XII.

Neue Bahnen.

(Paris 1834–1835.)

Liszt als Schöpfer des modernen Klavierspiels. Historische Skizze des klassischen und brillanten Klavierspiels. Im Koncertsaal. Kampf mit den Klassikern. Kritikasterei.


Und dieser Zündstoff drängte vor allem sich künstlerisch zu entladen.

Aus ihm brach die große Umwälzung hervor, welche Liszt, das Banner der Romantik auf dem Gebiet des Klavierspiels schwingend, hier vollbracht hat, aus ihm der Kampf, welcher an seine Person geheftet sich auch hier zwischen alt und neu, klassisch und romantisch entspann.

Liszt hatte, seitdem er Paganini gehört und Berlioz und Chopin und romantischer Spuk in sein Wesen getreten, noch nicht wieder öffentlich gespielt, und alles das, was er in dieser Zeit innerer Entfesselung, feurig-energischen Aufflugs und hochfliegender Ideale für seine Kunst erreicht, war der Außenwelt fremd geblieben. Nun trat er wieder vor die Öffentlichkeit, ein anderer als die Pariser ihn gekannt.

Was er in diesen Jahren als Pianist gewonnen, war nach Seite der Technik eine großartige Erweiterung des Passagenwerks, der Doppelgriffe, des Akkordspiels, der Sprünge, der Anschlagsgattungen und Nüancirungen – technische Errungenschaften, welche mit dem Glanz eines großen und vollen Tones, mit einer titanischen Kraft und schwindelnden Rapidität auftraten. Dabei hatte jeder Einzelfinger eine Unabhängigkeit von den anderen und doch eine Kraftäußerung erreicht, wie sie vor ihm wohl keinem Pianisten vorgeschwebt. Seine Hand fand und konnte das unmöglich[265] scheinende. Sie fand die Kunst auf dem Klavier fern von einander liegende Töne, welche für zehn Finger zu erreichen unmöglich geschienen, gleichzeitig erklingen zu machen, ja sogar gleichzeitige Melodien und Gedanken – die Einzelstimmen eines polyphonen Gewebes – durch Verschiedenheit des Anschlags und der Nüancirung so zu sondern, daß sie nicht allein dem Spieler faßlich, sondern auch dem Hörer deutlich unterscheidbar waren. Kontrapunktische Formen, insbesondere die Fuge als höchste musikalische Vertreterin gleichzeitig auftretender Stimmen, sind hiemit nach ideeller Seite dem Klavier erst erobert worden. Vordem hatte man sie beim Vortrag mehr als harmonische Massen behandelt, wobei die Klangeinheit des Klaviers die Einzelstimmen vollends verdeckte. Nur durch das Streichquartett mit seiner Klangverschiedenheit wußte man die Einzelstimmen einer Fuge vollkommen unterscheidbar zur Ausführung zu bringen.

Aber nicht nur polyphone, auch brillante, sowie anmuthsvolle Bewegung ausdrückende Formen erhielten durch sein Spiel neue Wendungen, indem er jene vielseitige Gliederung der Figuren, Läufe, Passagen und Melodien schuf, welche sich mit »musikalischer Interpunktion« bezeichnen läßt. Einzeltheile, die sonst ohne Abgrenzung monoton und glatt in einander flossen, trennte er, hiermit die Formen zum Spiel der Phantasie erhebend. Aus Läufen stiegen neckende Geister hervor und Melodien wurden zu Dialogen. Diese für die allgemeine Entwickelung des Vortrags eingreifenden Errungenschaften hingen nicht nur mit »technischen Künsten« zusammen: sie hatten zum Hintergrund einen Geist und eine Phantasie, welche neuschaffend und umgestaltend Klaviermusik und Klavierspiel ergriffen. In ihnen lagen Technik und Vortrag. Seine Technik war keine erlernte Kunst, sie war Produkt und Sprache seines Geistes. Höher darum, eingreifender und bahnbrechender noch als durch die genannten Momente zeigte sich sein Spiel da, wo diese gleichsam aus ihm herausblitzten und alle technische und formelle Bindung sich auflöste in den Wechsel und Fluß geistiger Freiheit und Unmittelbarkeit, da wo diese Unmittelbarkeit gleich einer Naturgewalt hervorbrach und seine Technik zur phänomenalen machte. In Augenblicken, wo er am Klavier saß und der Dämon der Phantasie in ihm lebendig wurde, schienen alle Saiten seines Geistes zu erbeben und die ganze Skala seelischer Erregungen, vom unfaßbaren Hauch bis zur charakteristischen Schärfe, von der äußersten[266] Zartheit bis zur höchsten Kraft entfesselt und die musikalische Psyche von jedem Joch, das Formalismus und Tradition ihr geschaffen, befreit. Unter seinen Fingern wurden Themen, Melodien, Harmonien, Passagen- und Figurenwerk zu einer Sprache, welche »alle Zungen redete«. Sie jauchzten und weinten, sie sehnten sich und flehten, triumphirten und beteten – und das alles mit einer Gewalt des Ausdrucks, einer Kraft und Innigkeit, Klarheit und romantischen Schwärmerei, einer himmlischen Verzückung und doch irdischen Pracht, wie Paganini, dem die Weite des Geistes und der Seele durchglüht von Gottgefühl und Gläubigkeit versagt geblieben, sie nie erreichen konnte. Die Sprache der Kunst ist an den Künstler gebunden.

