Kösel, Josef

[581] Kösel, J. Die Jos. Köselsche Buchhandlung in Kempten wurde im Jahre 1593 durch Erhard Blarer von Wartensee, Fürstadt von Kempten, gegründet und bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts im fürstlichen Residenz-Schlosse zu Kempten als typographia ducalis unter der Leitung von Faktoren betrieben. Zu der Buchhandlung gehörte auch eine Buchdruckerei und eine Papierhandlung sowie die fürstliche Papiermühle in der Hegge bei Kempten. 1741 und 1758 erscheint als fürstlicher Faktor Andreas Stadler, 1773 Aloys Galler, 1800 Josef Kösel. Nach vollzogener Säkularisation der Fürstabtei Kempten ging das Geschäft in den Besitz der bayerischen Regierung über; die Rechnung über das Jahr 1802, erstattet vom Faktor Josef Kösel, trägt den Titel: »Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben der churbayerischen Buchdruckerei und Papiermühle Hegge«. Bald darauf wurde das Geschäft von der kurpfalzbayerischen Regierung an Kösel, dessen Firma es seitdem führt, verkauft. Jos. Kösel starb 1825, seine Witwe trat das Geschäft Ende der zwanziger Jahre an den Kemptner Kaufmann Nikolaus Bail ab, nach dessen Tode (1833) es in den Besitz der Witwe und sodann in den des damaligen Geschäftsführers Johann Huber (geb. am 16. Februar 1806 zu Schwabelsberg bei Kempten) überging. Von Letzterem (gest. 25. Dezember 1864) übernahmen es dessen Erben zunächst in gemeinschaftlichen Besitz; seit 18. Juni 1872 ist Ludwig Huber alleiniger Inhaber der Firma, welche außer der Verlags- und Sortiments-Buchhandlung noch eine Kunst- und Landkarten-Handlung, Musikalienverlags- und Sortiments-Handlung, sodann eine Buchdruckerei, Lithographie mit Steindruckerei, Photo-Lithographie, photochemigraphische Anstalt, Buchbinderei, Galvanoplastik und Stereotypengießerei, sowie Zeitungs-Verlag umfaßt.

Den Grundstock des Verlagsgeschäftes bilden die liturgischen Publikationen, zu deren Herausgabe die Firma bis zu Ende des 18. Jahrhunderts ein kaiserliches Privilegium besaß, sowie die[581] deutsche Uebersetzung der Werke der Kirchenväter. Neben diesen beiden Spezialitäten pflegt das Verlagsgeschäft hauptsächlich noch die Sparten der katholischen Theologie, der Musik, der Jugendschriften, katholischen Belletristik und Schulbücher. Außerdem erscheint täglich im Verlage der Firma die »Allgäuer Zeitung« im 49. Jahrgange. Die Zeitung wurde von Joh. Huber i. J. 1848 gegründet und führte damals den Namen: »Konstitutionelle Blätter aus dem Allgäu«. 1866 hörte die Zeitung zu erscheinen auf. In den Jahren 1869/70 wurde in der Offizin der Firma die täglich erscheinende politische Zeitung »Allgäuer Volksblatt« für Rechnung des Verlagsbuchhändlers J. Bucher in Passau, sowie (1870/71) der wöchentlich zweimal zur Ausgabe gelangende »Kurier für's Wertachthal« für Rechnung von Privatpersonen gedruckt. Nachdem beide Blätter schon im Jahre 1870 bezw. 1871 zu erscheinen aufgehört hatten, ging die i. J. 1871 gegründete politische Zeitung »Kemptener Neueste Nachrichten« im Sommer 1874 in Druck und Verlags-Eigentum der Firma Kösel über und führte seit dem Jahre 1875 wieder den alten Titel »Allgäuer Zeitung«. Als Vorläufer dieser politischen Blätter darf das »Stift Kemptische Wochenblatt« betrachtet werden, welches zu Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts in der fürstäbtlichen Buchdruckerei gedruckt wurde, sowie das »Königlich-Bayerische allgemeine Intelligenzblatt« für den Illerkreis, welches i. J. 1811 gegründet und in »Neustadt Kempten, bey Josef Kösel« verlegt wurde. Im Jahre 1857 trat die erste Schnellpresse in Tätigkeit; 1869 wurde der Dampfbetrieb, 1872 die Buchbinderei, 1880 die Photo-Chemigraphie eingerichtet; 1879 wurde für die sämtlichen Geschäftsbediensteten ein eigener Kranken-Unterstützungs-Verein gegründet. Eine namhafte Erweiterung erfuhr das Geschäft durch die Herausgabe der Werke des Pfarrers Kneipp in Wörishofen, dessen Schriften über seine Wasserkur nicht bloß den Namen des Verfassers sondern auch den der Firma Kösel auf der ganzen Erde bekannt machten; haben doch seine Bücher, jetzt schon fast in alle lebenden Sprachen übersetzt, den Weg in alle Erdteile gefunden. Die Firma beschäftigt über 100 Personen; 12 Schnellpressen nebst allen erforderlichen Hilfsmaschinen neuester Konstruktion sind in unausgesetzter Tätigkeit. 1884 erwarb Huber käuflich die B. Schmidsche Verlagsbuchhandlung in Augsburg (gegr. um 1740, vergl. Artikel Manz) mit den weitverbreiteten Unternehmungen: »Wochenblatt für das christl. Volk«, »Augsburger Hausfreund« und »Augsburger St. Josefs-Kalender«, sowie mit dem Verlage der offiziellen Gesangbücher und Katechismen für die[582] Diözese Augsburg. Das Geschäft wird unter alter Firma in Augsburg weiter betrieben.

Quellen: Zum 300 jähr. Jubiläum der Jos. Köselschen Buchh. in K. 1893.

Quelle:
Rudolf Schmidt: Deutsche Buchhändler. Deutsche Buchdrucker. Band 3. Berlin/Eberswalde 1905, S. 581-583.
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