Glühen

[734] Glühen, verb. reg. welches in doppelter Gestalt üblich ist. I. Als ein Neutrum, mit dem Hülfsworte haben, wo es eigentlich leuchten, bedeutet, aber nur noch in engerer Bedeutung von solchen von dem Feuer durchdrungenen Körpern gebraucht wird, welche eine starke Hitze und Licht von sich geben, ohne in eine Flamme auszubrechen; oder wo das Feuer auf der Oberfläche der Körper sichtbar wird, ohne in eine Flamme auszubrechen. 1. Eigentlich. Die Kohlen glühen noch unter der Asche. Glühende Kohlen. Das Eisen glühet. Glühend seyn, glühend machen, glühend werden. Messing, das im Ofen glühet, Offenb. 1, 15. Ein glühender Ofen, der voller Gluth ist, Dan. 3, 6. Das Gold glühet in dem Tiegel. Bey verschiedenen Metallen, z.B. dem Eisen, dem Golde, Silber, Kupfer, Messing, ist es der höchste Grad der Hitze, der vor dem Schmelzen vorher gehet. Das Eisen glühet roth, und wenn man die Hitze verstärket, weiß. 2. Figürlich. 1) Heiß oder warm seyn; in welcher Bedeutung man es nur in der R.A. glühender Wein gebraucht, solchen Wein zu bezeichnen, welchen man heiß gemacht, und oft mit Gewürzen u.s.f. versetzt hat. 2) Die Augen glühen, wenn sie eine heftige Leidenschaft durch einen starken Glanz verrathen. 3) Besonders von der Höhe der rothen Farbe. Das glühende Abendroth, Geßn. Ein glühend Roth umfärbte seine Wangen, Haged. Auch von der mit Wärme verbundenen Farbe des Gesichtes. Ich merkte, daß mein Gesicht glühete, vor Scham. Besonders in der höhern Schreibart, so fern diese warme Röthe ein Merkmahl der Gesundheit, der blühenden Jugend, und angenehmer Empfindungen ist. Der jugendlichen Gesundheit Rosenfarbe glühete auf seinen Wangen, Geßn. Auf dessen Wangen eine ewige Jugend glühet. Und, ach, wie schwebte das glühende Mädchen im himmlischen Tanze daher! Weiße. 4) Einen hohen Grad lebhafter Begierden oder Leidenschaften empfinden. Wenn er mir glühendem Eifer die Qualen der Hölle schildert. Alle glühen nach Ehre, Raml.

II. Als ein Activum, glühend machen. Das Eisen glühen. Das Silber glühen, in den Münzen und bey den Silberarbeitern, um es desto besser bearbeiten zu können. Verschiedene[734] Eisenarbeiter gebrauchen statt dieses Zeitwortes nur wärmen, so wie sie für glühend oft nur warm sagen.

Anm. In der ersten eigentlichen Bedeutung des Neutrius bey dem Notker cluon, in dem Fragmente auf Carln den Großen bey dem Schilter glouen, im Nieders. gloien, glöggen, glaren, glören, im Holländ. gloeyen, im Angels. glowan, im Engl. to glow. Notker gebraucht es auch für brennen. In der allgemeinern Bedeutung für leuchten, scheinen, ingleichen für sehen, kommt es noch in dem Gedichte auf den heil. Anno vor, wo glien glänzen ist. Im Nieders. ist glau, im Angels. glew, heiter, helle, im Dän. gloe gaffen, im Schwed. glo aufmerksam sehen, und gloa, Isländ. glia, funkeln, glänzen. Siehe Glänzen, 1 Gleißen, Glimmen, Glotzen, Glau u.s.f. In einigen Ausgaben der Deutschen Bibel stehet Dan. 10, 6 noch das veraltete glu, glun, für glühend.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 734-735.
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