Als Liszt der pianistischen Kunst das romantische Banner zu entrollen begann, feierte das klassische Spiel in der »Brillance« eine noch ausschließliche Herrschaft. Mit ihm trat demselben plötzlich ein seinem Wesen entgegengesetztes Neues auf, womit auch auf diesem Gebiet der Zeit ihr Recht ward und der moderne Geist neuschaffend und umgestaltend sich Bahn brach. Mit schöpferischer Gewalt vollzog Liszt hier eine vollständige Umwälzung. Nicht nur, daß er der Technik Allfähigkeit des Ausdrucks und dem Vortrag eine das seelische Leben umfassende Weite und Tiefe erreichte: auch jeder einzelne Theil der Klaviermusik ward unter der Berührung seines Geistes zu einem Neuen. Alle Theile aber, die nebensächlichen wie die hauptsächlichen, schienen begeistert und beflügelt von der Macht seines Genius. Ornamentik und Passage, die Theile der Komposition, welche vor ihm und Chopin nur Mittel graziöser Form und äußeren Glanzes waren, verinnerlichte und erhob er zu einer Sprache bald der inneren, bald der äußeren Welt. Besonders entfaltete er die Passage, dieses bis dahin leere Prunkmittel der Virtuosen, zu ungeahnter Vielseitigkeit. Er tauchte sie in den ganzen Reichthum des Gefühls, aber auch in den Farbenglanz der Phantasie: sie ward ihm ein Mittel dichterischmalender Stimmung. Bald Landschaft zu einer Scene, bald Rahmen zu einem Bild, bald malerischer Hintergrund zum Gedanken, zum Gefühl oder zum Motiv und zur Melodie war sie ihm eine unmittelbare Sprache der Welt, die er in sich trug.

So erschienen unter seinem Vortrag alle Theile der Klaviermusik gesättigt mit geistigem und poetischem Gehalt, und sein Spiel trat den Zeitgenossen entgegen als ein Vollausdruck des in[267] der Romantik sein erstes allgemein historisches Kunstdebüt feiernden modernen Geistes. D'Ortigue schrieb damals in der Gazette musicale de Paris die merkwürdigen den Höhenflug seiner Ideale, sowie sein an das Wunderbare grenzendes Spiel charakterisirenden Worte: »Unser Künstler erblickt in allen Künsten und besonders in der Musik ein Zurückprallen, einen Widerschein der allgemeinen Ideen, so wie im Universum Gott. Er ist der poetischste vollendetste Inbegriff aller Eindrücke, die er empfangen hat. Diese Eindrücke, die er allem Anschein nach vermittelst der Sprache gar nicht wiedergeben und in klaren bestimmten Gedanken aussprechen könnte, diese reproducirt er in ihrer ganzen unbegrenzten Ausdehnung, mit einer Kraft der Wahrheit, mit einer Gewalt der Natur, mit einer Energie der Empfindung, mit einem Zauber der Anmuth, welche unerreichbar sind. Bald ist seine Kunst passiv, ein Instrument, ein Echo: sie drückt aus, sie übersetzt; bald ist sie wieder thätig: sie spricht, sie ist das Organ, dessen er sich zur Entfaltung der Ideen bedient. So kommt es, daß Liszt's Vortrag kein mechanisches, materielles Exercitium, sondern vielmehr und im eigentlichen Sinn eine Komposition, eine wirkliche Schöpfung der Kunst ist.«

D'Ortigue hatte mit diesen Worten den hohen geistigen Gehalt von Liszt's Spiel richtig erkannt: es war untrennbar von seinen Ideen, von seinen Kunst- und Virtuosenidealen. Sie standen im Hintergrund, sie gaben den Ton und den Takt an. In dieser Periode hatten sie bestimmtere Gestalt und Liszt's einstiges Verlangen nach Priesterweihe löste sich auf in dem Gefühl specifischer Kunstmission, aber ohne daß das eine das Wesen des andern aufgehoben hätte. Beide vielmehr vereinten sich in seinen Kunstidealen. Von dem Augenblick an, wo Liszt den Wanderstab ergriff und Europa's Länder als Klavierspieler durchzog, von dem Augenblick an begann die erste seiner künstlerischen Missionen, die pianistische, sich zu vollziehen, von da an ist er nicht nur der reisende Virtuose, sondern der Prophet und Gesetzgeber neuer Kunstbahnen.

