quos caros habeas, sepelire,[803]

Patriæ videre excidium;

Nam uxorias molestias nunquam sensi.

Petro Compatri,

Viro officiosissimo

Pontanus posuit,

Constantem ob amicitiam

Ann. LIII. Obiit MDI. 15. Kal. Decemb.


Die Kirche di S. Giovanni Maggiore soll ehemals ein Tempel, den der Kaiser Hadrian seinem Lieblinge Antinous aufrichten lassen, gewesen, von Konstantin dem großen aber und seiner Mutter Helena dem Joh. Baptistæ geweihet worden seyn. Rand links: S. Giovanni Maggiore. Diejenigen, so den Namen Parthenope, welchen die Stadt geführet, ehe sie Neapolis genennet worden, von einer thessalischen Prinzeßinn, Parthenope genannt, herleiten, behaupten, daß ihr Grabmaal noch in dieser Kirche, wohin es von einem andern Orte gebracht seyn soll, zu sehen sey. Rand links: Vermeyntliches Grabmaal der Prinzeßinn Parthenope. Ich habe aber auf solchem Grabsteine nichts anders als folgende Zeichen finden können.


† OMNIGENVMREX AITOR


59. Schreiben

PARTEOPEM EGE FAVSTE


Aus dem Worte EGE oder Tege, welches in der letzten Zeile vorkömmt, will man schließen, daß dieses eine Grabschrift sey; allein ich zweifele, ob in dergleichen Gelegenheit das letzte Wort Fauste gewöhnlich sey. Ferner müssen die Vertheidiger der obangeführten Meynung nothwendig vorgeben, daß die mittlere und größere Zeile, es mag solche nun auf Sanctum Johannem oder auf S. Januarium zielen, erst in den neuern christlichen Zeiten auf den Stein gekommen. Allein beyde andere Zeilen sind von gleichen longobardischen und gothischen oder noch neuern Buchstaben, und hat hierinnen keine vor der andern etwas voraus. Daß man auch in Neapolis selbst von gemeldter fabelhaften Meynung zurück komme, bezeuget folgende neuere Schrift, die in der Wand unter dem alten Steine auf eine marmornen Tafel eingemauert ist:


Vetus quod suspicis saxum

Si fuit, quod creditur, sepulchrale,

Non Parthenopen condidit,[804]

Sed superstitionem

Namque pulsis inanibus Diis

Constantinum Mag. & Constantiam filiam

Voti reos

Templum hoc, initiante Sylvestro,

Christianis destinasse sacris

Priscus id monet unum lapis

Qui, ne tibi unquam, quisquis es, imponat,

Crucifixi sodalitas

Recenti hoc lapide cavit

Ann. a part. Virg. M DCLXXXIX.


Vor der Sacristey war ehemals auf der Erde folgende Grabschrift des Jani Anisii zu lesen: Rand rechts: Grabschrift Jani Anisii.


Onustus ævo

Janus hic Anisius

Quærens melius iter

Reliquit sarcinam,

Qua prægravato

Nulla concessa est quies,

S.

Tum si qua fulsit

Cum Cameonis hæc stetit

Quæ mox facessivere

Plus negotii

H. M. H. N. S.

Hoc de suo sumsit

Sacrum est

Ne tangito.


Als man aber vor etlichen Jahren die Kirche repariret und einen neuen Fußboden geleget, ist dieser Grabstein anders wohin gebracht worden.

Die Kirche S. Giovanni Pappacodi führet den letzten Namen von ihrem Stifter, der aus Unbedachtsamkeit und Uebereilung allhier noch lebendig und nur in einer Apoplexie begraben worden, wie man drey Tage hernach, als einer seiner Verwandten (der vom Lande in die Stadt gekommen) den Sarg öffnen lassen, aus der veränderten Lage des Körpers hat urtheilen können7. Rand rechts: S. Giovanni Pappacodi. Ursprung der Benennung.

Aus dieser Familie liegen zween Bischöfe allhier begraben, deren der eine die Kardinalswürde ausgeschlagen, der andere aber durch seine Freygebigkeit gegen die Armen, vielen Geistlichen zum Exempel dienen können. Ihre Epitaphia sind folgende:
[805]

Sigismundo Pappacudæ Franc. F. Tropejensium Præsuli, Viro Opt. & Jurisconsulto, qui cum in cœtum Cardinalium fuisset a Clemente VII. adscitus, maluit in patria Episcopus vivere. Hæredes pos. Vixit ann. LXXX. M. VI. D. X. Obiit 1536. Rand links: Epitaphium Sigism. Pappacudæ. undAngeli Pappacudæ

Angelo Pappacudæ Franc. Fil. Martoranensi Episcopo, viro ornatiss. qui in non magnis opibus magnum exercens animum, nulla magis in re, quam in aliorum levanda inopia suis bonis usus est. Hæredes B. M. Decessit ex mortalibus Ann. nat. LXVI. ab ortu mundi redivivi 1537.


Die Facciata der Kirche ist mit vielen gothischen Zierrathen versehen.

In der Kirche di S. Giuseppe, so denen Jesuiten gehörig, sieht man vier schöne korinthische Seulen aus grauem Marmor, die bey sechszig palmi in der Höhe und neun im Umfange haben, jede aus einem einzigen Stücke. Rand links: S. Giuseppe de' Giesuiti. Gemälde. In der Tribuna war vordem ein großes Gemälde, das den h. Joseph mit dem Kindlein Jesu auf dem Arme unter vielen Engeln vorstellte, und welches Francesco di Maria, ein berühmter neapolitanischer Maler verfertiget hat, zu sehen; allein dieses ist nun in die Sacristey gebracht, und an seine Stelle ein noch trefflicheres, worauf Amato die Aeltern des Heilandes mit ihrem Kindlein abgebildet hat, gestellet worden. Rechter Hand von der Sacristey herunter gerechnet, ist über einem Altartische unter einer Decke und Glas St. Xaverius in einer sehr andächtigen Gestalt vom Luka Giordano gemalet, welcher auch die übrigen Stücke der Kapelle, worinnen dieser Altar steht, verfertiget hat. Rand links: Treffliches Gemälde. Gegenüber ist gleich falls über einem Altartische das von de Mattheis gemalte und mit einem Vorhang und Glas versehene Stück, so die Mariam mit ihrem Kindlein auf den Armen vorstellet.

Es ist solches wegen der Schönheit der h. Mariä unvergleichlich, und verdienet, daß man allein wegen desselben diese Kirche nicht vorbey gehe. Die Kanzel ist von Marmor, worinnen viele kostbare Steine eingeleget sind.

Die Kirche di S. Lorenzo derer Minoriten hat ein schönes hohes und breites Gewölbe, und auf dem Hauptaltare die marmornen Statuen St. Francisci, St. Antonii und St. Laurentii, woran Giovanni da Nola seine Kunst bewiesen hat. Rand links: S. Lorenzo de' Padri Minori. Die drey darunter befindlichen bas-reliefs nebst der h. Maria, die in der Mitte von vielen Engeln über besagten drey Statuen erscheint, sind von unbekannten Händen. Auf der Seite des Evangelii ist die nach dem Dessein des Cavalier Cosmo Fansago gebauete Kapelle des heil. Antonii von Padua sehenswürdig, welche aber von der Cappella del Rosario noch übertroffen wird. Rand links: Cappella del Rosario. In dieser finden sich zwo schöne Seulen vonVerde antico und ein mit Lapis Lazuli, Topas, Achat, Jaspis und andern kostbaren Steinen eingelegter Altar. An den zwo Seiten der Kapelle stellen die Statuen eines Mannes und einer Frauen über ihren Grabmaalen, die Stifter dieser Kapelle, nämlich Johannem Camillum Cacace und seine Ehegenoßinn vor. Den Statuen selbst fehlet, wie man zu sagen pflegt, nichts als die Rede, und sind sie eine vollkommene Probe der künstlichen Hand des Andrea Bolgi da Carrara, welchen man um dieses Werkes willen von Rom kommen lassen.

In der Kapelle, die von ihrer Stifterinn der Königinn Margaretha, einer Gemahlinn Karls des dritten, den Namen la Reina führet, ist Karl, Herzog von Durazzo, den Ludwig. König in Ungarn, um seines strangulirten Bruders Andreä Tod zu rächen, im Jahre 1347 enthaupten lassen, desgleichen Robert von Artois mit seiner Gemahlinn Johanna, Herzoginn von Durazzo (welche beyde von der Königinn Margaretha mit Gift hingerichtet worden) und Maria, eine Tochter Karls des dritten, mit kurzen Epitaphiis begraben. Rand links: Grabmaale in der Kapelle la Reina. Katharina,[806] des Kaisers Albert des ersten Tochter, und eine Gemahlinn Karls Herzogs von Calabrien, liegt bey dem Eingange des Chores in einem auf vier Seulen ruhenden Sarge, und Ludwig, ein Sohn des neapolitanischen Königs Robert, nahe bey der Cappella di Rocco. Sein vollständiges Epitaphium ist folgendes: Rand rechts: Epitaphium Ludwigs, eines Sohnes Roberts.


Hic requiescit spectabilis Juvenis Dominus Ludovicus filius Serenissimi Principis Domini Roberti, Dei gratia, Hierusalem & Siciliæ Regis illustris, & claræ memoriæ quondam Dominæ Joannæ Consortis ejus inclyti Principis Domini Petri Regis Aragonum filiæ, qui obiit anno Domini 1310. die 12. Men. Augusti. Ind. 8.


In der Sacristey wird der heil. Hieronymus, als das erste Stück so auf Oelfarben und zwar im Jahre 1436 von Cola Antonio de Fiore gemalet worden, gezeiget. Rand rechts: Altes Stück von Oelfarben.

Es wird aber die Erfindung der Oelfarben mit Recht den Neapolitanern streitig gemacht, und solche vielmehr Johann von Brüggen, einem Flamländer, der sich bey der Malerkunst auch auf die Chymie legte, zugeschrieben. Rand rechts: Erfindung der Oelfarben. Dieser führet auch den Namen Johann van Eyck, war gebohren im Jahre 1370, und starb 1441. Die Zeit der Erfindung fällt in den Anfang des funfzehnten Jahrhunderts, und am spätesten in das Jahr 1410, wiewohl auch Malvasia in Bologna etliche noch ältere Gemälde mit Oelfarben, nebst den beygesetzten Jahren und Namen der Meister will gefunden haben, um daraus die Ehre der Erfindung seinen Landsleuten, den Bolognesern, zuzueignen. Uebrigens trägt der Unterschied der Zeit wenig aus, und vorher malete man insgemein nur à fresco.

Johannes Baptista della Porta, ein anderer Plinius Major seiner Zeit, ist im Jahre 1610 gestorben, und allhier in dem Erbbegräbnisse seiner Familie beygesetzt. Rand rechts: Grabmaal Joh. Bapt. della Porta. Jac. Rocchi. An einem andern Monument liest man:


Jac. Rocchus Patritius Neapolit. postquam Arragoneis quatuor Regibus & apud Turcas & Ægyptios atque alios fideliter servivit domum rediens hoc sibi condidit M. D. III. Quisquis es, hoc Te sepultus rogat, sua ne moveas nec inquietes ossa, ut qui vivus nunquam quievit, saltem quiescat mortuus.


In der Cappella della S. Imagine detta Ecce Homo, worinnen das Grab Bartholomæi Agricolæ, eines Deutschen, und wegen seiner Heiligkeit, wie auch Wunderwerke berühmten Franciscanermönchs ist, zeiget man ein gemaltes Bild unsers Heilandes, welches als es von einem über seinen Verlust erbitterten Spieler mit einem Dolche durchstochen worden, drey Blutstropfen von sich gegeben und seine rechte Hand auf die Wunde geleget haben soll. Rand rechts: Wunderthätiges Bild Christi. In einer Kapelle unter dem Chore ist die Historie, wie der h. Ludwig seinen Bruder Robert krönet, durch Simone Cremonense, der um das Jahr 1335 gelebet hat, nach dem Leben gemalet. In der Galerie des Klosters liest man unter einem Monument, das schöne bas-reliefs hat, die Worte Rand rechts: Nachdrückliche Grabschrift Puderici.

Hospes, quid sim vides,

Quid fuerim nosti,

Futurus ipse quid sis

Cogita,

Errico Puderico Franciscus Filius.


Nahe dabey ist das Grabmaal von vier Brüdern aus der Familie Altemorisco.

In dem Refectorio dieses Klosters hat der Vice-Roy Comte d'Olivares durch den berühmten sicilianischen Maler Luigi Roderico die zwölf Provinzen des Königreichs Neapolis malen lassen. Rand rechts: Refectorium des Klosters. Alle zwey Jahre versammeln sich allhier die Stände des Reichs, um wegen[807] des freywilligen Geschenkes, das sie ihrem Souverain zu geben pflegen und öfters über funfzehnmal hundert tausend Scudi gestiegen ist, Abrede zu nehmen. Rand links: Don Gratuit der Reichsstände.

S. Maria Annunziata ist eine der schönsten Kirchen in der Stadt. Rand links: S. Maria Annunziata. Wo man nur hinsieht, finden sich schöne Gemälde, Verguldungen, Statuen, Grabmaale und andere Bildhauerwerke. Der Hauptaltar allein hat mit seiner Kapelle drey und zwanzig tausend Scudi zu vergulden, und über dieses an anderer Arbeit, bey welcher Lapis Lazuli, Carniol, Jaspis, Achat, Diaspro und andere kostbare Steine nicht gesparet sind, noch achtzigtausend Ducaten gekostet. Rand links: Kostbarkeit des Hauptaltares. Bey dergleichen Rechnungen aber und in gemeinen Reden versteht man allezeit zehn Carlini unter einem Ducaten. Rand links: Wie hoch ein Ducate gerechnet werde. Das Silberwerk in der Sacristey dieser Kirche soll noch vor wenigen Jahren über ein und zwanzigtausend Mark gewogen haben. In dem Tesoro ist ein schönes Grabmaal Alphonsi Sancii de Luna, der im Jahre 1564 gestorben ist, zu bemerken. Rand links: Schatz der Kirche. Rechter Hand des Hauptaltares (wenn man das Gesicht gegen selbiges wendet) steht die Statue einer Dame, die einen Todtenkopf in der Hand hält und betrachtet. Unter ihr ist folgende mehr als schmeichlerische Inscription eingegraben:


Hospes legas nec lugeas rogo, illa Isabella Richisentia Cardonia Neap. Proregina jacet hic, quam si oculis in terris vidisse viventem summa fuit beatitudo, quanto feliciores erunt, quibus animo in cœlis eamdem (quinam mori potuit) contemplari contigerit. Rand links: Schmeichlerische Grabschrift Isab. Richisentiæ doniæ. Credendum est, ejus formam & virtutem animæ ad æternam gloriam fuisse comites. Occidit aurora oriente ætatis suæ ann. XXXVI. V. Mart.


