Überlegungsfrist

[111] Überlegungsfrist (Deliberationsfrist, Spatium deliberandi), 1) überhaupt eine Frist, welche Jemandem entweder nach Übereinkommen, testamentarischer Bestimmung, Gesetz od. in Folge richterlicher Auflage freigelassen ist, um einen gewissen Entschluß zu fassen u. eine bindende Erklärung darüber abzugeben, z.B. wegen Annahme eines Vergleiches, Eingehens auf einen vorläufig verabredeten Vertragsschluß etc.; insbesondere 2) die Frist, binnen deren sich ein Erbe über den Antritt od. die Ausschlagung der ihm deferirten Erbschaft zu erklären hat. Eine solche Frist wird dem Erben auch wider seinen Willen gesetzt, wenn Substituten, od. Gläubiger der Erbschaft od. Vermächtnißnehmer auf eine Entscheidung der Erben dringen. Läßt der Erbe die Frist dann ohne Erklärung verstreichen, so wird er im ersten Falle als Ausschlagender, im andern als Antretender behandelt. Auch ohne solches Andringen Anderer kann aber der Erbe selbst eine solche Frist sich (vom Richter bis auf neun Monate, vom Regenten bis zu einem Jahr) erbitten; doch hat er dann die Interessenten von seiner Seite durch Errichtung eines ordentlichen Erbinventariums zu sichern. Unterläßt er letzteres, so vertierter, wenn er später doch antritt, das Recht auf Abzug der Falcidischen Quart (s.u. Quarta Falcidia), u. wenn er ausschlägt, so werden die Interessenten zum Milderungseid (s.u. Eid) zugelassen. Dieselben Nachtheile treffen aber den Erben auch überhaupt, wenn er mit seiner Entscheidung über drei Monate gewartet hat, woraus Manche eine gesetzliche Deliberationsfrist von drei Monaten gemacht haben.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 111.
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