Rechnung, die

[995] Die Rêchnung, plur. die -en, von dem Zeitworte rechnen. 1. * In der ersten veralteten Bedeutung des Zeitwortes wurde Rechnung ehedem für Rechenschaft gebraucht, in welchem Verstande es noch im Oberdeutschen, aber ohne Plural, vorkommt.


Heiß aber mich auch nicht darneben

Dir vor Gerichte Rechnung geben,

Betage ja nicht deinen Knecht,

Opitz.


Wo es aber auch eine Figur von der folgenden Bedeutung seyn kann.

2. So fern rechnen zählen, zusammen zählen, und figürlich, aus gegebenen Zahlen eine unbekannte finden bedeutet, ist Rechnung 1) die Art und Weise zu rechnen, d.i. aus bekannten Zahlen eine unbekannte zu finden. Die Rechnung mit Zahlen, mit Buchstaben, mit Rechenpfennigen u.s.f. Die Differential-Rechnung, Integral-Rechnung u.s.f. 2) Mehrere unter einander gesetzte Zahlen, aus welchen eine unbekannt gewesene Zahl gefunden worden;

wo es doch nur in engerer Bedeutung von dem umständlichen Verzeichnisse der Ausgabe und Einnahme einer bestimmten Menge Geldes oder Waaren gebraucht wird. Die Rechnung führen, die Ausgabe und Einnahme aufzeichnen. Etwas in Rechnung bringen, in das Verzeichniß der Einnahme und Ausgabe. Eine Rechnung schließen. Buch und Rechnung halten, bey den Kaufleuten. Jemandes Rechnung durchsehen. Besonders das Verzeichniß der Ausgabe und Einnahme anvertrauten Geldes oder anvertrauter beweglicher Dinge. Rechnung ablegen, von etwas Rechnung ablegen, ein richtiges Verzeichniß darüber eingeben. Mit der Rechnung nicht bestehen. Rechnung von jemanden fordern. Jemanden die Rechnung abnehmen, ihn solche ablegen lassen. Ingleichen das Verhältniß, da man von anvertrautem fremden Gute Rechnung zu führen und abzulegen verbunden ist; ohne Plural. Auf Rechnung sitzen. Ein Gut auf Rechnung verwalten lassen; im Gegensatze der Verpachtung. 3) In engerer Bedeutung ist die Rechnung das umständliche oder nach einzelnen Stücken eingerichtete Verzeichniß empfangener Güter oder Waaren und der dafür schuldigen Summe. Eine Rechnung bezahlen. Schicken sie mir die Rechnung. Einem die Rechnung machen. Etwas in Rechnung bringen, verzeichnen. Schreiben sie es auf meine Rechnung. Die Rechnung ohne den Wirth machen. Da es denn zuweilen auch, doch ohne Plural, für Credit gebraucht wird, und alsdann der baren Bezahlung entgegen gesetzt ist. Auf Rechnung kaufen, auf Credit, auf Borg. Jemanden Waaren auf Rechnung geben, sie ihm borgen.

3. In der sechsten Bedeutung des Zeitwortes, da es so viel als dafür halten bedeutet, ist die Rechnung, doch ohne Plural, die muthmaßliche Bestimmung einer Zahl, Zeit, Menge u.s.f. Nach meiner Rechnung muß er morgen kommen. Ihre Rechnung trifft nicht ein. Daher es denn figürlich und in der anständigen Sprechart in einigen Gegenden auch von der monathlichen Reinigung des andern Geschlechtes gebraucht wird, ohne Zweifel, so fern deren Zeit nur muthmaßlich bestimmt wird. Die Rechnung haben.

4. In der siebenten Bedeutung des Zeitwortes ist die Rechnung, gleichfalls ohne Plural, die wahrscheinliche Hoffnung, doch[995] nur in der R.A. sich auf etwas Rechnung machen. Auf meine Freundschaft dürfen sie sich keine Rechnung mehr machen. Sich auf einen starken Gewinn Rechnung machen. Vermuthlich gehöret hierher auch die R.A. seine Rechnung bey etwas finden, Vortheil, Nutzen, Gewinn dabey haben, eigentlich wohl, seine Hoffnung dabey erfüllet finden.

Anm. Im Nieders. Rekenung, im Engl. Reckoning. Es ist aus dem Zeitworte rechnen und der Endsylbe -ing oder -ung zusammen gesetzet, welche nicht allemahl eine Handlung, sondern auch sehr oft ein Ding, ein Subject bedeutet, dessen Prädicat in dem Zeitworte lieget. S. -Ing.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 995-996.
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