Isabelle

[244] Isabelle, Königin von Kastilien in Spanien (geb. 1451, gest. 1504), ein Frauenzimmer von außerordentlicher Staatsklugheit und Entschlossenheit, persönlichem Muth und Gerechtigkeitsliebe (Eigenschaften, welche jedoch durch Herrschsucht und Bigotterie verdunkelt wurden), war die Tochter Johanns II. Königs von Castilien, und wußte schon bei Lebzeiten ihres Bruders, König Heinrichs IV. sich die Stände des Reichs so geneigt zu machen, daß die meisten sich auf ihre Seite schlugen, und ihrer ältesten Schwester Johanna, die nach einer nicht ganz erwiesenen Sage der Zeitgenossen außer der Ehe erzeugt war, das Recht der Thronfolge versagten. Sie verheirathete sich im Jahr 1469 heimlich mit dem Prinzen von Arragonien und Sicilien, Ferdinand, und erbte 1474 den Thron von Castilien, mit welchem ihr Gemahl 1479 die erwähnten Reiche durch Erbrecht, und Neapel 1501 bis 1504 durch die Gewalt der Waffen vereinigte. Ueber Ferdinand, die Folgen von Isabellens Verbindung mit demselben und die wichtigsten Begebenheiten unter der Regierung beider s. den Art. Ferdinand der fünfte, zu welchem ich hier hauptsächlich dasjenige [244] hinzufügen will, was von Isabellen in Vereinigung mit ihrem Gemahl und mit Hülfe des staatsklugen Cardinals Ximenes für die Befestigung der königlichen Macht im Innern geschah. So groß der Umfang des Spanischen Reichs war, so schlecht war seine Verfassung, so unbedeutend seine innere Stärke. Die königliche Schatzkammer war durch Veräußerung der Krondomainen erschöpft, der Adel trotzig und wild, selbst dem Könige überlegen; und das Faustrecht wüthete unter den Großen in seiner ganzen Stärke. Isabelle und Ferdinand demüthigten die Großen des Reichs auf mehrere Art. Isabelle löste nicht nur die Krondomainen so viel als möglich wieder ein, sondern verschaffte auch ihrem Gemahl, indem sie ihn zum Großmeister der Ritterorden machte, ein bedeutendes Uebergewicht über den Adel. Beide entfernten die zahlreichen Adelichen durch Einführung eines strengen Hofceremoniels von der Person des Fürsten, und benahmen ihnen dadurch vielen Einfluß. Auch wurde das Faustrecht durch Behauptung eines allgemeinen Landfriedens, durch bessere Gesetze und schleunige Justizpflege gestürzt; und der Krieg mit den Mauren in Granada verschaffte den Regenten eine gute Gelegenheit, stets gerüstet zu sein. An diesem Kriege so wie an der Entdeckung von Amerika und der Einführung der Inquisition, welche diese Regierung bezeichnen (zu welchen Begebenheiten ich noch die Verjagung der Juden setze), hatte Isabelle den größten Antheil; die Inquisition soll ihr ihr Beichtvater Torquemada empfohlen haben.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 244-245.
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