Siebenbürgen

[265] Siebenbürgen1 (Ungar. Erdely, Lat. Transsylvania, [265] weil es jenseits der das Karpatische Gebirge umgebenden Wälder liegt), ein Theil von dem alten Dacien, ehemahls mit Ungarn vereinigt, aber seit 1765 zu einem Großfürstenthum erhoben, hat gegen Norden die Ungarischen, Galizischen und Moldanischen Gränzen, gegen Osten die Bukowina und Moldau, gegen Süden die Wallachei und den Temeschwarer Bannat, und gegen Abend wieder Ungarn zur Gränze. Dieses Land, dessen Größe von Büsching 1080 Deutsche Quadratmeilen geschätzt wird, ist fruchtbar an Wein, Getreide, edeln Steinen, an Gold-, Silber-, Eisen- und Blei-Bergwerken, an Salzquellen, an Gesundbrunnen, an Viehzucht etc.; auch hat man neuerlich Bernstein von verschiedenen Farben hier entdeckt. Die Einwohner, deren Anzahl über 1½ Million angeschlagen wird, bestehen aus den drei Hauptnationen, den Ungarn, den Szeklern (Siculi, Szekelgern), die auch überhaupt mehrere besondere Gewohnheiten und Vorzüge haben, und Sachsen, deren Vorfahren wohl noch vor dem 12. Jahrhundert in diese Gegenden gekommen sind. Die übrigen hier befindlichen Nationen, Deutsche, Wallachen, Griechen etc. werden als Fremde betrachtet. Was die Religion betrifft, so ist die katholische sowohl als die reformirte und lutherische, endlich auch die socinianische, hier privilegirt. – Siebenbürgen gehörte unter den Gothen zu dem Dacischen Königreiche, wurde aber nachher, als dieses unter die Römer kam, durch Präfecte regiert. In der Folge, als es die Ungarn erhielten, wurde es durch Ungarische Woywoden, und da es 1527 durch Johann von Zapolia von Ungarn abgerissen wurde, nun durch seine eignen Fürsten regiert, bis endlich 1687 der Fürst Michael sich dem Könige von Ungarn als Alliirter und Vasall unterwarf, und da auch dessen Sohn der Regierung unfähig geachtet wurde, so übertrug man 1696 die ganze Landesregierung dem Kaiser Leopold, und so verblieb auch, zu Folge des Carlowitzer Friedens 1699, Siebenbürgen in Verbindung mit Ungarn. 1765 endlich wurde es von der Kaiserin Maria Theresia als ein von andern Kronen ganz unabhängiger Staat zum Großfürstenthum erhoben. – Die Stände haben übrigens in Vereinigung mit dem Landesherrn die Macht, Gesetze zu geben und Steuern zu erheben; alle übrigen Hoheitsrechte aber [266] übt der Landesherr allein aus. Die Landtage werden zu Hermanstadt (welche nebst mehrern, z. B. Cronstadt, Carlsburg, Clausenburg etc. eine königliche Freistadt ist) gehalten.


Fußnoten

1 Ueber den Namen selbst und dessen Ursprung ist man noch nicht einig: Manche haben ihn von den Sieben Burgen der Sächsischen Nation, oder der Johanniter in Burzelland, ableiten wollen; Andere glauben, daß dieses Wort erst nach der Ankunft der Sachsen in dem Lande bekannt geworden etc.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 5. Amsterdam 1809, S. 265-267.
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