Volksglaube

Volksglaube – Volksschraube.

Mittels des Volksglaubens kann man, wenn man sich auf ihn stützt, grosse Dinge ausführen, daher ist er auch stets, selbst wenn er Irrthum oder Aberglaube war, von den Regierungen gepflegt worden. So banden die Spartaner die Bildsäule des Mars mit einer eisernen Kette an, um den Siegesgott zu nöthigen, bei ihnen zu bleiben, und stählten dadurch ihren Heldenmuth. Die Athener stutzten der Siegesgöttin die Flügel, damit sie nicht davonfliegen könne. Die Kreter behaupteten, dass Jupiter in ihrem Lande geboren und zeigten nebst seinem Tempel auch sein Grabmal. Keine Macht sollte es wagen, diese Denkmäler zu entheiligen, ohne das ganze Volk in Harnisch zu bringen. Die Trojer hielten sich für unüberwindlich, so lange sie das Palladium in ihren Mauern hatten. Könige und Priester bestärkten das Volk in diesem Glauben. Die Griechen hielten es für nothwendig, diesen kostbaren Schatz erst stehlen zu lassen, bevor sie es wagten, Troja zu erobern, denn mit demselben verschwand der Geist des Volks. Rom, da es das Palladium in dem Tempel der Vesta aufstellte, war stolz darauf, und die Decrete des Senats bestätigten die Orakel der Sibyllen über diesen Volksglauben. (Vgl. Kornmann, III, 31.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 1681.
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