Die Fusilladen

[73] Die Fusilladen, ein neu Französisches Wort, zu dessen Erfindung der schändliche Carrier Anlaß gegeben hat. Dieses Ungeheuer fand es zu weitläuftig, die des Royalismus verdächtigen Einwohner der Vendee und der umliegenden Gegend, wohin er im Frühjahr 1793 als Convents-Commissar geschickt worden war, einzeln abzustrafen. Er errichtete deßwegen ein Corps Soldaten, welches aus den abscheulichsten Bösewichtern bestand, und ließ durch diese ganze Haufen von unglücklichen Gefangenen auf ein Mahl erschießen. Eben so beispiellos grausam, wie die Fusilladen, waren die Novaden, welche der nehmliche Carrier erfand. Man brachte nehmlich eine Anzahl Schlachtopfer auf ein Schiff, dessen Boden eine Klappe hatte, welche man auf ein gegebenes Zeichen öffnete, um die Unglücklichen [73] auf ein Mahl zu ersäufen. Zuweilen wurde wohl auf Carriers Befehl die teuflische Bosheit so weit getrieben, daß man zwei Personen verschiedenen Geschlechts nackt zusammen band, eine Stunde lang so liegen ließ, und endlich mit Säbelhieben in den Fluß trieb. Ein solch sträfliches Bubenstück nannte Carrier eine republikanische Heirath. Diese empörenden Erfindungen der unerhörtesten Grausamkeit wurden von Collot dʼHerbois und seinen Genossen in Lyon und von andern Gehülfen der Tyrannei in andern Städten Frankreichs nachgeahmt, und Tausende von Unglücklichen fanden dadurch ihren Tod.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 73-74.
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