Urfehde, die

[960] Die Urfêhde, plur. die -n, ein altes, jetzt nur noch in den Rechten übliches Wort, das eidliche Versprechen zu bezeichnen, daß man sich wegen einer Beleidigung, und besonders wegen eines erlittenen Verhaftes, nicht rächen wolle, der Eid eines verwiesenen oder entlassenen Verhafteten, sich nicht zu rächen. Die Urfehde schwören. Die Urfehde brechen, sich, der geschwornen Urfehde ungeachtet, zu rächen suchen. Im Nieders. Oorveithe, wo auch oorfeiden und verorfeiden, die Urfehde schwören bedeutet, Schwed. Urfecht, im mittlern Lat. Vrpheda. Die letzte Hälfte dieses Wortes ist das alte Fehde, Krieg, thätliche Feindschaft; die Partikel ur aber, bey welcher fast alle Wortforscher in diesem Falle angestoßen sind, hat hier unstreitig die Bedeutung des un, welche aus andern Beyspielen erweislich genug ist, S. Ur; so daß Urfehde[960] die Unterlassung aller Fehde bedeutet. Die Gewohnheit, einen Missethäter oder auch andern Verhafteten, bey Entlassung aus dem Verhafte, die Urfehde schwören zu lassen, rühret noch von dem in den mittlern Zeiten so üblichen Faustrechte und der damahls gangbaren Selbstrache her, und hat auch noch jetzt ihren Nutzen. Ein anderes bey nahe gleich bedeutendes, aber wenigstens im Hochdeutschen veraltetes Wort ist Urfriede, oder das eidliche Versprechen eines Verhafteten, den Frieden wegen des Verhaftes nicht zu brechen, welches in den Schriften der mittlern Zeiten mehrmahls vorkommt, und wo ur freylich eine andere Bedeutung haben muß, als in Urfehde. Frisch vermuthet nicht unwahrscheinlich, daß es so viel als Verfriede bedeute, und von dem veralteten verfrieden, durch Frieden oder Befriedigung befestigen, abstamme.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 960-961.
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