Bey dem Haupteingange der Kirche ist Ferdinand Manlius ein berühmter Baumeister begraben, mit folgendem Epitaphio, welches aber mit der Zeit völlig ausgetreten und unleserlich wird: Rand links: Epitaphium Ferd. Manlii,


D. O. M. Ferdinandus Manlius Neap. Camp. Architectus, qui Petri Toleti Neap. Pror. auspicio, Regiis ædibus extruendis, plateis sternendis, cryptæ aperiendæ, viis & pontibus in ampliorem formam restituendis, palustribusque aquis deducendis præfuit, cujus elaboratum industria, ut tutius viatoribus iter, Timotheo Enciclio Mathemat. Pietatis rarissimæ filio, qui vixit ann. XIX. M. D. VC. B. V. sibi ac suis vivens fecit. A Christo nato M. D. LIII.


Ferner liest man bey dem Hauptaltare folgende Grabschrift der Königinn Johannä der zweyten: Rand links: der Königinn Johannä der zweyten.


JOAANNÆ II. Hungariæ, Hierusalem, Siciliæ, Dalmatiæ, Croatiæ, Ramiæ8, Serviæ, Galatiæ, Lodomeriæ, Comaniæ, Bulgariæque Reginæ, Provinciæ & Folcalquerii ac Pedemontis Comitissæ, Anno Domini M.CCCC.XXXV. die II. Mensis Febr.

Regiis ossibus & memoriæ, sepulchrum, quod ipsa moriens humi delegerat, inanes in funere pompas exosa, Reginæ pietatem secuti, & meritorum non immemores Oeconomi restituendum & exornandum curaverunt, magnificentius posituri, fi licuisset. Anno Domini M.DC.VI. Mens. Maji.


Bey der einen Kirchthüre hält eine kleine Statue die Worte:


Purissimum Virginis templum

caste memento ingredi.[808]

Unter den Heiligthümern der Kirche wird ein großes Stück vom Kreuze Christi, etwas von der Dornenkrone, und zween ganze Körper von denen Kindern, die Herodes hat hinrichten lassen, verwahret. Rand rechts: Reliquien.

Das zu dieser Kirche gehörige Hospital, la Casa Santa genannt, ist eines von den reichsten in der ganzen Welt, und werden die jährlichen Einkünfte, welche es an Ländereyen, Zehnden, Zöllen, Renten, Stiftungen etc. besitzt, auf zweymal hundert tausend Ducaten, und von andern gar auf eine Million Scudi gerechnet. Rand rechts: Reichthum des Hospitals la Casa Santa Hingegen sind die Ausgaben auf Kranke, Arme, Findlinge und was zu andern guten Anstalten verwandt worden, nicht geringer, daher man mit Recht über dem Haupteingange desselben folgende vier Verse setzen können: Rand rechts: Anstalten.

Lac pueris, Dotem innuptis, Velumque pudicis,

Datque medelam ægris hæc opulenta domus.

Hinc merito sacra est illi, quæ nupta, pudica,

Et lactans; orbis vera medela fuit.


Die Zahl der ausgesetzten Kinder, die hier erzogen werden, erstrecket sich öfters über zweytausend fünf hundert, und sind bisweilen in einer einzigen Nacht bey zwanzig Kinder in das zu solchem Ende sowohl Tages als Nachts offen stehende Rad oder Maschine geleget worden. Rand rechts: Wegen der Findlinge. Täglich müssen sich acht Ammen bereit halten. Die Kinder werden zu Handwerkern, mechanischen Wissenschaften und auch wohl zum geistlichen Stande erzogen, weil die in diesem Hospital aufgenommene Findlinge, kraft eines vom Pabste Nikolaus dem vierten erhaltenen Privilegii, ohngeachtet ihrer in Zweifel hangenden ehelichen Geburt, dennoch auch so gar der priesterlichen Würde fähig erkläret worden sind. Die Mägdchen werden, wenn sie erwachsen, in den Haushaltungsgeschäfften des Hospitals und zur Erziehung oder Unterweisung der kleinen Kinder gebraucht, in die Klöster aufgenommen, oder mit einem Brautschatze von hundert bis zweyhundert Ducaten ausgesteuret; und belief sich ehemals diese letzte Ausgabe oftmals in einem Jahre über zehntausend Ducaten, gleichwie die Unterhaltung der Findlinge bisweilen über funfzehntausend Ducaten jährlich zu stehen kam. Die aus dem Hospital verheiratheten Mägdchen werden allezeit wieder darinnen aufgenommen, wenn sie nothleidende Witwen, von ihren Männern verlassen, oder sonst ohne ihre Schuld unglücklich in ihrer Ehe werden. Rand rechts: Aussteuerungen von Weibespersonen. Sie haben alsdann ihre besondere Wohnung und heißen Ritornate. Die andern Aussteurungen, welche dieses Haus vermöge vieler alten Stiftungen an auswärtige Weibspersonen zu geben schuldig ist, steigen jährlich auf achtzehntausend Ducaten, und sind verschiedene adeliche Familien, deren Töchter von diesem Hospital mit einem Brautschatze von zwey bis dreytausend Thalern versehen werden müssen. Die Unterhaltung der Bedienten, Aerzte, Chirurgorum, Apotheker etc. erfodert gemeiniglich des Jahrs über vierzehntausend Ducaten. Die Apotheke ist insbesondere sehenswürdig, und unterhält itztgedachte Casa Santa außer dem noch vier Hospitäler, davon eines zu Puzzolo ist. Rand rechts: Unterhaltung der Kranken. Des Sommers wird eine große Menge von einheimischen und auswärtigen Kranken in die warmen Bäder und Sudatoria dieses letztgemeldten Ortes, wie auch nach Tritoli geschickt, und daselbst mit Nahrung und gehöriger Aufsicht versorget. Es geschieht solches zu dreyen Zeiten des Sommers, und werden gemeiniglich bey dreyhundert Patienten auf einmal zu dieser Cur, welche nur sieben Tage dauret, genommen.

In itztgedachten Verfassungen stund dieses Hospital noch zu Anfang dieses Jahrhunderts, da es aber einen gewaltigen Stoß erlitten hat durch eine banqueroute oder ein fallimento, so es von mehr als fünf Millionen Ducaten gemacht. Rand rechts: Banqueroute dieses Hospitals. Die Sache, welche lange Zeit, als ein unter der Asche verborgenes Feuer geglimmet, fing im Jahre 1701 an auszubrechen,[809] und wurde endlich vor eine kaiserliche Commission gezogen, die bis zu völliger Tilgung der Schulden den Gläubigern viele Güter und Einkünfte angewiesen hat, dergestalt daß jährlich nur zwey und vierzigtausend Ducaten zum Unterhalte des Hospitals, der Kirche und der Mönche übrig bleiben. Die Brautschätze, so sonst zweyhundert Ducaten waren, werden itzt nur mit funfzig bezahlet, andere große Ausgaben sind gleichfalls gemindert worden, ja man hat so gar einen großen Theil des Silberzeuges aus dem Schatze der Kirche (der jedoch noch ansehnlich genug bleibt) verkaufet, um nur aus diesem Labyrinthe desto eher zu kommen, wozu dennoch noch viele Jahre erfodert werden.

S. Maria del Carmine ist aus einer kleinen Kapelle eine prächtige Kirche geworden, nachdem die Kaiserinn Elisabeth, eine Mutter des unglücklichen Conradins, allen Reichthum, den sie, um ihres gefangenen Sohnes Freyheit zu erkaufen, nach Neapolis gebracht hatte, hieher verwandt. Rand links: S. Maria del Carmine.

Conradin, Herzog von Schwaben, und Friedrich, aus dem österreichischen Hause, (welcher irriger Weise in der Inscription, die deswegen auch von neuerer Hand zu seyn scheint, Federico d' Asburg oder Habsburg genennet wird) liegen rechter Hand beym Eingange der Kirche hinter einem Altare, und liest man daselbst an der Wand: Rand links: Grab des Prinzen Conradins und Friedrichs.


Qui giaccono Corradino di Stouffen figlio del' Imperatrice Margarita & di Corrado Rè di Napoli ultimo de' Duchi dell' Imperial Casa di Suevia, & Federico d' Asburg ultimo de' Duchi d' Austria, anno MCCLXIX.


Der Name Margaretha, welcher in dieser Inscription der Mutter Conradins gegeben wird, dienet zum zweyten Beweise, daß solche Worte erst in neuern Zeiten von unwissenden Mönchen entworfen worden. Denn Conradins Mutter, eine Tochter Ottonis Illustris, Herzogs in Bayern und Pfalzgrafen am Rhein, hieß außer Streit Elisabeth. Sie heirathete in der zweyten Ehe Mainharden den dritten, Grafen zu Tirol, und starb im Jahre 1296. Nicht weit von der Hauptthüre der Kirche sieht man ein rundes Loch, auf dessen Deckel die Worte stehen: In osta drittura si fermo la palla del miracolo fatto dal SS. Crocifisso alli 17. di Octobre 1439, und wird dadurch der Ort angedeutet, wo eine große Canonenkugel liegen geblieben, welche im Jahre 1439, als der König Alphonsus von Arragonien die Stadt belagert hatte, durch die Cuppola der Kirche gedrungen, die dornene Krone eines Crucifixes herab geschmissen hat, und den Kopf des Heilandes selbst weggenommen haben würde, wenn dieses Bild, wie man saget, das Haupt nicht gebücket, und solchergestalt die Gefahr nicht vermieden hätte. Rand links: Crucifix das den Kopf vor einer Canonenkugel gebücket. Die Kugel selbst ist eingefasset und vor dem Hauptaltare an einer Kette aufgehängt; das Crucifix wird jährlich am dritten Weihnachtfeyertage und alle Freytage des Monats März öffentlich gezeiget. Ich überlasse hierbey dem Urtheile eines jeden, ob man sich bey dieser Geschichte mehr zu verwundern habe über die kräftige Weisheit und Vorsehung des hölzernen Bildes, oder über seine Furcht und Unvermögen, daß es seine Krone nicht behauptet, und der äußersten Gefahr nicht anders als durch ein Bücken und Neigen entweichen können. Daß ein Crucifix nach den ordentlichen Wirkungen der Natur von einer Canone beschädigt werde, bringt der Ehre Christi nicht mehrern Nachtheil, als wenn solches vom Blitze gerühret wird: und dennoch trägt man kein Bedenken diesen letzten Zufall in der Chiesa della Concezzione de' Cappucini detta S. Jefremo nuovo in Neapolis zu gestehen, und ein vom Blitze beschädigtes Crucifix zu zeigen, bey welchem man folgenden guten Gedanken liest Rand links: Verse über ein vom Blitze getroffenes Crucifix.


Fulmine, quo Christi tacta est, ut cernis, imago

Orans peccator, sic feriendus eras.
[810]

Hinter dem Hauptaltare ist ein wunderthätiges Marienbild von schwarzbraunem Gesichte, welches S. Maria della bruna genennt wird, und vom Evangelisten Lukas gemalt seyn soll. Rand rechts: Marienbild vom Lukas. Es ist zu verwundern, daß unter so vielen Portraiten, die itztgedachter Maler von der heil. Jungfrau verfertiget, kein einziges dem andern ähnlich sieht, und man sich auch an diesen Umstand in der römischkatholischen Kirche nichts kehret. Vor dem Marienbilde in der hiesigen Kirche hängen sehr kostbare silberne Lampen, nebst einer von Golde, und an der Wand sind viele silberne Gelübde zu sehen.

Es sind ferner allhier die Eingeweide vieler Vice-Roys, worunter Carpi und Gallas sich befinden, begraben, wie man solches aus den Inscriptionen wahrnimmt. Rand rechts: Eingeweide vieler Vice-Roys. Die Körper stehen in besondern Kisten oben an der Wand der Sacristey. Der Plafond der Kirche ist schön. In dem viereckigten Gange des Klosters ist das Leben Eliä à fresco vom Balducci gemalt. Man sieht daselbst auch die Statue der (wie schon gezeiget worden) fälschlich also genannten Kaiserinn Margaretha mit der Unterschrift: Rand rechts: Monument zum Lobe der Kaiserinn Margaretha.


Margaritæ Augustæ

Quæ Conradino Filio & Friderico Nepoti captivis

Opitulatum opibus onusta Neapolim festinarat

Cum Capite plexos reperisset,

Virili quidem animo non lachrymas pro illis

Sed profusissima munera ad hoc templum exornandum profundens

Ad aram hic maximam humandos curavit

Familia Carmelitana ingentibus ab ea divitiis donata

Tam piæ benemeritæ semper ærumnam ploratura

Ac cœlestem pro tantis principibus Imperatricem Oratura

P.

Anno Dom. MCCLXIX.


Daß durch die Freygebigkeit der Elisabeth die Karmeliter allhier festen Fuß bekommen, bezeuget RICOBALDVSFerrariensisin Historia Imperatorum, p. 1181, und wird man schwerlich finden, daß diese Ordensleute vorher und vor dem dreyzehnten Jahrhunderte in Europa gewesen sind. Rand rechts: Ursprung des Karmeliterordens. Der Jesuit P. Hardouin aber geht gar zu weit und irret, wenn er (in Antiquis Numismatibus Regum Francor. p. 645) behauptet, die Karmeliter wären nicht vor dem Jahre 1300 aufgekommen. Es ist zu verwundern, daß Hardouin auf diese Art den Ursprung der itztgedachten Mönche vom Berge Karmel und dem Propheten Elia leugnet, da er doch sonst dem päbstlichen Stuhle und dessen Infallibilität so sehr ergeben ist, daß er auch darüber auf die lächerlichsten und abgeschmacktesten Sätze verfallen. Der Pabst Innocentius der zwölfte hat schon in einem Befehle vom 20 Nov. 1698 wegen des Streits von der ersten Einsetzung des Karmeliterordens beyden Theilen ein ewiges Stillschweigen aufgeleget, woran sich P. Hardouin nach den Sätzen seiner Kirche hätte kehren sollen, wenn er auch gleich aus dieser Aufführung des Pabstes nicht hätte schließen wollen, daß das Haupt der Christenheit beyderley Meynungen von gleichem Gewichte erkannt habe. Heut zu Tage und inskünftige darf ein eifriger Katholik gar nicht mehr die abgeschmackte Meynung von der Abkunft des Karmeliterordens von Elia in Zweifel ziehen, nachdem der Pabst Benedictus der dreyzehnte die Sache nach dem Wunsche der Karmeliter entschieden hat.

