Glagolitische Schrift

[373] Glagolitische Schrift (Glagolitza), ein altes von den Priestern der katholischen Slawen in Dalmatien gebrauchtes Alphabet. Wenn auch Hieronymus nicht ihr Erfinder ist, so ist sie doch sicher älter als das 11. Jahrh., aus welchem bereits Schriftdenkmäler vorliegen, u. hat nach Schafarik seinen Ursprung u. seine Heimath im alten Großmährischen Reiche. Unter dem Namen Glagolitische Literatur fassen die Slawisten alle diejenigen Schriften der Südslawen zusammen, welche mit der Glagolitza geschrieben sind. Man hat dabei zwei Perioden, eine ältere u. eine jüngere, zu unterscheiden. Dieselben unterscheiden sich nicht nur durch abweichende Formen der Buchstaben, sondern auch durch die Sprache. Denn die Sprache der Denkmäler aus der ersten Periode ist im Allgemeinen der Sprache der altslowenischen Denkmäler mit cyrillischer Schrift desto ähnlicher, je älter diese Denkmäler selbst sind; dagegen läßt sich die Sprache der Glagolitischen Handschriften aus der jüngern Periode von den altslowenischen Quellen serbischer Recension mit cyrillischer Schrift kaum unterscheiden. Glagolitische Handschriften aus der jüngern Periode, dem 14. Jahrh., sind gar nicht selten; von dem ungleich wichtigeren Denkmälern der älteren Periode hingegen sind bis jetzt nur vier bekannt geworden: der Glagolita Clozianus, 956 Zeilen, von Kopitar (Wien 1836) herausgegeben; das von J. S. Assemani 1736 von Jerusalem nach Rom gebrachte, im Vatican aufbewahrte, aber noch ungedruckte Evangelium, das sogenannte Abecenarium bulgaricum in Paris, zuerst im Nouveau traité de diplomatique (Par. 1750), dann vollständiger von Kopitar im Glagolita Clozianus bekannt gemacht, ein von Victor Gregorovich aus Kasan auf dem Berge Athos erworbenes Evangelium (Bruchstück in Miklosichs Slawische Bibliographie, Wien 1851, 1. Bd.). Vgl. Dobrowsky, Glagolitica, Prag 1807; Höfler u. Schafarik, Glagolitische Fragmente, ebd. 1856; Schafarik, Über Ursprung u. Heimath des Glagolitismus, ebd. 1858.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 373.
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