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Salzb: den 8ten Jan: 1781


Mon trés cher Fils!


gestern waren wir, statt des Balls, bey hl: Hagenauer. alle empfehlen sich. Deine schwester war nun 2 mahl beym Maler.2 Sie ist gut getroffen, und wenn beym ausmahlen kein fehler vorbeygeht; so wird es eincharmanter Kopf. – Der hl: Dr: Prex empfehlt sich Dir, und hat daß ohnaussprechlichste vergnügen, da er vernommen, daß Du den Salzburgern so grosse Ehre machest. Die fr: von Robini ist also mit ihrerFamille auch in München. Sie ist mir entwischt, da sie gestern den 7ten morgens abgereiset, anstatt, daß sie heute erst gehen wollte. Sie gieng um einen Tag früher, weil sie wuste, daß ihr hl: Sohn schon angelangt, der eben bey Dir war, als auch der alte hl: Prohatska, oder wie er heist, des Fiala schwiegervatter bey Dir war. hl: Fiala wird vielleicht noch vor meiner nach München kommen: denn er wird, wie er sagt, itzt schon Erlaubniß nehmen. vermuthlich eilt er so, weil der Fürst von Wallerstein sich nun abermahl verhayrathet, und er zu dieser Festivitet eingeladen ist. io Suppongo qualche Cosa. – vielleicht trmcutlt lr wfdlr dsrt dflnotl zh nlualn.3 Es ist aber nur so mein Einfall: dann gestern sagte mir hl: Hagenauer, daß hl: Fiala sein Violoncello um, weis nicht, 3 Louisd'or, oder 3 Souvraind'or einem fremden hl: beym schifwirth verkauft habe. questo uomo non fa confidenza ai suoi amici, come gia sapete, é Boemo; e io ne son contento. seine Frau hat schon viele wochen die Kreetz und bald da bald dort das Rothlauf, und da sie zugleich groffschwanger ist, so sieht sie elend aus: hat schon wieder andre Dienstmägde, nimmt von niemand Rath, – und so ist auch nicht zu helfen. – Nun kommt ein Bourlesque: den 30 December, abends gieng der Kellner vom Hofwirth in den Keller des Hoffmarschalls, den der Wirth im Bestand hat, um ein zwey Ehmer vortrefflich ungarischen Edenburger wein herauszunehmen. [175] Er legte das 2 Ehmer vasß ausser dem Keller auf die Stiege, und sagte dem Hausknecht, da er nach Hause Kamm, daß er das vassl hohlen solle. der Haußknecht vergass es, und der Wein blieb liegen. In der Nacht kam um 12 uhr ein Heyduck Hansgeorg besoffen nach Hause; – das Hausthor ist immer offen, weil die schildwache vom gr: Wicka neben bey stehet; aber ins zimmer konnte er nicht, alles war zu. Er war nun seine zuflucht zum gewöhnlichen Platz, den er öfter, bey ähnlicher gelegenheit einnahm, öfnete die Kellerfallthür um sich auf die stiege zu legen. – da fand er ein vass. Er trugs unter das thor, öfnete den spund, roch den vortreffl: Wein. sprach mit der schildwache; die ihm so bald die ablösung geschahe ein grosses geschirr aus der Wachtstube verschaffte: dann gieng die freude an. Die ganze Nacht hindurch hatte die Wicka, Obersten, Mirabell, und Mirabell Thorwache arbeit genug den Wein, davon auch eine gute portion verschittet wurde, auszusauffen. Die Tagrund fand in der Frühe alles besoffen, der gr: Wicka, der in aller Frühe zum Fenster heraussahe hatte die Ehre seine schildwache auf dem Boden liegend im tiefem schlaffe zu bewundern. Einige konnte man bis auf den abend nicht zur sprache bringen. Nun ist alles im arrest! à bon Conto der Wein war vortreflich! und rein ausgesoffen; der Hayduck liegt auf dem Rathhause mit frischem Wasser die Hitzige Leber abzukühlen und hat die Ehre den Wein zu bezahlen.