In obgedachtem Kloster zeiget man auch den Platz, wo der Aufwiegler des Volkes Thomas Aniello, insgemein Masaniello genannt, im Jahre 1647 in seiner Raserey erschossen[811] worden. Rand rechts: Platz, wo Masaniello umgekommen. Der große Platz, den er gleichsam zum Theater seiner Regierung von achtzehn Tagen gebraucht, ist nahe bey dieser Kirche, und dienet zum Vieh-Kräuter- und Eßwaarenmarkte. Rand links: Großer Markt. Es ist schade, daß er mit vielen Kramläden als mit kleinen Häusern besetzet ist, weil er sonst der Stadt eine viel größere Zierde geben würde. Fast in der Mitte desselben steht die kleineCappella della Croce, auf dem Platze, wo die zween obgenannten Prinzen Conradin und Friedrich nicht nur enthauptet worden, sondern auch begraben gelegen, ehe die Kaiserinn Elisabeth ihre Leichname in die Kirche del Carmine bringen lassen. Rand links: Cappella della Croce. Plan, wo Conradin geköpfet worden. Man giebt vor, der Stein, so in der Mitte der Kapelle und auf der Stelle, wo im Jahre 1268 die grausame Execution vollzogen worden, liegt, sey zum Zeichen der daselbst verübten Ungerechtigkeit stets naß und feucht. Allein ich kann versichern, daß ich bey itzigem trocknen Wetter das Estrich von der Mitte der Kapelle nicht anders gefunden, als es außen auf dem Markte war. Es findet sich auch in gedachter Mitte kein besonderer Stein, sondern ein sandiger Boden, in welchem etliche gemalte Fliesen nach der Runde eingeleget sind. Parrino, Sarnelli, Misson und viele andere melden, daß an der porphyrnen Seule, die über dem Altare steht, folgende Verse zu lesen sind:


Asturis ungue Leo pullum rapiens Aquilinum,

Hic deplumavit acephalumque dedit.

Rand links: Nachricht von der hier befindlichen porphyrnen Seule.


Allein es ist auch dieses offenbar falsch, indem die an solcher Seule erhabenen Buchstaben nur den Namen des Meisters andeuten, und man vor andern deutlich die Worte: Hoc opus – – – Neapolitanus erkennen kann. Ein altes an der Wand befindliches Gemälde à fresco stellt die Hinrichtung des Prinzen Conradins vor, bey welcher hinter dem Richter, der des Prinzen Urtheil sitzend spricht, einer mit einem aufgehobenen Beile zu bemerken ist; und zielet solches vermuthlich auf den Umstand, welchen etliche Geschichtschreiber berühren, daß nämlich Robert, ein Graf von Flandern, aus Eifer wider diese Unbilligkeit, den Richter, welcher das Urtheil wider die Prinzen ausgesprochen, auf der Stelle hingerichtet habe. Rand links: Gemälde von der Hinrichtung der Prinzen. RICOBALDVSFerrariensisin Historia Imperatorum, p. 1180, s. berichtet, daß Conradino sein Todesurtheil angekündiget worden, als er im Schach gespielet, und daß man ihm wenige Zeit (modicum temporis) um sich zu seinem Ende zu bereiten, verstattet habe. Es wollen etliche den Pabst Clemens den vierten von der Beschuldigung, daß er Karln von Anjou die Hinrichtung Conradins angerathen (und insbesondere dabey der Worte sich bedienet habe: Vita Conradini, mors Caroli; mors Conradini, vita Caroli) dadurch befreyen, daß sie vorgeben, gedachter Pabst sey noch vor der Execution dieses Prinzen gestorben. Rand links: Ob der Pabst Clemens der vierte solche befördert habe. Allein wenn gleich ausgemacht wäre, daß Clemens der vierte etliche Wochen vor Vollziehung der ungerechten That gestorben wäre, so hätte er doch gleich nach der Gefangennehmung des Conradins seinen blutdürstigen Rath ertheilen können, weil der Prinz wenige Tage hernach, als er den 23 August die Schlacht verlohren hatte, in seiner Feinde Hände gerathen war, und ist die obgemeldte Aufführung des Pabstes von allzuvielen unparteyischen Scribenten angeführet, als daß man sie ohne gründliche Ursachen in Zweifel ziehen könnte9. Man hat aber auch nicht nöthig, die gemachte Schwierigkeit auf itztgedachte Art zu heben, weil der Einwurf, als habe Conradin den Pabst überlebet, gänzlich falsch und ungegründet ist. Conradin verlohr seinen Kopf zu Ende des Octobers, wie solches aus HenricoSTERONEAlthaënsiad ann. 1268, p. 385, und RICOBALDOFerrariensiin Historia Imperatorum, p. 1181[812] erhellet. Dieser letztere Autor, so um selbige Zeit lebte und die hieher gehörigen Nachrichten von einem, der die Sache mit Augen angesehen, empfangen, setzet deutlich den VI. Kalend. Novembris als den Sterbetag der beyden unglücklichen Prinzen. Clemens der vierte aber verschied einen ganzen Monat später, nämlich den 29 November, wie solches die Zeugnisse MONACHI PADVANIlib. III, p. 624. und BernhardiGVIDONIS Lodovensis Episcopi in Chronico MSto ap. RAYNALDVMTom. XIV, ad ann. 1268, n. LIV, p. 170 außer allen Zweifel setzen. (conf. Hahns Reichshist. P. IV, p. 257.)

Von obbeschriebener Karmeliterkirche ist eine andere wohl zu unterscheiden, die den Namen vonMadre di Dio, delli Scalzi Carmelitani führet, und wegen ihres vortrefflichen Hauptaltares, das seines Gleichen inganz Neapolis nicht hat und auf hundert tausend Scudi geschätzet wird, nicht vorbey gegangen werden kann. Rand rechts: Kirche Madre di Dio. Unvergleichlicher Altar. Es ist kaum ein kostbarer Stein zu nennen, der an demselben nicht angebracht sey. An der vordersten Seite ist der perspectivische Prospect eines Pallastes oder Tempels mit abwechselnden goldenen Statuen und bas-reliefs vorgestellet. Das Tabernakel ist nicht weniger prächtig, und hat in der Mitte ein kleines Bluhmenstück von pietre commesse, das zu Florenz verfertiget worden. Die daran befindlichen zehn grünen und weißen Seulen von Diaspro nebst etlichen andern, geben ihm eine treffliche Zierde. DerLapis Lazuli ist nirgend gesparet, und dienet hier und da zum Grunde der darauf eingelegten andern kostbaren Steine. Die Leuchter und alle andere Zierrathen des Altars sind aus kostbaren Steinen, die in verguldetem Metalle gefasset sind, eingeleget. Gleiche Einfassung findet man sogar an denen Thüren, die auf beyden Seiten in das Chor führen. An einer von diesen Thüren, nämlich derjenigen, welche gegen den Altar hingerechnet rechter Hand ist, findet sich ein roth-grauer Achat, der mit seinen natürlichen weißen Adern die Lage und den Plan der Stadt Mantua so eigentlich vorstellet, daß der letzte Herzog von Mantua ihn würdig geachtet, dreyßigtausend Scudi (wiewohl vergeblich) dafür zu biethen. Rand rechts: Lage der Stadt Mantua auf einem Achat. Ich erinnere mich hiebey, daß auch in der kaiserlichen Schatzkammer zu Wien ein Achat, worauf die Stadt Ofen von Natur gebildet ist, gezeiget werde. Von des Königes Pyrrhus Achate, auf welchem Apollo mit den neun Musen ganz deutlich zu sehen gewesen, werde ich zu anderer Zeit mehrere Meldung thun. Unter so viel tausend veränderten Flecken und Schattirungen des Achates und Marmors kann es nicht fehlen, als es muß bisweilen die Gestalt eines belebten oder durch Kunst verfertigten Dinges mit zum Vorscheine kommen. Ich gehe aber wieder zurück zu dem Hauptaltare der Karmeliterkirche, dessen Dessein man dem Dionysio Lazari, die Vollziehung aber etlichen Deutschen und Flamländern zu danken hat. Der Fußboden und das Geländer vor demselben sind mit schönem Marmor künstlich eingeleget. Hinter dem Altare sind drey große Gemälde sehenswürdig, davon das mittlere Mariam, wie sie dem heil. Simon Stocc den Ordenshabit giebt, vorstellet, und vom Paolo di Matteis verfertiget ist. Die andern beyde sind von einem Fratre dieses Klosters, Lukas genannt, und bildet das eine die Anbethung der Weisen aus Morgenlande, das andere die Ankunft der Hirten bey der Krippe des Heilandes ab. Rechter Hand, vom Hauptaltare zurück gerechnet, ist die Schlacht vom weißen Berge bey Prag auf einem sehr großen Stücke vom Giacomo del Pò vorgestellet, und dabey der P. Domenico mit seinem Crucifix auf einem muthigen Schimmel nicht vergessen. Die glorwürdigen Thaten der vornehmsten Karmeliter sind auf großen Rollen Papier mit goldenen Buchstaben geschrieben und an den[813] Wänden der Kirche aufgehängt. In der schönen Cappella di Santa Teresa ist auf dem Altare die silberne und sechs palmi hohe Statue dieser Heiliginn zu sehen, und hat solche das goldene Vließ um den Hals. Rand links: St. Theresia mit dem goldenen Vließ. Das bey dieser Kirche gebauete Kloster ist schön, und die darinnen befindliche Apotheke sowohl wegen ihrer vollständigen Einrichtung, als weil alle Gefäße von Porzellan sind, sehenswürdig.

In der Kirche S. Maria della Concordia ist Gaspar Benemerini, ehemaliger König von Fez, der sich vom mahometanischen zum christlichen Glauben bekehret, sein Leben auf hundert Jahre gebracht, und dasselbe endlich im Jahre 1641 beschlossen hat, begraben. Auf seinem Grabsteine liest man: Rand links: S. Maria della Concordia. Grab eines Königes von Fez.


Sepulchrum hoc Gasparis Benemerini Infantis de Fez, & ejus familiæ de Benemerino.


Um sein Wapen, worinnen der Mond, ein Stern, ein Schwert und ein Castell zu sehen, stehen die Worte:


Laus Tibi Jesu & Virgo Mater, quod de pagano Rege me Christianum fecisti.


In der dabey aufgehängten Fahne finden sich die Buchstaben R. F. (Rex Fessanus) und unter der Fahne ein Herz, worinnen die Buchstaben BVR vorkommen. Ander Wand ist folgendes Epitaphium befestiget:


D. O. M. B. M. V.


Gaspar ex Serenissima Benemerina familia, vigesimus secundus in Africa Rex, dum contra Tyrannos a Catholico Rege arma rogat auxiliaria, liber effectus a Tyrannide Machometi, cujus impiam cum lacte hauserat legem, in Catholicam adscribitur, Numidiam proinde exosus pro Philippo III. Hispaniarum Monarcha, pro Rudolpho Cæsare, quibus carus, præclare in hæreticos apud Belgas Pannnonosque sævit armatus. Sub Urbano VIII. Eques Commendator Immaculataæ Conceptionis Delparæ creatur, & Christianis, Heroicis, Regiisque virtutibus ad immortalitatem anhelans, centenarius hic mortale reliquit, & perpetuum censum cum penso quater in hebdomade incruentum Missæ sacrificium ad suam offerendi mentem. Anno Domini MDCXLI.


Die Familie der Bellimarinorum oder Benimerinorum, so den Ländern von Fez und Marocco über dreyhundert Jahre lang Könige gegeben, ist schon seit zwey Jahrhunderten um die Macht, welche sie vor mals behauptet hatte, gekommen. Rand links: Verdienste der Benimerinorum. So lange sie in ihrem Glücke war, hat sie nach dem Zeugnisse LEONISAfricani, l. 3, c. 38, das Aufnehmen der Wissenschaften mit vielem Eifer befordert.

S. Maria di Donna Reina ist von der Königinn Maria, der Gemahlinn des neapolitanischen Königes Karls des zweyten, welche auch ihr Grabmaal darinnen hat, erbauet worden. Rand links: S. Maria di Donna Reina. Das neuere Epitaphium, das man ihr gesetzet, fängt an: Corpus Mariæ etc. Unter die besten Gemälde in dieser Kirche ist die Speisung der fünftausend Mann in der Wüsten, und die Hochzeit zu Cana, beyde vom Giordano, von dessen Pinsel auch ein eisernes Gitterwerk sehr natürlich nachgeahmet ist. Mit Verfertigung des kostbaren Hauptaltares, worauf zwo große silberne Statuen in Lebensgröße stehen, ist man noch beschäfftiget, sowohl als mit den sechs ansehnlichen marmornen Statuen von Heiligen, womit der mittelste Gang der Kirche gezieret werden soll, und deren jede zwölfhundert Scudi kostet. In dieser Kirche ist ein treffliches Ciborium von Silber mit Rubinen und Smaragden reichlich besetzet. Solimene hat allhier gute Proben seiner Malerkunst hinterlassen. Durch das ganze Gewölbe geht eine große Ritze, die durch ein Erdbeben verursachet worden. Vermuthlich sind die öfters[814] in Neapolis sich eräugenden Erdbeben Ursache, daß man in dieser Stadt so wenige Kirchen mit gewölbten Decken sieht.

In der Kirche di S. Maria Donna Romita wird eine Ribbe St. Johannis des Täufers nebst einer mit seinem Blute angefülleten Phiole aufgehoben. Man giebt vor, daß dieses anfange flüßig zu werden, so oft man es der besagten Ribbe nähert, oder die Messe am Festtage dieses Heiligen liest. Rand rechts: S. Maria Donna Romita. Blut Joh. Baptista. Gemälde. Uebrigens sind hier auch schöne Gemälde zu sehen, und unter denselben insbesondere beym großen Altare die Enthauptung Johannis des Täufers; gegenüber aber, wie der Herodias Tochter ihrer Mutter bey einer Mahlzeit das Haupt Johannis in einer Schüssel überreichet. Die Decke der Kirche ist von guter Bildhauerarbeit, schön gemalet und verguldet.

Die Kirche di S. Maria delle Grazie de' Padri Girolamitani hat treffliche Gemälde und Bildhauerwerke. Rand rechts: S. Maria delle Grazie. Unter den letzten verdienet vornehmlich das in der Cappella della Famiglia Giustiniana befindliche und vom Giovanni da Nola verfertigte marmorne bas-relief, das den Leichnam Christi, wie er von seiner Mutter, dem h. Johannes und der h. Magdalena beweinet wird, vorstellet. An Festtagen ist der Hauptaltar mit einem silbernenPalliotto und andern kostbaren Zierrathen versehen. Zu seinen Seiten zeigen sich die schönen Statuen desB. Pietro Gambacurta di Pisa und des Hieronymus, beyde aus weißem Marmor und von der Hand des Lorenzo Vaccaro. Rechter Hand beym Altare steht eine hölzerne Statue, die den h. Onuphrius nackend und mit einem bis auf die Kniee reichenden Barte vorstellet. Unter den vielen schönen Begräbnißmaalen verdienet sonderlich dasjenige, so dem Jureconsulto Fabricio Brancacio aufgerichtet worden, gesehen zu werden.

Unter einer Annunciata von Marmor stehen die Worte:


Nata, Soror, Conjux, eadem Genitrixque Tonantis.


Die Sacristey hat gute Fresco-Gemälde und den Boden mit schönen Fliesen ausgeleget. Rand rechts: Sonderbare Titel der h. Maria.

Das Kloster S. Maria Maddalena delle Spagnuole ist von Donna Isabella d' Alarcon Marchesa della Valle, insbesondere für die spanischen Weibespersonen, die eine unzüchtige Lebensart verlassen wollen, gestiftet. Rand rechts: Kloster S. Maria Maddalena delle Spagnuole. Für die Weibspersonen, so ein lüderliches Leben verlassen. In demselben liest man folgendes Monument:


Castitatis ara est hæc

Ornatissima spolia erepta libidini

Triumphato fomite

Beatæ Mariæ Magdalenæ

Laureatus pudor suspendit

Pudicitia

Gratias agit innumeras Excellentissimæ

ELEONORÆ MARIÆ GVSMAN

Montis Regii Comiti, Neapolitanæ Pro-Reginæ.

