Griechenland

[132] Griechenland. Dieses unter dem glücklichsten Himmelsstrich gelegene, für alle Zeiten und Völker merkwürdige Land wurde schon in den ältesten Zeiten von Asien aus bevölkert, und empfing seine früheste, obgleich sehr schwache, Cultur theils durch Phönicische und Egyptische Ankömmlinge, theils durch Orpheus, Amphion und einige andere große von den Einwohnern nach ihrem Tode vergötterte Menschen. Die hier gestifteten Königreiche verwandelten sich fast alle in Freistaaten; und Wissenschaften und Künste stiegen zu einem solchen Flor, daß kein Volk des Alterthums den Griechen darin gleich kam, und daß selbst die Neuern sie als ihre Lehrer und in manchen Zweigen als noch nicht erreichte Muster anerkennen. Als Alexander, etwas über dreihundert Jahr vor Christi Geburt, Griechenland unterjocht hatte, erhielten sich die Wissenschaften noch lange, waren aber schon in ihrem Fortgange gehemmt, und sanken noch tiefer, als die Römer, ungefähr ein Jahrhundert vor christlicher Zeitrechnung, die Griechischen Provinzen nach und nach eroberten. Die Römer behaupteten sich hier sehr lange; und als Kaiser Constantin der Große im Jahr 330 den Sitz des Reichs von Rom nach Byzanz, welches von ihm Constantinopel genannt wurde, verlegte, bekam Griechenland neues Leben, litt aber bald die heftigsten Erschütterungen durch wiederhohlte Einfälle der Barbaren, durch die die ganze abendländische Hälfte des Reichs erobert wurde. Griechenland wurde nunmehr, nebst den übrigen sehr ansehnlichen [132] Provinzen der Römer in der heutigen Europäischen Türkei, Asien und Afrika, das Morgenländische Römische Kaiserthum genannt, trennte sich in Religionssachen von dem Papste, bildete daher die so genannte Griechische Kirche, die noch jetzt einen besondern von Rom abhängigen Patriarchen hat, und erhielt sich noch lange in Ansehn, bis es endlich, durch wiederholte Einfälle der Saracenen, und nachher der Türken, geschwächt, 1453 ein Raub der letztern ward, die es auch noch jetzt besitzen. Seine ehemahlige Cultur hat sich ganz verloren. Die Provinzen des heutigen Griechenlands, das von dem alten in seinen Gränzen wenig unterschieden ist, sind Macedonien, Thessalien, Albanien, Epirus, Livadien (worin das alte Attika und Athen liegt), Morea (der ehemahlige Peloponnesus), die Insel Negropont und der Archipelagus; und die Gränzen sind Dalmatien, Servien, Bulgarien, Romanien (ehemahls Thracien), das Mittelländische und Adriatische Meer. Ueber Griechenland lese man die Reise des jungen Anacharsis (s. Anacharsis) und, wenn man ein gutes, kurzes Werk sucht, Nitzschens kurzen Entwurf der Griechischen Alterthümer.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 132-133.
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