Kette

1. Die gülden Ketten binden härter als Eysen. Lehmann, 126, 55.

Weil sie in der Regel den Geist in Banden legen, d.i. unfähig machen, nach seiner besten Ueberzeugung zu handeln.


2. Die Kette allein macht kein Gewebe.

Engl.: To make woof or warp of any business. (Bohn II, 183.)


3. Eine Kette, die man andern schmiedet, muss man oft selber tragen.


4. Eine Kette ist leicht belacht, aber schwer zerbrochen.


5. Es gibt mehr Ketten als bissige (rasende, tolle) Hunde.

Das wissen die klugen Leute sehr wohl; nur die Schwachen lassen sich in Furcht treiben, wobei jene sehr oft ihren Zweck erreichen.


6. Et get mih Ketten äls rosetige Hong1. (Aachen.) – Firmenich, I, 492, 67; für Siegen: Firmenich, I, 519, 4.

1) Wie rasende, tolle Hunde.


7. Et giet maer Kîen asse dulle Rüens. (Grafschaft Mark.)


8. Goldene Ketten sind auch Ketten.Kellner, Musterstücke.


9. Goldene Ketten sind gut, aber keine Kette ist die beste Kette.

Port.: Arrenego de grilhões, ainda que sejão de ouro. (Bohn I, 267.)


10. Gute Kette hilft schlechtem Einschlag durch.

Von der Weberei entlehnt, wo die Längsfäden Kette heissen, während die Querfäden Einschlag oder Schuss genannt werden.


11. Ketten sind Ketten.

Engl.: No man loves his fetters, though of gold. (Bohn I, 93.)


12. Nur dem wird die Kette vom Wagen gestohlen, der zu faul ist, sie abends ins Haus zu holen. (Frankenwald.)


13. Wem goldene Ketten gehören, den muss man nicht mit eisernen binden.Parömiakon, 658.


14. Wer an ein Ketten bindt ein Fist, dessen arbeit gar vergebens ist.Lehmann, 779, 16.

Lat.: Difficiles nugae. – In rebus inutilibus noli frustra laborare. – Laboriosis occupatur in nugis. – Stultus amor ineptiarum. (Eiselein, 35.)


15. Wer dich mit Ketten bindet, den binde mit Blumen.


16. Wer in der Kette liegt, muss nicht über die Schlinge lachen.


17. Wer Ketten trägt, hört nicht gern von Eisen reden.Reinsberg IV, 54.


[1259] 18. Wer seine Ketten nachschleppt, ist noch nicht frei.

Frz.: N'est pas sauvé (bien échappé), qui traîne son lien. (Cahier, 597; Lendroy, 1438.)

It.: Non è scappato chi si strascina la catena dietro. (Bohn I, 112.)


19. Wo Ketten rasseln, gibt es keine Pflichten. Sprichwörtergarten, 347.

Ohne Freiheit kann nicht von Pflicht die Rede sein.


*20. Die ketten hat er jm selbs geschmidt. Franck, II, 58b; Körte, 3349b.

»Das bad hat er jm selbs vbergehenckt. Die rut hat er, jm selbs auff seinen arss gemacht. Den brei hast dir selbs gekocht.«

*21. Einem ein Ketten an den Halss werffen.Luther's Tischr., 441b.


*22. Einem goldene Ketten an die Beine legen.

Eine glänzende und liebliche Knechtschaft, wie z.B. das Hofleben sein soll.


*23. Einen an der Kette halten.

Diese in Breslau, vielleicht auch in andern grossen Städten bekannte Redensart wird gebraucht, um systematische Ausbeutung zu bezeichnen. Sie wird auf Industrieritter und dergleichen Leute angewandt, die auf eine geschickte Weise die Strafgesetze zu umgehen wissen, um auf eine leichte Weise sich grossen Gewinn zu verschaffen. Sie wählen sich für ihren Zweck ein Opfer aus, das sie nicht mehr loslassen, sondern »an der Kette halten«, bis es unter irgendeinem gesetzlichen Anstrich ausgesaugt ist. (Vgl. darüber Schles. Morgenblatt den Artikel Zur socialen Frage, Breslau 1866, Nr. 31.)


*24. Er liegt an einer goldenen Kette gebunden. Körte, 3349a.

Holl.: Zij zijn door de gouden keten verbonden. (Harrebomée, I, 397a.)


*25. Er muss in die Kette beissen.


*26. Es ist eine angelegte Kette.

Eine verabredete Sache. In Zipfen sagt man auch: es ist eine abgeredete Karte. In Siebenbürgen: Dos es an angelegte Kêt.


*27. Es ist um eine goldene (silberne) Kette zu thun.


*28. In die Kette baissa.

Sartorius (169) bemerkt: »Den Kindern pflegt man, um ihnen bange zu machen, vorzureden, sie müssten, wenn sie zum erstenmal in die Schule kämen, gleichsam als Aufnahmsprobe, in eine eiserne Kette beissen.«


*29. Iss doch, as wenn's oa Käten hinge. (Schles.) – Frommann, III, 247, 192; Gomolcke, 656.


[Zusätze und Ergänzungen]

30. Jede Kette drückt, und wären ihre Glieder von Gold.

Böhm.: Každý řetĕz tlačí, byt' články jeho zlaté byly. (Rybička, 38.)


*31. D' Kette durchgebisse han.Alsatia, 1851, S. 16.

Mit etwas im Reinen sein, alle Schwierigkeiten überwunden haben. Scherzweise sagt man Kindern und Landleuten, welche zum erstenmal nach Strassburg kommen, sie müssten zuerst die Ketten durchbeissen, welche vor dem Thore ausgespannt sind, bevor sie eingelassen würden.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
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