Harlekin (Abraxas grossulariata)

[422] Neben dem »gelben Marmor« sehen wir den Harlekin, Stachelbeerspanner (Abraxas grossulariata), der sich gleichzeitig mit ihm an den gleichen Oertlichkeiten findet, wenn ihn auch eine wohlgeordnete Schmetterlingssammlung weit entfernt von jenem, und lange vor ihm seine Stelle anweist. Er kann mit keinem anderen Schmetterlinge verwechselt werden, auch wenn der Aderverlauf in den Flügeln unberücksichtigt bleibt, der ihn überdies an eine andere Stelle verweist. Auf weißem Grunde tragen die Flügel schwarze Punktreihen in der zur Anschauung gebrachten Weise, an der Wurzel und zwischen den beiden letzten, nahe beisammenstehenden Querbinden der Vorderflügel sowie an den Körperseiten kommt die dottergelbe als dritte Farbe hinzu. Bei Tage sitzt der Harlekin weniger zwischen Gebüsch, in Hecken usw. verborgen, als mancher andere, weil er sich nicht so eng an die Blätter anschmiegt und weniger bestimmt die Blattunterseite als Ruheplatz [422] auswählt. Mit einbrechender Dunkelheit beginnt er seine taumelnden, geisterhaften Umflüge, bei denen sich die beiden Geschlechter aufsuchen und finden. Das befruchtete Weibchen legt im August seine strohgelben Eier in kleinen Gruppen zwischen die Blattrippen verschiedener Holzgewächse, namentlich der Stachelbeer-, Johannisbeersträucher, der Pflaumen- und Aprikosenbäume unserer Gärten, des Schleh- und Kreuzdornes außerhalb derselben. Spätestens bis zu der ersten Hälfte des September kriechen die Räupchen aus, häuten sich vor Winters noch ein- oder zweimal und fallen mit dem Laube oder vor ihm herunter, um sich am Boden ein Versteck zu suchen. Aus dem Winterschlafe erwacht, suchen sie die Futterpflanze auf, und sind sie recht zahlreich, so bleibt kein Blatt an ihr, da sie mit dem Fraße beginnen, ehe die Blätter zur vollen Entwickelung gelangt sind. Indem die Raupen von Natur auf das Leben in der Geselligkeit nicht angewiesen sind, so kommen sie in der Regel auch nur vereinzelt vor.


Harlekin (Abraxas grossulariata) nebst Raupe und Puppe. Natürliche Größe.
Harlekin (Abraxas grossulariata) nebst Raupe und Puppe. Natürliche Größe.

Sie liefern uns ein seltenes Beispiel von Farbengleichheit zwischen Larve und vollkommenem Kerfe. Sie ist in der angegebenen Weise schwarzfleckig, rückwärts auf weißem, am Bauche auf dottergelbem Untergrunde. Mit Abschluß des Mai ist sie für gewöhnlich erwachsen, spinnt sich mit einigen Fäden an ihrem letzten Weideplatze oder in dessen Nähe fest und wird hinter denselben zu einer glänzend schwarzen, gedrungenen Puppe, an welcher die erhabenen Hinterränder der Hinterleibsglieder dottergelb gefärbt sind. Diese zierliche Puppe ruht nur wenige Wochen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 422-423.
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