Glasmahlerey

[481] Glasmahlerey.

Es war ehedem gebräuchlich, an die Fensterscheiben der Kirchen und andrer öffentlichen Gebäude, Mahlereyen anzubringen, wovon man noch itzt in alten Gebäuden die Ueberbleibsel sieht. Die Farben wurden auf das weiße Glas aufgetragen und hernach eingebrannt: also war es eine Art Schmelzmahlerey, nur daß die eingebrannten Farben durchsichtig waren. Einige Farben, wie z. E. das dunkele Roth, sitzen sehr dick auf dem Glase, so daß es aussieht, als wenn ein Stück von rothem Glase auf die Fensterscheibe angelöthet wäre.

Ueberhaupt also waren die Farben nichts anders, als gefärbtes Glas, das vermuthlich zu feinem Staub gerieben, auf das weiße Glas aufgetragen und hernach im Feuer wieder in Fluß gebracht wurd. Die weiße Scheibe selbst diente anstatt des weißen, und da, wo man weiß Licht nöthig hatte, wurd gar keine Farb aufgetragen.

Bisweilen wurden die Farben nicht eingebrannt, sondern blos eingesetzt. Man schnitt nämlich aus der weißen Scheibe ein Stück, nach der Form, die die Zeichnung erfoderte, aus, und setzte mit Bley ein Stück gefärbtes Glas hinein. So wurden ofte die Gewänder gemacht; die Schatten wurden durch schwarze Schraffirungen hineingetragen.

Dieses war die Mahlerey, womit vom XII oder XIII Jahrhundert an, die Fenster der Kirchen und andrer öffentlichen Gebäude verziert wurden. Die meisten dieser Gemählde sind sehr schön von Farben, sonst aber so wol in Erfindung, als Zeichnung und Haltung sehr barbarisch. Indessen ist es doch Schade, daß sich nicht jemand die Mühe gegeben, die in alten Kirchen noch übrigen Mahlereyen dieser Art, in Absicht auf die Geschichte der Kunst jener Zeiten, in Betrachtung zu nehmen, die besten davon abzuzeichnen, und zu illuminiren. Seit ohngefehr 250 Jahren ist sie ganz in Abgang gekommen. Das Verfahren und die Handgriffe dieser Art zu mahlen, beschreibet der Abt Perneti ausführlich.1

Die Glasmahlerey scheinet auch den Alten bekannt gewesen zu seyn. Ich erinnere mich irgendwo gelesen zu haben, daß ein gewisser Senator Buonarotti Anmerkungen über verschiedene Fragmente alter Glasmahlereyen herausgegeben.

1Dictionaire portatif de peinture etc.
Quelle:
Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, Band 1. Leipzig 1771, S. 481.
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