Obwohl es bis zur gegenwärtigen Stunde musikalische Richtungen giebt, die mit bewundernswerther Ausdauer an der Tradition des klassischen und brillanten Klavierspiels festhalten, das moderne Spiel als eine Verirrung bezeichnend, so sind sie doch alle von ihm beeinflußt, sei es bezüglich des Anschlags und der Ausbildung der[268] Technik oder sei es bezüglich der Gliederung der Figuren, Passagen und Melodien, sowie der Nüancen der Tongebung. Es gehört mit zur öfteren Ironie der Geschichte, daß die Gegner des Fortschrittes sich in den Mitbesitz der Vortheile setzen, welche zu den Errungenschaften derer gehören, die von ihnen bekämpft werden.

In den genannten wunderbaren und sagenhaft klingenden Eigenschaften lag die Entfaltung des Zündstoffes, der durch die geistige Atmosphäre jener merkwürdigen Jahre sich in Liszt entwickelt hatte – sie wurden zu einer reichen Fülle gesunden Samens, der hineingestreut in die Entwickelung des Klavierspiels und der Klaviermusik hier eine neue Epoche hervorrief, in jener Zeit aber auf diesem Gebiet zum Aufruf des Kampfes zwischen Altem und Neuem, zwischen Romantik und klassischer Tradition wurden.

Man muß, um würdigen zu können, was alles Liszt dem Klavier damals abrang und wie umwälzend er auf die Fortbildung und Entwickelung des Klavierspiels und gleichzeitig auch auf die Entwickelung des Stils der Klaviermusik einwirkte, zurückdenken, auf welcher Stufe sich während der Restaurationsepoche Virtuosenthum und Klaviermusik befanden, wie sehr sie Nachblüthen und Ausläufer des achtzehnten Jahrhunderts mit seiner musikalischen Klassicität und formellen Bindung waren und wie fern sie den Idealen standen, welche die Kräfte unseres Jahrhunderts, speciell die der dreißiger Jahre, in Bewegung gesetzt haben.

Jene Stufe war analog der Kunstrichtung, welche in Frankreich wie in Deutschland von den die Neuzeit vertretenden Romantikern bekämpft wurde und im »lyrischen Stil« der Klassiker wurzelte. Bei diesem – Beethoven's Werke ausgenommen – waren Klangschönheit, sowie ebenmäßige Form bezüglich des Perioden- und Satzbaues die Grundzüge, um nicht zu sagen: sein Wesen selbst. Ihnen entsprach das Klavierspiel, welches wieder im Einklang stand mit der Beschaffenheit der früheren Instrumente, die in keiner Weise die Ausführung einer Musik unterstützt haben würden, welche auf Fülle des Tones, auf ausgeprägte Nüancirung und Vielseitigkeit des Anschlags Anspruch erhoben hätte.

Fétis le père, welcher das frühere Klavierspiel noch aus eigener Beobachtung kannte und diese Kenntnisse nicht, wie wir heutigen Tags, aus dem Vergleich der älteren Klaviermusik und des früheren Klavierbaues mit der Klaviermusik und dem Bau der Instrumente der Jetztzeit gewonnen hatte, sagt darüber: »Der schwache Klang,[269] die dünnen Saiten der alten Klaviere boten armselige Hilfsquellen für das Kolorit der Ausführung. Die Gegensätze des Kräftigen und Zarten konnten nur schwach angedeutet werden. Hieraus erklärt sich die Seltenheit der Nüancen der Musik Clementi's, Haydn's, Mozart's, Dussek's und anderer Meister dieser Epoche. – Gegen Ende des achtzehnten und zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts wurden in der Konstruktion der Instrumente große Verbesserungen gemacht, namentlich beim sogenannten »großen Piano« (Flügel), das eine halbe Oktav an Umfang gewann und unter den Händen Broadwood's und Erard's zu großer Vollkommenheit gelangte. Von da an gewinnt die Klaviermusik an Farbe, die Ausführung wird eine kräftigere und aus den weichen und markigen Tönen des Instrumentes entfaltet sich die Möglichkeit des gebundenen Spiels, des ausdrucksvollen Gesangs« So Fétis.

