Elend

[1791] lend, -er, -este. adj. et adv. welches zu dem vorigen Hauptworte gehöret, aber doch in einigen Bedeutungen gebraucht wird, in welchen jenes nicht mehr üblich ist. 1) In einem hohen Grade schlecht, seiner Bestimmung und der Vollkommenheit in einem hohen Grade nicht gemäß. Das ist sehr elendes Brot. Ein elender Wein. Eine elende Herberge. Eine elendes Gedicht. Ein elender Schriftsteller, der nichts als sehr schlechte Sachen schreibet. Elende Entschuldigungen, Ausflüchte. Elende Arbeit machen. Ein elender Trost. Mein Herz wird das Opfer eines elenden Staats-Interesse, Less. Ein Elender, ein nichtswürdiger, lasterhafter Mensch. 2) Sehr arm, armselig. Ein armer elender Mensch. Ein elender Zustand. Er muß sich sehr elend behelfen. Elend leben. Es geht ihm sehr elend. Der Glücklichste, heute noch der Glücklichste, und morgen schon ein Elender, Sonnenf. 3) Armselig und verächtlich. Eine elende Hantierung. Ein elendes Leben führen. 4) Gebrechlich. Ein alter elender Mann. Ein lahmer elender Mensch. 5) Ungesund, mager, im gemeinen Leben. Er siehet sehr elend aus. Er ist sehr elend geworden. 6) Große Schmerzen, vielen Verdruß, vielen Kummer empfindend, sehr unglücklich, Mitleiden verdienend. Ein elendes Leben führen. Er mußte elend sterben. Der Kranke lieget elend danieder. Sie ist elend, weil sie ihre Schande fühlt, Sonnenf. Ingleichen, was diese Empfindungen erwecket. Ein elender Anblick. Elende kümmerliche Zeiten.

Anm. Das Beywort ellend, miser, findet sich zuerst in dem alten Gedichte auf den heil. Anno. S. das vorige Hauptwort. In den meisten Bedeutungen hat dieses Wort einen verächtlichen Nebenbegriff, daher es oft nicht ohne Verletzung des Wohlstandes gebraucht werden kann. Elendig und elendiglich, für elend, gehören unter die veralteten Formen, die in den guten Sprecharten nicht mehr gebraucht werden. Das Osnabrückische elendig, für sehr, elendig gern, elendig schön, elendig häßlich u.s.f. gehöret allem Ansehen nach nicht hierher, sondern zu dem veralteten Worte Ellen, Stärke, und ellend sehr, S. Elle.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 1. Leipzig 1793, S. 1791.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: