Winkel, der

[1561] Der Winkel, des -s, plur. ut nom. sing. Diminut. das Winkelchen. 1. Der Ort, wo zwey sich gegen einander neigende Linien oder Flächen zusammen stoßen; da denn Winkel eigentlich den innern, Ecke aber den äußern Raum bezeichnet, ob man gleich in der Mathematik Winkel, im gemeinen Leben aber oft Ecke, für beydes gebraucht. Ein rechter Winkel, wenn sich die Linien oder Flächen senkrecht auf einander neigen, der folglich 90 Grad hält. Ein spitziger Winkel, der unter 90 Grad hält, zum Unterschiede von einem stumpfen, welcher darüber hält. Der Winkel in einem Zimmer, wo die Wände zusammen stoßen, die Ecke. Die Winkel des Mundes, der Augen, die Extremitäten, wo die Lippen und Augenlieder zusammen stoßen. 2. Ein verborgener, heimlicher Ort. Etwas in den Winkel werfen. Jemanden in allen Winkeln suchen. Sich in einen Winkel verstecken. Zu Winkel kriechen, in der vertraulichen Sprechart, einen einsamen, verborgenen Ort suchen.

Anm. Schon im Ottfried und Notker Winkil, Winchil, die es auch für Ecke gebrauchen; Winchelstein, Eckstein. Im Niederdeutschen gleichfalls Winkel, wo es aber auch die Werkstätte einiger Handwerker bedeutet. Wachter und Frisch leiten es von dem Latein. angulus ab, wogegen aber der regelmäßig völlig Deutsche Bau des Wortes streitet. Die Endsylbe el ist die Ableitungssylbe, welche ein Werkzeug, ein Ding, Subject bezeichnet; die erste Hälfte aber ist unstreitig von dem Verbo winken, so fern es ehedem überhaupt neigen bedeutet haben mag. Siehe dasselbe.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 1561.
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