Petschenegen

[919] Petschenegen, ein tatarischer Volksstamm, der sich selbst Kangar, die Griechen Bisseni u. die Russen P. nannte. Ursprünglich wohnten die P. zwischen der Wolga u. dem Jaik, durch ersteren Fluß von den Chazaren getrennt. Vom 9. bis 11. Jahrh. hatten die P. großen Einfluß auf die Geschicke Europa's, indem sie von Zeit zu Zeit große Raubzüge, Schrecken u. Umwälzungen erzeugten. Zuerst tauchen sie 839 auf, wo sie das Chazarenreich angreifen, dann bekriegten sie 867 den Großfürsten von Kiew. Als sich nun die Russen, Chazaren u. Uzen verbanden u. die P. vertrieben, irrten die P. eine Zeitlang umher, bis es ihnen gelang, sich 883 zwischen Don u. Dniestr Wohnsitze zu erwerben, von wo aus sie sich bis zur Aluta ausbreiteten. Damals zerfielen die P. in acht. Stämme; von denen vier ostwärts vom Dniepr, vier aber auf der Westseite dieses Flusses in Galizien, Siebenbürgen,[919] der Moldau u. Walachei ansässig waren, u. hatten ihre höchste Macht erlangt. Auch in der Folge unternahmen sie noch zahlreiche Kriegszüge, so 970 mit den Russen vereint gegen Constantinopel, zu Ende des 10. u. der ersten Hälfte des 11. Jahrh. drangen sie bis nach Mähren vor u. waren in Bulgarien u. Thracien eingefallen, überall sich ansiedelnd. Den Kreuzfahrern erschwerten sie die Durchzüge sehr; noch später bestanden sie häufig Kämpfe gegen die Griechen u. Ungarn, oft siegreich; im 12. Jahrh. besaßen sie noch einen Theil Siebenbürgens, waren aber schon meistens mit den Russen u. den Magyaren verschmolzen, so daß sie endlich im 13. Jahrh. als selbständiges Volk ganz verschwanden. Als Reste von ihnen hat man die Szekler angesehen, u. auch im russischen Gouvernement Charkow nennt man noch einige Dörfer nach ihnen die Petschenegischen Dörfer.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 919-920.
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