Registratur

[187] Registratur, Einrichtung zur planmäßigen Sammlung und Ordnung der schriftlichen Geschäftsvorgänge und zur Aufbewahrung der erledigten Stücke in den Akten (s. Akten).

Solche Sammel- und Aufbewahrungsstellen besitzt zur ordnungsmäßigen Führung der Geschäfte jede Dienst- und Verwaltungsstelle. Sie sind bei den äußeren Dienststellen (Stationen, Fahrkartenausgaben, Güter- und Gepäcksabfertigungen, Bahnmeistereien, Werkstätten, Magazinen u.s.w.) meist geringeren Umfangs, so daß die Geschäfte der Regel nach von den Beamten, denen die sachliche Bearbeitung der schriftlichen Einläufe obliegt, mit wahrgenommen werden. Bei den Aufsichts- und insbesondere den oberen Verwaltungsstellen, bei denen der Umfang des schriftlichen Verkehrs nach Zahl und Inhalt der Einläufe bedeutender ist, bedürfen die entscheidenden Beamten zur Bearbeitung der Geschäftseinläufe außer der bureau-, rechnungs- und kanzleimäßigen auch der registraturmäßigen Hilfe. Der R. fällt im schriftlichen Geschäftsbetrieb der Eisenbahnverwaltung die Aufgabe zu, die einlaufenden Schriftstücke nach den bearbeitenden Abteilungen und Beamten zu sichten, den Eingang durch laufende Eintragungen festzulegen, die Vorlage, nötigenfalls unter Beifügung der Vorgänge (Akten) zu besorgen, den weiteren Lauf des Stückes bei den beteiligten Abteilungen, Bureaus, Beamten und Kanzleien bis zur völligen Erledigung zu vermitteln, schließlich die erledigten Stücke zu den Akten zu bringen und diese planmäßig anzulegen und aufzubewahren.

Die Grundlage der Registraturtätigkeit ist außer der planmäßigen und übersichtlichen Aktenanlage die Führung des »Geschäftsbuches« (»Tagebuch«, »Einlaufjournal«, »Ein- und Ausgangsbuch«).

Die Einreihung der Akten in die R. geschieht entweder ausschließlich nach der Reihenfolge der Nummern der Geschäftsstücke oder nach Gegenständen und nur innerhalb dieser nach Nummern. Die planmäßige Ordnung der R. ist insbesondere bei den großen deutschen Eisenbahnverwaltungen sowie bei einzelnen österreichischen Eisenbahnen (österreichischen Staatsbahnen) in Anwendung. Hierbei wird ein Registraturplan aufgestellt, nach dem die Akten angelegt und aufbewahrt werden; dieser zeigt naturgemäß bei den einzelnen Verwaltungen große Verschiedenheiten. Innerhalb der[187] einzelnen Abteilungen oder Unterabteilungen des Registraturplans unterscheidet man gewöhnlich General- und Spezialakten (s. Akten). Sowohl die General- als die Spezialakten werden unter fortlaufenden Nummern nach dem Geschäftsstoff angelegt und in der Regel ohne Rücksicht auf den Abschluß eines Jahrgangs fortgeführt.

An der Hand des Geschäftsbuches wird in der R. auch der weitere Lauf des Stückes sowie seine Erledigung und sein schließlicher Verbleib verfolgt. Außer dem Registratur- oder Aktenplan werden zur Erleichterung des Auffindens und zur Sicherstellung rechtzeitiger Erledigung der Schriftstücke bei umfangreicheren Geschäftsbetrieben in der R. Hilfsbücher mannigfacher Art, z.B. Namens- und Sachverzeichnisse, Vorlage- und Wiedervorlagebücher (Terminkalender) u.s.w. geführt.

Bei den obersten und oberen Verwaltungsstellen finden sich Haupt- (Zentral-) und Abteilungsregistraturen als eigene Dienstabteilungen unter der Leitung von Registraturbeamten. Die Abteilungsregistraturen decken sich vielfach mit den Verwaltungsbureaus und führen dementsprechende Bezeichnungen wie: Haupt-(Zentral-), Personal-, Verkehrs-, Tarif-, Betriebs-, Bauregistratur u.s.w. Bei einigen Eisenbahnverwaltungen ist für gewisse Verwaltungsstellen der R. auch der Kanzleidienst (s. Kanzlei) zugeteilt.