Optima Heroina

Novas sedes ampliores exstruxit,

Vestem, annonam indies suffecit;

Rem totam familiamque diligenter curavit.

Mulieres Hyspanæ ab Hera ad aram traductæ

Monumenti ergo posuere

An. Dom. MDCXXXIV.
[815]

Diesem füge ich diejenigen Worte bey, welche man im Hofe der großen Curiæ Vicariæ an dem Gefängnisse der Weibspersonen bemerket: Rand links: Inscription eines Gefängnisses für die Weibspersonen.


Philippo IV. Rege

D. Innicus Guevara de Onnatte Comes, Pro-Rex,

Post ejectos procul a regno hostes.

Pacem urbi, urbem civibus restitutam

Locupletatum ærarium, amplificatam annonam

Infirmiori etiam sexui coërcendo,

Virilem animum flectere non dedignatus

Hanc, innocentiæ custodem,

Nocentium fœminarum vindicem, caveam

Populares inter tumultus disjectam

Instauravit,

Æquitate plaudente

Sibique .... gratulame.

D. Fabritio Caracciolo Girifalchi Duce

M. C. V. regente.

Anno Domini MDLIII.


Die Decke der Kirche S. Maria Nuova wird wegen ihrer Gemälde und Verguldungen unter die schönsten dieser Stadt gerechnet. Rand links: S. Maria Nuova. In der Capelle della Madonna della Grazia ist das Pallioto und fast alles, was man am Altare sieht, von Silber. Das Kleid des darauf stehenden Marienbildes ist mit Perlen, Diamanten, außerordentlich großen Rubinen und andern Juwelen beynahe ganz bedecket. Rand links: Kostbares Kleid der h. Mariä. In der Cappella di Graziano Cuppola ist die Statue des Herrn Christi, wie er vom Pilatus dem Volke mit den Worten Ecce Homo vorgestellet wird, zwar von Holze, allein von sonderbarer Kunst und von der Hand des Giovanni da Nola. Die Cappella del' Beato Giacopo della Marca ist gleichfalls sehenswürdig, und bemerket man in demselben ein Denkmaal zu Ehren des in Neapolis gebohrnen Pabstes Urbans des sechsten, nebst dem Grabmaale des Don Carlo d'Austria, vorher Anida genannt, welcher ein Sohn des tunetanischen Königes gewesen und sich zur christlichen Religion gewendet hat. Außen daran findet sich das Grabmaal Petri Navarri, der von einem gemeinen Soldaten durch alle Grade so wohl und glücklich gedienet, daß er endlich General der spanischen Armee worden. Rand links: Ende und Grabmaal Petri Navarri. Eine vermeyntlich empfangene Verachtung oder der Verdruß, daß ihn die Spanier, deren gebohrner Unterthan er war, nicht ranzioniren wollten, als er in ihren Diensten gefangen worden, machte, daß er seine alten Herren und Wohlthäter verließ, sich an Frankreich hing, dem Lautrec in seinem unglücklichen Zuge gegen Neapolis folgte, und daselbst in seiner Gefangenschaft einer befürchteten schmählichen Todesart mit einem Selbstmorde zuvor kam. Andere melden, daß er bey Nacht stranguliret worden, und zwar in einem Alter von fünf und siebenzig Jahren, in welchem er noch wenige Wochen vor seinem Ende in dem Lager des französischen Generals Lautrec die Pest überstanden hatte. Sein Epitaphium ist folgendes:


Ossibus & memoriæ

PETRI NAVARRÆ CANTABRI,

Solerti in expugnandis urbibus arte clarissimi,

Gonsalvus Ferdinandus Ludovici Filius,[816]

Magni Gonsalvi Nepos, Suessæ Princeps,

Ducem Gallorum partes secutum,

Pio sepulchri munere honestavit,

Quum hoc in se habeat præclara virtus,

Ut vel in hoste sit admirabilis.


Gegenüber ist des französischen Generals Lautrec Grab mit folgender Schrift: Rand rechts: Ende und Grabmaal des Generals Lautrec.


ODETTO FUXIO LAUTRECCO

Gonsalvus Ferdinandus Ludovici Fil.

Corduba Magni Gonsalvi Nepos,

Quum ejus ossa, quamvis hostis, in avito sacello,

Ut belli fortuna tulerat,

Sine honore jacere comperisset,

Humanarum miseriarum memor

Gallo Duci Hispanus Princeps P.


Als Lautrec an der Pest gestorben, wurde sein Körper nicht anders als eines gemeinen Soldaten Leiche in den Sand verscharret; ein Spanier aber, der ein gutes Stück Geld aus der Ranzion desselben zu ziehen hoffete, grub ihn aus und brachte ihn nach Neapolis, woselbst er lange Zeit in einem Gewölbe unbegraben lag, weil die Vormünder der lautreccischen Kinder nicht verantwortlich hielten, daß sie das wenige Vermögen, welches der alte General hinterlassen hatte, zu Erkaufung seiner Leiche verwenden und dadurch die hinterlassenen Kinder noch ärmer machen sollten. Endlich kam obgedachter Duca di Sessa auf den Entschluß; sowohl dem Lautrec, als sich selbst, itzt angeführtes Denkmaal in der Kirche S. Maria Nuova zu stiften.

Vor dem Hauptaltare liegt Johanna, welche in ihrem Epitaphio Johannis Arragonum Regis silia, altera Ferdinandi Primi Jerusalemi & Siciliæ Regis Uxor genennet wird und im Jahre 1517 gestorben ist, begraben.

Die Kirche Santa Maria dei Parto steht in der Vorstadt Chiaja und insbesondere in der GegendMergellina, welche von dem vielen Eintauchen und Hervorspringen der Fische in der See, die man von hieraus beobachtet, den Namen führen soll. Der neapolitanische König Friedrich verehrete ein allhier gelegenes Landgut dem berühmten Jakob Sannazario oder Sannazaro, welcher zwar anfänglich solches Geschenk nicht ansehnlich genug für seine vieljährige Dienste hielt, und darauf mit folgenden Versen stichelte: Rand rechts: S. Maria del Parto. Vorstadt Mergellina. Sannazars Landhaus.


Scribendi studium mihi Federice dedisti

Ingenium ad laudes dum trahis omne tuas;

Ecce suburbanum rus & nova prædia donas

Fecisti Vatem, nunc facis Agricolam.


Hernach aber einen solchen Gefallen daran bekam, daß er nicht nur einen schönen Pallast daselbst anlegte, sondern dieser Gegend auch öfters mit vielem Lobe in seinen Schriften gedenket. Dahin gehöret, wenn er schreibt:


O' lieta Piaggia, ò solitaria Valle

O' accolto Monticel, che mi difendi

D' ardente Sol, con le tue ombrose spalle,

O' fresco, e chiaro rivo, che discendi[817]

Nel verde prato trà fiorite sponde,

E dolce ad ascoltar mormorio rendi etc10.


Und anderwärts:


Rupis o sacræ, Pelagique Custos

Villa Nympharum domus, & propinquæ

Doridis, Regum decus una quondam

Deliciæque.


Die unter des Kaiser Karls des fünften General, Philibert Prinzen von Oranien, verübte Verwüstung dieses Gebäudes verursachte dem Sannazar vielen Schmerzen11, und stiftete er dafür auf solchem Platze eine Kirche, die er al Santissimo parto della Gran Madre di Dio widmete; wie er denn auch drey Bücher von der Geburt der heil. Maria geschrieben hat. Auf beyderley Werke zielet des Tibaldeus Tetrastichon:


Virginis intactæ Partum, Partumque videbis,

Actia quam docto pectore Musa dedit.

Admirandi ambo: humanæ fuit ille saluti

Utilis, humanis hic fuit ingeniis.


Sannazar, oder, wie er sich auch zu nennen pflegte, Actius Sincerus, starb im Jahre 1532, (und nicht 1530, wie auf seinem Epitaphio steht) im zwey oder drey und siebenzigsten Jahre seines Alters, und wurde allhier in ein ganz weißes marmornes Grabmaal, welches als ein Meisterstück der Bildhauerkunst angesehen werden kann, gebracht. Rand links: Sannazars treffliches Grabmaal. Oben auf demselben ist zwischen zwey geflügelten Kindern das Brustbild Sannazars zu sehen. In der Mitte des Monuments stellt ein vortreffliches bas-relief etliche singende und auf allerley Instrumenten spielende Faunen, Satyren und Nymphen nebst dem12 Neptun vor. Rand links: Heidnische Bilder daran. Zwo große Statuen, deren die eine den Apollo, die andere aber die Minerva abbildet, stehen zu den Seiten. Weil einige sich an dem Gebrauche der heidnischen Bilder in einer christlichen Kirche gestoßen, und dannenher diese gemeldte zwey schöne Stücke aus der Kirche zu bringen bedacht waren, so hat man der Sache eine andere Farbe anstreichen und gedachte Bilder für zwo Personen aus der biblischen Geschichte, nämlich von David und Judith ausgeben müssen. Das ganze Werk kömmt aus den geschickten Händen des neapolitanischen[818] Bildhauers Girolamo Santa. Croce, welcher jedoch die Statuen Apollons und Minervä nicht völlig zu Stande gebracht und durch seinen frühzeitigen Tod Gelegenheit gegeben, daß Fr. Giov. Angelo Poggibonzo von Montorsoli bey Florenz, ein Servitenbruder aus dem allhier angelegten Kloster, die letzte Hand daran anlegen müssen. Unter dem Brustbilde des Poeten stehen die Worte: Rand rechts: Epitaphium.


ACTIVS SINCERVS.


über dem bas-relief die Buchstaben:


D. O. M.


und unter demselben das vom Kardinal Petro Bembo verfertigte Distichon:


Da sacro cineri flores; hic ille Maroni13

Sincerus, Musa proximus, ut tumulo.

Vix. Ann. LXXII. Obiit M. D. XXX


Sannazar hatte sich selbst folgendes Epitaphium gemacht:


Actius hic situs est. Cineres gaudete sepulti,

Jam vaga post obitus Umbra dolore vacat.


Allein seine Freunde, ob sie schon übrigens jeder mann von des Actius Religion aus seinen andern Schriften überzeugt zu seyn glaubten, fanden jedoch nicht rathsam, diese anstößlichen Worte auf das Grabmaal eines christlichen Poeten zu setzen14.

In der obgedachten neapolitanischen Kirche di S. Maria del Parto stehen ferner noch zwo Statuen von weißem Marmor, die S. Iacobum Apostolum und S. Nazarium Martyrem vorstellen, und vom Frater Poggibonzo verfertiget sind. Rand rechts: Warum man nicht die vom Sannazar selbst gemachte Grabschrift behalten. Man kann solchen zwar ihr gehöriges Lob keinesweges absprechen, inzwischen aber bleibt allezeit zwischen ihnen und den Statuen Apollons und Minervä an des Sannazars Grabe ein großer Unterschied. Beym Eingange der Kirche und zwar in der ersten Kapelle rechter Hand ist der Erzengel Michael von Leonardo di Pistoja in einem Gemälde abgebildet. Rand rechts: Fernere Nachricht von der Kirche S. Maria del Parto. Historie eines Gemäldes. Man erzählet dabey, daß des Engels Gesicht ein Portrait des Bischofs von Ariano D. Diomede Carafa sey, welcher unter den Lineamenten des Frauengesichts an der Schlange, die er mit Füßen tritt, ein Frauenzimmer, das in ihn vergeblich verliebt gewesen, habe vorstellen lassen, um dadurch den Triumph seiner Keuschheit über die Versuchungen des weiblichen Geschlechtes an den Tag zu legen. Weil auch die Dame Victoria Venosa geheißen haben soll, so erzählet man, daß die[819] dabey befindlichen Worte Fecit Victoriam, Alleluja, dahin abzielen. Die ganze Sache, wenn sie anders wahr ist, scheint mehr einer erbitterten Rache über eine empfangene abschlägliche Antwort oder einer eiteln Pralerey, als einer tugendhaften Absicht ähnlich. Vor der Kapelle liest man auf einem Grabsteine:


Carafæ hic alibique jacet Diomedis imago

Mortua ubique jacet, vivaque ubique manet.


Nahe hiebey ist ein altes Gemälde zu sehen, welches die Jünger Christi bey dem letzten Abendmahle zwar an einem Tische auf Stühlen sitzend abbildet, übrigens aber von guter Hand ist. Rand links: Anmerkung über ein Gemälde von dem Abendmale Christi. Die Katze, so dabey unter dem Tische sich gegen einen Hund zu wehren hat, möchte auf jedem andern Stücke mit mehrerm Rechte als allhier sich zeigen; indessen aber sieht man ihre sehr wohl getroffene Vorstellung nicht ohne Vergnügen an. Die Fresco-Gemälde, womit diese Kirche gezieret ist, sind von verschiedenen guten Meistern. Einige davon hat ein Pater dieses Klosters Maestro Angelo Maria Nappi, ein Neapolitaner, auf seine Unkosten verfertigen lassen, daher man sein Andenken mit folgender Inscription zu beehren gut befunden: Rand links: Denkmaal des P. Napapi.


Sacram hanc ædem

Actii Sinceri Sannazarii

Domicilio, Poësi, Tumulo

Illustrem

Elegantibus picturis ac pavimento

lithostrato

Pat Mag. Angelus M. Nappi

Neapolitanus

Anno M. DC IC

Quod propriis expensis illustriorem

Reddi curaverit

Cæteri hujus Couventus alumni

Fratri suo bene merenti PP.


Nicht weit von der Kapelle des obgedachten Carafa liest man auf dem Fußboden folgendes Epitaphium: Rand links: Grabschrift des P. Castelli.


D. O. M.

Amantissimo Reverendissimoque Patri

Antonio Castelli

Sacræ Servitanæ Reipublicæ

Supremo moderatori

Pietate, Sophia, Comitate

Ipsi etiam Urbi

Verendo, exculto, suavi

ubi

Nono suum post adventum die

XVII. nempe Kal. Maji Anni MDCCXVI.

inter Poëtarum Principum

Maronis scilicet concivis sui

& Actii Sinceri Sannazarii[820]

Præclaros cineres

Parnassi licentias quasi cohibiturus

Stadium absolvit vitæ

Hujus Cœnobii collacrumantes PP.

Pro nimii doloris illecebra

M. P.

A.D. M.DCCXIX.


Auf der andern Seite der Kirche zeigen sich folgende Worte gleichfalls auf der Erden: Rand rechts: Grabschrift Fabritii Manlii.


Fabritio Manlio Nobili Barolitano magnæ spei juveni Camillus Pater munus lacrymabile. Hic adeo Mergilinam adamavit, ut ad eam infirmus ferri, in ea mori, in ea sepeliri voluerit. A. M. D LXVI.


