Die Rolandssäulen

[311] Die Rolandssäulen, auch Rolande und Rulandsbilde genannt, von ihm herleiten, welche noch in den neuesten Zeiten in verschiednen Orten des nördlichen Deutschlands, z. B. im Holsteinischen, zu Halle, Magdeburg und vielen andern Städten angetroffen werden, und gewöhnlich auf dem Markte stehen; sie bestehen aus großen steinernen Statüen oder hölzernen Bildern, zum Theil in colossalischer Form, die einen Mann in völliger Rüstung, mit einer Krone auf dem [311] Haupte und dem Schwerte in der rechten, dem Reichsapfel oder Reichsadler aber in der linken Hand, vorstellen. Diese Säulen nun sollen zum Andenken des großen Roland und seiner Tapferkeit von den Sachsen nach deren Bezwingung durch Carl den Großen errichtet worden sein. Allein dieser Held stand mit den Sachsen nicht einmahl in der entferntesten Verbindung; die Figur der Statüen läßt sich nicht auf ihn beziehen, und der Ursprung derselben fällt wenigstens zwei Jahrhunderte später. Die richtige Meinung ist aber, daß diese Statüen mit den Weichbildern völlig einerlei sind. Ein Weichbild (von Weich, Wik, d. h. Stadt, Ort, und Bild) ist nehmlich ein in den Städten aufgerichtetes Zeichen des Gerichts, und bedeutet, daß die Stadt ihre eigne Gerichte und Statuten unter kaiserlichen Schutze ausüben dürfe; daher auch diese Säulen die Reichsinsignien an sich führen. Der Name Rulands oder Rolandssäulen kommt aber vom Worte Rügen, d. h. Gericht hegen, besonders aber anklagen und verdammen, und Land oder Bezirk her; es sind also Säulen, die ein Rügeland, d. h. einen besondern Gerichtsbezirk bezeichnen.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 4. Amsterdam 1809, S. 311-312.
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