Die Entwickelung dieser letzteren Eigenschaften – gebundenes Spiel und ausdrucksvoller Gesang – gehören den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts an. Überhaupt hatten erst in dieser Zeit, welche dem virtuosen Klavierspiel Vorschub leistend den »lyrischen Stil« der klassischen Periode in den »brillanten Stil« umwandelte, die allgemeinen Gegensätze des Anschlags, legato und staccato, forte und piano, ihre Ausprägung gesunden. Mit ihnen hatte der Fingersatz sich festgesetzt und geregelt, welcher ihre Anwendung bei Melodie und Harmonie, sowie bei dem ornamentischen Theil der Klaviermusik möglich machte. Mit dem Hervortreten der virtuosen Elemente der Technik trat der innere Gehalt der Musik in den Hintergrund, zur Nebensache werdend, eine Richtung, welche durch Czerny, Abbé Gelinek, Kalkbrenner, Pixis, Herz u.A. zur Ausbildung gelangte, während die höher begabten Virtuosen wie Clementi, Hummel, Moscheles das virtuose Element wohl im hohen Grad steigerten, es aber mit dem lyrischen, von den Klassikern entwickelten Gehalt zu verbinden suchten. Bis hinauf zu den vierziger Jahren war das Klavierspiel im allgemeinen der Art, daß Schnelligkeit, Leichtigkeit und Glätte der Figuren und Passagen und bezüglich des Ausdrucks eine weiche, in der Mitte der Empfindung stehende Melodie, welche stark charakteristische Gegensätze des Gefühls ausschloß, seine Hauptvorzüge waren. Eine Gliederung der Passagen, ein Hervortreten der Gedanken, ein bis zur Dramatik gesteigerter Vortrag, eine innere Bewegtheit und Vertiefung des Ausdrucks, Dramatik – alle die Eigenschaften,[270] welche das von Liszt geschaffene »moderne Klavierspiel« charakterisiren, waren noch nicht zur Entwickelung gekommen. Kontrapunktische Stimmenverwebungen wurden wie harmonische Massen behandelt, Melodie und Begleitung bewegten sich in gleicher Tonstärke, die Einzeltheile gingen unter und verloren in der allgemeinen Harmonie. Das ohngefähr war der allgemeine Typus des Klavierspiels, die Folie für Liszt's Umgestaltung desselben.

Wohl sollte man im Hinblick auf die Klavierwerke Beethoven's und Weber's erwarten, daß die Vielseitigkeit, der kräftigere Pulsschlag und die romantischen Saiten der Lyrik, daß Momente dramatischer Erregung und Bewegtheit auch im Klavierspiel zum Durchbruch und Klang gekommen wären, daß das eine das andere bedingt habe. Dem war aber nicht so. Wie der Geist der Beethoven'schen Musik zu Lebzeiten des großen Meisters ein unverstandener blieb und die Ahnung der historischen Bedeutung seiner Werke, der Glaube an ihre unsterbliche Größe mehr im Gefühl Einzelner als im allgemeinen Bewußtsein lag, ebenso war die Wiedergabe derselben eine solche, welche ihrem Geist nicht gerecht ward. Man spielte sie »klassisch«, d.h. streng im Tempo, flüssig, glatt, mit leidenschaftlosen Accenten und liebenswürdigem Gefühlsausdruck. Die stürmische Gewalt, das kraftvolle Sehnen, die ethische Hoheit seiner Musik blieben noch im Buchstaben verschlossen, der bekanntlich erst durch die Romantik mit ihren Umwälzungen seine geistige Lösung fand. Beethoven selbst spielte seine Kompositionen nicht klassisch, wie abgesehen von den vielen Beschreibungen seines Spiels seitens seiner Zeitgenossen sich schon nach dem Charakter derselben behaupten läßt. Er spielte sie »klassisch-romantisch«. Seine Vortragsweise aber trat nicht fördernd, auch nicht umgestaltend in die Entwickelung des Klavierspiels. Der Grund lag theils in seiner Zurückgezogenheit vom öffentlichen Leben, theils aber auch in der Richtung des damaligen Klavierspiels, welches virtuosen Elementen zugewandt war und für Werke von so tief geistigem Gehalt wie die Beethoven's nicht die Stimmung besaß. Den Virtuosen jener Zeit war die historische Aufgabe zugefallen die technischen Mittel zu gewinnen und auszubilden, welche zur Darstellung eines neuen und weiteren Kunstinhaltes erforderlich sind.

