Kasten (2), der

[1509] 2. Der Kasten, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Kästchen, Oberd. das Kästlein. 1) In der weitesten und vermuthlich auch eigentlichen Bedeutung, ein jedes wohl verwahrtes Behältniß, es habe eine Gestalt, welche es wolle; doch nur noch in einigen einzelnen Fällen. In der Zergliederungskunst werden die Zahnhöhlen in den Kinnbacken die Kasten, und im Diminut. Kästchen genannt. Bey den Goldschmieden ist der Kasten eines Steines, das hohle Behältniß von Metall, in welchem derselbige befestiget wird; daher im mittlern Lat. incastare, incassare, und im Franz. enchasser, einen Stein fassen bedeutet. In dem Bergbaue ist der Kasten ein oben bedeckter Ort, Berge oder Schutt darauf zu schütten. Kasten schlagen, einen Ort oben auf solche Art bedecken, daß man Schutt darauf schütten, und doch darunter weggehen könne. Der Röhrkasten, Brunnenkasten, dasjenige Behältniß, worin sich das Röhr- oder Brunnenwasser sammelt. Der Kasten Noah, in der Deutschen Bibel, das Schiff Noäh. An einigen Orten wird auch ein Getreideboden ein Kasten genannt, und bey den Jägern heißt das Herz noch der Blutkasten. 2) In engerer und gewöhnlicherer[1509] Bedeutung, ein vierecktes, dauerhaftes, gemeiniglich aus Bretern verfertigtes Behältniß, etwas darin zu verwahren, es habe einen Deckel oder nicht. Etwas in den Kasten legen, verwahren. Nach Maßgebung seiner Bestimmung oder anderer Umstände, bekommt er oft verschiedene Nahmen. Der Schatzkasten, Geldkasten, Mehlkasten, Bücherkasten, Futterkasten, Fischkasten, Schriftkasten, Bärenkasten u.s.f. 3) In der engsten Bedeutung, ein Geldkasten, ein Kasten, in welchem man sein Geld verwahret. Alle Kasten voll haben. Geld im Kasten haben, bares Geld vorräthig haben. Figürlich ehedem auch die öffentlichen Einkünfte, der Ort, wo sie aufbewahret wurden, und die zu ihrer Verwaltung angestellten Personen, in welcher Bedeutung es für Casse noch in einigen Oberdeutschen Gegenden üblich ist, wo der Armenkasten, Almosenkasten, Gotteskasten, Stadtkasten u.s.f. noch in diesem Verstande vorkommen. S. Kastenamt, Kastenherr, Kastenvogt, Kastner.

Anm. Bey dem Ottfried in der weitesten Bedeutung Kust, thines herzen kust, bey dem Ulphilas von einem Geschirrr Kas, im Nieders. Kiste, im Ital. Cassa, im Engl. Chest, im Lat. Cista. Es gehöret zu der großen Menge derjenigen Wörter, welche überhaupt ein hohles Behältniß bedeuten und durch die Ableitungssylbe näher bestimmt werden S. Kaue, Kiste und Geschirr die Anm. In einigen Gegenden ändert man im Plural den Vocal, die Kästen, und im Oberdeutschen ist es auch weiblichen Geschlechtes, die Kaste.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 2. Leipzig 1796, S. 1509-1510.
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