Gehör, das

[500] Das Gehör, des -es, plur. die -e, von dem Zeitworte hören, den Schall empfinden. 1. Das Vermögen, die Fähigkeit, zu hören, oder den Schall zu empfinden; ohne Plural. Ein gutes, ein scharfes, ein leises Gehör haben. Wenn der ganze Leib Auge wäre, wo bliebe das Gehör? Um sein Gehör kommen, das Gehör verlieren. Die Länge und Kürze der Sylben fällt sehr deutlich in das Gehör, wird sehr deutlich empfunden, wo es aber auch die folgende dritte Bedeutung leidet. In engerem Verstande zuweilen auch ein gutes, richtiges Gehör. Wer Stimme und Gehör hat, hat Anlage zum Singen. 2. Der Zustand, da man etwas höret oder anhöret; auch ohne Plural. 1) Eigentlich, doch nur in einigen Fällen. Etwas aus dem Gehöre haben, es gehöret haben, von Hörensagen haben. Das Gehör des göttlichen Wortes, der Predigt, die Anhörung. 2) In weiterer und figürlicher Bedeutung. (a) Einem Gehör geben, ihn anhören. Den Verleumdern kein Gehör geben. Einem das Gehör versagen, ihn nicht anhören wollen. Ich kann kein Gehör bey ihm finden. Der Gesandte wurde zum Gehör gelassen, bekam Gehör, erlangte Gehör, d.i. Audienz. (b) Die Befolgung des Gehörten, die Bestimmung seines Verhaltens nach demselben. Einer Bitte Gehör geben, sie erfüllen. Gib der vereinigten[500] Stimme der Pflicht und Freundschaft Gehör. 3. Das Werkzeug des Gehöres, die Ohren, in welchem Verstande die Jäger die Ohren der Sauen das Gehör zu nennen pflegen.

Anm. Bey dem Kero und Notker kehoreta, auch noch jetzt in einigen Oberdeutschen Gegenden Gehörde. Die Sidel des gehördes ist gegen dem hindern teyl des Hauptes, Buch der Natur 1483. Im Tatian kommt mit einer andern Ableitungssylbe dafür Gihorness, im Isidor aber Chihlose vor, von losen, hören.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 500-501.
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