Beethoven's Einfluß auf die Kunst des Klavierspiels war daher ein indirekter und beschränkter, und seine mit romantischen[271] Momenten versetzte Vortragsweise blieb von dem größeren Theil der Klavierspieler und Musikfreunde so lange unbeachtet, bis der Inhalt seiner Werke zum Bewußtsein und Verständnis gekommen war und zu einem allgemeinen gemacht werden konnte. War das erstere eine Aufgabe der schaffenden und reproducirenden Künstler, so fiel die zweite Aufgabe den Lehrern, den theoretischen, praktischen und literarischen, anheim. Unter letzteren hat Bernhard Marx sich große Verdienste mit seinen von Vorurtheil und Tradition freien Schriften über Beethoven (»Beethoven's Leben und Schaffen«, und »Anleitung zum Vortrag Beethoven'scher Klavierwerke«) erworben und nicht wenig dazu beigetragen die Eigenthümlichkeiten seines Geistes und seiner Vortragsweise den Gebildeten überhaupt deutlich und verständlich zu machen. Namentlich war er mit der zweiten Schrift bestrebt den Vortrag von Beethoven's Melodie und Begleitung, von rhythmischen und rhetorischen Accenten, von Taktfreiheit und Gebundenheit aus dem Geist seiner Werke darzulegen, wobei er aber zu bemerken übersah, daß alle diese Vortragsmomente Liszt bereits in den dreißiger Jahren erkannt und als Hauptinterpret der Werke des deutschen Meisters gegeben hatte, daß er sie in seinem Lehrzimmer docirte und daß gerade in diesen dem klassischen Spiel entgegengesetzten Momenten die Angriffe sich festgesetzt hatten, welche in dem Kampf der Romantiker mit den Vertretern der Klassiker, von letzteren gegen Liszt gerichtet worden waren. Was in jener Zeit angefochten und bekämpft wurde, steht heutigen Tags als unantastbar da und hat seinen bleibenden Ausdruck in seines Schülers H.v. Bülow's Ausgabe der Beethoven'schen Klaviersonaten gefunden, welche er Liszt gewidmet »als Frucht seiner Lehre«.

Die Wendung zum modernen Klavierspiel hat Liszt in den Jahren von 1831–1834 vollzogen.

Als er aber jetzt, nachdem er während dieser Zeit mehr in Privatkreisen als in öffentlichen Koncerten gespielt, wieder vor dem Publikum stand, ein Neuer und ein Neuerer, da hatte es Mühe »le petit Litz« wieder zu erkennen – ein romantischer Himmelstürmer stand vor ihm, keinen Vergleich mit früher zulassend.

Aber auch ein Vergleich mit andern Virtuosen war unmöglich, selbst die Atmosphäre des Koncertsaals schien bei seinen Koncerten verändert. Eine erhöhte Stimmung, Belebtheit, Spannung auf allen Gesichtern. Er selbst auf dem Podium. Um ihn herum im[272] Halbkreis, graziös in Fauteuils gelehnt, ein Kranz von Frauenschönheit und Vornehmheit – Huldgöttinnen dem Künstler, ihm alle mehr oder weniger bekannt. Unter diesen comtesses et duchesses waren manche seine Schülerinnen, und er hatte vielleicht erst heute morgen gegen die eine oder die andere gestürmt und ihr ein halb Dutzend allerliebste Impertinenzen über ihre Trägheit und Indolenz gegenüber der Kunst hingeworfen. Nun saß alles hier im vollsten Glanz, in voller Toilette wie bei einem grand rout. Leichte Verbeugungen gingen herüber und hinüber, dazwischen Lächeln, Blicke. Während der Pausen trat er in diesen Zauberkreis. Konversation, deren geistreiche Plänkelei Augen und Mimik der Konversirenden verrieth – der Koncertsaal schien umgewandelt in einen Salon, in welchem die gesellschaftliche Etikette der vornehmen Kreise herrscht. Das war alles anders als bei andern Koncerten und Virtuosen. Selten ging da die Etikette über den zweimaligen tiefen, meist unbeholfenen Bückling hinaus, mit welchem der Virtuos den »hohen Adel und das hochverehrliche Publikum« begrüßte und den er am Ende seiner Produktion wiederholte, seinen »tiefgefühlten« Dank für den empfangenen Applaus bescheinigend. Und kam es doch dazwischen vor, daß eine grande dame oder ein grand seigneur den Virtuosen von ehemals durch einige freundliche Worte auszeichnete, dann verrieth seine ganze Haltung, in welche Verlegenheit ihn diese »große Ehre« gebracht. Zusammengebückt zu einem Winkel, von dem sich schwer unterscheiden ließ, ob er konkav oder spitz, lauschte er den an ihn gerichteten Worten, um dann eiligst im Krebsgang sich zurückziehen. Und nun Liszt! Seine schlanke Jünglingsfigur! seine edle stolze Haltung! keine Spur von Befangenheit; jede Bewegung Anmuth und Leichtigkeit, so stand er, der jugendliche Gott mit dem profil d'ivoire, mitten in dem für andere mit chinesischen Mauern umzogenen vornehmen Kreis, ein Aristokrat des Geistes unter Aristokraten des Standes. – Koncertsaal und Publikum – alles war umgewandelt bei seinem Auftreten.

