Leere [1]

[209] Leere, 1) (Vacuum), eigentlich nur ein Verstandsbegriff, den Gegensatz von Erfüllung eines Raumes ausdrückend. Die Erfahrung leitet uns blos zur Erkenntniß einer relativen L. Man kann aber auch nur Luft aus einem Raume wegbringen. Von dieser Art ist die sogenannte Toricellische L. des gemeinen Barometers u. die durch Auspumpen durch die Luftpumpe erhaltene Guerikesche L. Aber wenn auch durchaus gar nichts in einem solchen Raume wahrgenommen wird, so sind in ihm doch Naturkräfte (Licht, Wärme, elektrische Thätigkeit) waltend, welche wenigstens Schlüsse auf eine seine, nur nicht durch unsere gröberen Meßwerkzeuge erkennbare Materie zulassen. Die älteren Metaphysiker unterschieden absoluten (durch das ganze Universum sich erstreckenden) u. zerstreuten leeren Raum, in dem die Materie nicht eingehen sollte; man glaubte, dadurch ein Princip für Erklärung der Bewegung, auch für den Unterschied dünner u. dichter Körper zu erhalten; od. auch eine außerweltliche L. (V. extra. mundanum), einen unendlich leeren Raum jenseit der Grenzen der materiellen Welt, u. innerweltliche L. (V. mundanum), Zwischenraum in den Körpern, aus denen die Welt besteht. Letztere L. war dann wieder ein V. disseminatum, die zerstreute, zwischen den materiellen Theilchen eines Körpers befindliche L., u. ein V. coacervatum, die aufgehäufte, die zwischen den aufgehäuften Weltkörpern vorhandene u. diese von einander trennende L. Auch war der Abscheu des L-n (Horrorvacui) in früherer Zeit rin Heischesatz der Physiker, um sich Naturphänomene zu erklären, die mit Bewegungen verbunden waren, deren Grund man nirgends anders her entnehmen zu können glaubte. Mit ihm stand der Satz in Verbindung, daß es in der Natur nirgends eine (absolute) L. gebe; 2) auf Vorstellungen bezogen ist L. blos der Mangel eines Gegenstandes; daher ein leerer Begriff.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 209.
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