Ich schrieb Dir einmahl, daß mir der vatter desCeccarelli geschrieben. Eben itzt erhalte abermahl einen Lamentablen Brief, wo er mir dankt, daß ich ihm geantwortet, und von dem hier- und wohlseyn seines Sohnes Nachricht gegeben habe, dann heists:

ma sarei oltre a ricercarvi di usare con vostra bella maniera di volere ammonire mio figlio, che veramente si é scordato affatto della sua Casa, che da 14 mesi in quà non si é ricordato della sua Casa, senza avergli mandato piú un quadrino, che la sua Casa non a fatto cosi per lui quandò era fancioletto, onde sarebbe dovere che lui amaße il suo proprio Padre, ma per quanto vedo mi pare che si sia scordato affato: ma Iddio sta [176] di Sopra! etc: mir scheint es wird nicht einmahl noch über 14 monate seyn, daß er geld für seinen vatter zusammgebettelt hat, und vermuthlich, wie aus seinem Brief klar abnehme, hat ers in seinem Nahmen, als wäre es aus seinem Beutl, dem vatter geschickt. abscheulich! er vertändelt so viel geld unnütz. – – hl: Steiger ist gestorben, – und Begraben. – zu St: Peter war der gottes dienst, Requ: vom Haydn, Brunetti; Haydin, Ceccarelli x: waren dabey, Haydn spielte die Orgl, und NB der Meissner sang ein teutsches Perausisches Lied. – Deine schwester war beym gottesdienst. – kannst Du Dich eines gewissen hl: von Zimmermanns erinnern? Er war dort auch bey der Steigerin in München beym Albert. ein bon compagnon des Steiger: Hauses. Dieser ist wie ein Lumpp hier an eben dem tag angelangt, als man den Steiger zum grabe trug, bey dem er eben Hilfe zu suchen nach Salzb: kam. Er hatte in einem schreiben dem seel: Steiger geschrieben, er wäre Legations Secretaire gewesen und unglücklich geworden, und, gott weis, was für schwänke: kurz! es ist ein avanturier aus ihm geworden: ich vermied immer seine Bekanntschaft; gott erhalte meinen Prophetischen geist! – -

Wegen dem schwarzen Kleid war Deine schwester sehr verlegen. Das alte ist so abgetragen, daß es nicht mehr zu gebrauchen. sie hat also heute sich entschlossen ein ganz neues ihr machen zu lassen, und es ist der grosditour schon beym schneider, es wird sie auf etliche und 70 f zustehen zu kommen. Sie Hoft dlr Cuhrifrot wfrd lo blzmueln ahooln.4 Wir küssen Dich millionmahl und ich bin Dein getreuer alter redlicher vatter

Mozart


P:S: Mit der Hochzeit des Hofmarschalls5 wird alles dem Krebsgang nehmen, der general ist so gescheid und giebts nicht her, obwohl der alte arco es haben will und seinem Sohn einen heftigen Brief geschrieben hatte. und der gr: Daun redet nun auch den Hofmarschall auf, daß er mit so einer jungen Person eine lächerliche Hayrath [177] machen mürde. gestern waren 127 Personen auf dem Ball, diese bestunden aus der Noblesse und dem Wilden adl die freybillet bekommen haben, – versteht sich, Du weist es schon. von Kaufleuten war keine Seele, als der hl: Weiser mit dem fremden Mädl vom Bauernfeind.

Fußnoten

1 Antwort auf Wolfgangs Brief vom 3. Januar.


2 s. den Brief der Schwester vom 30. Dezember 1780.


3 Auflösung der Chiffren: trachtet er wider dort dienste zu nehmen.


4 Auflösung der Chiffren: der Churfirst wird es bezahlen mussen.


5 Graf Lodron (s. den Brief vom 2. Dezember).


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 4. München/ Leipzig 1914, S. 178.
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