Berninabahn

[253] Berninabahn (Schweiz-Italien). Abb. 88. Elektrisch betriebene 1-m-Spurbahn mit 70 Größtneigung und 45 m kleinstem Krümmungshalbmesser, verbindet das Oberengadin mit dem Veltlin über den Berninapaß. Von St. Moritz (1778 m ü. M.) führt die Linie durch die Innschlucht nach Celerina und von da über Pontresina (1777 m ü. M.), die Berninahäuser und das Berninahospiz (2256 m ü. M.) bis zur Landesgrenze bei Campocologno und dann über italienisches Gebiet nach Tirano (429 m ü. M.). Auf eine Länge von 8∙35 km wird die Straße benützt.

Der große Höhenunterschied hat eine schwierige Entwicklung mit sich gebracht,[253] wobei man, um die schönen Ausblicke nicht zu behindern, Tunnel nach Möglichkeit zu vermeiden trachtete ohne dabei die Sicherung vor Lawinen und Steinschlag aus dem Auge zu verlieren.

Im ganzen sind 5 Kehrtunnel mit 50 m Halbmesser und 7 andere Tunnel, wovon der längste in der Innschlucht 700 m beträgt, vorhanden. Die Haltestellen sind durchschnittlich 90 m lang und liegen in Steigungen von 10‰.

Die Betriebslänge beträgt von St. Moritz bis Campocologno 58.100 m, von da bis Tirano 2517 m, zusammen daher, wie aus dem Längenschnitt ersichtlich ist, 60∙6 km.

Das Kraftwerk Campocologno der Kraftwerke Brusio liefert mit der Wasserkraft vom Poschiavosee die zum Betrieb der Bahn erforderliche Kraft. Es gibt den Strom an die B. unter 7000 Volt Spannung beim Austritte aus dem Kraftwerk ab.

Zum Betrieb der Bahn wird Gleichstrom von 750 Volt Spannung in der Fahrleitung verwendet.

Am 1. Juli 1908 wurde auf den Strecken Pontresina-Morteratsch und Poschiavo-Tirano und am 18. August 1908 von Celerina nach Pontresina und von Morteratsch bis Berninahäuser der Betrieb aufgenommen. Aus Rücksicht auf die großen und anhaltenden Steigungen sind die Züge mit vier verschiedenen Bremssystemen ausgerüstet, der Handspindelbremse, der Vacuum-Hardy-Bremse, der elektromagnetischen Schienenbremse und der elektrischen Kurzschlußbremse.

Die Bahn besitzt 14 Motorpersonenwagen mit Gleichstromserienmotoren, 16 Anhängewagen 3 Gepäckwagen, darunter 1 Motorwagen und 28 Lastwagen.

Das Gesellschaftskapital beträgt 6 Mill. in Aktien und 7 Mill. in Obligationen. Anschlüsse hat die Bahn in St. Moritz an das Netz der rhätischen Bahn und in Tirano an dasjenige der italienischen Staatsbahnen. Die Bahn gehört dem Verbände schweizerischer Sekundärbahnen an.

Im Jahre 1911 wurde einer Privatfirma die Konzession zum Bau einer schmalspurigen elektrischen, 28∙322 km langen Bahn von Tirano nach Edolo in Fortsetzung der B. erteilt.

Literatur: Dr. Tarnuzzer, Die Berninabahn. Chur 1909. – Koller, Die Berninabahn. »Elektrische Kraftbetriebe und Bahnen.« 1911. – Révue générale 1911, Note sur le chemin de fer électrique de la Bernina. – Schweizer. Bauzeitung. Bd. 59 (1912), Nr. 6 u. 7.

Dietler.

Abb. 88. Übersichtslängenschnitt der Berninabahn.
Abb. 88. Übersichtslängenschnitt der Berninabahn.
Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 2. Berlin, Wien 1912, S. 253-254.
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