Ergänzungen aus Beethovens Briefen an Nikolaus Simrock.

Zu Seite 13 und 77.


Der mir durch Herrn Hans Simrock vorgelegte Zessionschein über die beiden Cellosonaten [op. 102] (unterzeichnet von Beethoven und Peter Joseph Simrock für seinen Vater) ist datiert vom 28. September 1816. Die Sonaten sind aber frühestens Ende Februar oder Anfang März erschienen, da Beethoven in einem Briefe vom 15. Februar 1817 an Simrock die Opus-Zahl 101 (!) für den Titel anmeldet. Danach scheint also erst noch die A dur-Klaviersonate als Op. 101 herausgekommen zu sein sodaß für die Cellosonaten die Zahl 102 notwendig wurde. Das Empfangsdatum [20. Januar 1817], das Zmeskall auf den Brief geschrieben, in welchem Beethoven sich die gedruckten Sonaten von ihm leihweise erbittet, wird dadurch zweifelhaft (der Brief selbst ist ja undatiert). –

Beethovens Brief klagt übrigens über die Unzuverlässigkeit der Post, da ihm Simrocks Brief vom 23. Oktober [1816] nicht zugegangen sei.


Zu Seite 193f., S. 195 Anm. und S. 426.


Der Brief Beethovens an Simrock vom 10. Februar 1820 liegt mir durch die Güte des Herrn Hans Simrock vor. Derselbe offeriert die schottischen Lieder (Op. 108) für 60 ⌗ in Gold, 8 Variationenwerke (Op. 107) für 70 ⌗, die Diabelli-Variationen (Op. 120) noch ohne Normierung des Honorars1 und die große Messe für 125(!) Louisdor. Von speziellen Interesse ist noch die Mitteilung Beethovens [11] daß es ihm nicht gelungen sei, Karl (den Reffen) nach Landshut bringen zu dürfen (vgl. S. 140, Anm. 2) geschweige nach Bonn (!). Anscheinend war also dieser letztere Plan in nicht erhaltenen Briefen zur Sprache gekommen. An Schluß des Briefes klagt B. über schlechte Bezahlung seitens des Erzherzog Rudolph. Über eine eventuelle Gesamtausgabe seiner Werke bittet er Simrock um nähere Vorschläge.

Vor dem Seite 193f. abgedruckten Briefe Beethovens vom 18. März 1820 (von dem die Firma keine Kopie bewahrt hat) schrieb Beethoven noch zweimal an Simrock, zunächst am 9. März 1820; er erwähnt einen Brief Simrocks, welcher von der Gesamtausgabe gesprochen und um einige kleinere Werke gebeten habe, und bietet an: 8 Variationenwerke über schottische, tirolische und russische Themata für 70 ⌗ in Gold, die schottischen Lieder für 50 (!) ⌗ und die Messe für 125 Louisdor. Ein weiterer Brief vom 14. März 1820 bedingt, daß die acht Variationenwerke (Op. 107) Simrocks Eigentum werden können für den ganzen Kontinent, aber nicht für Schottland und England, und daß sie nicht vor der englischen Ausgabe erscheinen sollen. Er gibt für die Herausgabe eine Frist von 5 bis 6 Monaten an. Unterm 23. April 1820 teilt er sodann Simrock mit, daß er am 22. April vie Variationen (Op. 107), an Brentano geschickt habe und erwartet dafür das Honorar von 70 ⌗ in Gold. Es wären 10 statt 8 Variationensätze und zwar ohne Erhöhung des Honorars. Er stellt Simrock frei, eins oder das andere Variationenwerk, das ihm weniger gefalle, wegzulassen oder auch alle 10 zu drucken. Das Post-Rezepisse über die Sendung habe er ebenfalls an Bretano geschicht. Noch beklagt er sich über die schlechten Kopisten, die ihm viel Extraarbeit mit Nachkorrekturen machten. Ein Brief vom 24. Mai 1820 weist auf den Inhalt des letztgenannten bin (10 statt 8 Variationenwerke ohne Erhöhung der Honorarforderung); das Honorar sei aber noch nicht eingegangen. Die Lieder (wohl die schottischen Op. 108) habe er schon anderweitig »vescharhert«. Der nächste Brief an Simrock vom 23. Juli 1820 bestätigt dann den Eingang des Honorars für die Variationen (durch Brentano), mit Klagen über durch die Währungsverhältnisse entstehende Verluste. Die Messe verspricht er für den nächsten Monat, nunmehr für 100 Louisdor.

Ein Brief vom 5. August 1820 an Simrock bestimmt, daß die Opuszahl für die Variationen bleiben soll. Dagegen seien in den Liedern (?) Verschiebungen eingetreten. Den Kontrakt über die Messe wolle er mit der Messe selbst schicken. Bezüglich der »Gesamtausgabe« sei angeregt worden, jeder Gattung von Werken ein neues Werk hinzuzufügen. Zum Schluß spricht er die Hoffnung aus, »den hochholländischen Boden zu betreten und die Gräber seiner Ahnen zu sehen«.