In Anbetracht der Weitläufigkeit und Kostspieligkeit, die das nach vorstehender Darlegung eingerichtete Registraturwesen nach älterer Art bei dem gewaltigen Schriftenverkehr der Eisenbahnverwaltungsstellen notwendigerweise aufweist, ist das Bestreben der Eisenbahnverwaltungen darauf gerichtet, neuzeitlichere, sich an die kaufmännische Geschäftsführung mehr anlehnende, einfachere Einrichtungen anzuwenden. Die Vereinfachungen, die u.a. bei den preußischen und bayerischen Staatsbahnen eingeführt worden sind, bestehen in der Hauptsache darin, daß ein großer Teil der Schriftstücke nicht zu den Akten genommen und ein noch weit größerer Teil nicht in das Geschäftsbuch eingetragen wird, d.h. überhaupt nicht zu der besonderen Registraturstelle gelangt, sondern vielmehr bei dem bearbeitenden Bureaubeamten verbleibt. Nach diesem Grundsatz werden nicht bloß bei den Aufsichtsstellen, sondern auch bei den obersten Verwaltungsstellen (Direktionen, Generaldirektionen, Ministerien) alle Schriftstücke, die unwichtig sind oder keinen dauernden Wert haben, von der aktenmäßigen Behandlung ausgeschlossen. Sie werden von den Beamten in Mappen oder verschnürt in Bündeln aufbewahrt (»weggelegt«) und nach kürzerer Frist als Altpapier veräußert. Grundsätzlich unterbleibt ihre Eintragung in die Geschäftsbücher der R. Dasselbe gilt von zahlreichen anderen, an sich wichtigeren und daher aufzubewahrenden Schriftstücken. Es gilt dies namentlich von den Geschäftsstücken, die sich auf die Personalien der Beamten, auf das Rechnungs-, Kassen-, Materialien-, Verkehrs-, Fahrplanwesen, auf Unfälle und andere bestimmte Vorgänge beziehen. Um den Geschäftsgang auf das Mindestmaß einzuschränken, ist die Aktenführung auf den erwähnten Gebieten den mit dem Entwurf der sachlichen Erledigung betrauten Bureaubeamten mit übertragen, so daß der Buraubeamte, was in jeder Weise zur Beschleunigung, Vereinfachung und Verbilligung des Geschäftsbetriebs führen muß, die Registraturgeschäfte seiner Arbeitsrate mit wahrnimmt. Einige Eisenbahnverwaltungen haben dieses vereinfachte Verfahren weit ausgebaut; so gibt es beispielsweise bei dem preußischen Eisenbahnzentralamt und bei den bayerischen Eisenbahnzentralämtern überhaupt keine registraturmäßigen Geschäftsbücher und keine besonderen Registraturstellen. Andere große Verwaltungsstellen, bei denen früher mehrere räumlich getrennte Registraturabteilungen mit zahlreichen Beamten in Tätigkeit waren, haben die noch verbliebenen Registraturgeschäfte an einer mäßig umfangreichen Stelle zusammengezogen.

Die Geschäftsstücke, die nicht zur R. gelangen und daher auch nicht mit der Nummer des Geschäftsbuches versehen werden können, erhalten bei einigen Verwaltungen die Zeichen der Akten, in die sie später gelangen, bei anderen Verwaltungen die Nummer des Bureaubeamten, in dessen Arbeitsrate das Stück gehört; auch die Nummer des Dezernenten pflegt man ersichtlich zu machen. Die Nummern der Dezernate und der Bureauarbeitsraten sind durch die Geschäfts- und Bureauarbeitspläne festgelegt. Wo es den Bureaubeamten gestattet ist, in einfach gehaltenen »Arbeitslisten« besonders wichtige Vorgänge einzutragen, wird auch die Nummer der Eintragung auf dem Schriftstück vermerkt. Damit die rechtzeitige Erledigung der nicht registraturmäßig behandelten Geschäftsstücke sich nicht verzögert, besteht meist die Anordnung, daß alle noch nicht bearbeiteten Stücke, das älteste obenan, in einer dafür bezeichneten Mappe aufzubewahren und zeitweise von den Bureauleitern durchzusehen sind. Die Vermittlung des Laufs der Schriftstücke bei den beteiligten Dezernenten, Bureaus, Kassen u.s.w. wird dadurch erleichtert, daß auf einem Umschlagdeckel der Lauf des Stückes als »Wegweiser« für das Dienerpersonal vermerkt wird.


Bayern hat 1907 einen einheitlichen Registraturplan für die gesamte Verwaltung (Ministerium, Zentralämter und Eisenbahndirektionen) aufgestellt. Die Schriftstücke, die nicht zu den Weglegesachen gehören, erhalten keine fortlaufende Geschäftsnummer, sondern nur nach mnemotechnischen Grundsätzen festgesetzte Aktenzeichen. Nach diesen findet der Registraturbeamte ohneweiters das Geschäftsstück.

Im österreichischen Eisenbahnministerium erfolgt die Einreihung der Akten nach Lektionen und innerhalb dieser nach Nummern, bei den Staatsbahndirektionen dagegen nach Abteilungen und Gegenständen.

Über die R. der amerikanischen Eisenbahnen vgl. V. Z. 1910, S. 809 ff.

Als R. wird auch die kurz gehaltene Aufzeichnung über das Ergebnis mündlicher Erörterungen und Verabredungen bezeichnet.

Literatur: Das Deutsche Eisenbahnwesen der Gegenwart. Berlin 1911, Kapitel XXVII, S. 464 ff.

Hoff.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 8. Berlin, Wien 1917, S. 187-188.
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187 | 188
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