Unterschiebung eines Kindes

[259] Unterschiebung eines Kindes (Suppositio partus s. infantis), die Unterschiebung od. Verwechselung eines Kindes aus seiner Familie in eine andere in der Absicht, um demselben den angestammten Familienstand zu entziehen, wurde bei den Römern mit dem Tode bestraft, weil das höchste aller Rechte in Rom das der Civität, d.h. der legitimen Bürgerlichkeit, war u. dieses Recht bei dem Bestehen der Sklaverei, nur zu leicht durch solche Handlungen gefährdet werden konnte. Das neuere Recht betrachtet die U, e. K. dagegen, bei der eingetretenen Aufhebung des schroffen Unterschiedes zwischen den verschiedenen Kasten u. Ständen, nur als eine Art von Fälschung od. einen Betrug an den Familienrechten, u. bedroht dasselbe mit weit milderen Strafen. Nicht unter den Begriff der Kindesunterschiebung ist es übrigens zu stellen, wenn etwa ein Kind nur für eine gewisse Zeit irgendwohin versetzt, od. wenn bei der Versetzung des Kindes der wahre Name nicht verschwiegen wird. Auch muß die Absicht bestimmt darauf gerichtet sein den Civilstand zu verkümmern, so daß z.B., wenn die Absicht nur auf Befreiung von der Unterhaltspflicht geht, wohl eine Aussetzung, nicht aber das Verbrechen der U. e. K. stattfindet. Zuweilen kann die U. e. K. eine mehrfache Beeinträchtigung verschiedener Familienrechte involviren, z.B. wenn mit Wissen u. Willen der beiderseitigen Eltern ein Kind von der einen Seite auf die andere Seite heimlich übertragen wird, od. eine Vertauschung zweier Kinder verschiedener Eltern, mit od. ohne Überlistung des einen od. beider Elterntheile stattfindet. Diese Umstände steigern die Strafbarkeit des Verbrechens, ohne dasselbe aber in seinem Grundbegriff zu verändern. Die Strafe ist den Umständen nach längere od. kürzere Freiheitsstrafe, welche sich nach einigen Gesetzbüchern aber bis zu 20jähriger Zuchthausstrafe erheben kann.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 259.
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