Utopien

[322] Utopien, ein nach dem Griechischen gebildeter, einen Ort, welcher nirgend vorhanden ist (Nirgendheim), bezeichnender Name, welchen Th. More (s.d.) in De optimo reipublicae statu der erdichteten Insel gab, wo alle Genüsse des sinnlichen Lebens ohne Arbeit u. Anstrengung genossen werden. Dieses U. entspricht dem Schlaraffenland (s.d.) der Mitteldeutschen Poesie, einem fabelhaften Land mit Seen voll Wein, Teichen voll gesottener Fische, die gebratenen Tauben fliegen ins Maul, das Wild läuft gleich bereitet zur Mahlzeit umher u. dgl. m. In Hübners Altem Atlas befindet sich eine scherzhafte Karte von Schrebelin über dieses Wunderland. Die Moralisten stellten unter U. die Weltlust bildlich dar u. setzten die einzelnen Laster als Provinzen desselben, so: Bibesia (Trinkland), Peredia (Eßland), Venerea (Liebeland), Pigritia (Faulland) etc. Die beiden ersten kommen schon im Curculio des Plautus als fabelhafte Länder vor. Daher Utopist, 1) Jemand, welcher erwartet, daß ihm Alles ohne Arbeit zufließe; 2) in der Politik, Jemand, welcher sich mit unausführbaren Reformplänen trägt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 322.
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