Momiers

[373] Momiers (spr. Momich, von Momerie, so v.w. heuchlerische u. lächerliche Schauspieler), spott[373] weise Bezeichnung einer religiösen Partei in Genf, später auch im Waadtlande, welche, im Gegensatz zu der milderen Staatskirche, entschieden die Schriftlehre von der sündlichen Verderbtheit der Menschen behauptete, sich in besonderen Versammlungen erbaute u. eine sehr ernste u. strenge Lebensrichtung hatte. An ihrer Spitze standen zuerst der Student Empaytaz, der Prediger Malan u. der Advocat Grenus, Bost u. And., welche in Verbindung mit Frau von Krüdener u. später bes. mit den englischen Methodisten großen Einfluß hatten. Sie hingen nebst anderen überspannten Köpfen der Calvinischen Prädestationslehre an. Das Volk verübte häufig Gewaltthaten an ihnen, die Genfer Obrigkeit verbot ihre Versammlungen u. exilirte mehre ihrer selbst gewählten Geistlichen, mußte ihnen aber seit 1830 freie Religionsübung gestatten. Aus ihnen bildete sich 1831 die Evangelische Gesellschaft (s.d.) in Genf, welche 1832 eine besondere Lehranstalt errichtete u. mit Stipendien für gläubige Studirende von freiwilligen Beiträgen unterhalten wird. Die öffentliche Meinung war den M. sehr abgeneigt u. es kam mehrmals auch nach der 1830 zugestandenen freien Religionsübung zu tumultuarischen Bewegungen gegen dieselben, so z.B. in Vevay u. Lausanne 1833, in Neuenburg 1834 u. in Genf 1835. Die M. haben ihre orthodoxe u. pietistische Richtung beibehalten, doch hat sich ihre Zahl nicht vermehrt. Vgl. Histoire véritable de M., Par. 1824; Bost, Defense des fidèles de l'église de Genève, ebd. 1825; Geschichte der sogenannten M., Basel 1825, 2 Hefte; Malan, Le procès de méthodisme en Genève, Genf 1835.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 373-374.
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