Versiegelung

[517] Versiegelung (Obsignatio), die Verschließung einer Sache durch Anlegung od. Aufdrückung eines Siegels; ihr entgegen steht die Entsiegelung, d.h. die Entfernung des aufgelegten od. aufgedrückten Siegels. Im Privatverkehr dient die V. bes. zum Verschluß von Briefen, welche versendet werden, od. zum Verschluß wichtiger Urkunden, welche dadurch der Wissenschaft od. der Durchsicht Dritter vorläufig entzogen werden sollen, wie z.B. bei Testamenten u. Codicillen. Die amtliche V. ist ein gerichtlicher Act, welcher in der Weise vorgenommen wird, daß das Gericht die zu versiegelnden Gegenstände in einen Verschluß bringt u. diesen mit dem Gerichtssiegel versieht. Wo dies nicht thunlich ist, wie z.B. bei lebenden Thieren, wird statt der V. nur eine Consignation, d.h. eine genaue Aufzeichnung vorgenommen u. eine besondere Obhut angeordnet, nach Befinden auch das amtliche Siegel wenigstens als Erkennungszeichen angelegt. Die Veranlassung zu einer amtlichen V. kann durch sehr verschiedene Gründe geboten werden. Im Criminalprocesse findet sie z.B. statt bei der Beschlagnahme von Briefschaften, welche nicht sofort vollständig untersucht werden können, bis zur genaueren Durchsuchung derselben, so wie zum Zwecke der Erhaltung der Identität u. völligen Integrität von wichtigen Corpora delicti. Die häufigste Anwendung findet die V. bei Todesfällen, welche eine gerichtliche Regulirung des Nachlasses nothwendig machen, u. bei Concursen. Die gerichtliche Vorsorge für die Erhaltung eines Nachlasses tritt bes. da ein, wo die Erben des Nachlasses minderjährig, abwesend od. zur Zeit unbekannt sind. Doch kann die Maßregel der gerichtlichen V. alsdann auch abgewendet werden, wenn der Erblasser durch testamentarische Verfügung die gerichtliche V. ausdrücklich verboten u. die Ordnung seines Nachlasses irgend einer Privatperson; z.B. einem Testamentsexecutor (s.d.) übertragen hat. od. wenn eine nahestehende Person, z.B. bei dem Tode des Vaters die Mutter der minderjährigen Kinder, sich erbietet eine Specification aller Nachlaßsachen aufzunehmen, dem Gerichte zu überreichen u. dieselbe eidlich zu bestärken. Bei Concursen, bei welchen die gerichtliche V. zur Sicherstellung der Masse für die Gläubigerschaft stattfindet, werden nur Gegenstände, welche unbedingt zum täglichen Gebrauch nöthig sind, so wie Sachen, an denen Dritte sofort ihr Eigenthum glaubhaft bescheinigen, nicht der V. mit unterworfen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 517.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika