Hüpeden, Frau Jenny

[385] *Hüpeden, Frau Jenny, geb. v. Dörthen-Dorthesen, Ps. J. v. Dorneth, Hannover, Weinstrasse 6, geboren den 6. Juni 1825, stammt aus einer altadeligen Indigenatsfamilie der russisch-deutschen Ostseeprovinz Kurland. Den ersten Unterricht erhielt sie von ihrer vortrefflichen Mutter. Nach deren Tode fanden sie und ihre jüngere Schwester bei ihrem Oheim, dem Gutsbesitzer D. von Grotthuss und seiner Gattin, ein zweites Elternhaus und erhielten hier mit den Grotthuss'schen Kindern den ferneren Unterricht. Später sah sich Jenny veranlasst, den Beruf der Lehrerin und Erzieherin zu wählen, in welchem sie neben manchen freundlichen auch bittere Erfahrungen sammelte. Die Einladung ihres, als Ingenieur-Offizier in russischen Staatsdiensten stehenden Bruders führte sie für einige Zeit nach der kaukasischen Festung Wladikawkas. Darnach nahm sie wieder eine Stelle in Schottland an. Einer diesbezüglichen Aufforderung Folge leistend, wollte sie dann in Hannover ein Mädchenpensionat gründen, wohin sie sich zu diesem Zwecke begab. Hier begegnete sie in dem Medizinalrate Dr. Hüpeden, einer Jugendliebe aus Göttingen, wo dieser Medizin studierte. Diese neue Begegnung führte zu einem Ehebunde, welcher den Plan der Pensionatsgründung über den Haufen warf. Als Schriftstellerin[385] trat Jenny D. erst spät auf, obschon sie bereits in früher Jugend Gedichte und Parabeln, auch ein Schauspiel verfasst hatte. Sie fand weder das erforderliche Verständnis, noch die nötige Förderung. Erst im Kaukasus brachte sie ihre dortigen Erlebnisse in die Form von Novellen, die später teils in Riga, teils in Wien verlegt wurden. Die Aufgaben des Lehrberufes nahmen ihr alle Zeit, den schriftstellerischen Neigungen nachzuhängen, und nach ihrer Verheiratung fand sie in ihrem Gatten einen Gegner, da er besorgte, dass die Schriftstellerei sie leicht zur Vernachlässigung der wirtschaftlichen Interessen und der häuslichen Ordnung führen könnte. Erst nachdem er in schon mehrjähriger Ehe seine Gattin als streng gewissenhaft in Erfüllung ihrer häuslichen Pflichten gefunden und gleichzeitig die eingetretenen traurigen Verhältnisse in den baltischen Provinzen mit besonderen Anforderungen an ihre Feder herantraten, gestattete er ihr gern, ihre Mussestunden den Interessen ihrer Heimat zu widmen. Mit lebhafter Dankbarkeit gedenkt sie dabei Rudolf von Gottschalls, der ihre Aufsätze mehrere Jahre hinter einander für die jetzt eingegangene Monatsschrift »Unsere Zeit« entgegennahm. Die Magdeburgische und die Kölnische Zeitung veröffentlichten gleichfalls mehrere ihrer Artikel.– Später hat sich Frau Jenny H. noch andern Aufgaben zugewandt und zwar im Interesse des Protestantismus. 1890 erschien von ihr »Martin Luther, sein Leben und sein Wirken« und 1893 »Der Jesuitenorden von seiner Gründung bis zur heutigen Zeit«. In den letzten Jahren hat sie nur einzelne Aufsätze und Novellen geliefert.

Werke s. J. v. Dorneth.

Quelle:
Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder Bd. 1. Berlin, 1898., S. 385-386.
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