Schicht (2), die

[1434] 2. Die Schicht, plur. die -en, ein Wort, welches wie schichten ursprünglich das Intensivum von schehen, schechen u.s.f. ist, und eigentlich den Laut einer schnellen gelinden Bewegung nachahmet, wozu auch scheuen, scheuchen und schüchtern mit ihren Verwandten gehören. Notker gebraucht skigeig noch für fliehend. S. auch Schach und Schacht. Von dieser ersten, längst veralteten Bedeutung sind die noch heut zu Tage üblichen Arten des Gebrauches gewöhnliche Figuren.

1. In den Eisenhämmern wird die ganze Tiefe des hohen Ofens die Schicht genannt, wo der Begriff der Tiefe, des hohlen Raumes, der herrschende zu seyn scheinet. Es ist hier mit Schacht, in der bergmännischen Bedeutung, und ohne Zischlaut auch mit Gicht verwandt, S dieselben.

2. Ein Theil eines Ganzen, von schichten, theilen, welches mit Schacht und schächten verwandt ist. Das Griech. σχιζειν, theilen, unterscheidet sich nur in dem Endlaute, so wie die Niederdeutschen schiften, Angels. scystan, und schieren, Hochd. scheren, mit noch andern Endlauten gleichfalls theilen bedeuten. Es ist in dieser Bedeutung eines Theiles nur noch hin und wieder im gemeinen Leben üblich. Die Erbschicht ist nicht nur das Erbtheil, der Theil einer Erbschaft, sondern auch die Erbtheilung, die Handlung des Theilens. Die Schicht der Kinder erster Ehe war ehedem die Abtheilung, Abfindung derselben, ingleichen der ihnen abgetretene Theil. Besonders bedeutet es noch zuweilen in engerer Bedeutung den vierten Theil eines Ganzen. So wird im Bergbaue der vierte Theil einer Zeche, der aus 32 Kuxen bestehet, eine Schicht genannt. S. Schichtkux. Es ist hier mit Schacht, ein Quadrat, genau verwandt. S. dasselbe. Das gleichbedeutende Nieders. Schuft bedeutet gleichfalls den vierten Theil eines Tages oder eines Tagewerkes. Die erste Schuft ist die Morgenzeit bis zum Frühstück u.s.f. In vielen Gegenden ist die Schicht die Dicke einer Schachtruthe, d.i. drey Fuß. Ein Graben wird drey Schichten tief, wenn er 9 Fuß tief wird.

3. Eine Reihe mehrerer an und über einander befindlicher Dinge, von schichten, so fern es ursprünglich auch sich in die Länge bewegen bedeutete. S. auch Schacht. 1) Eigentlich, wo es noch häufig gebraucht wird, und zwar so wohl von mehrern ordentlich über einander, als auch neben einander befindlichen Dingen. Ein Stratum super stratum, d.i. eine von mehrern über einander befindlichen Lagen Dinge Einer oder verschiedener Art heißt eine Schicht. Die Schichten in der Erde sind die in langen, breiten, gemeiniglich horizontalen Flächen über einander liegenden Erd- oder Steinarten, die der Bergmann Flötze, der Steinhauer Bänke, die edlere Schreibart aber Lagen oder Lager nennet. Ingleichen[1434] eine Reihe mehrerer einzelner über oder neben einander befindlicher Dinge. Und sollst die Kuchen legen, je sechs auf eine Schicht, 3 Mos. 24, 6. Und sie satzten sich nach Schichten, je hundert und hundert, funfzig und funfzig, Marc. 6, 40, in Reihen. 2) Figürlich, eine an einander hängende, ohne dazwischen genossene Ruhe fortgesetzte Arbeit, ingleichen die Zeit, in welcher eine Arbeit von einem merklichen Ruhepuncte bis zum andern fortgesetzet wird; wo dieses Wort im gemeinen Leben sehr häufig ist, und oft eine zur Arbeit bestimmte Zeit von einer bestimmten Länge bezeichnet. Im Bergbaue ist es z.B. eine bestimmte Zeit von 6, 8 oder 12 Stunden, so lange ein Bergmann an seiner Arbeit zu bleiben verbunden ist. Die Frühschicht, die Arbeit von Morgens 4 Uhr bis Mittags um 12; die Tageschicht von Mittags 12 Uhr bis Abends um 7; die Nachtschicht von Abends 8 Uhr bis Morgens um 3. An andern Orten sind die 24 Stunden in vier Schichten eingetheilet. Die Schicht antreten, anfangen zu arbeiten. Schicht halten, seine bestimmte Arbeit gehörig verrichten. Die Schicht verfahren, in eben diesem Verstande. Lauter im Bergbaue übliche Redensarten. Auch in dem Salzwerke zu Halle arbeiten die Bornknechte nach Schichten von sieben bis acht Stunden, da denn auch die zu jeder Schicht bestimmten Arbeiter eine Schicht heißen. Im Nieders. ist das gleichbedeutende und nur im Endlaute verschiedene Schuft oder Schuftied von einer jeden Arbeit üblich, welche ununterbrochen geschiehet. Das kann ich in einer Schuft thun, ohne auszuruhen. Die erste Schuft ist daselbst die Morgenzeit bis zum Frühstücke, die zweyte bis zu Mittag u.s.f. Nach einer noch weitern Figur wird zuweilen auch dasjenige, was auf Ein Mahl gearbeitet oder verarbeitet wird, eine Schicht genannt. So wird im Hüttenbaue nicht nur jedes Schmelzen, sondern auch die Quantität, welche jedes Mahl geschmolzen wird, eine Schicht genannt. Bey einem hohen Ofen rechnet man 36, bey einem krummen Ofen 24, und bey einem Stichofen 12 Schichten auf ein Wochenwerk. Die Schicht beschicken, das zur Schmelzung bestimmte Erz mit den gehörigen Zuschlägen versehen.

4. In einem entgegen gesetzten Verstande ist die Schicht sehr häufig das Aufhören von der Arbeit. Schicht machen, aufhören zu arbeiten, so wohl im Bergbaue, als bey den Handwerkern und andern Arbeitern. Die Bierschicht, bey den Handwerkern und Arbeitern, wenn sie aufhören zu arbeiten, um zu Biere zu gehen. So auch die Badeschicht, in denjenigen Gegenden, wo das Baden noch üblich ist. Es scheinet hier keine Figur der vorigen Bedeutung zu seyn, sondern seinen eigenen herrschenden Begriff der Ruhe, vielleicht auch des Unvermögens zur Arbeit zu haben, indem im Bergbaue auch das Nebenwort schicht üblich ist. Ein Bergmann wird schicht, wenn er Krankheit oder Unvermögens halber nicht mehr arbeiten kann. Es wurden alle Zechen auf Ein Mahl schicht und die Wasser giengen auf, Melzer in der Schneeberg. Chronik, die Zechen blieben liegen, konnten nicht bearbeitet werden, weil das Wasser in denselben überhand nahm. Es scheint hier mit Schächer in der R.A. ein armer Schächer und mit dem provinziellen Schäker, in der Bedeutung eines untauglichen Pferdes, verwandt zu seyn.

5. In den Zinnhütten wird ein kupfernes Blech, welches einige Ellen lang und eine Elle breit ist, und worauf das Zinn geplattet wird, eine Schicht genannt; wo unstreitig die obige dritte Bedeutung, eines in die Länge ausgedehnten Körpers zum Grunde lieget. S. auch Schacht.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 1434-1435.
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