Avisieren

[343] Avisieren (to advise; aviser; avvisare), die Benachrichtigung des Empfängers von der Ankunft des Gutes. Im Geltungsbereich des VDEV. (§ 56 des VBR., übereinstimmend mit §§ 76 und 79 EBR. und EVO.) steht es der Eisenbahn frei, Stückgüter, die von ihr auszuladen sind, dem Empfänger auf seine Kosten zuzuführen oder ihn von der Ankunft zu benachrichtigen. Von der Ankunft anderer Güter ist der Empfänger zu benachrichtigen. Die Benachrichtigung unterbleibt, wenn der Empfänger schriftlich darauf verzichtet und bei bahnlagernd gestellten Gütern, wenn der Absender sie im Frachtbriefe nicht ausdrücklich vorgeschrieben hat.

Die Benachrichtigung geschieht nach Wahl der Eisenbahn durch die Post, durch Telephon (Fernsprecher) oder schriftlich durch besonderen Boten. Auf schriftlichen Antrag des Empfängers kann die Abfertigungsstelle eine besondere Art der Benachrichtigung (z.B. durch Telegraph, Rohrpost) mit ihm vereinbaren.

Die Benachrichtigung hat bei Frachtgut nach der Ankunft, spätestens aber sofort nach der Bereitstellung, bei Eilgut binnen 2 Stunden nach der Ankunft zu erfolgen. Bei Eilgut, das an Werktagen nach 6 Uhr abends, an Sonn- und Festtagen nach 12 Uhr mittags ankommt, kann die Benachrichtigung erst am folgenden Morgen verlangt werden.

Die Benachrichtigung gilt als bewirkt:

a) bei Zustellung durch die Post 4 Stunden, durch Telegramm 1 Stunde nach der Aufgabe;

b) bei Zustellung durch Telephon (Fernsprecher) mit der Aufgabe;

c) bei anderer Zustellung mit der Aushändigung.

Ausgefertigt wird die Benachrichtigung unentgeltlich. Für die Zustellung kann die Eisenbahn den Ersatz ihrer Auslagen verlangen.

Die Benachrichtigung durch die Post erfolgt in Österreich für jede Sendung gesondert in den der Station nächstgelegenen Postorten und den Orten der zugehörigen Landbriefträgersprengel mit einfachen, außerhalb dieser mit rekommandierten Schreiben, in Ungarn, Bosnien und der Hercegovina stets mit rekommandierten Schreiben. Ausnahmen müssen vereinbart sein. Die zur Benachrichtigung verwendeten »Aviso- und Bezugscheine« bilden bei einzelnen Verwaltungen – so bei den österr. Staatsbahnen – einen Teil der Güterkarten für den Lokalverkehr. In Deutschland dienen zur Benachrichtigung durch die Post Postkarten nach einem einheitlichen Muster.

In Rußland werden über alle angekommenen Güter sofort kurze Bekanntmachungen ausgehängt oder alphabetische Auskunftsregister aufgestellt und auf Verlangen der Empfänger auch Auskünfte unverzüglich erteilt. Abgesehen hiervon hat die Eisenbahn, wenn die Adresse des Empfängers im Frachtbrief unter Angabe der[343] Straße und Hausnummer bezeichnet ist, eine Benachrichtigung unmittelbar nach Ankunft des Gutes an den Empfänger abzusenden, auch wenn das Gut vor Ablauf der Lieferfrist eingetroffen ist. Die Benachrichtigung muß am Tage der Ankunft des Gutes, spätestens aber um 9 Uhr morgens des folgenden Tages abgesandt werden, u. zw. wo dies tunlich mit »eingeschriebenem Brief«, andernfalls bedienen sich die Eisenbahnen nach ihrem Ermessen anderer Mittel zur Benachrichtigung, soweit solche nicht vom Absender vorgeschrieben sind. Wird der Empfänger, trotzdem seine Adresse im Frachtbrief genau bezeichnet ist, nicht benachrichtigt, so verliert die Eisenbahn das Recht auf Entschädigung für die Lagerung des Gutes.

In Frankreich und Italien besteht keine Verpflichtung der Eisenbahn zur Benachrichtigung des Empfängers von der Ankunft der nicht zugeführten Güter. Es hängt jedoch von der Absendung dieser Benachrichtigung der Beginn der Abholungsfristen und die Bezahlung von Lagergeld bei deren Überschreitung ab. Sie erfolgt in der Regel, sobald die Eisenbahn in der Lage ist, die Ablieferung vorzunehmen.

In Belgien wird der Empfänger von der Ankunft der Güter, die durch die Eisenbahn nicht in die Behausung zuzuführen sind, benachrichtigt. Die Benachrichtigung erfolgt unentgeltlich hinsichtlich der Güter gewisser Tarifklassen, der bahnlagernden oder der Sendungen nach Stationen, auf denen kein Rollfuhrdienst eingerichtet ist. Bei Frachtgutsendungen einschließlich der, die nach Industriegleisen übergeführt werden, werden für das A. 10 Centimes erhoben.

In der Schweiz hat die Eisenbahn längstens 24 Stunden nach Ankunft des Gutes, auch wenn die Lieferfrist noch nicht abgelaufen sein sollte, dem Adressaten den Frachtbrief oder eine schriftliche Anzeige zu übersenden. Bei Eilgütern erfolgt die Zustellung der Frachtbriefe, bzw. der Avisobriefe binnen 4 Stunden nach Ankunft des Gutes. Güter, die restante gestellt sind, werden nicht avisiert.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 1. Berlin, Wien 1912, S. 343-344.
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