Die Kirche di S. Maria di Piedigrotta hat ihren Namen von der pausilypischen Höhle oder Grotte, bey deren Eingange sie liegt. Rand rechts: S. Maria di Piedigrotta. Man findet darinnen folgendes Epitaphium eines Spaniers, der seinen Erben nicht vieles zugetrauet hat:


Alphonsus de Ferrera Hispanus ex Canonicis Regularibus Lateranensibus, post multos utriusque militiæ labores, Gallipoleos primum, nunc vero Arianensis Antistes, adhuc vivens, ne hæredibus crederet, sacellum hoc præclare ære proprio erigi curavit, in quo defunctus quiescere posset; censu addicto, ut quotidie semel de more celebretur. Vix. Ann. VIC. decessit XXV. die mensis Decemb. MDCIII. Rand rechts: Grabschrift Alph. de Ferrera;


Ein gleiches Mistrauen hegte der königliche Protomedicus Marius Schipanus, der des Pietrodella VALLELettere de viaggi gesammlet und herausgegeben hat. Rand rechts: imgl. Marius Schipanus. Sein Grab ist in der Kirche di S. Maria della Verità mit folgender Ueberschrift:


Marius Schipanus

Non semel animo repetens,

Quam parata & procliva defunctorum

esset oblivio

Præsumpto hæredum officio

De privato fibi sepulchro

Vivens consuluit.

Anno sacræ Panegyris

M D C L.


Der Hauptaltar der Kirche S. Maria di Piedigrotta hat sechs schöne Seulen von schwarzem und weißem Marmor. Rand rechts: Hauptaltar.

Die Kirche S. Maria della Pietà de' Sangri ist zwar etwas finster, aber mit schönen Statuen und marmornen Denkmaalen der Familie di Sangro ausgezieret. Rand rechts: S. Maria de' Sangri. Eines von den letzten hat folgendes Epitaphium:


D. O. M.


Paulo de Sangro, Castri novi Marchioni, 'Turris majoris Duci, Sancti Severi Principi, Majorum imaginum admirabili exemplo vel in juventæ primordiis, per Belgas, per Italos, per Germanos, peditum equitumque ductori, largitate, strenuitate, fidelitate, optime promerito, a Philippo IV. Max. Rege aureo vellere aureaque clavi insignito, majora demum indies merenti, ab humanis erepto, repetentique cœlo feliciter reddito; condito a virtute sepulchro marmor hoc vitæ thalamum,[821] mortis tumulum, amoris monumentum Joannes Franciscus Filius hæres P. Ann. Sal. hum. M. DCXLII. Rand rechts: Grabschrift Pauli de Sangre.


Auf dem Hauptaltare stehen zwo schöne porphyrne Seulen.

In der Kirche S. Maria della Sanità, so den Dominicanern gehöret, sind dreyzehn kleine Cuppolæ mit ihren Altären, welche alle schöne Gemälde haben Rand links: Porphyrne Seulen. S. Maria della Sanità. Die acht Seulen des Ciborii auf dem hohen Altare sind von Cristallo di Rocca, jede aus einem einzigen Stücke und einen Fuß hoch. Man sieht daran auch viele Saphiere und andere Edelgesteine. Die Kanzel hat schöne eingelegte Arbeit von kostbarem Marmor und Perlenmutter. In der Sacristey sind zwölf krystallene Leuchter zu sehen. Ein Frater dieses Klosters, Marino Converso genannt, welcher solche verfertiget, hat auch den ganzen vordern Theil des Hauptaltares von Bergkrystall machen wollen, ist aber über dieser Arbeit vor etlichen Jahren gestorben. Rand links: Schatz der Kirche. Ferner zeigen sie ein Crucifix und viele Pyramiden von Krystall; neunzehn große silberne Brustbilder von Heiligen, deren Reliquien darinnen eingeschlossen sind; vierzehn große silberne Leuchter, deren jeder über sechs Fuß hoch ist; ein sehr kleines Kästchen in der Form eines Altars, an dessen einer Seite das Leiden Christi so subtil gearbeitet ist, daß in der Brust Mariä, die mit zwo Flügelthüren geöffnet werden kann, die Kreuzigung Christi nur von der Größe eines Groschen vortrefflich ausgedrücket zu sehen ist. Es ist dieses alles von Holz, und in dem Kästchen eine andere Kreuzigung auf einem aus Smaragden und andern Edelgesteinen zusammengesetzten Berge, verwahret. An einer Monstranz oder einemOstensorio hält eine kleine Statue des Noä aus Silber, so einen Gürtel von Smaragden um den Leib hat, die Arche Noä auf der Schulter. Diese Arche ist von Gold und mit Diamanten reichlich besetzet. Ueber derselben zeiget sich eine silberne Taube, an deren Flügeln sich zwey Ohrengehänge, davon jedes zween blaue Steine hat, als ein Geschenk einer Prinzeßinn, die solche selbst getragen hat, befinden. Oben auf der Monstranz, wo die Oblate liegt, zeiget sich die Sonne mit goldenen Stralen und dicht mit Diamanten, Perlen und Rubinen besetzt. Die Kirche und das Kloster liegen bergan, daher vieles, und sogar etliche Seulen in der Kirche aus dem Felsen gehauen sind. Das Dach ist platt und mit kleinen Steinen gepflastert. Die Aussicht von dieser Höhe gegen das Meer und den Vesuvius ist vortrefflich. Rand links: Aussicht. Vor dem Refectorio steht unter freyem Himmel eine Orangerie von ungemein großen Bäumen. Rand links: Orangerie. Als ich dieses Kloster besah, speiseten des Abends hundert und sechs und neunzig Patres und Novitii beysammen. Die ganze Fastenspeise aber bestund für jeden in Brodt und dreyen Aepfeln. Rand links: Fastenmahlzeit. Dem Superiori Provinciæ und Patri Priori wurde mehr Brodt als den andern und jedem sechs Aepfel zu Theil. Die Apotheke ist sehr weitläuftig und wohl eingerichtet, hat auch verschiedene Laboratoria und etliche irdene Gefäße, welche vom Raphael d'Urbino gemalt seyn sollen. Rand links: Apotheke. Es ist bey diesem Kloster auch ein Hortus Simplicium angelegt. Man versichert, daß der General der Dominicaner achtzehn tausend Ducaten jährlicher Einkünfte habe, und zwar ohne die außerordentlichen Geschenke, die nicht geringe seyn können, weil der Respect und die Furcht vor der Inquisition dem Haupte dieses Ordens, selbst bey den Kardinälen und den Vornehmsten des päbstlichen Hofes ein großes Ansehen zuwege bringt. Rand links: Einkünfte des Generals der Dominicaner.

S. Martino gehört den Karthäusern, die den höchsten Theil der Stadt bewohnen, und das einzige Castell S. Elmo noch über sich haben. Rand links: S. Martino oder die Karthause. Aus dieser Lage ist leicht zu erachten, wie unvergleichlich die Aussicht, welche man von dannen über die benachbarten Inseln, die Stadt, den Hafen, den Seestrand und die Gegenden der Berge Vesuvius und Pausilypus hat, seyn müsse. Rand links: Aussicht. Das weibliche Geschlecht ist von diesem Orte ausgeschlossen; jedoch[822] steht eine Kirche außer der Clausur zu ihrer Andacht offen. Die Kirche der Mönche hat wenige ihres Gleichen, und sind in derselben die historischen Gemälde des Gewölbes, die Kreuzigung Christi an dem Frontispicio des Chores und die zwölf Apostel vom Cavalier Lanfranco, welcher, so lange er für diese Patres gemalet, alles frey und täglich dreyßig Scudi bekommen hat. Rand links: Gemälde der Kirche. Die Pietà über dem Haupteingange ist vom Cavalier Massimo, und die mit Oelfarben gemalten zwölf Propheten, nebst den Brustbildern Mosis und Eliä von dem berühmten Giuseppe di Ribera, der insgemein Lo Spagnoletto genennt wird und sein Andenken in diesem Kloster durch mehr als hundert Stücke hinterlassen hat. An dem Gewölbe des Chores, worinnen die Mönche die Messe hören, haben zu gleicher Zeit Gioseppino d'Arpinound Giov. Berardino Siciliano die Geschicklichkeit ihres Pinsels erwiesen. In besagtem Chore ist das berühmte Stück des Guidoreni, das die Geburt Christi vorstellet und mit fünf tausend Ducaten bezahlet worden, zu sehen. Es sollen den Patribus schon zwölf tausend Ducaten wieder dafür gebothen seyn; allein es ist leicht zu erachten, daß einer solchen Gesellschaft, die sich rühmet, daß bey Lebzeiten eines einzigen Superioris fünfhundert tausend Ducaten an Gemälde, Bildhauerarbeit und Silberwerk verwendet worden, nichts für Geld feil sey. Rand rechts: Berühmtes Gemälde des Guidoreni. Was für Summen Geldes an Gemälde gewendet worden. Vier andere allhier vorhandene Meisterstücke stellen das letzte Abendmahl des Heilandes vor, und ist eines vom obgedachten Ribera, das andere vom Annibale Caracci15, das dritte vom Paolo Veronese, und das letzte vom Cavalier Massimo. Die übrigen Gemälde der Kirche sind gleichfalls theils von denen schon benannten Meistern, theils vom Belisario, Fignoli, Giov. Batt. Caracci, dem Cavalier Calabrese, Domenichino, Vaccaro, Giordano und an dern. Der Fußboden ist mit schönem Marmor in Figuren ausgelegt, und alle Wände von pietre commesse. Der Hauptaltar ist noch nicht fertig, obgleich schon über hundert tausend Scudi daran verwandt seyn sollen. Rand rechts: Hauptaltar. Aus dem Modell kann man urtheilen, was für ein unvergleichliches Werk es mit der Zeit werden muß. An der Treppe nach der Sacristey ist das Dessein vom Cavalier Cosmo, der gemalte Prospect vom Cavalier Viviani, und die Figuren vom Cavalier Massimo. Die in solcher Sacristey befindlichen Schränke sind wegen ihrer unvergleichlichen mosaischen Arbeit aus indianischem Rohr sehenswürdig, und stellen theils biblische Historien, theils Gegenden und Landschaften vor. Gioseppino d'Arpino hat nebst dem ganzen Gewölbe die Kreuzigung Christi, Viviani die Perspective und Caravaggio Petrum, wie er den Heiland verleugnet, gemalet. An den Fresco-Gemälden des Gewölbes vor den zweenTesori oder Schatzkammern hat Massimo seine Kunst sehen lassen: und bewundert man insbesondere ein kleines Kind, welches von einem bas-relief oder erhabenen Bildhauerstücke mit den Augen kaum unterschieden werden kann. Il Tesoro Vecchio hat gleichfalls vortrefflich eingelegte Arbeit von Holze, gleichwie auch der Fußboden allerley künstliche Figuren von verschiedenen ausgesuchten Marmorn vorstellet. Die Fresco-Gemälde sind von Lanfranco, Massimo und Spadaro, und unter andern auch etliche Spaltungen im Gewölbe aufs natürlichste nachgeahmet. Die Kostbarkeiten, so in beyden Tesori oder Zimmern der Schatzkammer gezeiget werden, sind kaum mit der Feder zu beschreiben, und sieht man unter andern eine Kugel von Lazuli so groß als ein Kindskopf, einen Amethyst, der einer Spannen breit und anderthalb Spannen lang ist; vier Türkisse, so in ihrer erhabenen Seite einer wälschen Nuß an der Größe gleich kommen; viele große Brustbilder von Silber, worunter dasjenige, so den heil. Martin vorstellet, in der rechten Hand einen Ring hat, dessen Rubin einer großen[823] Haselnuß nichts nachgiebt; vier ungemein große Perlen und eben so viele Topase; das silberne Bildniß der heil. Mariä fast in Lebensgröße, welches auf dem Monde steht und einen Drachen zu seinen Füßen hat; zwo mit schönen Gemälden versehene Perlenmutterschalen von der Größe eines Tellers; viele goldene und silberne Kelche, Lampen, Leuchter, Bluhmen-Töpfe und dergleichen. Rand rechts: Schatzkammern. Insbesondere verdienet ein kleiner Altar, der auf silbernen Seulen ruhet, in Augenschein genommen zu werden, weil das Ciborium in demselben als eine Sonne, die auf einer Seule ruhet, und deren Stralen sowohl als das Fußgesims mit Saphieren, Rubinen, Türkissen und andern Edelgesteinen bedecket sind, anzusehen ist. Dieses Stück ist mit vierzig tausend Scudi bezahlet worden. Man sieht allhier auch die berühmte und von Spagnoletto gemalte Pietà, welche vier tausend Ducaten gekostet hat, anitzt aber auf zehn tausend geschätzet wird. Auf beyden Seiten derselben sind hinter Gläsern viele Gebeine und Reliquien aufgestellet, mit beygefügten Schriften, von welchem Heiligen jedes Stück sey.

Das Kloster hat eine schöne ins Gevierte laufende Galerie, welche der Cav. Cosmo Fonsago angegeben hat. Rand links: Galerie des Klosters. Man zählet darinnen sechszig Seulen aus weißem Marmor von Carrara, deren jede nur aus einem einzigen Stücke besteht. Der Fußboden ist von schwarzem und weißem Marmor in schönen Figuren ausgeleget. In dem durch besagte Galerie eingeschlossenen viereckigten Raume, ist ein Platz zum Begräbnisse der Mönche abgesondert, und zwar durch ein Geländer, worauf schöne Marmorarbeit von Todtenköpfen und zusammengefügten Todtenbeinen zu sehen ist. In dem Kloster halten sich nur sechs Patres auf, deren jeder etliche mit Cedernholze getäfelte Kammern, sehr gute Meublen, kostbare Gemälde, einen besondern Garten und in demselben außer dem Kräuterwerke, schönen Früchten und raren Bluhmen, ein aus einer marmornen Fontaine springendes Wasser hat. Rand links: Begräbniß der Mönche. Rand links: Zimmer des P. Priors. Die vielen und weitläuftigen Zimmer des Patris Prioris sind mit den kostbarsten Gemälden, worunter auch viele geographische anzutreffen, ausgezieret. Vor andern verdienen des Cavaliere d'Arpino, Massimo, Espagnoletto, Ciotti, Zingaro, Santa Fede, Spadaro und Titiano Werke, nebst den Zeichnungen des Rubens und Albrecht Dürers betrachtet zu werden. Man machet auch viel Wesens aus einem kleinen Gemälde auf Holz, so den gekreuzigten Heiland vorstellt, und vom Michael Angelo verfertiget seyn soll, als er einen armen Kerl an ein Kreuz befestiget und hernach mit einem Dolche erstochen, um desto natürlicher eine in solchem Leiden sterbende Person abbilden zu können. Rand links: Kreuzigung nach dem Leben gemalt. Fabel vom Mich. Angelo. Das Stück ist gar klein und kann man nicht vieles besondere daran erkennen, es hält auch der sterbende Heiland den Kopf, wider alle Wahrscheinlichkeit, steif in die Höhe. In dem Pallaste der Familie Borghese zu Rom wird ein dergleichen Stück nicht weniger für das Original ausgegeben, und vielleicht ist die ganze Erzählung eine Fabel. Wenigstens würde ein so geschickter Meister, als Michael Angelo war, eine solche Begebenheit, wenn er zu dergleichen barbarischem Unternehmen capabel gewesen wäre, sich besser, als im besagten Gemälde geschehen, zu Nutzen gemacht haben. Was man vom Parrhasius16 erzählet, daß er nämlich einen Menschen eines gewaltsamen Todes sterben lassen, um den Prometheus nach solchem Original desto natürlicher vorstellen zu können, mag vielleicht zu der Beschuldigung, womit Angelo beleget wird, Gelegenheit gegeben haben. In der Privatkapelle der Karmeliter zu Brüssel zeiget man ein Crucifix in Mannsgröße von gekäuetem Papier, welches ebenfalls nach dem Leben verfertiget seyn soll, indem der Meister einen armen Menschen gekreuziget und die Form (in welche hernach das Papier geknätet worden) über ihm gemacht. Rand links: Crucifix zu Brüssel nach dem Leben. Die dasigen Karmeliter[824] geben vor, man habe ihnen für die Form acht tausend Gulden gebothen, es sey aber solche alsbald zerbrochen worden, nachdem man nur noch einen Abdruck, der àl Hermitage des Carmes dechaussés bey Namur ist, davon genommen.

In einem Vorplatze der Zimmer des Patris Prioris in der Karthause zu Neapolis steht eine sehr artige vom Cosmo aus weißem Marmor verfertigte Statue, welche Mariam vorstellet, wie sie ihr Kind auf den Armen hält, da indessen der kleine Johannes der Täufer ihm den Fuß küsset. Rand rechts: Statue Mariä. Christus leget diesem dabey die Hand sehr freundlich auf den Kopf, als wenn sie mit einander spieleten, und ein sonderbares freudiges Gemüth leuchtet der Mariä aus den Augen. Die Bibliothek besteht aus auserlesenen Büchern, die auf sechs tausend Ducaten geschätzet werden. Rand rechts: Bibliothek. Das Gewölbe derselben ist vom Viviano, Rafaelino und Spadaro à fresco gemalt. Die Apotheke des Klosters ist trefflich wohl eingerichtet, hoch gewölbt, à fresco gemalt, das Estrich von schönsten gemalten Fliesen zusammen gesetzt, und alle Species in Porzellangefäßen, auf welchen St. Georgius vorgestellet wird, wie er mit dem Schwerte seinen Mantel theilet, um die Hälfte den Armen zu geben. Rand rechts: Apotheke. Man findet hier sehr schöne Corallengewächse und in einer Nebenkammer vier Brustbilder von weißem Marmor, so die vier Jahreszeiten vorstellen.

Die Kirche und das Kloster di Monte Oliveto sind von einem Cavalier, Gurello Origlia, mit zehntausend Scudi jährlicher Einkünfte gestiftet, und liest man hinter dem Hauptaltare folgende Inscription: Rand rechts: Kirche de Monte Oliveto.


D. O. M. Gurello Aurillæ Neapol. hujus Regni Logothetæ ac Protonotario. summæ apud Ladislaum Regem, ob fidem eximiam, auctoritatis, adeo ut septem filios Comites viderit, fortunatissimus, idemque pientissimus, qui Ædes has construxit, patrimonio donato, Ordo Olivetanus Pietatis ergo F. C.


Alphonsus der zweyte bezeugte solche Gütigkeit gegen dieses Kloster und dessen Mönche, daß er nicht nur öfters mit ihnen speisete, und sogar bisweilen beym zweyten Tische, woran der Mönche Bediente aßen, aufwartete; sondern unter andern Reichthümern auch die drey Castelle Teverona, Aprano und Pepona mit der Civil- und Criminaljurisdiction ihnen schenkte. Rand rechts: Alphonsus des zweyten Umgang mit diesen Mönchen. Von den ersten Umständen zeugen folgende Worte, die im Refectorio des Klosters gelesen werden:


Alphonso Aragoneo II. Regi justiss. invictissimo, munificentiss. Olivetanus Ordo ob singularem erga se beneficentiam, qui cum sic conjunctissimus ac humanissimus vixit, ut Regia Majestate deposita, cum eis una cibum caperet, ministris deinde ministraret, lectitaretque F. C.


Ueber seinem Grabe am Hauptaltare liest man: Rand rechts: Epitaphium desselben.


D. O. M. Alphonso II. Aragoneo Ferdinandi Primi Filio, Regi Fortunatiss. erga Deum pientiss. domi militiæque rebus gestis clariss. qui Collegium hoc patrimonio donato auxit, ditavit, coluit Olivetanus Ordo, dum Ædes has restituit, Regis liberalissimi memor F. C.


Itztgedachter Hauptaltar hat schöne eingelegte Marmorarbeit.

Der Altar in der Cappella del Conte di Terranuova ist von Benedetto da Majano, einem berühmten florentinischen Bildhauer, der um das Jahr 1460 gelebt, verfertiget, und hat treffliche Marmorwerke. Rand rechts: Cappella del C. di Terranuova. Es ist allhier auch ein Jüngling, Mario Curiale genannt, so bey Alphonsus dem ersten in großen Gnaden gestanden, begraben, mit folgendem Epitaphio, welches ihm besagter König selbst gemacht hat:
[825]

Qui fuit Alfonsi quondam pars maxima Regis

Marius hac modica nunc tumulatur humo.


In der Kapelle der Familie Origlia hat Moldavino da Modena, ein geschickter Bildhauer, der um die Mitte des funfzehnten Jahrhunderts gelebt, den todten Leichnam Christi nebst sieben Personen, die mit Wehklagen um denselben theils stehen, theils knieen, aus Terra Cotta, so mit lebhaften Farben angemalet ist, abgebildet. Diese umstehende Personen sind Portraite von berühmten Leuten, und ist z. E. unter Nikodemus der Giovanni Pontano, unter Joseph von Arimathia Jakob Sannazar, und unter andern zweyen Gesichtern Alphonsus der zweyte und Ferdinand sein Sohn, Könige von Neapolis, vorgestellet. Rand links: Grabschrift, welche Alphonsus der erste seinem Lieblinge gemacht. Merkwürdige Statuen.

Rechter Hand bey dieser Kapelle ist die Verkündigung Mariä in einem bas-relief von weißem Marmor unvergleichlich von der Hand des Benedetto di Majana gerathen. Die Bilder sind von sehr erhabener Arbeit und eine schöne Perspective dabey angebracht. Aus des Engels Gesichte liest man lauter Freude, und Maria läßt ein sehr freundliches Wesen mit vieler Schamhaftigkeit von sich blicken. Rand links: Gemälde von der Verkündigung Mariä.

In der Cappella della famiglia Tolosa ist das Chor mit schönen Perspectiven in Holzarbeit oder intarsiatura ausgeleget, von Fra Giov. Angelo da Verona Olivetano, welcher es in dieser Kunst sehr hoch gebracht und zu Zeiten des Vasari (der im Jahre 1574 gestorben ist) gelebet hat. Rand links: Eingelegte Holzarbeit.

Das bas-relief von der Geburt Christi in der Cappella del Duca d'Amalfi, oder heut zu Tage Picolomini d' Aragona, wird für eines der besten Meisterstücke in der Bildhauerkunst angesehen, und von etlichen dem berühmten Donatello, von andern aber dem Antonio Rosellino Fiorentino zugeschrieben. Rand links: Geburt Christi en bas-relief. Von diesem letzten ist außer Zweifel das allhier befindliche schöne Grabmaal der Herzoginn von Amalfi, Mariä von Aragonien, einer natürlichen Tochter des König Ferdinands, und liest man daran folgende Schrift:


Qui legis hæc, submissius legas, ne dormientem excites Rege Ferdinando orta Maria Aragona hic clausa est. Nupsit Antonio Piccolomineo Amalfiæ Duci strenuo, cui reliquit tres filios, pignus amoris mutui. Rand links: Epitaphium der Herzoginn Mariä von Amalfi, Puellam quiescere credibile est, quæ mori digna non fuit. Vix. An. XX. An. Domini M. CCCC. LX.


In eben dieser Kapelle, welche mit einem trefflichen Fußboden versehen ist, findet sich das Epitaphium:


Constantia Davala & Beatrix Piccolominea Filia, redditis quæ sunt cœli cœlo, & quæ sunt terræ terræ, ut semper uno vixere animo, & sic uno condi tumulo voluere. Rand links: Constantiä Davalä. O beatam & mutui amoris constantiam.


Jede von den übrigen Kapellen hat etwas besonders, und findet ein Liebhaber der Malerey und Bildhauerkunst allenthalben Stücke, die ihm Vergnügen geben können. Die Sacristey ist vom Georgio Vasari gemalet, und die darinnen befindliche Schränke stellen Castelle, Gegenden und andere Perspective mit so künstlich eingelegter Arbeit von Holze vor, daß man wenige ihres Gleichen finden wird. Rand links: Eingelegte Holzarbeit.

Die Orgel der Kirche soll viertausend Scudi gekostet haben, und machet man hier viel Wesens daraus. Rand links: Orgel. Allein die trefflichen Orgeln, welche man in Deutschland findet, übertreffen alle auswärtigen, und hat Deutschland sowohl was die Verfertiger dieses musikalischen Instrumentes, als die Künstler, so dasselbe recht zu spielen wissen, anlanget, ein großes vor andern Nationen zum voraus.[826]

Zu der Bibliothek des Klosters hat der König Alphonsus der zweyte den Anfang gemacht, und kommen von ihm etliche gute allhier noch vorhandene Manuscripte auf Pergamen, worunter die vornehmsten sind: Rand rechts: Bibliothek. 1) die Bibel in kleinem Folio An. 1476, von Matthia Moravio geschrieben, mit verschiedenen Zeichnungen und Figuren; 2) eine andere alte Bibel in zween großen Folianten; 3) die Werke des h. Bernardi; 4) S. HIERONYMIEpistolæ & Commentarius in Esaiam; 5) Vitæ Sanctorum in zween Folianten; 6) Historia Translationis corporum S. Benedicti & Sanctæ Scholastica, und andere. Außen an der Facciata liest man:


Piis ad Dei cultum studiis ne vel hora frustra teratur, Bibliothecæ locus erectus.


Das Kloster hat von der Bibliothek und seinen obern Zimmern eine treffliche Aussicht. Die beste Seife von ganz Neapolis wird in diesem Kloster verfertiget, und ziehen die Mönche einen überaus großen Vortheil davon. Rand rechts: Handel der Mönche mit Seife.

Il Sacro Monte della Pietà hat jährlich über funfzigtausend Ducaten Einkünfte, und leihet man daselbst einem jeden gegen gehörige Unterpfänder bis auf zehn Ducaten zwey Jahre lang ohne Zinsen. Rand rechts: Monte della Pietà. Viele reiche Leute, die ihr Geld nicht auf Zinsen oder Güter anzulegen wissen, geben solches indessen hieher, theils zu ihrer eigenen mehrern Sicherheit, theils damit die Nutzung auf solche Art den Armen zum Besten komme. Das Gebäude ist nach dem Dessein des Chev. Fontana aufgeführet, und kostet siebenzigtausend Scudi. Die marmorne Statue der Pietà, so über der Façade der Kapelle nach dem Hofe steht, ist vom Pietro Bernini.

S. Paolo Maggiore war ehemals ein heidnischer Tempel, den Julius Tarsus, ein Freygelassener Augusti und Procurator der neapolitanischen Seeküste, zu Ehren Castoris und Pollucis erbauet hatte, wie hievon die Ueberschrift seines Frontispicii, welches im Jahre 1688 durch ein Erdbeben ruiniret worden, zeugete Rand rechts: S. Paolo Maggiore. Tempel Castors und Pollux.. Von diesem Alterthume sind nichts als etlicherudera und piedestaux, nebst zwo Seulen und eben so vielen schönen Statuen übrig geblieben, nachdem man viele zerbrochene Stücke Marmor zum Pflaster der Kirche verbrauchet. Weil man vorgiebt, es wären auf des Apostels Petri Befehl die Statuen Pollucis und Castoris von diesem Gebäude herunter gefallen, so liest man vor der Thür linker Hand bey zwo gestümmelten Statuen die Verse:


Audit vel surdus Pollux cum Castore Petrum,

Nec mora præcipiti marmore uterque ruit


und zur rechten:


Tindaridas vox missa ferit, palma integra Petri est;

Dividit at tecum, Paule, trophæa libens.


Der Hauptaltar dieser Kirche hat kostbare Marmorarbeit und ein von Edelgesteinen zusammengesetztes Tabernakel. Rand rechts: Schönheit der Kirche. Zu seiner Seite findet sich auf dem Altare der Cappella del Prencipe di S. Agata die h. Maria mit ihrem Kinde vortrefflich in Marmor gehauen, und stellen die zwo Statuen, von denen sie verehret und angebethet wird, den Antonio Ferrao und seinen Sohn Cesare, beydePrincipi di S. Agata vor.

In der Cappella di Santa Maria della Purità sind vier Tugenden in vier sehr schönen Statuen abgebildet, und wird unter denselben die Klugheit für das beste Stück gehalten.

Die Wände der Kapelle von S. Gaëtano nebst noch einer andern sind fast ganz mit silbernen Gelübden und dahin geschenkten Bildern der Gliedmaßen, an welchen man durch Fürbitte des Heiligen Linderung erlanget hat, bedecket. Rand rechts: Gemälde. Ueberhaupt hat diese Kirche sehr schöne Gemälde; insbesondere aber hängen davon über achtzehntausend Scudi werth in dem[827] Zimmer, durch welches man aus der Kirche in die Sacristey geht. Eines von den besten ist dasjenige, so unter der Person des jungen Tobias denPico della Mirandola, und unter dem h. Hieronymus den Kardinal Bembo vorstellet17.

Es ist dieses eine gute Copey, die nach einem Original des Raphael d' Urbino verfertiget worden. DieFresco-Gemälde der Sacristey sind von dem berühmten Solimene. Unter den Heiligthümern der Kirche verehret man etwas von der Dornenkrone des Heilandes und eine Copey des h. Sudarii, welches in der Schloßkirche zu Turin verwahret wird. Rand links: Reliquien. Auf dem Platze vor der Kirche di S. Paolo steht die Statue des h. Gaetani von bronzo und mit einer Inscription auf einem hohen Piedestal. Rand links: Statue St. Gaetani.

Die Kirche di S. Patrizia ist zwar klein, aber von ungemeiner Schönheit, indem bey hundert und vierzigtausend Scudi daran verwendet worden. Rand links: S. Patrizia. Vor andern ist ihr Tabernakel nebst den silbernen Bedeckungen des Altars zu betrachten. Die Sacristey ist schön gemalet, wie denn die meisten Sacristeyen zu Neapolis denen schönsten Kirchen vieler anderer Orten nichts nachgeben. Rand links: Sacristeyen zu Neapolis. Diese Kirche nebst dem dazu gehörigen Kloster wird von Benedictinernonnen besessen, in deren inneres Chor man durch ein Fenster hinter dem Altare sehen kann. Rand links: Reliquien. Unter ihren Heiligthümern verwahren sie einen ganzen Nagel von denenjenigen, womit Christus an das Kreuz geheftet worden, einen Stachel von seiner Dornenkrone, Milch von der h. Jungfrau Maria, Fett vom gebratenen h. Laurentius, eine Gräte von den Fischen, womit der Heiland das hungrige Volk gesättiget, eines von den Kindern, welche Herodes hat hinrichten lassen, ein Glas voll Blut, welches St. Franciscus vergossen, als ihm Christus die stigmata eingedrückt, nebst noch einem Glase voll Blut der h. Patritia, welches unter der Messe dieser Heiliginn flüßig wird, zur übrigen Zeit aber geronnen, trocken und hart ist.

