Gicht (2), die

[679] 2. Die Gicht, plur. die -en, ein in dem Hüttenbaue, vornehmlich bey den hohen Öfen gangbares Wort. 1) Der ebene Gang auf den hohen Öfen, auf welchem man herum gehen kann, und von welchem die Kohlen und der Eisenstein in den Ofen geschüttet werden. Er wird auch der Gichtboden, ingleichen der Geyer genannt. S. 1 Geyer. 2) Das jedesmahlige Aufgeben frischer Kohlen und Eisensteins, eine Schicht; ingleichen, so viel Kohlen und Eisenstein, als in einem hohen Ofen auf Ein Mahl aufgegeben oder aufgelaufen, d.i. hinein gestürzet werden, welches nach der Größe des Ofens verschieden ist. Der hohe Ofen zu Burg im Vogtlande wird in zehen Gichten eingetheilet. Wenn eine Gicht niedergebrannt ist, wird eine neue Gicht Kohlen und Eisenstein nachgeschüttet, und nach sieben, acht bis neun Gichten wird Ein Mahl abgestochen, und das geschmolzene Eisen, welches sich gesammelt hat, heraus gelassen.

Anm. Frisch glaubt, daß dieses Wort aus Gift verderbet worden, und eigentlich so viel bedeute, als auf Ein Mahl aufgegeben wird. Allein um der ersten Bedeutung willen ist es füglicher zu gehen zu rechnen, zumahl da für aufgeben auch auflaufen üblich ist, und der Gichtboden an einigen Orten auch der Laufboden, die Gichtbrücke aber die Laufbrücke genannt wird. Gicht bedeutet daher so viel als ein Gang, welches Wort in ähnlichen Fällen gebraucht wird. Kirchengicht sagt man an einigen Oberdeutschen Orten für Kirchgang, und bey dem Wehner kommt die Sonnenwende unter dem Nahmen der Sonnengicht vor. Auf ähnliche Art kommt von sehen Sicht, von geschehen Geschicht, von ziehen Zucht, von fliehen Flucht u.s.f. her. S. das folgende, ingleichen das Wort Schicht, welches durch Vorsetzung des Zischlautes aus Gicht entstanden zu seyn scheinet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 679.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: