Leucin

[315] Leucin (Aposepedin, Käseoxyd), C12H13NO4, ein Zersetzungsproduct animalischer u. vegetabilischer stickstoffhaltiger Substanzen. Um es darzustellen kocht man Albumin, Fibrin od. Caseïn einige Stunden lang mit verdünnter Schwefelsäure, setzt darauf Kalkmilch im Überschuß zu u. erhitzt, bis der Ammoniakgeruch verschwunden ist. Man filtrirt darauf, fällt den Kalk mit Schwefelsäure, den Überschuß dieser Säure durch Bleioxyd, u. das aufgelöste Bleioxyd durch Schwefelwasserstoff u. dampft bis zur Syrupconsistenz ein. Es bildet sich eine Krystallmasse, welche hauptsächlich aus L. u. Tyrosin besteht, welche beide Körper durch Auflösen in siedendem Wasser sich von einander trennen lassen. Beide lösen sich darin auf; das Tyrosin scheidet sich beim Erkalten wieder ab, während das L. gelöst bleibt u. durch Abdampsen der Lösung krystallisirt werden kann. Das L. krystallisirt[315] in perlmutterglänzenden kleinen Schuppen, welche sich leicht in Wasser, schwer in Alkohol, nicht in Äther lösen. Die Lösung ist geruch- u. geschmacklos u. reagirt nicht auf Pflanzenfarben. Bei 170° verwandelt es sich, ohne vorhergehende Schmelzung, in Dämpfe u. sublimirt. Aus der wässerigen Lösung wird es durch salpetersaures Quecksilberoxyd vollständig gefällt. Das L. ist homolog mit dem Glycoll u. Alanin u. isomer mit dem Amylurethan; es steht hinsichtlich seiner Formel in naher Beziehung zum Thialdin, welches letztere als L. betrachtet werden kann, in welcher aller Sauerstoff durch Schwefel ersetzt worden ist Beim Zusammenschmelzen mit Kali entwickelt das L. Ammoniak u. Wasserstoff, u. es bildet sich Cyankalium u. valeriansaures Kali. Das L. bildet sich ferner durch die Vereinigung des Aldehyds der Valeriansäure, C10H10O2, mit Blausäure. L. zersetzt sich mit salpeteriger Säure in Leucinsäure, C12H12O6 eine mit der Milchsäure homologe Säure. Verbindungen des L.: a) Leucinbleioxyd, Pb O, C12H13NO4, durch Vermischen einer siedenden Leucinlösung mit essigsaurem Bleioxyd u. Fällen mit Ammoniak erhalten; b) Salzsaures L. durch Auflösen von L. in Salzsäure u. Abdampfen der Lösung erhalten; krystallische Verbindung; c) Salpetersaures L. wurde früher für eine eigenthümilche gepaarte Salpetersäure gehalten u. Leucinsalpetersäure genannt. Die bei der Fäulniß der Bierhefe sich bildende krystallinische Substanz ist nicht L. od. Tyrosin, wie man früher glaubte, sondern eine eigenthümliche schwefelhaltige Substanz, das Pseudoleucin = C36H39N3O12S, es krystallisirt in farblosen glänzenden Blättchen, welche zum Theil unzersetzt sublimiren. Vgl. Schwanert, Über L. u. seine Zersetzungen, Gött. 1857.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 315-316.
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