Die Kirche di S. Filippo Neri ist von der Baukunst des berühmten Dionysii Bartholomäi und hat eine gute Façade, woran jedoch der Thurm zur rechten Hand noch nicht aufgeführet ist. Rand links: S. Filippo Neri. Zwo Reihen von korinthischen Seulen aus Granit, deren jede aus einem einzigen Stücke besteht, vier und zwanzig palmi in der Höhe, eilfe im Umfange und bey tausend Ducaten gekostet hat, theilen die Kirche in drey Galerien oder naves. Sie ist zwar nicht gewölbet, ihr plafond aber wegen der subtilen Bildhauerarbeit und starken Verguldungen, vortrefflich. An dem Hauptaltare findet sich sehr künstlich eingelegte florentinische Arbeit, und der Grund des vordersten Theils desselben ist von Perlenmutter. Rand links: Schönheit der Altäre. Fast alle Altäre sind mit kostbarem Marmor und schönen Gemälden der besten Meister gezieret, dergestalt daß diese Kirche mit unter die merkwürdigsten der Stadt Neapolis gezählt zu werden verdienet. An den Gemälden der Sacristey haben die berühmten Maler Guidoreni, Domenichino, Gioseppino, die zweene Bassani und andere gute Meister ihre Kunst sehen lassen. Der Schatz, so darinnen an Meßgewanden, silbernem und goldenem Kirchengeräthe, Kelchen,[828] Palliotti, Juwelen und andern kostbaren Dingen verwahret wird, kann nicht anders als mit Verwunderung in Augenschein genommen werden. Rand links: Schatz der Kirche. Absonderlich verdienet ein silbernes Ciborium, das acht Pfunde schwer und mit Diamanten, Rubinen und Smaragden reich besetzt ist, gesehen zu werden. Ueber ein Tabernakel halten vier Statuen die Decke, und alles was man hieran sieht, ist von Silber, das Ciborium aber von maßivem Golde. An vielen Kelchen ist. das Gold in Ansehung der Juwelen, womit sie besetzet sind, das geringste. Ein silbernes Palliotto, dessen Dessein im Jordano ist, hat zehn ganz frey stehende Figuren, und die übrigen bas-reliefs sehr erhaben und von trefflicher Arbeit. Unter den Heiligthümern zeiget man vier Stücke vom Kreuze Christi, ein Stück vom Schwamme, womit der Heiland am Kreuze getränket worden, und zween einander gar nicht gleichende Dornen aus der Krone Christi. Rand rechts: Reliquien.

Die Kirche S. Pietro d' Ara soll ehedem ein Tempel Apollons gewesen, dem wahren Gotte aber ein Altar darinnen vom Apostel Petro aufgerichtet und von diesem Apostel Messe darauf gelesen worden seyn. Rand rechts: S. Pietro d'Ara. Alterthum dieser Kirche. Dahin zielet die daselbst befindliche Inscription:


Siste fidelis & priusquam Templum ingrediaris, Petrum sacrificantem venerare, hic enim primo, mox Romæ, filios per Evangelium genuit, paneque illo suavissimo cibavit.


Das schöne Gemälde in der Cappella della famiglia Ricca ist vom Leonardo da Vinci, welcher im Jahre 1520 gestorben.

In dieser Kirche liest man das Epitaphium: Rand rechts: Epitaphium Fabritii Francipani,


D. O. M.


FABRITIO FRANCIPANO, cui nec viventi Romana virtus, nec morienti vera pietas defuit, hæredd. ex Testam. B. M.


Vor der Kirchthüre liegt auf dem Boden ein Stein mit folgenden eingegrabenen Worten: Rand rechts:it. Antonii Spataforæ.


D. O. M.


Antonius Spatafora J. V. D. Protonotarius Apostolicus, Patricius Lucerinus, hunc sibi sepulchralem lapidem posuit vivens. Occurrens fato, ne se occuparet. Præcurrens morti, ne anteverteret. Metam sibi præfixit, ut vitæ dirigeret cursum. Aspectu lapidis obdurescere voluit morti. Pulverem proposuit morti, ne sordes contraheret in vita. Pro templi foribus, memor exitus Anno a Christo MDCXXIII. ætatis suæ LXXII.


Auch in dieser Kirche wird eines von den unschuldigen Kindern gezeiget. Heut zu Tage findet man kaum in großen Städten so viele ein- oder zweyjährige Kinder, als damals in dem kleinen Bethlehem und der dazu gehörigen geringen Gegend gewesen seyn müssen, wenn alle Körper, die unter dem Namen derjenigen, so das Mistrauen Herodis aus dem[829] Wege geräumet, gezeiget werden, echt seyn sollen. Rand rechts: Anmerkung über die Menge der unschuldigen Kinder. Ob übrigens diese Kinder unter die Zahl der Märtyrer gehören oder nicht, hat die römischkatholische Kirche noch nicht entschieden. Einige schließen sie von solcher Zahl aus, weil ihnen die Erkenntniß, was und warum sie gelitten, gemangelt; andere aber behaupten, Gott habe ihnen bey ihrer Hinrichtung die Erkenntniß und den Glauben durch ein Wunderwerk gegeben. Rand links: Ob sie unter die Märtyrer gehören? In diesem Zweifel will man dem höchsten Richter im Urtheilen nicht vorgreifen, und geschieht es wenigstens in Piemont; daß man am Festtage der unschuldigen Kinder das Gloria in excelsis Deo ausläßt, weil man der dasigen Geistlichen Berichte nach, nicht wisse, ob diese Kinder alsbald in die Glorie und Herrlichkeit der Seligen eingegangen wären. Indessen singt man solche Worte in der darauf folgenden Octavfeyerung ohne Bedenken.

Die Kirche S. Pietro à Majella führet auch den Namen von S. Catarina. Ihre Decke ist vom Cavaliere Mattia Preti da Taverna, insgemein Cavalier Calabrese genannt, vortrefflich gemalet, und schön verguldet. Rand links: S. Pietro à Majella. Die Vermählung Christi mit der Katharina von Siena ist vom Caracci, oder, wie andere wollen, vom Giov. Filippo Criscuolo, einem Lehrlinge des Andrea da Salerno, in einem Altare sehr wohl gemalt. Die vornehmste Statue dieser Kirche ist der an einen Baum gebundene Sebastian, welcher vom Giovanni da Nola in weißem Marmor künstlich abgebildet ist.

In der Kapelle der Familie Spinella findet sich einbas-relief von weißem Marmor, welches eigentlich nichts anders, als das Brustbild des Kaisers Augusti ist; vermittelst Ansetzung zweener Flügel aber, damit kein weltliches Stück in einem geistlichen Gebäude stehen möchte, in einen Engel verwandelt worden. Rand links: Brustbild des Kaisers Augusti in einen Engel verwandelt. Augustus würde sich solche seine künftige Erhöhung so wenig eingebildet haben, als wenig im Gegentheil Cicero sich hätte träumen lassen können, daß sein Namen vielen elenden Stümpern unter denAntiquariis dieser Lande zu Theil werden sollte.

In der Kirche di S Pietro Martire machet man viel Wesens aus einem Stücke von pietra cotta, welches hinter dem Hauptaltare steht und die Geburt Christi vorstellet. Rand links: S. Pietro Martire. Der große Altar und das darauf befindliche Tabernakel haben schöne eingelegte Arbeit.

In dem Chore liegt die Königinn Isabella, (eine Gemahlinn König Ferdinands des ersten) aus dem französischen Hause Claramonte, eine Tochter Tristans, Grafens von Compertino, welche im Jahre 1465 gestorben ist, begraben. Neben ihr hat der Infant Don Petro, ein Bruder des Alphonsi Senioris seine Ruhestäte. Rand links: Grabmaale der Königinn Isabella und des Infanten Don Petro, Beyden haben die Dominicanermönche des hiesigen Klosters folgendes gemeinschaftliches Epitaphium aufgerichtet:


Ossibus & Memoriæ Isabellæ Clarimontiæ Neap. Reginæ, Ferdinandi Primi Conjugis, & Petri Aragonei Principis strenui, Regis Alphonsi Senioris Fratris, qui, ni mors ei illustrem vitæ cursum interrupisset, fraternam gloriam facile adæquasset. O fatum! quot bona parvulo saxo conduntur!


Hier ist auch Beatrix, eine Tochter des neapolitanischen Königs Ferdinandi Primi de Aragonia, und eine Gemahlinn des ungarischen Königs Matthias Corvinus, welche im Jahre 1508 gestorben, mit folgendem kurzen Epitaphio begraben: Rand links:it. Beatricis Aragoniæ.


Beatrix Aragonea, Pannoniæ Regina, Ferdinandi Primi Neap Regis filia, de sacro hoc Collegio opt. merita hic sita est. Hæc religione & Munificentia seipsam vicit.


Ein hier befindliches schönes Gemälde, so den Joseph, wie er das Kind Jesus auf den Armen hält, vorstellet, ist vom del Po, und sind auch etliche andere gute Stücke vom Solimene vorhanden. In der Sacristey findet man zwo treffliche Statuen, deren die eine die[830] Klugheit, und die andere die Gerechtigkeit abbildet. An der letzten ist sonderlich das Pannegiamento wohl gerathen. Zwischen diesen zwoen Statuen steht ein sehr wohl gearbeitetes bas-relief, welches Gott den Vater andeutet. Ferner zeiget man allhier ein kostbares Palliotto, oder eine Bekleidung des Altartisches, dessen vorderstes Blatt vierzehn und eine halbe Spannen lang, und fünf Spannen hoch aus Silber ist. Die dazu gehörigen silbernen Leuchter sind über anderthalb Mann hoch. In dem sehr großen Refectorio des Klosters sind etliche Wasserkünste.

Unter dem Hauptaltare der Kirche di S. Severino, welche den Benedictinern zugehöret, sind die Leiber der zween Heiligen, Severini und Sosii, begraben, daher man folgende Worte daselbst liest: Rand rechts: S. Severino. Leiber der Heiligen Severini und Sosii.


Hic sua sancta simul divinaque corpora Patres

Sosius unanimes & Severinus habent.


Die himmlische Herrlichkeit des heil. Benedicts in der Mitte des Chores nebst etlichen andern dabey befindlichen Stücken sind von dem berühmten Maler Belisario Cortensio, der auch in der Cappella della famiglia Maranta mit folgendem Epitaphio hat begraben seyn wollen: Rand rechts: Epitaphium Belisarii Cortensii.


Belisarius Cortensius ex antiquo Arcadum genere, D. Georgii Eques, inter Regios stipendiarios Neapoli a pueris adscitus, depicto hoc Templo, sibi suisque locum quietis vivens paravit MDCXV.


Die Gemälde, so auf beyden Seiten der Kirche die Ehre des Benedictinerordens nebst den aus ihm entsprossenen großen Leuten, Königen, Päbsten und Ritterorden abbilden, sind vom Zingaro.

Die Stühle im Chore haben sehr schöne eingelegte Arbeit von Nußbaumholze, welche sechszehntausend Ducaten gekostet haben sollen. Die Künstler davon sind Bonaventura Tortelli und Bartolomeo Chiarini. Rand rechts: Eingelegte Holzarbeit.

Dem Platze unter der Cuppola geben die vier Grabmaale der Familie Mormile, davon jedes nur aus einem einzigen Stücke Marmor gearbeitet ist, ein gutes Ansehen. Rand rechts: Grabmaale der Familie Mormile, des Giov. Batt. Cicara,

Bey der Sacristey ist das Epitaphium des Giovanni Battista, aus der Familie Cicara, mit folgenden Worten:


Liquisti gemitum miseræ lachrymasque Parenti,

Pro quibus infelix hunc Tibi dat tumulum.


Nahe dabey ist ein junger Knabe Andreas Bonifacia begraben, an dessen Monumente Pietro da Prata, ein berühmter Bildhauer, der um das 1530ste Jahr gelebt, seine Geschicklichkeit erwiesen hat. Rand rechts: Andr. Bonifacia. Das Epitaphium ist aus der Feder des Jakob Sannazars geflossen und in folgenden Worten verfasset:


Nate Patris Matrisque amor & suprema voluptas

En Tibi, quæ nobis Te dare sors vetuit.

Busta, Eheu, tristesque notas damus, invida quando

Mors immaturo funere te rapuit.

Andreæ filio, qui vixit annos VI. – – – – parentes ob raram indolem – – – –


Die Kapelle der Familie Sanseverina ist schön gemalet, und finden sich darinnen die Grabmaale dreyer unglücklichen Brüder, welche ihres Vaters Bruder aus Begierde zu ihrer Erbschaft mit vergiftetem Weine aus dem Wege geräumet, also daß sie alle drey innerhalb einer Stunde den Geist aufgeben müssen. Rand rechts: Epitaphia dreyer unglücklichen Brüder und ihrer Mutter. Ihre Mutter hat nächst bey ihnen begraben seyn[831] wollen. Die schöne Bildhauerarbeit dieser vier marmornen Gräber ist vom Giovanni da Nola, und die Aufschriften verdienen hier Platz zu finden.


I. Epitaphium des ersten Sohnes:


Hic ossa quiescunt JACOBI SANSEVERINI Comitis Saponariæ, veneno misere ob avaritiam necati, cum duobus miseris fratribus, eodem fato, eadem hora commorientibus.


II. Des andern Sohnes:


Jacet hic SIGISMUNDUS SANSEVERINUS veneno impie absumptus, qui eodem fato, eodem tempore, pereuntes germanos Fratres nec alloqui nec cernere potuit


III. Des dritten Sohnes:


Hic situs est ASCANIUS SANSEVERINUS, cui obeunti eodem veneno inique atque impie commorienteis Fratres nec alloqui, nec videre quidem licuit.


IV. Der unglückseligen Mutter:


Hospes, miserrimæ miserrimam defleas orbitatem. En illa HIPPOLYTA MONTIA post natas fœminas infelicissima, quæ Ugo Sanseverino conjugi tres maximæ expectationis filios peperi, qui venenatis poculis (vicit in familia, proh scelus! pietatem cupiditas, timorem audacia, & rationem amentia) una in miserorum complexibus Parentum miserabiliter illico expirarunt. Vir, ægritudine sensim obrepente, paucis post annis in his etiam manibus exspiravit. Ego tot superstes funeribus, cujus requies in tenebris, solamen in lachrymis, & cura omnis in morte collocatur. Quos vides separatim tumulos, ob æterni doloris argumentum, & in memoriam illorum sempiternam. Anno M. D. XLVII.


