Betagen

[936] Betagen, verb. reg. welches nur noch zuweilen in einer doppelten Gattung vorkommt.

I. Als ein Activum, einen Tag ansetzen, anberahmen. Sich mit jemanden betagen, eine Zusammenkunft auf einen gewissen Tag und an einem gewissen Orte verabreden. Ingleichen, einen betagen, ihn auf einen gewissen Tag vorfordern, und in engerer Bedeutung, ihn vor Gericht fordern.


Heiß aber mich nicht auch darneben

Dir vor Gerichte Rechnung geben;

Betage ja nicht deinen Knecht,

Opitz Ps. 143.


Verwirf die Völker durch Gerichte

Betage sie vor dein Gerichte,

Opitz Ps. 143.


Der Götter großer Rath ließ dich hierin betagen,

Opitz Ps. 143.


d.i. vor Gericht fordern. In dieser Bedeutung war in dem mittlern Lateine auch adiornare üblich, wovon die Franzosen noch ihr adjourner haben.

II. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte seyn, verfallen, besonders von Zinsen, Schulden u.s.f. Die Schuld ist betagt, die Zahlungszeit ist vorhanden. Betagte Zinsen. S. auch Betagt.

Anm. In beyden Bedeutungen kommt dieses Wort in der Sprache des gemeinen Umganges nicht mehr, wohl aber zuweilen noch in der Gerichtssprache vor. Ehedem bedeutete dieses Wort[936] auch noch: 1) Begegnen, widerfahren, wovon in Pezens Glossario Beyspiele vorkommen. 2) Den Tag über an einem Orte bleiben. Der ritter soll nicht hie betagen, der Markgr. von Hohenberg.


O we sol aber er iemer me

Den morgen hie betagen,

Heinrich von Morunge.


Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 936-937.
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