Gehör

[349] Gehör ist der Sinn, durch den die belebten Wesen eine Empfindung des Schalles oder Tones, oder wie die Physik sich ausdrückt, die Schwingungen und Erschütterungen der uns umgebenden Luftmasse erhalten. Das Organ desselben ist das eben so kunstreich als das Auge eingerichtete Ohr. Der äußerlich sichtbare Theil dient dazu, um die Schallstrahlen in größerer Menge aufzunehmen und nach dem innern Ohre zu leiten. Dieserhalb ist es breit, beweglich und mit Windungen versehen. Das menschliche Ohr ist ursprünglich so beweglich als das Ohr vieler Thiergattungen; die Erziehungs- und Bekleidungsweise läßt aber die Bewegungsmuskeln erstarren. Der Gehörgang ist ein Verbindungscanal zwischen dem äußern und innern Ohre, wird durch das Ohrschmalz schlüpfrig erhalten, und ist hinten durch das durchbohrte Trommelfell verschlossen, welches durch die Schallstrahlen erschüttert wird, die Erschütterung den Gehörknöchelchen, dem Hammer, Ambos und Steigbügel mittheilt, die in der Trommelhöhle befindlich sind, und von da in das Labyrinth gelangt, das aus drei bogenförmigen Röhrchen, der Schnecke, dem Vorhofe und zwei Wasserleitern, besteht und mehrere Löcher und Gruben hat. Der Luftdruck bringt die Flüssigkeiten zum Steigen, wie das Quecksilber im Barometer, wodurch der Gehörnerv gedrückt wird und die Empfindung erhält. Die Höhlen in dem hinter dem äußern Ohre fühlbaren wulstigen Knochen scheinen eine Art Resonanzboden zu sein und der im hintern Theile des Mundes sich öffnende Canal, die Eustachische Trompete,[349] dient theils dazu, die eigene Stimme dem Ohr und also dem Bewußtsein mitzutheilen, theils zur Ableitung des zu starken Luftdruckes, weßhalb man bei sehr starkem Schall den Mund öffnen muß, um der Luftschwingung den Ausgang zu ermöglichen, damit das Gehör nicht zu sehr ergriffen werde.

D.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 349-350.
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