Schnupftuch

*1. Dem muss man kein Schnupftuch mit brabanter Kanten geben.

So sagen die Belgier von einem Grobian.


*2. Er kennt den Gebrauch des Schnupftuchs nicht.

Die Gewohnheit, Schnupftücher zu führen, ist gar nicht so alt und kam aus einem Lande, das unsere Reisenden gerade nicht als Muster der Reinlichkeit darstellen, aus Italien. Sogar Kaiser Friedrich II. befahl dem Wirthschaftsverwalter auf einem seiner Güter in Sicilien, den Mägden und Kindern daselbst duos faccelos de panno linneo zu geben, womit eben leinene Taschentücher bezeichnet werden. Bis zum 16. Jahrhundert brauchten die Deutschen kein anderes Wort als das von den Italienern abgelernte »Fatzolin, Fatzeunlein, Facele«, das sich auch, wenn nur etwas verändert, in einigen Gegenden Baierns und Oesterreichs erhalten hat. Doch war zu jener Zeit der Gebrauch der Schnupftücher bei weitem nicht allgemein. Gegen diese »widrige Unsauberkeit« erhob sich Erasmus von Rotterdam in seiner Anleitung zur Wohlanständigkeit, die er einem burgundischen Prinzen zueignete. Gleichbedeutende Wörter in Schriften des 16. Jahrhunderts sind: Schnaubtuch und Schnaubtüchlein. In der Schweiz hört man hier und da »Nasenlumpen«. Auch bei den Franzosen scheint dies Reinlichkeitsmittel erst später allgemein geworden zu sein. (S. Anno 1.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 309.
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