Zu Seite 215.


Die mir von Herrn Hans Simrock freundlichst zur Einsichtnahme vorgelegten Briefe Beethovens an R. Simrock ermöglichen mir hier wieder einige Ergänzungen.

Unter dem 30. August 1820 antwortet Beethoven auf einen Brief Simrocks vom 12. August und normiert den Preis der Messe auf 900 Gulden im Zwanzigerfuß. Er bemerkt, daß Simrocks Bedenken wegen einer allgemeinen Brauchbarkeit der Messe unbegründet seien. Die bei Breitkopf und Härtel erschienene (C dur) Messe werde auch in protestantischen Ländern aufgeführt. Wegen der Gesamtausgabe werde er demnächst mehr schreiben.

[12] Am 28. November 1820 (wohl in Beantwortung des Briefes Simrocks vom 12. November 1820) schreibt Beethoven, er verliere bei Bezahlung der 100 Louisdor mit 200 ⌗ hundert Gulden und bemerkt dann, die Handlung, welche die Messe hätte bekommen sollen, habe ihm einen anderen großen Auftrag gegeben. Er verspricht die Messe an Brentano zu senden. Die Übersendung würde ihn etwa 50 Gulden kosten, die er Simrock zuzulegen bittet. Übrigens schreibe er lieber 10000 Noten als einen Buchstaben. Er hofft auf das Zustandekommen der Gesamtausgabe. Dieselbe würde ihm Gelegenheit geben, einen längeren Urlaub ins Ausland zu nehmen.


Zu Seite 242f.


Die letzten der mir durch die Güte des Herrn Haus Simrock zugänglich gemachten Briefe Beethovens an Simrock bringen nur mehr wenig positives. Der von Simrock angezogene Brief Beethovens vom 19. März 1821 verheißt die Zusendung der Messe für Mitte, höchstens Ende April 1821, entschuldigt die Verzögerung mit Überbürdung des Übersetzers2 (für den deutschen Text) und spricht wiederum die Hoffnung aus, im Sommer Bonn zu sehen. Der Brief vom 13. November 1822 erhöht den Preis der Messe auf 1000 Gulden im Zwanzigerfuß, und der letzte vom 10. März 1823 offeriert zwar außer einer Ouverture (Op. 124, für 50 ⌗), Bagatellen und Liedern auch noch die Messe, aber zum ersten Male mit dem Hinweis, daß er noch schwanke, welche Messe er Simrock geben werde (vgl. Seite 395 dem ähnlichen Brief an Peters vom 20. März 1823). Vier Monate später, beginnt die Subskription auf geschriebene Kopien der Missa solemnis und die Verlagsfrage schläft vorläufig ganz ein.

Fußnoten

1 Die Chronologie der Diabelli-Variationen (Op. 120) ist durchaus noch nicht völlig geklärt. Czernys Mitteilung an Otto Jahn, daß die Aufforderung Diabellis »um 1820« ergangen sei, ist doch wahrscheinlich richtig; da Schuberts Beitrag vom März 1821 datiert ist, so ist doch schließlich kein stichhaltiger Grund erweislich, daß nicht Beethoven schon im Februar 1820 die Idee einer längeren Variationenreihe über den Walzer Diabellis gefaßt hätte – bis zur Verwirklichung war ja ein weiter Weg. Der Wortlaut der bezüglichen Stelle in Beethovens Brief vom 10. Februar 1820 (das Original wurde von Fritz Simrock an Brahms geschenkt – jetzt im Besitz der Gesellschaft der Musikfreunde – der dafür eine eigenhändige Kopie desselben zu den Beethovenbriefen der Firma legte) ist: »Große Veränderungen über einen bekannten Deutschen – welchen ich ihnen unter deß nicht zusagen kann, noch vor der Hand, und wovon ich ihnen, wenn Sie solches wünschen, das Honorar als dann anzeigen werde.« Die vielen Hinweise auf die Zukunft (unterdes, noch vor der Hand, alsdann) beweisen bei Beethovens sanguinischer Art, angefangene Werke als so gut wie fertige zu offerieren, daß er noch keinen Federstrich daran getan, sondern nur ganz von weitem die Idee ins Auge gefaßt hatte. Die von Deiters ja auch nur zweifelnd geäußerten Bedenken dagegen, daß wirklich die Diabelli-Variationen gemeint seien, können deshalb nicht als genügend begründet gelten.


2 Bei dem »Übersetzer« möchte man an Scholz, den Musikdirektor der Gräfin Schaffgotsch in Warmbrunn denken, wenn nicht die Chronologie Bedenken veranlaßte Immerhin sei auf Schindlers Bericht (Beethoven 1840, S. 136) hingewiesen.


Quelle:
Thayer, Alexander Wheelock: Ludwig van Beethovens Leben. Band 4, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1907..
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