Sonderabteil

[74] Sonderabteil (separate compartment; compartiment séparé; compartimento separato), ein Wagenabteil, das auf Bestellung bei einem Zug zur Verfügung des Bestellers und seiner Begleitung gehalten wird. Auf den deutschen und den österreichischen Bahnen sind nach § 14 des BR. und nach § 15 der Verkehrsordnung (Deutscher Eisenbahn-Personen- und Gepäcktarif Teil I) ganze Abteile den Reisenden auf Verlangen für den tarifmäßigen Preis zur Verfügung zu stellen, wenn keine Rücksichten des Betriebs oder des Verkehrs entgegenstehen. Die Bestellung muß mindestens 30 Minuten vor der Abfahrzeit erfolgen. Für ein Abteil sind höchstens so viele Fahrkarten zu bezahlen, wie es Plätze enthält. In das Abteil dürfen nicht mehr Personen aufgenommen werden, als Fahrkarten bezahlt sind. Bestellte Abteile müssen durch eine Aufschrift kenntlich gemacht werden. Nach dem Ermessen der Verwaltungen können geschlossene Abteile in der I. Kl. schon gegen Lösung von 4, in der II. Kl. von 6, in der III. Kl. von 8 Fahrkarten überlassen werden. Wo Halbabteile geführt werden, genügt die Hälfte dieser Mindestanzahl. Fahrkarten zum halben Preis werden als eine Fahrkarte gerechnet.[74] Mindestens ist für jede Person eine Fahrkarte zu lösen.

Nach diesen Grundsätzen wird auch in anderen Ländern verfahren. Die Einzelheiten werden durch die Tarifbestimmungen bekanntgegeben. Sie hier aufzuführen, erübrigt sich, weil die Einführung numerierter Plätze in den Schnellzügen des großen Durchgangsverkehrs (s. D-Züge und Luxuszüge) und die Möglichkeit der Vorausbestellung dieser Plätze das Bedürfnis für die Bereithaltung von S. wesentlich eingeschränkt hat. Anderseits sind die Eisenbahnverwaltungen aber auch ohne Rücksicht auf etwaige Tarifvorschriften bemüht, die Reisenden im Zug ihren Wünschen entsprechend unterzubringen und die nötigen Plätze hierfür so bereitzustellen, daß das Ein- und Aussteigen in kürzester Zeit vor sich geht und die Zugabfertigung dadurch beschleunigt wird. Sie werden daher den Wünschen von Reisegesellschaften auf Bereithaltung von S. nach Möglichkeit entgegenkommen, auch wenn die Tarifbestimmungen nicht in allen Punkten erfüllt sind, während sie sich anderseits vorbehalten, nicht bezahlte freie Plätze in den S. bei Platzmangel zeitweise oder dauernd mit anderen Reisenden zu besetzen.

S. werden im allgemeinen nur in Übereinstimmung mit dem Lauf der im Zug befindlichen Wagen bereitgehalten, u.zw. auch dann, wenn die Reisenden im Besitz von durchgehenden Fahrkarten sich befinden. Beim Übergang auf einen andern Zug ist ein Umsteigen erforderlich. Anders ist es bei Benutzung von Sonderwagen, deren Bereitstellung vielfach gerade zu dem Zweck erfolgt, um den Reisenden ein Umsteigen beim Wechsel des Zuges zu ersparen (s. Sonderwagen u. Krankenbeförderung).

Über S. für dienstliche Zwecke, für Frauen, Raucher und Nichtraucher s. Dienstabteil, Frauenabteil u. Raucherabteile.

Breusing.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 9. Berlin, Wien 1921, S. 74-75.
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