Übte schon Liszt's Erscheinung eine anziehende und aufregende Macht über die Stimmung seines Auditoriums, so steigerte sich diese bis zur Exaltation bei seinem Spiel. Hier war kein Rede mehr von »ruhigem Genießen«. Die Stimmungswellen gingen auf und ab, kreuz und quer, leidenschaftlich und erregt bis auf ihren Grund. Ihm gegenüber stand es willenlos, staunend und[273] erbebend wie unter einer Gewalt und einem Zauber der Natur – eine Einwirkung, die sich nicht immer zu seinen Gunsten geltend machte. Hatte im Koncertsaal die allgemeine Aufregung durch den stürmischen Applaus sich Luft gemacht, so machte sie sich außerhalb desselben Luft durch die stürmischste Kritik.

Das künstlerische junge Frankreich jubelte ihm zu, sein Spiel war ein Triumph der nach Oberherrschaft ringenden Romantik; aber die alten Herren bekreuzten sich und schickten ihr absolutes »Ich verbiete« in die allgemeinen Meinungen und im Nu standen sich Parteien gegenüber, von denen die gegnerische gegen Liszt und seine Vertreter ebenso die klassische Bannbulle handhabte, wie die Académie française gegen Viktor Hugo und seine Genossen. Das war ein Kampf nicht auf Tage, Wochen und Monate, sondern auf Jahre, ein Kampf, der den Charakter des Persönlichen trug und doch in seinen innersten Elementen unpersönlich war: der Kampf einer neuen Zeit mit einer alten, als deren Träger einer Franz Liszt die historische Berufung hatte. Damals aber und nach Außen trug er überwiegend den Charakter des Persönlichen, was, so geringwiegend derartige Dinge gegenüber dem geschichtlichen Sieg einer Sache auch sind, im Leben des Künstlers selbst meist zu einer schweren Last wird, seine Bewegungen hemmend, sein Herz mit Bitterkeit füllend.

Eine unbeschreibliche Erhitzung machte sich geltend und es schien anfangs, als sollte die Gegenpartei Sieger werden – aber nur da schien es so, wo die Feder galt, und nur so lange, als die Pausen währten von einem seiner Koncerte bis zum andern. Im Koncertsaal schwiegen die Meinungen und die zündende Gewalt seines Spieles wiederholte und steigerte sich.

Das war der Moment, wo Liszt zum zweitenmal in Paris Mode wurde. Die Aristokratie an der Spitze, die höheren Bildungsschichten, was auf Rang und Bildung Anspruch erhob, zählte zu seinen Koncertbesuchern – den Gegnern ein Stachel zu größerer Erbitterung. Zu letztern zählten nicht nur alte Herren mit klassischen Grundsätzen, sondern auch sehr viele junge ohne Grundsätze, aber mit um so mehr Unverstand, Mißgunst und Bosheit. Der Neid über seine gesellschaftliche Bevorzugung und seine Koncerterfolge agirte meist im Hintergrund ihrer Referate und Kritiken, alles aufbietend jene zu hemmen. Sie kritisirten nicht nur sein Spiel, sondern auch Äußerlichkeiten plump aufgreifend und hieraus ihre Bolzen schnitzend[274] seine Person. Welcher Art sie waren, ist aus einem kleinen Dialog zu sehen, den »Le Pianiste« (Journal special analytique et instructif, 1834 Nr. 4) für ihn plaidirend brachte, Für und Gegen, jenes durch eine Dame, dieses durch einen Feuilletonisten, personificirend.

»Comment, Monsieur?« sagte die Dame; »Sie wollen das in Ihr Journal setzen?«

»Mais, Madame – bewegt er sich doch auf seinem Stuhl wie eine Pythia!«

»Mais, Monsieur«

»Mais, Madame, sein Kopf geht ja immer von der Linken zur Rechten. –«

»Mais, Monsieur – Sie nehmen für Fehler, was nur eine Folge seiner Aufregung und des ihn beherrschenden musikalischen Gefühls ist. Wie alle seine Gegner, haben auch Sie Unrecht; Sie beurtheilen ihn zu kalt. Ihnen fehlt, um ihn begreifen zu können, die ihm ähnliche Seele: eine Seele, die seinen Vortrag vollkommen macht und aus diesem spricht, so wie der Dichter sagt:

Son âme est dans ses doigts, son âme est dans ses yeux:

Cet artiste parfait semble inspiré des cieux!

