Die Manen

[52] Die Manen: (Mythol.) so wurden bei den Römern die Seelen der Verstorbenen genannt; die Griechen hatten zwar die nehmlichen Begriffe, aber kannten dafür kein besondres Wort. Der allgemeine Volksglaube, daß die Geister der Verstorbenen auf das gute oder böse Schicksal der Lebenden, besonders derer, mit denen sie ehemahls genau verbunden gewesen waren, den mächtigsten Einfluß hätten, flößte eine allgemeine Furcht vor ihnen ein; und man hütete sich sehr sie zu beleidigen. Da man nun annahm, daß sie sich am Begräbnißplatze der Verstorbenen aufhielten und jeden Störer der Ruhe des Leichnams verfolgten: so verehrte man die Begräbnisse sehr und brachte den Manen Opfer und Libationen; ja man errichtete sogar, wenn man nicht wußte, ob ein Todter begraben wäre, ein Cenotaphium (s. diesen Artikel), und lud die Manen desselben unter feierlichen Cerimonien ein, sich dahin zur Ruhe zu begeben, aus Furcht, daß sie außerdem noch lange auf der Oberwelt zur Qual der Lebendigen herumirren und den Körper suchen möchten. – Mauchmahl werden auch nicht die Seelen der Verstorbenen selbst sondern ihre ehemahligen Schutzgeister, die sie auf der Erde hatten, Manen genannt.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 52.
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