Regel, die

[1020] Die Regel, plur. die -n, Dimin. das Regelchen, Oberd. Regellein. 1) Ein Werkzeug, welches aus einem geraden, dünnen Körper bestehet, gerade Linien vermittelst desselben zu ziehen; doch nur in einigen gemeinen Sprecharten, indem Lineal und bey den Werkleuten Richtscheit dafür üblicher sind. 2) Figürlich, ein Satz, welcher die Art des Verfahrens, d.i. der Einrichtung der freyen Veränderungen, angibt und vorschreibt; die Richtschnur. Eine Sprachregel, Kunstregel, Staatsregel, Bauernregel, Lebensregel, Maßregel u.s.f. Jemanden Regeln geben oder vorschreiben. Eine Regel beobachten, befolgen, ausüben. Sich an keine Regeln binden. Das ist eine feste Regel meines Lebens. Das kann ich mir nach den Regeln der Billigkeit von dir versprechen. In einigen Fällen auch collective, der Inbegriff aller Regeln oder Vorschriften Einer Art. In diesem Verstande ist die Ordens- oder Klosterregel der Inbegriff aller einem Orden von dessen Stifter vorgeschriebenen Regeln.

Anm. Schon bey der Winsbeckinn Regel, im Nieders. gleichfalls Regel. Es ist aus dem Lat. Regula entlehnet, welches aber im Grunde wieder zu dem Geschlechte unseres recht, richten u.s.f. gehöret. Die Lat. Endsylbe -ula ist so wie die Deutsche -el eine Ableitungssylbe, welche so wohl ein Werkzeug als auch ein Subject bedeutet. Das Nieders. Regel bedeutet über dieß auch einen Riegel, welches Wort gleichfalls hierher gehöret, S. dasselbe. Ehe man dieses Wort aus dem Lat. entlehnete, hatte man andere Wörter, den Begriff desselben auszudrucken. Kero nennt die Klosterregel Rehtunga, die Monseeische Glosse aber übersetzt Regula und Norma durch Spraita, Spraida, welches unser Spriet, ein langes, gerades Holz, zu seyn scheinet.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1020.
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