Gewiß werden Sie auch lächerlich machen wollen, daß er beim Applaus des Publikums dem nächststehenden Künstler sich ans Herz warf – was wäre natürlicher gewesen?! War das nicht der freie und lebendige Ausdruck des Glückes über den gewordenen Beifall?« –

Ein anderer, ein ernsterer Theil der Gegner – die alten klassischen Herren –, welcher sich mehr an sein Spiel hielt, hatte mit seinen Aussetzungen nicht immer ganz Unrecht. Allein über alles Maß hinausgehend verfehlten auch sie ihr Ziel. Was der junge Künstler erreicht hatte, lag außerhalb ihres Sehvermögens und was an seinem Spiel angreifbar war, erkannten sie nicht. Was bei demselben Angriffspunkte gegeben haben würde, war, daß er im Flammenmeer der Begeisterung stehend die Lohen nicht maß, die er aus seinem Innern herausschleuderte. Voll Kraft und leidenschaftlicher Gluth durchbrach er verheerend und versengend die konventionellen Dämme. Er sprach nur sich aus, sich selbst mit seinem noch unermessenem Sein, dessen Höhen und Tiefen auf- und niederwogten, fliegende Inseln im Weltmeer des Geistes. Das Kunstwerk war der Stoff, an dem er sich entlud.[275]

In diesem Moment war er ein künstlerischer Ausdruck der revolutionären Romantik der dreißiger Jahre, aus dem die Souveränität des Ichs sprach – der Punkt, den zu bekämpfen eine Berechtigung vorlag. Aber sie begriffen weder sein Wesen noch diese neue Bahnen betretende Seite seines Spieles. Um die Schätzung des einen wie des andern übernehmen zu können, hätten sie weder »klassisch« noch »romantisch« sein dürfen: sie hätten zu jenen Seltenen gehören müssen, die auf den Bildungshöhen sich bewegend, den Blick getränkt mit geschichtlicher Erfahrung, das Kleine, Accidentielle, das Persönliche und Nebensächliche vom Wesen selbst zu trennen vermögen und deren Gemüth noch in jener Sphäre lebt, wo der Glaube auf bessere Zeiten, auf bessere Menschen, auf höhere Kunst und höhere Ideale hofft. Nur der Kunstkritiker, der so in zwei Welten lebt, objektiv sehend, subjektiv hoffend, wird den großen, aber noch unberechenbaren Erscheinungen im Kunstleben zu folgen wissen.

Doch wie hätten auch sie, die in Kalkbrenner, Pixis, Steibelt und Geistesverwandten die Vertreter klassischen Klavierspiels verehrten, einen jugendlichen Himmelsstürmer wie Liszt begreifen können? Sie hingen sich ebenfalls an Äußerlichkeiten, an die sie sich um so fester klammerten, je weniger sie befähigt waren seinem Wesen zu folgen. Diese seine Todsünden gegen den konventionellen Geist des Klavierspiels waren Übermaß des Ausdrucks, nicht vorgeschriebener Tempowechsel, zu scharfe Accente, veränderte Rhythmik, eigenwillige Verzierungen. Ihnen gegenüber fand die Beschränktheit ihre Schlagwörter in den Bezeichnungen: Effekthascherei, Charlatanismus.

Diese »gegnerische Kritik« – wenn man mit diesem Namen die allgemeine Zeitungsschreiberei so nennen darf, die nach einer Seite nie einen Ernst, nach anderer nie eine höhere weitsehende Idee in sich trägt, die sogar meist an verkommene Subjekte geknüpft war, welche aus den Tagesereignissen und als Instrumente höher stehender Individuen die Mittel für ihre dunkeln Existenzen zogen und ohne künstlerische Fachbildung heute über Musik, morgen über Bildhauerei und am dritten Tag vielleicht über eine Verbesserung der Feuerlöschmaschinen schrieben – diese gegnerische Kritik, obwohl damals wie heute in der öffentlichen Meinung eine Macht, konnte Liszt in seinen Bestrebungen nicht beirren. Wie jeder Künstler, der ein Eigener, fühlte er sich so ganz mit seinem Stoff Eins,[276] so erfüllt von ihm, so durch und durch vibrirend unter dem Hauch höherer Begeisterung, daß ein inneres Schwanken ihm unmöglich war. Einem die Lüfte durchsegelnden Adler gleich erschreckten ihn nicht die ihn verfolgenden Rufe. Er flog weiter und weiter, von Höhen zu Höhen. Aber es bildete sich in ihm gegenüber dem Urtheil der Presse jener souveräne Trotz aus, für welchen letztere sich zu allen Zeiten zu entschädigen gewußt hat.

