Güte, die

[860] Die Güte, plur. car. das Abstractum des Bey- und Nebenwortes gut. 1. Absolute, das Verhältniß der innern Beschaffenheit einer Sache gegen die Absicht des Subjectes, und gegen ihre Bestimmung oder ihren Endzweck. Die Güte eines Zeuges, einer Waare untersuchen. Die Güte des Weines erforschen. Sind alle diese Wahrheiten von gleicher Güte? Auch im moralischen Verstande, das Verhältniß einer Sache gegen ihre sittliche Bestimmung, gegen das Gesetz. Die Handlungen sind von verschiedener Güte.

2. In engerer Bedeutung, das gehörige Verhältniß eines Dinges gegen die Absicht und das Verlangen des Subjectes, und gegen den Endzweck und die Bestimmung einer Sache.

1) In der eigentlichsten Bedeutung des Beywortes, die Eigenschaft einer Sache, da sie den Sinnen angenehm ist, angenehme Empfindungen erwecket. Die Güte alles Fleisches ist wie eine Blume auf dem Felde, Es. 40, 6, d.i. dessen Annehmlichkeit, Reitz. In dieser Bedeutung ist es im Hochdeutschen veraltet, außer daß man es in der vertraulichen Sprechart zuweilen im Concreto gebraucht; sich eine Güte thun, sich gütlich thun, sich angenehme Empfindungen verschaffen.

2) In weiterer Bedeutung. (a) Überhaupt, die Eigenschaft einer Sache, da sie der Absicht eines andern, ihrer Bestimmung, ihrem Endzwecke gemäß ist; die Vollkommenheit, wenn diese Eigenschaft in einem hohen Grade vorhanden ist, ungeachtet Güte und Vollkommenheit von den Philosophen gemeiniglich als gleichbedeutend angenommen werden. An diesem Tuche, an dieser Waare wird die Güte nicht bezahlet. Die Güte eines Landes. Die Güte eines Pferdes bestehet darin u.s.f. Die Güte eines Hirsches, dessen gehörige feiste Beschaffenheit. Auch im moralischen Verstande, das gehörige Verhältniß einer Sache gegen das Gesetz, ihre Übereinstimmung mit dem Gesetze. (b) In einigen engern Bedeutungen des Wortes gut. (α) Die Reinigkeit, der unverfälschte Zustand eines Körpers. Die Güte des Goldes, des Silbers. (β) Die Übereinstimmung mit den Regeln der Kunst, oder mit dem Objecte. Die poetische Güte, die Ähnlichkeit eines poetischen Bildes mit dem Urbilde. Die Güte eines Gemähldes, die Richtigkeit der Verhältnisse in der Zeichnung. (γ) Noch mehr im moralischen Verstande. (1) Die natürliche Beschaffenheit des Gemüthes, da es nicht zum Zorne, sondern zur Gelindigkeit, Sanftmuth, Geduld u.s.f. geneigt ist. Die Güte ist eben so oft eine Schwäche, als eine Tugend. Er ist die Güte selbst. (2) Glimpf, Gelindigkeit, freundschaftliches Verfahren, im Gegensatze des Ernstes, des Zwanges und des gerichtlichen Verfahrens. Ernst und Güte bey jemanden versuchen. Den Weg der Güte versuchen. Sage mir es in der Güte, im Guten. Der Güte pflegen, in der Gerichtssprache, einen gütlichen Vergleich zu treffen suchen. Die Creditores sind zur Pflegung der Güte eingeladen worden. (3) Die Neigung und Bereitwilligkeit andern Gutes zu thun; die Gütigkeit. Die Erde ist voll der Güte des Herren, Ps. 33, 5. Nein, ich kann ihre Güte nicht ausstehen. Ingleichen, deren Erweisung. Sie überhäufen mich mit Güte. Auch in der gesellschaftlichen Höflichkeit ist es, so wie Gütigkeit,[860] sehr üblich. Haben sie die Güte, und lassen sie mich melden.

Anm. Bey dem Ottfried Guati, so wohl von der Vollkommenheit eines Dinges, als auch im moralischen Verstande für Gnade.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 860-861.
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