Pipin

[443] Pipin. Diesen Namen führten zwei große Beherrscher des alten Fränkischen Reichs zu den Zeiten der letzten Regenten desselben aus dem Merovingischen Regentenstamm. 1) Pipin von Herstall, den die Austrasier oder östlichen Franken nach ihres Königs Dagobert II Tode, an dessen Hofe Pipin Major Domus war – eine Würde, die ursprünglich bloß den angesehensten Hofbeamten bedeutete, aber in der Folge königsmäßige Macht erlangte –, eines Krieges wegen zu ihrem Herzoge wählten, und welcher bloß einige Scheinkönige einsetzte, die er unter [443] dem Titel eines Major Domus unumschränkt beherrschte. Er starb nach vielen glücklich geführten Kriegen 714, und hinterließ seinem natürlichen Sohne, dem tapfern Carl Martell, die nehmliche furchtbare Würde, welcher sie noch mehr erweiterte, und das ganze große Reich der Franken bei seinem Tode (741) mit Genehmigung der Stände unter seine beiden Söhne theilte. Ersterer, Carlmann, überließ seine Länder seinem Bruder: 2) Pipin dem Kurzen, welcher nun unter dem Namen eines Königs ganz Franken besaß, und bloß auf einige Jahre (bis 752) einen neuen Scheinkönig, Childerich III. den letzten Merovinger, aufstellte. Dieser Pipin, Carls des Großen Vater, ist außerdem in vieler Rücksicht merkwürdig; er besiegte nicht nur die Bayern, und gab ihnen einen Herzog, sondern unterwarf sich auch in der Lombardei den größten Theil des Exarchats, oder den heutigen Kirchenstaat, den er dem Papste mit Vorbehalt der Oberherrschaft schenkte (s. Papst), machte sich mehrere Völker zinsbar, und vergrößerte sein Reich außerordentlich. Da aber seine Macht sich bloß auf gutes Vernehmen mit den Ständen gründete, so konnte er noch keine Reform im Innern des Staats machen, sondern mußte dieselbe erst seinem Sohne überlassen, der nach ihm den Thron bestieg.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 443-444.
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