Die Romantiker jubelten ihm enthusiastisch zu. Sie fanden in seinem Spiel sich selbst mit ihren Stimmungen wieder, aber auch hier vermochten nur Einzelne, wie d'Ortigue, Heine, Berlioz, den kühnen Segler zu erkennen, der in den höchsten Sphären des Geistes nach neuen Landen suchte. –

Wie in der Wintersaison 1834 findet sich in der Journalistik 1835 Liszt's Namen wieder vielfach mit dem Koncertsaal verknüpft, häufiger noch als im vorigen Jahr. In dieser Saison war er nicht nur die hervorragendste Virtuosenerscheinung, sondern auch die thätigste. Er gab einige Koncerte mit Berlioz, einige eigene, spielte im Conservatoire de Musique und unterstützte ander Künstler durch seine Mitwirkung.

Historisch am bedeutungsvollsten waren die mit Berlioz gegebenen Koncerte. Sie vertraten die Strebungen der Zeit. Hier trat er als Propagandist für Berlioz auf, Bruchstücke aus dessen Sinfonie fantastique, »Le bal« und »Lamarche du supplice« spielend, welche er dem Klavier übertragen hatte. Nach dieser Seite hin war er der »nächste Wahlverwandte« Berlioz's, welcher dessen Musik »am besten zu exekutiren wisse«, wie Heine sagte. Außerdem trug er in diesen und andern Koncerten Kompositionen von Beethoven, Chopin, Moscheles, auch zum ersten Mal Weber's Koncertstück vor, das später zu seinen berühmtesten Leistungen gehörte, dem aber auch seine Interpretation einen Glanz verlieh, daß es schwer bleiben dürfte zu entscheiden, wer mehr gegeben, der Komponist oder sein Interpret. Unter diese Vorträge mischten sich einige eigene Kompositionen, von denen die Presse besonders ein Duo für zwei Klaviere über ein Thema von Mendelssohn nannte, welches er mit einer Schülerin, Mlle Vial, spielte, dessen Manuskript jedoch verloren gegangen ist.1 Sein[277] Auftreten aber war, wie die pariser Gazette musicale berichtet, stets mit »des applaudissements frénétiques« begleitet. Er selbst erschien ruhiger, Haltung und Bewegung maßvoller, was weder der Presse noch dem Publikum entging. Liszt hatte sein Äußeres mehr beherrschen gelernt.

Hatte, trotz aller Gegenströmungen, diese Saison dem jungen Künstler viele Lorbeeren gebracht, so errang er sich nicht geringere als Mensch. Die Koncerte mit Berlioz hatte er gemeinschaftlich mit diesem gegeben, aber stets überließ er jeden pekuniären Vortheil jenem, der Hilfe brauchte. War er auch selbst besitzlos, so konnte er sich durch sein Lektioniren helfen. Der schöne heiße Drang überall das Gute und Schöne zu fördern, trat bei seinen Mitwirkungen bei Koncerten Anderer in den Vordergrund. Wie der Höheflug seines inneren Lebens keine Grenze kannte, so war seine Bereitwilligkeit zu fördern unbegrenzt und sein Princip, seine Kunst in den Dienst der Hilfsbedürftigen so gut wie in den des Schönen zu stellen zeigte sich als ein ihm natureigenes. Bald spielte er für die heimatlosen flüchtigen Polen, bald für eine arme Familie, bald für brodlose Arbeiter. Sogar Fachgelehrten, welche durch Experimente die medicinische Wissenschaft zu fördern suchten, lieh er sein Spiel. Nach einem der pariser Gazette musicale entnommenen Bericht der Gazette médicale2 machte ein an einer städtischen Irrenanstalt thätiger Arzt an einer in Apathie versunkenen Kranken Versuche über die Einwirkung der Musik auf diesen Zustand. Bei diesen Experimenten wurde er von Musikern verschiedener Fächer, von Sängern, Flötisten, Geigern, Pianisten, unter letzteren von Liszt, durch Vorträge unterstützt, von denen die Liszt's als die wirkungsvollsten bezeichnet wurden.

So war nach allen Berichten damaliger Zeit der junge Künstler überall im Vordergrund, wo es galt, die Flagge für Kunst, Wissen, Fortschritt und edle Bestrebungen aufzupflanzen.

Von diesem Winter an datirt Liszt's Bedeutung als bahnbrechender Künstler. Zweifach zeigte er sich als solcher: bezüglich des Klavierspiels als Eigener, bezüglich der Werke seiner bahnbrechenden Zeitgenossen als Herold und Pionier.

Diese pariser Koncerte waren die ersten Anzeichen seiner historischen Aufgabe als reproducirender Künstler.

Fußnoten

1 Die Gazette musicale de Paris gedenkt dieses Duos mehrmals. Siehe 1835, No. 2, 15 etc.


2 Siehe Gazette musicale 1835, Seite 15.

Quelle:
Ramann, Lina: Franz Liszt. Als Künstler und Mensch, Band 1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1880.
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