Man geht durch etliche Treppen aus der obern und neuen Kirche hinunter in die alte, welche gleichfalls schön und helle ist. In der zweyten Kapelle daselbst ist das Bildniß Christi in Lebensgröße und schön gemalet: man kann aber mit allem Rechte daran aussetzen, daß der Heiland mit einem Rosenkranze an dem Gürtel oder um den Leib abgebildet worden. Rand links: Christus mit einem Rosenkranze.

In der Sacristey wird außer dem reichen Vorrathe von Silbergeschirr und kostbaren Kirchenzierrathen dasjenige Crucifix gezeiget, welches vom Pabste Pius dem fünften dem Johanni d'Austria geschenket worden, und den herrlichen Sieg über die Türken bey Lepanto wunderbarer Weise zuwege gebracht haben soll. Rand links: Sacristey. In der Inscription wird dieses Bild patibulati numinis effigies genennet. Rand links: Christus wird Patibulatum numen in einer Inscription genennet.

Das weitläuftige hiebey befindliche Kloster unterhält achtzig Benedictinermönche, und hat vier große Höfe mit Galerien, in deren einer das Leben des h. Benedicts von dem berühmten venetianischen Maler Antonio Solario, insgemein Zingaro genannt, gemalet ist, wobey nicht vergessen worden, wie der Heilige die Hitze seines lüsternen Fleisches in einem Dornbusche abkühlet. Rand links: Kloster. In einem dieser Stücke hat Zingaro sich selbst mit unter den Zusehern abgebildet. Rand links: Gemälde von St. Franciscus im Dornenbusche.

Der Pallast degli Studii publici oder Novi vor der konstantinopolitanischen Pforte würde das schönste akademische Gebäude von Italien und vielleicht von der ganzen Welt worden seyn, wenn es zu Stande gekommen wäre. Rand links: Pallast degli Studii publici. Allein obgleich schon hundert und funfzig tausend Scudi daran verbauet worden, so fehlet ihm jedoch beynahe noch die ganze Hälfte, die in Ansehung desjenigen, der solches Gebäude betrachtet, rechter Hand zu stehen kommen müßte. Nach der ersten Absicht sollte es eine Reitschule werden; der Mangel des Wassers, aber verursachte, daß solcher Anschlag geändert wurde. Den Anfang dazu machte der Vice[832] Roy Comte de Lemos, welcher viele unter dem Duc d' Ossuna zwischen Pozzuoli und Cuma gefundene schöne Statuen hieher bringen und zur Zierde dieses Pallastes verwenden ließ. Zwischen jedem Fenster ist eine Statue zu sehen, und nur zu bedauren, daß ein so schönes Werk, so nach dem Dessein des Cavalier Fontana angefangen worden, vermuthlich in seiner Unvollkommenheit liegend bleiben wird. Rand rechts: Alte Statuen. Ich habe bey gar vielen öffentlichen Gebäuden in Neapolis beobachtet, daß sie nicht wohl unterhalten werden: und dieses findet sich auch allhier, indem auf den Gesimsen der Fenster hier und da vieles Gras wächst, und der eine Saal schon anfängt den Fall seines Gewölbes zu drohen. Das alte Gebäude, so man in der Gegend von Cuma entdeckt, und von wannen viele Statuen hieher gebracht worden, hatte zur Ueberschrift:


Lares Augustos

M. Agrippina refecit.


An dem itzigen Gebäude der Akademie liest man folgende drey Ueberschriften: Rand rechts: Inscriptionen.


I.


Philippo III. Rege Catholico

Don Petrus Fernandez de Castro

Lemens. Comes, Prorex,

Composita pro voto re omni publica,

Legum opportunitate

Delectu magistratuum

Fori ac judiciorum emendatione,

Ærariorum ac Fisci

Præter spem præterque vacationem

Incremento

Alta omnium Ordinum quiete,

Ubertate maxima

Exhaustis ad annonam paludibus,

Importata multiplicem ad usum oblectationemque

Aqua castria

Quasi operum coronidem.


II.


Gymnasium cum urbe natum

Ulysse auditore inclytum

A Tito restitutum

A Frid. II. legibus munitum,

Auctum honorarius,

A Carolo II. Andigav. imra mœnia positum,

Ferdinandi Catholici tumultibus pene obrutum,

Ex humili angustoque loco

In amplissimum augustissimumque, juxta Urbem

Vetere Sapientum instituto,

Regis sumptu excitatum transtulit

Ann. Sal. Hum. MDCXVI.
[833]

Ueber diese vom Jesuiten P. Orso gemachte Inscription hat Lansena eine Critik herausgegeben, worinnen er vornehmlich die Worte, daß solches Gymnasium zugleich mit der Stadt entstanden und den Ulysses zum Zuhörer gehabt habe, angreift. Rand links: Ob Ulysses in Neapolis studiret habe.


III. Ueber einer andern Pforte:


Philippo III. Rege

D. Petro Ferdinandez de Castro Lemens, Com.

Prorege

Descripta olim alendis equis area

Grandiore Musarum fato

Erudiendis destinatur ingeniis

Vera jam fabula

Equina effossum ungula sapientiæ fontem.


Die neapolitanische Universität hat ihre Stiftung dem Kaiser Friedrich dem zweyten zu danken, wie hievon viele Nachrichten beym PetrodeVINEISlib. III Epistolar. n. X, XI, XII, p. 393, l. und RICHARDOde S. GERMANOad ann. 1224, p. 984. it. ad ann. 1234, pag. 1024 nachgelesen werden können. Im Jahre 1254 wurde sie vom Pabste Innocentius dem vierten bekräftiget.

Die Kirche della Santissima Trinità delle Monache verdienet wegen ihrer Gemälde und Marmorarbeit gesehen zu werden. Unter jenen sind viele vom Giov. Berardino Siciliano, nebst einigen Stücken vom Luigi Siciliano, St. Girolamo del Ribera und Giov. Caracciolo, sonst Battistello genannt. Rand links: Schönheit der Kirche della Trinità. Das Tabernakel des Hauptaltars wird aus sechszigtausend Scudi geschätzet. Rand links: Kostbares Tabernakel. An dem Palliotto arbeitet man schon fünf Jahre lang, und wird solches aus Lazuli, Achat und andern kostbaren Steinen bestehen. Das zu dieser Kirche gehörige Kloster ist sehr prächtig und weitläuftig. Die darinnen befindlichen Nonnen sind dem Franciscanerorden zugethan.

Schließlich füge ich noch bey folgende auf dem Platze, wo etliche geweihete Hostien verwägener Weise hingeworfen worden, in Marmor gehauene Inscription: Rand links: Monument, wo eine Hostie auf die Erde geworfen worden.


Carolo II. Hispaniarum regnante

Mariamna Matre, Tutrice ac Regina

D. Antonius Petrus Alvarez Ossorius

Regni Pro-Rex

Austriacæ in Eucharistiam pietatis

Obsequentissimus æmulator

Projectas hic sacrilege sacri placentulas convivii

Demisso veneratus animo

Mutum hunc lapidem, vocalem posteris

Execratorem sceleris, indicem Religionis

P.

Anno Salutis humanæ MDC LXXII.

Fußnoten

1 Die Rachgierde der Feinde von Giannone ließ ihm auch zu Wien keine lange Ruhe, sondern schwärzte ihn durch den Jesuiten San-Felice bey dem kaiserlichen Hofe als einen heimlichen Anhänger von Spanien an. Hierdurch kam er um die Gnadengelder, welche er jährlich hätte genießen sollen. Diese Umstände trieben ihn nach Venedig, woselbst er seine Historie abermals in Druckzu geben gedachte. Es bewegten ihn aber einige von einem Buchhändler von Geneve gethanen Vorschläge, daß er sich im Jahre 1735 nach diesem letzten Orte begab, und dadurch seinen Feinden in die Hände gerieth; indem ein piemontesischer Officier, der sich verrätherischer Weise für seinen Freund ausgab, ihn aus der Stadt auf ein Landgut lockte, woselbst er gefangen genommen und nach Chambery gebracht worden.


2 Oder à Nilo, wegen der Statue des Nils; die nicht weit von dieser Kirche ist.


3 Zu Salerno zeiget man eben dieses Crucifix.


4 Sein eigentlicher Name war Petrus Thomacellus. Er wurde im Jahre 1389 erwählet und starb im Jahre 1404.


5 v. g. Ladislaum König von Neapolis.


6 Im Jahre 1733 hat der bekannte Chymicus Hofrath Neumann in Berlin, das Geheimniß erfunden, auf eine leichte Art und so oft er will, eine dergleichen Fließung des Blutes, wie von des heil. Januarius Reliquien vorgegeben wird, nachzumachen: und zweifele ich nicht, er werde die Weise, wie solche Wirkung verrichtet wird, der Welt mittheilen. Der berühmteProfessor Medicinæ zu Halle. D. Cassebom, soll ein gleiches Geheimniß besitzen. Uebrigens weis ich nicht, was die gut kaiserlichgesinnten Katholiken antworten können, wenn man ihnen vorhält, daß der heil. Januarius bey dem letzten ungerechten Einfalle der Spanier in das Königreich Neapolis sich mit seinem Blute so eilig und leicht für die Partey des Don Carlos erkläret hat.


7 Schon das Alterthum kennet nach Plinius Zeugnisse dergleichen übereilte Begräbnisse hist. nat. l. XXVI, c. 3. Hat nicht Ioh. DVNSScotus, dieser so berühmteDoctor subtilis, das Unglück gehabt, allzufrühzeitig begraben zu werden? Hat nicht Asklepiades, dieser so erfahrne Arzt, einem Menschen das Leben wieder geschenket, der schon auf den Scheiterhaufen geleget war? Und wem ist jener normannische Edelmann unbekannt, Louis de Cirille, welcher sich sehr durch sein dreymaliges Begräbniß, als durch seine Helden thaten berühmt gemacht hat? Schade ist es nur, daß die Wahrheit der Erzählungen von dieser Art durch die allerabgeschmacktesten Gedichte verdunkelt wird.


8 Misson und andere setzen unrecht Romæ fürRamiæ, wie solches auch aus den Titeln der alten ungarischen Könige erhellet.


9 Joh. Aug. Smemonta und Spondanus, das sind die vornehmsten Geschichtschreiber, welche sich Mühe gegeben haben, die Unschuld des Pabstes zu rechtfertigen. Von ihrer Unparteylichkeit machet Struv eine wenig vortheilhafte Beschreibung, wenn er sie mit dem Namen der römischen Tellerlecker beleget, in der deutschen Reichshist. c. 21. §. 8.


10 SARNELLIGuida de forestieri, p. 222.


11 Als er auch noch die Nachricht bekommen, wie dieser Prinz sein Leben eingebüßt, sagte er: La Vendetta d' Apollo ha fatto Marte.


12 Weil Sannazar der erste gewesen ist, welcher Eklogen auf die Fische verfertiget hat.


13 Weil Virgils Grad nicht weit von dieser Kirche gezeiget wird.


14 Ich erinnere mich hiebey der Inscription, welche der im Jahre 1720 verstorbene John Sheffield, Earl of Mulgrave, Marquis of Normanby and Duke of Buckingham auf seinem Grabe zu haben verlangt hatte. Es war solche von ihm selbst in folgenden Worten verfasset:


Pro Rege sæpe, pro Republica semper

Dubius, sed non improbus, vixi,

Incertus morior, non perturbatus

Humanum est Nescire & Errare

Christum adveneror, Deo confido

Omnipotenti, Benevolentissimo

Ens entium miserere mei.


Allein die erste Zeile mochte etlichen Politicis nicht anstehen, und mider die fünfte regeten sich einige aus der Geistlichkeit, welche für rathsamer hielten, Christum ohne ausdrückliche Meldung seines Namens unter dem allmächtigen Gott zu begreifen, als ihn auf obgedachte Art von diesem zu unterscheiden. Aus diesen Umständen versagte zwar das westmünsterische Capitel der hinterlassenen Wittwe von Buckingham das Begräbniß ihres verstorbenen Gemahls in ihrer Kirche nicht, man änderte aber einige Dinge in der Grabschrift und liest man solche anitzt in der Westmünsterkirche zu London unter dem marmornen Monument folgender Gestalt:


Dubius, sed non improbus, vixi,

Incertus morior, non perturbatus,

Humanum est Nescire & Errare,

Deo confido

Omnipotenti, Benevolentissimo,

Ens entium miserere mei.


An manchen Orten würde man auch an diesen Zeilen, welche man behalten hat, noch etwas auszusetzen gefunden haben. Ehemals las man nach Schedius Berichte in Rom folgende zwey heidnische Epitaphia:


I


Vixi. & ultra. vitam,

Nil. credidi.

Quo. vadam. nescio.

Invitus. morior.

Valete. posteri.


II.


Diis. Manibus.

Sexti. Perpenne. Firmi.

Vixi. quemadmodum. volui.

Quare. mortuus. sum.

Nescio.


15 Dieser stellt Christum stehend vor, und knieen die Jünger, so das heilige Abendmahl empfangen, um ihren Meister herum.


16 VidIVNIVSde pictura veterum.


17 Die alten Maler nahmen sich öfters die Freyheit, unter den Personen der biblischen Geschichte, die zu ihrer Zeit lebende berühmte Leute oder gute Freunde abzubilden. Zu Wittenberg in der Pfarrkirche ist am Altare eine vom Lukas Cranach gemalte Kindtaufe zu sehen, an welcher die dabey befindlichen Personen damals alle bekannt gewesen und nach dem Leben abgeschildert sind: nur ist des Cranach Ehefrau, welche auch gern dabey seyn wollen, und deswegen ihrem Manne mit vielfältigen Bitten beschwerlich gefallen, zum Scherz rücklingsgesetzt. Ein Gemälde von der Hochzeit zu Cana, welches in Venedig gezeiget wird, stellet die Gesichter der damaligen berühmtesten italienischen Musicorum vor. Den Erzbischof Albrecht zu Mainz beschuldiget man, daß er anstätt der Jungfrau Mariä das Bildniß seiner Maitresse in die Kirche setzen lassen. Dergleichen Maskeraden sind von keiner neuen Erfindung, weil nach dem Zeugnisse Posidippus, Praxiteles die Venerem Cnidiam unter dem Bildnisse seiner Maitresse, der Cratina, den Götzendienern anzubethen gegeben hat. Die Schönheit der lüderlichen Phryne von Thespe hat den meisten da mals lebenden griechischen Malern Gelegenheit gegeben, unter der Phryne Gesichte die Göttinn der Liebe abzubilden. Vid. CLEMENSAlexandr. in Protrept. ad gent. p. 22. Cicero wirft dem Clodius vor, daß er die Statue eines Prostibuli unter dem Namen der Göttinn der Freyheit öffentlich consecriret habe. (Conf,HVLDERICVS von Irrthümern der Maler in biblischen Historien) CIC. pro Dom. c. 43: Hanc Deam quisquam violare audeat, imaginem meretricis?


Quelle:
Johann Georg Keyßler. Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. Theil 2. Hannover 1751, S. 834.
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